Das Schwedische Modell im Arbeits- und Glaubenskampf gegen Tesla

Bild: IF Metall

Seit Freitag Mittag überwachen kräftige Männer und Frauen in gelben Leuchtwesten in fünfzig Häfen Schwedens, dass kein Tesla-Automobil ein Schiff verlässt und schwedischen Boden erreicht.

Die Aktion ist eine Ausweitung des schwedischen Arbeitskampfs gegen den US-Konzern.  „Das wird  nun beschwerlich und kostspielig für Tesla“, sagt Veli-Pekka Säikkälä, von der „IF Metall“. Da das Unternehmen keine Tarifverträge für seine Beschäftigen abschließen will, hatte die Gewerkschaft „IF Metall“ vor drei Wochen den Streik für die zehn Tesla-Werkstätten in Schweden ausgerufen. Tesla-Beschäftigte hätten schlechtere Rentenbedingungen und weitere Benachteiligungen als Arbeiter mit Tarifvertrag und müssten länger arbeiten.

Es folgte Anfang November ein „Sympathiestreik“ der Transport-Gewerkschaften in den vier wichtigen Häfen des skandinavischen Landes, wo seitdem die Fahrzeuge nicht mehr ausgeladen werden können.

Das US-Unternehmen erklärte, nicht nachgeben zu wollen, und wies darauf hin, dass es Abkommen anbiete, „die gleichwertig oder besser als kollektiv ausgehandelte Verträge sind“. Gleichzeitig werden Streikbrecher zu den Werkstätten transportiert.

Unternehmens-Chef Elon Musk akzeptiert weltweit keine Tarifverträge, in Schweden sind jedoch rund 90 Prozent der Arbeitnehmer durch solche Verträge abgesichert

Susanna Gideonsson, Chefin von LO, dem größten Dachverband der schwedischen Gewerkschaften, will hingegen in Kauf nehmen, dass sich der Autohersteller aus Schweden zurückzieht. „Wir müssen das schwedische Modell schützen und es muss hier nach gewissen Regeln gespielt werden“, forderte Gideonsson.

Insgesamt zehn schwedische Gewerkschaften haben sich dem Streik angeschlossen, Elektriker, Bauarbeiter, die Post, bis Ende des Monats sollen weitere Blockaden gegen die Tesla-Werkstätten umgesetzt werden.

Rund 2000 Tesla-Automobile werden monatlich nach Schweden geliefert, bislang kann auf Schleppertransporte und Zulieferung über norwegische Häfen ausgewichen werden. Doch die Sperrung aller schwedischen Häfen wird ein Problem darstellen.

Die NTF, eine skandinavische Dachgewerkschaft der Transport-Arbeiter mit 340.000 länderübergreifend Mitgliedern hat am Freitag ihre Solidarität bekundet. Somit könnten auch norwegische, dänische und finnische Gewerkschaftler bei einer Blockade gegen Tesla mitwirken. Demnächst werden entsprechende Gespräche geführt.

„Tesla ist ein Gewerkschaftsfeind, der versucht, in Europa amerikanische Verhältnisse zu schaffen. Damit sollen sie nicht durchkommen“, sagte der Chef des norwegischen Gewerkschaftsdachverband Jörn Eggum.

Schwedische Unternehmer fürchten hingegen um den Ruf ihres Landes

„Sollte sich Tesla zurück ziehen, wäre dies eine schlechte Werbung für Schweden und nicht gut für das Vertrauen in das Schwedische Modell“, beteuerte Jan-Olof Jacke vom Arbeitgeberverband SN. Die Organisation fordert eine Reformation des schwedischen Streikrechts; besonders der „Sympathie-Streik“ gehöre eingehegt. Unternehmen sollen selbst entscheiden, ob sie einen Tarifvertrag einführen oder nicht.

Grundsätzlich können Unternehmen in Schweden dies tun, sie müssen dann jedoch mit dem Widerstand der starken Gewerkschaften rechnen. Innovative Unternehmen wie der Streaming-Dienst „Spotify“ und das Bezahlsystem „Klarna“ versuchten dies, beugten sich schließlich aber dem allgemeinen Druck. Allerdings sind dies aus Schweden stammende Firmen.

