Der Film über die Grünen-Ikone Petra Kelly “Act now!”

Petra Kelly spricht auf Demo gegen Nachrüstung. Bild: Bildersturm Filmproduktion

 

Schöne Bilder mit verqueren Schlussfolgerungen.

 

Bundesweit ist der neue Dokumentarfilm über  Petra Kelly, angelaufen: „Act now!”. Er erzählt das Leben der Umweltaktivistin, von ihrem Engagement in der US-Bürgerrechtsbewegung und für Robert Kennedy, im Wahlkampf des Demokraten Hubert Humphrey bis hin zu ihrem kompromisslosen Widerstand gegen die Stationierung von US-Raketen in Deutschland, für Menschenrechte und Umweltschutz. Kein Zweifel, Petra war keine Realo, sondern eine fundamentalistische Kämpferin.

Und das sind die Stärken des Streifens: die Archivaufnahmen aus ihrer Zeit als EU-Verwaltungsrätin, die schon damals propagierte, dass der Kampf auf der Straße wichtiger sei als der in den Parlamenten. Kelly, Feministin der ersten Stunde, fühlte sich in Brüssel zwischen all den Schlipsträgern und Wichtigtuern nicht wohl, sie zog die Tribüne vor. Auch nach der Gründung der Grünen Partei lehnte sie die Pöstchenjäger und die männlichen Seilschaften an den Kneipentischen ab. Da sieht man im Film den selbstgerechten Joschka Fischer große Sprüche klopfen und dazu die Stimme der Graswurzel-Petra; und da wir alle wissen, wie Herr Fischer seine politische Karriere beendete, ist auch jeder weiterer Kommentar überflüssig.

Interessant zu hören sind ihre Worte über die Verfolgung durch die Truppe des Rechtsradikalen Lyndon LaRouche, dem enge Verbindungen zur CIA nachgesagt wurden und deren Mitglieder sie mehrfach mit dem Tode bedrohten. Heute tritt diese Politsekte als Schiller-Institut und Europäische Arbeiter-Partei um Helga Zepp-LaRouche auf und stiftet Verwirrung in den Bewegungen. Dieses ausgegrabene Archivmaterial lohnt den Weg ins Kino.

Kelly kombiniert mit Ukraine-Fahnen

Dann aber verlässt Doris Metz ihre Rolle als Erzählerin mit der gebotenen Distanz und Ausgewogenheit. So unterlegt sie ein Plädoyer Kellys mit aktuellen Aufnahmen, die Ukraine-Fahnen-Schwingende zeigen. Nun könnte man im Film durchaus ihre damalige Position den heutigen Waffenlieferungen der regierenden Grünen an Selenskij gegenüberstellen und den Zuschauer nachdenken lassen. Schließlich hatte sich Kelly stets für den radikalen gewaltfreien Widerstand ausgesprochen. Darauf verzichtet die Regisseurin aber. Es bleibt bei den Bildern der Ukraine-Fahnen, womit unterschwellig wohl ein Zusammenhang zwischen Kriegstüchtigkeit und Pazifismus untergejubelt werden soll.

Und man fragt sich, warum über lange Strecken ausgerechnet Luisa Neubauer von Fridays for Future zu Wort kommt, die erst vier Jahre nach dem Tod der Grünen-Ikone geboren wurde. Neubauer stellt sich in eine Reihe mit Petra, sozusagen als Feministin auf Augenhöhe, wobei sie eher den Karrieristinnen der Grünen Partei zugerechnet wird und mit Radikalität wenig gemein hat.

Dann versteigt sich die Regisseurin auch noch zu der Annahme, dass Petra Kelly heute wahrscheinlich mit den Klima-Klebern der Letzten Generation eine neue Partei gründen würde. Woher sie diese Annahme nimmt, verschweigt sie. Kelly bewunderte Frauen wie Rosa Luxemburg und die Russin Alexandra Kollontai. Und in ihrem Engagement setzte sie nicht auf Belehrung oder Zerstörung von Kulturgütern, sondern auf Basisdemokratie. Vermutlich würde sie heute gegen den neuen Kolonialismus auf die Barrikaden gehen und an der Seite von Greta Thunberg den Völkermord in Gaza anklagen – ganz anders als dies die deutsche Sektion von FFF tut.

