Debanking als politische Waffe

Mit der KI Dall-E erzeugtes Bild zum Thema Debanking, bei dem einiges danebenging

Die Kontokündigungen bei der Roten Hilfe und andere Organisationen zeigen, dass der autoritäre Staatsumbau nicht nur in den USA voranschreitet und das Verschwinden des Bargelds keine so gute Idee ist.

 

Eigentlich sind die Jahresendtage auch bei der linken Gefangenenhilfsorganisation Rote Hilfe eine Zeit, wo die politischen Aktivitäten etwas pausieren. Doch in diesem Jahr waren die letzten Tage für vielen Ehrenamtlichen und die wenigen Festangestellten der Roten Hilfe besonders stressig. Das zeigen gleich zwei Pressemitteilungen des RH-Bundesvorstands in den letzten Tagen.

Am 23. Dezember teilte die RH mit, dass ihr in einer konzertierten Aktion gleich zwei Banken sämtliche Konten gekündigt haben. Dabei handelt es sich um die sich selbst als sozialökologisch verstehende GLS-Bank und die Göttinger Sparkasse.  Beide Banken haben angekündigt, die Konten der RH innerhalb von zwei Monaten auflösen zu wollen. Gründe haben sie nicht genannt. Daher ist die RH auch nur auf Vermutungen angewiesen. So heißt es in der Pressemitteilung:

„Nach Einschätzung der Roten Hilfe stehen die zeitlich eng aufeinander folgenden Kündigungen in direktem Zusammenhang mit der Entscheidung der US-Regierung unter Donald Trump, die sogenannte ‚Antifa Ost‘ als ausländische Terrororganisation zu listen. Diese Maßnahme hat keine Entsprechung im deutschen Recht und basiert auf einem einzelnen Strafverfahren mit äußerst fragwürdiger Beweislage. Die Bundesregierung hat die Einstufung nicht übernommen und mehrfach betont, dass von dem allein juristischen Konstrukt ‚Antifa Ost‘ keine erhebliche Gefährdung ausgehe. Dennoch entfaltet die US-Entscheidung faktisch globale Wirkung.“

In der zweiten Pressemitteilung vom 26.12. gab die RH einen Überblick über die bisherigen Reaktionen auf die Kontokündigungen und wies auf  eine Veranstaltung unter dem Titel „Debanking und die Folgen für die Rote Hilfe e.V“ hin, die auf der Konferenz des Chaos Computer Clubs kurzfristig angesetzt wurde.  Diese spontane Terminierung war auch ein Akt der Solidarität und es ist wichtig, dass sich mit dieser neu geschärften Waffe der repressiven Staatsapparate viele Organisationen beschäftigen sollten, die nicht der Staatsraison folgen und auf funktionierende Kontoverbindungen angewiesen sind.

Rote Hilfe besonders betroffen

Das trifft auf die RH besonders zu. Der gemeinnützige Verein unterstützt Menschen, die von staatlicher Repression betroffen sind und ist auf ihre Mitgliedsbeiträge und Spenden angewiesen, auch die finanzielle Unterstützung wird schon seit vielen Jahren über Konten abgewickelt. Dass war in der Weimarer Republik noch anders, da wurden Mitgliedsmarken verkauft und die Spenden vor allem im Arbeitermilieu noch von aktiven Mitgliedern gesammelt. Auch in der NS-Zeit bestanden RH-Gruppen fort und sicherten neben der Unterstützung der Angehörigen von politischen Gefangenen auch den politischen Zusammenhalt der illegalisierten  linken Organisationen.

Es gab bei älteren Mitgliedern daher auch Bedenken, als auch die RH ihre Finanzangelegenheiten von Banken erledigen ließ. Aber dieser Fortschritt setzte sich durch und selbst für hartgesottene Staatskritiker war kaum vorstellbar, dass die Banken mit ihrer Kündigung der Konten so schnell zum Teil eines repressiven Staatsapparates werden könnten. Schließlich wirbt ja die GLS damit, dass sie sichere und nachhaltige Konten anbietet und einen Raum für Vielfalt darstellt.