Bei Tesla ist dies anders. Über 50 000 Tesla sind in Schweden registriert, Tendenz stark steigend.

Das Modell Tesla Y ist Spitzenreiter unter den neu registrierten PKWs, noch vor dem Volvo EX30, dem Elektroauto aus heimischen Betrieben. Ein Aus für Tesla in Schweden würde den Gewerkschaften den Groll der Mittelklasse bescheren, der jetzt schon anschwellen soll, wie vom „Tesla Club Sweden“ zu hören ist.

Zudem nimmt der Anteil der schwedischen Arbeitnehmer beim großen Dachverband LO ab, innerhalb von zwanzig Jahren schrumpfte er von 80 auf 59 Prozent. Als Grund gilt eine verbesserte Arbeitslosenabsicherung und die allgemein gestiegenen Lebenskosten, welche die Arbeitnehmer bewegen, sich die Beitragskosten zu sparen.

Dennoch sind die Gewerkschaften weiterhin mächtig und die Bande mit der größten Partei des Landes, den Sozialdemokraten, ist stark. Magdalena Andersson, Ex-Premierministerin und aktuelle Parteivorsitzende der Sozialdemokraten unterstützt darum den Streik und ließ sich medienwirksam vor einem Protest vor dem Tesla Service Center in der Mittelstadt Örebro blicken: „Meine Botschaft ist deutlich. Kämpft dafür. Hier geht es darum, für das schwedische Arbeitsmodell aufzustehen“, rief sie den Streikenden zu.

Lange Tradition des Schwedischen Modells

Und dieses Modell hat Tradition und es definiert ein besonderes Verhältnis von Arbeitnehmern und Arbeitgebern.

Nach Jahren des blutigen Arbeitskampfes in den 1920er und Anfang der 1930er Jahren zwang die sozialdemokratische Regierung unter Per Albin Hansson beide Seiten an den Verhandlungstisch. Im Abkommen von Saltsjöbaden 1938 konnte schließlich der Grundstein für die Tarifverträge, Rentenleistungen und Arbeitsschutz ausgehandelt werden.

Künftige Konflikte zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sollten durch Abmachungen in einer sogenannten „Sozialpartnerschaft“ gelöst werden, ohne dass der Staat eingreifen müsste.

Vorausgegangen und grundlegend für dieses Konsensdenken ist die ursprünglich nationalistische Idee des „Volksheimes“, die Hansson der Wirtschaftskrise nach 1929 auch als psychologisches Mittel, aber auch als Abwehr gegen die kommunistische Ideologie entgegen setzen wollte. „Gleichheit, Fürsorge, Zusammenarbeit und Hilfsbereitschaft“ waren die Werte, welche Schweden als Corporate Identity nach innen zusammen halten sollten.

Werte, die bis heute gelten und welche auch die bürgerlichen Regierungen achten müssen, wenn es auch immer von ihnen Anläufe gab, diese aufzubrechen. Die Mitte-Rechts-Regierung unter Ulf Kristersson hält sich darum aktuell mit Kommentaren zurück. Wohl da nach einer aktuellen Umfrage 83 Prozent der Schweden den Tarifvertrag generell für erhaltenswert halten und sich nur zehn Prozent gegen den Streik gegen Tesla aussprechen.

Musk, der Hauruck-Unternehmer mit den hochfliegen Mars-Ambitionen, der mit seinen rigorosen Maßnahmen bei Twitter bzw. X schon zu eine Art Trump der Wirtschaft geraten war, scheint für das Schwedische Modell und seine vielen Anhänger die maximale Provokation zu sein. Unklar ist allerdings, ob die Sozialpartnerschaft im Fürsorgestaat die kommenden Wirtschaftskrisen unbeschadet überstehen kann.

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17 Kommentare

      1. Vielleicht will winfried auch nur sagen, dass Schweden sich entscheiden muss: USA oder China. Dann ist er vermutlich ein Werte-Anhänger von Gut gegen Böse.