Krude ist die Darstellung des Todes der Protagonistin

Kelly lebte zu diesem Zeitpunkt, 1992, mit dem Ex-General Gert Bastian zusammen, Friedensaktivist wie sie. Die Umstände wurden niemals aufgeklärt. Die erste, halboffizielle Version war die eines gemeinsamen Selbstmordes; Bastian habe mit seiner Waffe zuerst die schlafende Petra erschossen und dann sich selbst.

Die Regisseurin präsentiert nun aber eine neue Theorie. Das ist an sich nicht unzulässig, da viele Fragen ja noch offen sind. Doch wenn sie schon mit verschiedenen Hypothesen spielt, dann sollte sie auch alle aufzählen, und nicht nur die, die ihr Vorurteil bestätigt. Metz interviewt die ehemalige Bürovorsteherin von Bastian in Bonn, die zwar keine Belege und schon gar keine Beweise für ihre Annahme hat, dass Bastian seine Freundin gegen deren Willen erschossen hat, weil er die Offenlegung von BStU-Akten fürchtete, die seine (angeblichen) Stasi-Kontakte belegen würden. Auch Otto Schily, der Ober-Realo und Gegenspieler Kellys in der Grünen-Fraktion, darf sich mehrfach und ausführlich zu diesem Verdacht äußern. Auch er muss zugeben, dass es keinerlei Belege dafür gibt, aber es habe diesen Verdacht gegeben. Und, so ein weiteres Statement, die gemeinsame Ehrung von Kelly und Bastian durch die Partei sei ein Fehler gewesen, da Letzterer wohl der Mörder gewesen sei.

Nun hätten sich Kohl und seine CDU sicherlich über entsprechende Aktenfunde gefreut, die bewiesen hätten, dass diese lästigen Pazifisten doch im Grunde nur Agenten Honneckers gewesen seien. Diese Funde sind bis heute nicht aufgetaucht. Vermutlich geht es nur um politische Leichenfledderei.

Auch die Theorie Nummer Drei, ein menschliches Drama, wird nicht weiter untersucht, die Theorie des verzweifelten alten Mannes, der seine junge und nach vorne blickende Frau lieber erschießt, als sie aufgibt. Für diese Theorie spräche, dass Bastian privat unter Druck stand und seine Lebensgefährtin bereits sehr krank und von Angstpsychosen geplagt war.

Und schließlich könnte man, der Vollständigkeit halber, eine vierte These in den Raum stellen, nicht nur die östlichen Geheimdienste, sondern auch die CIA erwähnen. Könnte sie erst die schlafende Kelly und dann Bastian, der vom Schuss aufgewacht ist, überwältigt und ihm den Revolver in die Hand gelegt haben? Beweise für die These gibt es ebenso wenig wie für die Metz-Theorie, aber immerhin ein starkes Motiv: Anfang der neunziger Jahre war den US-Diensten längst klar, dass sie eine einst systemkritische und fundamentalistische Anti-Partei nicht umbauen könnten mit einer rebellierenden und international angesehenen Petra Kelly. Ohne sie hätten sich Leute wie Schily, Fischer und Habeck kaum so einfach durchsetzen können und ihre Prioritäten nicht mehr bei Menschenrechten und Umweltschutz gesehen. sondern innerhalb der NATO-Logik im Militarismus.

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8 Kommentare

  1. Ohne eine Freundin des Schiller Instituts zu sein: Lyndon LaRouche wurde in den 80ern bei einer Hausdurchsuchung mal ganz knapp nicht von CIA Agenten umgebracht, ich bezweifle daher, daß er der Agency auch nur nahesteht.
    Daß Frau Kelly umgebracht wurde, scheint mir plausibel. Ich würde zuvorderst bei den damals üblichen Verdächtigen Gladio oder BND zu suchen anfangen, lag in deren Zuständigkeitsbereich.

