Der „alternative Grundrechte-Report“: Etikettenschwindel!

Corona-Maßnahmen: Steg gesperrt
Corona-Maßnahmen. Bild: F.R.

Der Report von zehn Bürgerrechtsorganisationen benennt ein paar richtige Fälle staatlichen Unrechts, verschweigt aber kategorisch zwei große Missstandskomplexe: Corona und Krieg. Der Report hat die Funktion eines Placebos.

 

Zitat: „Der Grundrechte-Report dokumentiert seit 1997 als Teil einer zivilgesellschaftlichen Öffentlichkeit die Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland. Das Hauptaugenmerk richtet sich dabei jedes Jahr auf die staatlichen Institutionen, von denen die größten Gefährdungen der Grundrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit ausgehen.“

Das Zitat stammt aus dem aktuellen, jährlich herausgegebenen Grundrechte-Report mehrerer Bürgerrechtsorganisationen, der beansprucht, die Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland zu beschreiben (Wenn die Demokratie vom Staat und seinen Organen bedroht wird). Seit einigen Jahren muss man den Bericht als „Etikettenschwindel“ bezeichnen. Er benennt, wie immer, ein paar richtige Fälle staatlichen und politischen Unrechts oder von Willkür: Ausreiseverbote etwa, tödliche Polizeigewalt oder die Auflösung von Versammlungen und Demonstrationen. Im vorliegenden Report 2025 am Beispiel des verhinderten Palästina-Kongresses im Mai 2024 in Berlin.

Manchmal erkennt man eine Sache nicht daran, was sie beinhaltet, sondern was sie nicht beinhaltet – vorausgesetzt, es fällt auf. Über 40 Aufsätze zu über 40 Fällen stehen im Grundrechte-Buch über das Jahr 2024, weswegen zwei wahre Unrechtskomplexe kaum bemerkt werden, obwohl sie nahezu komplett fehlen: Corona und Krieg.

Wenn man das im politischen Verhältnis betrachtet, wurden also 40 Berichte verfasst, um keine Berichte zu den zwei Komplexen Corona und Krieg schreiben zu müssen. Wobei man auch nicht ausschließen kann, dass es für den ein oder die andere gar kein Corona- oder Kriegs-Unrecht gibt.

Kriegsvorbereitungen

Beginnen wir mit dem Krieg. Dazu gibt es einen einzigen Aufsatz, der die deutschen Waffenlieferungen an Israel anprangert. Waffen, die völkerrechtswidrig gegen die Bevölkerung im Gazastreifen eingesetzt werden. Ein zweiter Text kritisiert das bayerische Bundeswehrfördergesetz, das Universitäten und Schulen eine Zusammenarbeit mit der deutschen Armee vorschreibt. Das war es, zwei Artikel, die den Eindruck suggerieren, es handle sich um Einzelfälle, aber nicht um ein begonnenes militärisches Regime, das in Deutschland etabliert wird und das Land auf einen Krieg vorbereitet, dem alle Strukturen untergeordnet werden sollen: Verkehrswege, Wirtschaft, Krankenhäuser etwa.

Die organisatorische Folie dafür nennt sich „Operationsplan Deutschland“ (OPLAN), nach dem bereits zielstrebig zivile Strukturen und Behörden mit militärischen verknüpft werden und ein neues zivil-militärische Organisationswesen geschaffen wird. Und zwar letztlich unter dem Kommando der Bundeswehr (Die Bundeswehr übernimmt in Deutschland das Kommando). Diese Entwicklung gilt es zu analysieren und darzustellen. Schließlich dienen dem viele andere kriegspolitische Maßnahmen.

Etwa der Umgang mit Kriegsdienstverweigerern. Bemerkenswerterweise auch welche aus Russland, die in Deutschland Zuflucht gesucht haben, um nicht am Krieg in der Ukraine teilnehmen zu müssen. Insgesamt handelt es sich um eine sechsstellige Zahl von russischen Männern, die in viele Länder geflohen sind. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verweigert russischen Verweigerern immer wieder die Anerkennung und schickt sie zurück in ihr Heimatland. Hier Waffen für die Ukraine, dort menschliches Kanonenfutter für Putins Armee – so kann dieser Krieg noch eine Weile weiterbrennen.

In der Verweigerung des Rechtes auf Kriegsdienstverweigerung kann man eine staats- beziehungsweise regierungspolitische Logik erkennen. Denn wenn man russischen Männern dieses Recht zugestehen würde, müsste man es auch ukrainischen oder israelischen oder auch deutschen Männern zugestehen. Doch ohne Kriegspflicht lässt sich im Zweifelsfall kein Krieg mehr führen.

