Dead Kennedys ante portas

US-Regierung gibt erste Akten zum Anschlag auf Robert F. Kennedy frei.

Die US-Geheimdienstbeauftragte Tulsi Gabbard hat am 18. April 25 die ersten 10.185 Dokumentenseiten über die Untersuchung des Attentats auf Robert F. Kennedy veröffentlicht. Weitere insgesamt rund 50.000 Seiten, die bei FBI und CIA aufgefunden wurden, sollen folgen und dann von jedermann online eingesehen werden können.

Bei einem Wahlkampftermin am 5. Juni 1968 war Robert in der Küche des Ambassador Hotels in Los Angeles erschossen worden, verurteilt hierfür wurde der damals 24jährige Sirhan Bashir Sirhan. U.a. der 2023 verstorbene australische Journalist John Pilger, der Augenzeuge wurde, notierte: „Was ich sah und hörte, überzeugte mich, dass es nicht nur einen Schützen gab.“

Bei Sirhan Sirhan wurde einzig ein .22-Kaliber-Revolver (Iver-Johnson Cadet) gefunden, dessen Magazin 8 Patronen fasste. 3 der 4 Treffer auf Robert Kennedy verursachten Wunden, 5 weitere Personen wurden verletzt. Die Tonaufnahme des polnischen Journalisten Stanislaw Pruszynski deutet auf insgesamt 13 Schüsse hin. Auch Fotos, die bislang nur in minderer Qualität vorliegen, lassen auf Einschüsse in Deckenplatten, Tür und Türrahmen schließen – die jedoch aus unbekannten Gründen vor einer Beweissicherung ausgebaut wurden.

(Ähnlich hatte man auch das Windschutzschild aus der Limousine in Dallas ausgetauscht, in dem Zeugen ein Loch ausmachten, das sich nicht mit den angeblich drei Schüssen in Einklang bringen ließ.)

Seit langem bezweifeln Fachleute, dass die Einschusswinkel der Treffer mit denen aus Sirhan Sirhans Waffe in Einklang zu bringen waren. Der Leichenbeschauer des Los Angeles County Thomas Tsunetomi Noguchi (* 1927) legte bereits in seinen Memoiren Wert auf die Feststellung, dass er nicht den tödlichen Schuss zugeordnet habe. Seine nun freigegebene Autopsie ging beim tödlichen Schuss von einer Distanz von 5 bis 15 cm aus.

Näher als zwischen einem und drei Metern war Sirhan Sirhan seiner Zielperson offenbar aber nicht gekommen. Warum die kurze Schussdistanz fast sechs Jahrzehnte der Geheimhaltung unterlag, bleibt unklar. Der damals 73jährige Strafverteidiger Russell Parsons hatte den Leichenbeschauer nicht genau befragen wollen. Parsons, der pro bono auftrat, hatte nur ein Jahr studiert, vertrat häufig Mafiosi und pflegte zur Staatsanwaltschaft offenbar gute Kontakte.

(Auch beim Anschlag auf Dr. Martin Luther King war ein Mafiaanwalt für den dort Angeklagten höchst unvorteilhaft aufgetreten – bezahlt vom rechtsextremen Multimilliardär H. L. Hunt aus Dallas.)

Im bislang freigegebenen Material wurden ad hoc noch keine spektakuläre neue Informationen bekannt, etwa zur Identität der als verdächtig beschriebene Frau, die in einem Polka-Dot-Kleid gesehen wurde. Ebenso rätselhaft bleibt die verschwundene Erinnerung des verurteilten Sirhan Sirhan, den Roberts gleichnamiger Sohn Robert Kennedy jr. für unschuldig hält. Stattdessen verdächtigt er als Schützen den Sicherheitsmann Thane Eugene Cesar, der eine identische .22er-Waffe besaß, das Mordopfer hasste, am Tatort aber nicht überprüft wurde. Cesar behauptete später, seine Waffe vor dem Attentat verkauft zu haben, obwohl dies dem Käufer zufolge erst danach geschehen war.

Kennedy jr. hatte Sirhan Sirhan im Gefängnis besucht und nimmt häufig Bezug auf das Standardwerk des Theologen James W. Douglas „JFK and the Unspeakable: Why He Died and Why It Matters“ (2008). Andere Mitglieder der Kennedy-Familie wie Kerry Kennedy lehnen die Regierung Trump jedoch ab und missbilligen auch die Aktenfreigaben.

Ebenso wie bei den JFK Files stehen noch umfangreiche Freigaben aus, bei denen der Zeitpunkt jedoch noch unklar bleibt. Soweit sich Aufzeichnungen im Familienbesitz befinden, stehen diese der Forschung nach wie vor nicht zur Verfügung.

Autor Markus Kompa dokumentiert ergebnisoffen den Forschungsstand zum Attentat auf JFK in Dallas in einem Podcast #JFK60. Auch die aktuellen Freigaben zu den Anschlägen werden dort voraussichtlich Anfang Mai kommentiert werden.

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4 Kommentare

  1. Die Kennedy-Sippe kann ja gerne Trump nicht mögen, es gibt genug Gründe dafür, aber ist das der Grund der Ablehnung der Veröffentlichung der Akten? Das ist nicht so ganz klar in dem Artikel warum sie die Veröffentlichung ablehnen.

  2. Gut, immer weiter wühlen.
    Warum überraschen mich solche Einzelheiten nicht mehr ?
    Weil schon die offizielle Geschichte zum JFK-Attentat ein Hohn ist.
    Und weil James Ellroy in seiner Underworldtrilogie schon alle drei Attentate so beschrieben hat, als wäre er dabei gewesen. Jedem, der sich nur ein bißchen mit dem Thema beschäftigt hat, muß klar sein, daß die Amis damals schon so verlogen waren, wie unsere Politiker und Faktenchecker heute.

  3. 10.185 Dokumentenseiten über die Untersuchung des Attentats auf Robert F. Kennedy und weitere insgesamt rund 50.000 Seiten sollen noch veröffentlicht werden.

    Wie viele Seiten hätten genügt den Tathergang zweifelsfrei zu beschreiben?
    Allein die ungeheurere Masse der Dokumente, zeigt, dass es den Behörden um Vertuschung, Verneblung und das Legen falscher Spuren ging. Ich zweifel offen gestanden sehr daran, dass man durch die Lektüre der Unterlagen Erkenntnisse gewinnt.
    Eher wird man dabei immer mehr in das Lügen-Moloch des tiefen Staates gezogen werden, ohne jemals dabei wirklich klüger zu werden.
    Dass die offizielle Version zum Himmel stinkt und so gut wie nichts daran stimmt, das konnte man schon von Anfang an wissen.

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