Die Taten sprechen lassen

Doch wie immer, wenn sich jemand besonders nachhaltig auf solche Werte beruft, sollte man misstrauisch sein, was die konkrete Umsetzung betrifft. „Wir lassen Taten sprechen“ ist die Rubrik mit den News aus dem Bankenbetrieb der GLS überschrieben. Dort ist aber wenig verwunderlich eine sehr sprechende Tat der GLS, nämlich die Kontokündigung der RH, gar nicht erwähnt.

Dabei veröffentlichte die GLS-Bank noch am 24. Dezember eine Stellungnahme, weil der Druck nach der Kontenkündigung gewachsen ist und sich auch andere Vereine und Initiativen fragten, wer ihnen garantiert, dass sie nicht die nächsten Opfer des Debanking werden.  Schließlich ist auch die libertäre Organisation Anarchist Black Cross, die schwerpunktmäßig Gelder für Gefangene in  Belarus, Russland und anderen autoritären osteuropäischen Staaten sammelt,  vom Debanking betroffen. Sie unterstützt wie die RH auch antifaschistische Gefangene.

Doch die Stellungnahme der GLS beantwortet keine der Fragen.

Dort heißt es: „Wir führen über 11 000 Konten von sozialen, aktivistischen und karitativen Organisationen“ – und dennoch, habe man sich „von einigen wenigen Organisationen trennen“ müssen. Die GLS betont, die Kündigungen seien nicht politisch motiviert, sondern Ergebnis gesetzlicher und regulatorischer Pflichten, gestiegener Sorgfaltsanforderungen und einer Risikoabwägung, die am Ende „die gesamte Bank und ihre Gemeinschaft“ schützen solle.

RH nicht die einzigen von Debanking Betroffenen

Erst vor wenigen Wochen vermeldete die DKP, dass ihr die GLS-Bank die Konten schon zum 31. Dezember 2025 gekündigt hat. Auch ihr wurden keine Gründe genannt, aber es gab vorher von einer GLS-Mitarbeiterin eine gezielte Nachfrage nach einen Spendenkonto für Kuba.  Tatsächlich berichtete bereits  im Juni 2020 der linke Schweizer Vorwärts:

„Immer mehr Banken führen keine Inlandzahlungen mehr durch, die einen Bezug zu Kuba haben. Konkret: Mitgliederbeiträge und Spenden an Solidaritätsorganisationen werden verweigert. Es ist die Umsetzung der Verschärfungen der US-Blockade gegen Kuba hier bei uns.“

Im Sommer 2020 war allerdings nicht Trump, sondern Biden in den USA Präsident. Daran sollte man erinnern, wenn jetzt auch die RH hinter der die Kontokündigung den langen Arm von Trump sieht. Dabei haben sich die Staatsapparate in vielen Punkten gar nicht so sehr geändert gegenüber früheren Präsidenten. Zudem sollte nicht unerwähnt bleiben, dass sich die Sicherheitsbehörden auch in Deutschland schon lange mit der RH beschäftigen, die auch im Verfassungsschutzbericht beschuldigt wird, den Rechtsstaat zu delegitimieren, weil sie sich für  Opfer von Repression in Deutschland einsetzt, die es ja offiziell gar nicht geben darf. Es gab vor allem in der Zeit als Horst Seehofer Bundesinnenminister war, sogar eine Diskussion, die RH zu verbieten. Das hat zu einer Solidarisierung bis in linksliberale Kreise geführt und der RH auch neue Mitglieder gebracht.

Durch Debanking kann man Solidaritätsorganisationen auch arbeitsunfähig machen, ohne sie direkt zu verbieten. Daran arbeiten repressive Staatsapparate in allen Ländern, daher wäre es verkürzt, jetzt nur auf die USA zu zeigen. Auch der gewaltfrei-libertären Zeitung Graswurzelrevolution wurden schon die Konten gekündigt, ebenso der Basisgewerkschaft Freie Arbeiter Union in Berlin. In beiden Fällen handelte es sich um unterschiedliche Banken. Das macht deutlich, dass Debanking eine Waffe ist, die alle ernst nehmen sollten.

Kann eine Einstweilige Verfügung helfen?

Die Rote Hilfe will mit einer Einstweiligen Verfügung durchsetzen, dass die Göttinger Sparkasse die Konten weiterführen muss und beruft sich dabei auf ihren Versorgungsantrag. Tatsächlich hat das rechte Compact-Magazin die Eröffnung eines Kontos bei der Sparkasse Burgenlandkreis im Oktober 2024 gerichtlich durchgesetzt. Zuvor waren auch Compact nach einer Spendenkampagne die Konten gekündigt worden.