In Deutschland wird inzwischen über die Wiedereinführung der Wehrpflicht diskutiert. Deshalb ist in Deutschland auch der Umgang mit ukrainischen Kriegsdienstverweigerern, deren Zahl ebenfalls insgesamt sechsstellig ist, streng. Es wird politisch und medial Stimmung gegen die „Drückeberger“ und „Landesverräter“ gemacht und zum Beispiel vorgeschlagen, ihnen das Bürgergeld zu entziehen. Der Bundesgerichtshof hat den Beschluss gefasst, dass ukrainische Staatsbürger ausgeliefert werden dürfen, wenn man sie als Soldaten einsetzen möchte, selbst wenn sie sich zu Kriegsverweigerern erklären (Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung kann ohne Verfassungsänderung im Kriegsfall ausgesetzt werden, Eben noch schnell den Kriegsdienst verweigern?).

Zum Kriegsertüchtigungskurs zählt schließlich auch die Diffamierung und Sanktionierung von Journalisten und Wissenschaftlern, die unabhängig und differenziert über den Russland-Ukraine-Krieg berichten und sich der Rolle als – ukrainische – Kriegspartei verweigern, wie etwa Patrik Baab, Ulrike Guérot oder Johannes Varwick.

All das spart der sogenannte alternative Grundrechte-Report aus. Oder soll man sagen: Er verschweigt es?

Fortsetzung des Corona-Regimes

Ähnlich beim zweiten fehlenden Komplex: Corona. Bis auf einzelne Bemerkungen wie die, dass „seit Corona“ das Versammlungsrecht „zunehmend repressiv“ werde, gibt es keine einzige Falldarstellung. Im Text über die Auflösung des Palästina-Kongresses wird geschildert, dass die „Polizei den Stecker zog“ und so der Veranstaltung ein Ende setzte. Unter Corona praktizierte das die Polizei bei Kundgebungen nahezu täglich, ohne dass das in den entsprechenden Medien erwähnt wurde.

Doch anstatt dass diese Jahre eines bisher nie dagewesenen Ausnahmezustandes aufgearbeitet – oder besser: aufgeklärt – würden, ist das Gegenteil zu erleben: Die Fortsetzung des Corona-Regimes beispielsweise durch zahlreiche Prozesse, wie der gegen Michael Ballweg, den Gründer der corona-kritischen Querdenken-Bewegung, der sich als Justizskandal entpuppt hat.

Es gibt zahllose Prozesse inklusive Urteile gegen Ärzte und Ärztinnen, weil sie Patienten vom Maskentragen befreit haben. Ihnen wird vorgeworfen, die Patienten nicht ausreichend untersucht zu haben. Damit greifen staatliche Stellen in das eigentlich unantastbare und unveräußerliche Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient fundamental ein und annullieren es gewissermaßen. Nicht Patientin und Arzt entscheiden mehr, was gesundheitlich richtig ist, sondern eine abstrakte Behörde.

Und das während gleichzeitig die vergleichbare telefonische Selbstkrankmeldung möglich gemacht wird, die von einem mündigen, verantwortungsvollen Patienten ausgeht. Nur: Für alternativlose Corona-Maßnahmen darf das natürlich nicht gelten.

Seit fünf Jahren versucht ein Freiburger Rechtsanwalt Klarheit darüber zu bekommen, wie viele Menschen während der Epidemie tatsächlich an Corona gestorben sind und läuft überall gegen Wände, bei Behörden genauso wie bei Gerichten. Eine offizielle Zahl von Corona-Toten gibt es bis heute nicht. Stets wird nur die Formel von „An-und-mit-Corona-verstorben“ verwendet. Es werden also Fälle dazu gezählt, deren Tod andere Ursachen hat, die zum Zeitpunkt des Todes aber „mit“ dem Coronavirus infiziert waren. Ein untragbarer Informationszustand. Für den real-existierenden Grundrechte-Report war das noch nie Thema.

Der genannte Freiburger Rechtsanwalt ist Mitglied der Humanistischen Union Baden-Württemberg. Die HU gehört zu den zehn Bürgerrechtsorganisationen, die den Grundrechte-Report jedes Jahr herausbringen und den sie auch als „alternativen  Verfassungsschutzbericht“ bezeichnen.

Eine andere Bürgerrechtsgruppe der zehn ist die „Neue Richtervereinigung“, die sich inzwischen – ganz zeitgeistig – „Neue Richter*innenvereinigung“ nennt. Vielleicht braucht man diese umständliche Kosmetik, um das eigene staatstragende Verhalten besser aussehen zu lassen. Mitglied des Bundesvorstands der „Neuen Richter*innenvereinigung“ ist zum Beispiel ein Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Stuttgart, nebenbei noch aktives Parteimitglied der Grünen, der an der manipulierten Anklage gegen den Corona-Querdenker Michael Ballweg aktiv beteiligt war. Der Mann steht nicht für Kritik an staatlichen Institutionen – siehe Zitat am Anfang-, beispielsweise einer Staatsanwaltschaft, von denen Gefährdungen der Grundrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit ausgehen, sondern er ist Teil dieser Gefährdungen – ein amtlicher Gefährder könnte man sagen.