  2. “Heute tritt diese Politsekte als Schiller-Institut und Europäische Arbeiter-Partei um Helga Zepp-LaRouche auf und stiftet Verwirrung in den Bewegungen”

    Diese Truppe ist mir noch allzugut bekannt, die sind damals ziemlich aggressiv aufgetreten und wir hatten mit denen etliche Auseinandersetzungen.

    Die Vermutung als CIA gesteuerte Gruppe dürfte stimmen, es gab damals zahlreiche Hinweise.

    Den Film muss man sich als Zeitzeuge nicht ansehen. War ja klar das man die Ukraineflaggen zeigen musste. Das die Schickimicki-Göre Neubauer dort auch noch auftreten durfte schlägt dem Faß den Boden raus.

    Prädikat : Nicht sehenswert und reine Geld- und Zeitverschwendung!

    Kelly selbst dreht sich vermutlich im Grabe um.

    https://i0.wp.com/uhudla.at/wp-content/uploads/2024/05/NATO.jpg?resize=768%2C615&ssl=1

  3. +++ Ex-General Gert Bastian, Friedensaktivist +++

    Finde den Fehler!

    Ich persönlich traue auch keinem (angeblichen) Ex-Geheimagenten, der Enthüllungsbücher über die CIA oder das FBI schreibt…

    +++ Der ehemalige Beamte und Psychologe beim Bundeskriminalamt Michael Baurmann und die Historikerin Jennifer Schevardo untersuchten 20 Jahre später den Todesfall der beiden Politiker. Sie fanden keine Hinweise auf eine Beteiligung Dritter.+++ Wiki Gert Bastian

    Ein Psychologe und eine Historikerin spielen KHK. Ich hätte ja den beiden noch eine Wünschelrutengängerin beigesellt; die Chance, irgendwas zu finden, wäre ja ins astronomische gestiegen…

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/W%C3%BCnschelrute#/media/Datei%3AHouten_wichelroede.jpg

    Sry, aber ich platze gleich vor Lachen: Wünschelrute aus Holz! Aus Holz!
    Der Volksmund nennt das Astgabel,- vollkommen irre!

  4. Für mich ist es bitter, sehr bitter, wie der Name dieser großartigen Frau und Politikerin, Petra Kelly, u. a. von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ( “Petra-Kelly-Stiftung e. V.”, Bayern ) missbraucht wird. Genau so verhält es sich mit Heinrich Böll.

    Aber, beide befinden sich in sehr guter Gesellschaft: siehe Jesus Christus und die psychopathologische Kinderschänder- und Frauenunterdrückungsorganisation mit aristokratisch-mafiösen Zügen, vulgo “Römisch-Kath. Kirche”. Diese ließ darüber hinaus indigene Völker niedermetzeln sowie u. a. Menschen verbrennen.

  5. Muss ich mir nicht antun…
    Als Zeitzeugin steht für mich fest:
    Sie wurden ermordet!
    Petra & Gerd rotieren in ihrem Grab … auch angesichts der heutigen Grünen und ihrer militaristischen Politik.

  6. Insgesamt wohl leider ein gescheiterter Film. Sehr schade!
    Solche Manipulationen werden den Grünen und ihrer Atlantikbrücke auch nicht helfen.

    Allerdings ist gut, dass gezeigt wird, wie die Europäische Arbeiterpartei (EAP) zahlreiche Kriegsgegner und Gewerkschafter in Deutschland fanatisch verfolgte. Mir sind mehrere Fälle persönlich bekannt.

    Das war übrigens in den 1980er Jahren. Da forderten das Schiller-Institut und das Ehepaar Zepp-Larouche ganz offen Atomwaffen. Er war US-Amerikaner, hatte dort im Knast gesessen, irgendwelchen Verfehlungen abgeschworen, als US-Präsident kandidiert, war dann plötzlich freigelassen worden, mit seitdem viel Geld aus unklarer Quelle. Seit dem Mauerfall nennt sich die Sekte BÜSO (Bürgersolidarität) und macht heute einen auf Friedensbewegung: völlig verlogen und zurecht hier in der Besprechung angeprangert!

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