Doch auf juristische Erfolge sollten sich Organisationen wie die RH ebenso wenig verlassen, wie auf die Solidarität der liberalen Zivilgesellschaft. Die Einreisesperre für die Leiterinnen von Organisationen wie HateAid sorgte für Protest auch von Regierungsvertretern, die sich nie dazu äußern, wenn kritischen Journalisten wie auch dmr Verfasser dieses Textes die Einreise in die USA verweigert wurden. Kein Wunder, Hate Aid kooperiert sehr eng mit den Behörden in Deutschland. Da ist für die RH keine Unterstützung zu erwarten, und sie sollte sie in diesen Kreisen erst gar nicht suchen. Immerhin gibt es seit kurzen die Internetseite Debanking stoppen, auf der die aktuellen Fälle aufgeführt sind. Ansonsten sollte man vielleicht den Rat von Anarchist Black Cross folgen und Spenden persönlich sammeln. Tatsächlich könnte die Willkür des Debanking denen Auftrieb geben, die vor einem Verschwinden des Bargelds warnen.

 

Siehe dazu auch auf Overton:

Flavio von Witzleben: „Ich könnte mir vorstellen, dass es eine politisch motivierte Kontokündigung war“

Gaby Weber: De-Banking oder: die Rache der Bundesbank?

Hakon von Holst: Gerichtsbeschluss erschwert finanzielle Austrocknung freier Medien

Peter Nowak

Peter Nowak ist freier Journalist für verschiedene Zeitungen und dokumentiert sie auf seiner Homepage. Mit Clemens Heni und Gerald Grüneklee gab er im Juni 2022 das Buch „Nie wieder Krieg ohne uns … Deutschland und die Ukraine“ im Critic Verlag heraus.
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14 Kommentare

  1. Wer jetzt glaubt, Bargeld sei ein Ausweg, der sein gewarnt:
    Dann zieht das Staats- und Oligarchengeschmeiß als nächstes einen Geldwäsche-Vorwurf aus dem Ärmel.

    1. sind Banknoten nicht nummeriert?
      gibt man seinen Fingerabdruck nicht beim Personalausweis ab?
      sind Fingerabdrücke nicht auf dem Wahlschein nachweisbar?
      Anonymität gibt es (bald) nicht mehr.

  2. Gab es da nicht auch Kontoküdigungen bei lokalen AFD-Verbänden, bei Aya Velasquez oder Fabio von Witzleben. Keiner Erwähnung wert?
    Selbst ich habe als Maskenloser mein Konto verloren. Nicht so wichtig!
    Nowak, wie er leibt und lebt. Immer einseitig unterwegs, kann ich nicht mehr ernst nehmen. Er hat seinen Niemöller nicht gelesen und wird es voraussichtlich auch nicht mehr tun.
    Schade. Die Rote Hilfe oder die DKP find ich ja auch gut, aber was weiß ich schon.
    Nachtrag! Bis aufs Gendern. Danke Motonomer!

  3. Alle oben genannten Organisationen „Gendern“ gleich in den ersten Zeilen.
    Da muss ich mit recht nachfragen, wie Links die Organisationen eben auch wirklich sind.
    Und wenn dem so ist, wie ich es spätestens seit dem Frühjahr 2020 vermute, hält sich mein Mitleid doch stark in Grenzen.
    Und, wenn erst die CBDC´s kommen, ist eh alles gelaufen.

  4. „In der zweiten Pressemitteilung vom 26.12. gab die RH einen Überblick über die bisherigen Reaktionen auf die Kontokündigungen und wies auf eine Veranstaltung unter dem Titel „Debanking und die Folgen für die Rote Hilfe e.V“ hin, die auf der Konferenz des Chaos Computer Clubs kurzfristig angesetzt wurde.“

    Warum gibt es erst Widerstand vom Chaos Computer Club, wenn es linke Gruppierungen betrifft? Solche Aktionen gibt es schon seid 2015 vor allem gegen AFD-nahe Kreise. Dort wurde es von linken Kreisen häufig beklatscht und sogar eingefordert.