Man könnte die Frage aufwerfen, ob es auf die „Neue Richter*innenvereinigung“ zurückgeht, dass der skandalöse Prozess gegen Ballweg kein Kapitel im Grundrechte-Report wurde. Umgekehrt könnte einem diese Frage aber auch völlig egal sein, weil der Bericht in diesen Zeiten wachsender Willkür ohnehin jeglichen Wert verloren hat. Er ist ein Placebo. Schlimmer: Er gehört zum Waffenarsenal der Feinde der Grundrechte. Also derjenigen, die aus den Festungen staatlicher Stellen oder aus den Redaktionsräumen angepasster Medien heraus die demokratischen Rechte und den sozialen Frieden unter Beschuss genommen haben. Das erklärt nebenbei vielleicht auch das selbst verpasste Label vom „alternativen Verfassungsschutzbericht“.

Thomas Moser

Thomas Moser ist freier Journalist und Autor, der unter anderem für das Online-Magazin Overton und ARD-Anstalten arbeitet. Er tritt für eine Erneuerung und Demokratisierung der Öffentlich-Rechtlichen Medien ein. Der Politologe beschäftigte sich mit dem NSU-Komplex und veröffentlichte hierzu mehrere Bücher (u.a. „Ende der Aufklärung. Die offene Wunde NSU“). Er berichtete über die parlamentarischen Untersuchungsausschüsse zum Anschlag vom Berliner Breitscheidplatz und schrieb dazu das Buch „Der Amri-Komplex“.
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10 Kommentare

    1. @ Volker: Das sind nützliche Idioten ,
      die überzeugt sind, dass sie keine sind, sondern überaus kritisch und engagiert

      1. Das Haupt-Problem ist ein anderes: Die werden vom Staat bezahlt. Die sind gekauft, das sind gewissenlose Nutten, die für ein paar Euro, oder die Aussicht darauf, ihre Seele, ihre Nachkommenschaft, den Frieden, die Menschenrechte usw. verkaufen (dagegen sind Huren, die nur ihren Körper verkaufen Heilige).

        Das sollte man den Systemnutten, die dann auch noch einen auf „moralisch“ machen, immer wieder ganz klar verdeutlichen, wo auch immer die Möglichkeit besteht.

        Deshalb ist es so wichtig unabhängige Strukturen aufzubauen.

    2. Habe zuerst versehentlich statt „Staubschutz-“ „Staatsschutzmssken“ gelesen. Das Unterbewusste bringt oft erstaunlich gute Assoziationen hervor.😬

  1. all die rückgratlosen Monster in Amt und Unwürden der Schandgerichte Deutschlands: wo habt ihr eure Moral her ? aus der DDR kann sie nicht sein, bleibt ja nur der tot geglaubte Ungeist der Tyrannei davor. – Feigheit, falsch verstandene Nibelungentreue und schlichtweg reine Boshaftigkeit, DAS ist eure Zunft !

  2. Gut analysiert: Pseudo-Opposition und Pseudo-Bürgerrechtsorganisationen sind zu Waffen eines repressiven Systems geworden. Wer nicht mal klar Stellung zu Corona nimmt, kann als Bürgerrechtsorganisation nicht ernst genommen werden. Das ist der Lackmus Test. Aber wer sagt schon Kritisches über die Regierung, die ihn finanziert?

    Deshalb ist jetzt wichtiger denn je echte Bürgerrechtsorganisationen aufzubauen und diese zu unterstützen.
    Meine Frage in die Runde: Welche glaubwürdigen Bürgerrechtsorganisationen und Initiativen gibt es?

  3. Das ist so ähnlich wie der Umgang mit Schlepperei im Mittelmeer und Mindestlohn. Diese beiden Dinge sollen der Welt zeigen, wie human Deutschland ist. Dass die Flüchtlingsströme gerade auch wegen deutscher Außen- und Wirtschaftspolitik entstehen, wird ausgeblendet. Und das Familien Berufstätigkeit und Kindererziehung immer weniger miteinander verbinden können, wird auch zum Großteil verschwiegen. Bei beiden Folgen verfehlter Politik wird derzeit noch ein Scheit nachgelegt, mit Waffenlieferungen, Aufrüstung, Kriegshetze und jetzt noch mit familienfeindlichen 12-h-Tagen zuzüglich Pausen und Anfahrtsweg. Wie sagte Sarazin: „Deutschland schafft sich ab“. Wer die Augen mehr draußen als an der Glotze hat, dem dürfte schon aufgefallen sein, dass wir auf diesem Weg schon ein gutes Stück vorangekommen sind.

    1. Der größte Coup ist ihnen mit der Wendung der „Grünen“ gelungen. Viele Wähler dieser Partei glauben immer noch, bei den „Guten“ und „Fortschrittlichen“ zu stehen. Dabei haben die „Grünen“ während Corona und bis heute in der Ukrainekrise deutlich gezeigt, dass sie mehrheitlich erzreaktionär und antidemokratisch sind und sogar Faschisten in den Arsch kriechen.

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