    Ich nehme linken wie konservativen Kreisen das Eintreten für Meinungsfreiheit nicht ab. Die schreien alle immer nur, wenn es ihre Filterblase betrifft. Die Konservativen vom Kontrafunk zum Beispiel regen sich heute zu Recht auf aber waren beim Radikalenerlass in den 1970s ganz vorne mit dabei. Und die Antifa ist schon seid ihrem Entstehen häufig durch antidemokratische Verhaltensweisen aufgefallen. Das sind doch Alles Heuchler.

  5. Die Naivität der Organisationen ist geradezu entzückend. Keine Ahnung von den Zusammenhängen, aber unglaublich große Klappe.

    Hier eine kurze Zusammenfassung, die so schon seit Jahrzehnten gilt: Wer in den USA Geschäfte machen will, muss die US-Sanktionslisten beachten. „Geschäfte“ bedeutet zum Beispiel auch Zahlungsverkehr.

    US-Banken müssen die Sanktionen durchsetzen, auch bei Auslandsgeschäften. Also verlangen sie auch von ausländischen Banken die Beachtung der Sanktionen, sonst gibt es keinen Auslandzahlungsverkehr. Ohne AZV kann eine Bank auch gleich schließen.

    Sanktionen können sich auf Personen, Organisationen oder Länder beziehen. Die GLS hat also keine Wahl, selbst wenn sie gar keinen eigenen Marktauftritt in den USA hat: Keine Geschäfte mit Organisationen, die Geschäfte mit Sanktionszielen machen.

    Vielleicht hätte die EU sich dagegen wehren können, aber erstens hingen sie die meiste Zeit am Rockzipfel der US-Regierungen und zweitens haben sie ihre eigenen Sanktionslisten, die sie mit Tricks auf der ganzen Welt durchsetzen wollen.

    Mit dem jüngst diskutierten „Debanking“, wo Banken aus Eigenantrieb oder nach Beschwerden Konten gekündigt haben, hat das wenig zu tun. Das ist eine andere Baustelle. Vergleichbar ist eher der Fall Jaques Baud.

    1. Wer die Klappe so weit aufmacht, sollte den Artikel gelesen haben. Da geht es nicht um „Sanktionslisten“. Auch sollte ein Leser die Darstellung der DKP und die Stellungnahme der Bank gelesen haben.
      Ich will mich nicht lang damit aufhalten, deshalb nur mein Fazit:
      Das Debanking ist keine „politische“, vielmehr eine militärpolizeiliche Waffe, angewandt im und vom Geheimdienstverbund der NATO-Staaten, sie funzt auf der Basis persönlicher Bedrohung von Mitarbeitern der Behörden, einschließlich Polizeibehörden, und Banken. Früher hieß ein analoges System „GESTAPO“.

  6. Neben den Debanking gibt es auch noch die Sanktionen, wie sie gegen den schweizer Militär Baud verhängt wurden.

    Wenn „wir Linken“ hier uns über Debanking, diese moderne Form der Reichsacht, beschweren, vergessen wir gerne das Debanking und andere Maßnahmen auch Rechte und AfD-Politiker betroffen haben. Das fanden viele von uns auch noch gut und begründeten dies mit antifaschistischen Kampf. Wenn man gegen westliche Doppelmoral argumentiert sollte man sich eigener Doppelmoral enthalten. Sie schlagen auf die AfD und meinen uns. Leider haben das einige zu spät begriffen.

    Diese Einseitigkeit eines Teils der Linken macht linke Politik insgesamt unglaubwürdig. Deshalb halte ich Forderungen nach einen AfD-Verbot, wie sie das radikalisierte, staatstragende Kleinbürgertum, Staatsomas gegen Rechts, Olivgrüne und die Obrigkeit der Linkspartei fordern, für grundfalsch.

    Linke Selbstkritik in dieser Frage wäre angebracht. Das fordern wir aber gerne von anderen, selbst halten wir wenig davon.
    Macht uns das glaubwürdig?

  7. Als es die vermeintlich richtigen traf, war das keine Nachricht. Jetzt wo die Einschläge näher kommen, sorgt sich der Herr Nowak. Spürt er schon den Atem das kälteste aller kalten Ungeheuer?

  8. Die Mitte, aka herrschende Kreise, fühlt sich bedroht, schlägt um sich, nicht nur in den usa… Man muss wohl in den finanziellen Untergrund, irgendwie inkognito…

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