    1. Volvo PKW (nicht die Baumaschinen und LKW Sparte) gehört chinesischen Investoren schon seit den Neunzigern. Die Chinesen sind schon längst da.

  1. “Unklar ist allerdings, ob die Sozialpartnerschaft im Fürsorgestaat die kommenden Wirtschaftskrisen unbeschadet überstehen kann.” Was ist denn das für ein Artikel mit FDP conclusion?

    Wenn Musk meint, gleichwertige oder gar bessere Bedingungen anzubieten, kann er ruhig einen Tarifvertrag unterschreiben und außerdem Zulagen bezahlen.
    Sein Argument ist schlicht Bullshit.

    Im Grunde gehört EU-weit ein Tariftreue-Gesetz her, das Tarifverträge allgemeinverbindlich erklärt und bis dahin öffentliche Aufträge nur an Unternehmen vergibt, die tarifgebunden sind.

    1. Wer nicht tariftreu ist, dürfte zu wenig leistungsfähig sein und sollte damit ordnungspolitisch apriori aus dem Markt verbannt werden. Das ist eigentlich auch der Sinn von “fair play”, welcher sich im Mutterland des Kapitalismus entwickelt hat.

  2. Das Volksheim ist zurück. Schau mal an, man dachte ja, es sei nach dem Sieg der Rechten erledigt, aber nun sucht es die Kraftprobe. Wäre ja angebracht, wenn die IG Metall ihn gleichzeitig in einen Zweifrontenkrieg zwingen würde. Das wäre jetzt die Gelegenheit, denn in Grünheide hat Musk schon massiv investiert, da kann er sich keine Streiks leisten. Das am Rande.
    Volksheim klingt ein wenig nach vergangener Utopie und auch nach einer gewissen Bevormundung. Das ist durchaus der Fall: wer im Sinne des Volksheims tätig war, konnte mit der Unterstützung der regierenden Sozialdemokratie rechnen, die anderen nicht. Der Staat schubst seine Bürger also ein wenig, aber die Schweden hatten nichts dagegen.
    Nicht ohne Grund: der schwedische Sozialstaat war zumindest vorbildlich, bei allen wichtigen Koeffizienten wie Bildung und Gesundheit lag das Land immer auf den ersten Plätzen. Mehr gibt es im Kapitalismus nicht.

    Und was wäre, wenn sich dieser Musk aus Schweden zurückzieht? Haben die da nicht die E-Autos von Volvo, die von der Presse sehr gelobt werden? Die man kaufen kann, ohne diesen Dummschwätzer reich zu machen. So langsam ist das ja wirklich unerträglich, was der auf X von sich gibt.

    Macht dem mal ordentlich Feuer unter dem Hintern!

  3. Hach wie süß “Volksheim”, “Arbeitskampf” – alles einst verpönte Begriffe …

    Und niemand kommt auf die Idee das derzeit eine gesteuerte Kampagne gegen Musk/X läuft? Von der genüßlichen Berichterstattung der ARD über die explodierte SpaceX-Rakete, die im Stil der ARD-Berichterstattung über Russische Raumfahrtechnik abgefaßt war, über “geleakte” Probleme bei Tesla Trucks und Tesla Autos bei GOLEM bis hin zu den Anzeigenrückruf bei X. Man kann schon von einer gesteuerten Kampagne sprechen und auch Schweden ist ein Teil davon. Nur es geht gar nicht um Musk.

    Musk/X/Tesla sind nur Teil einer Kapitalfraktion die nicht der Mehrheitskapitalfraktion angehört. Musk vertritt häufig andere Positionen als der “Mainstream” bei Corona, in der Ukraine-Frage, auch bei Israel und bei Klimawandel hat man häufig andere Positionen gehört als sie derzeit üblich sind. Musk ist ist der Reichste/Zweitreichste Mensch der Welt er glaubt sich solche Meinungen leisten zu können. Aber Musk ist natürlich nicht allein, es gibt inzwischen auch andere die aber eher die Klappe halten.

    Das Gegenstück zu Musk ist Gates der mit seinen Stiftungen und seinen Engement bei Medien/Impfstoffen/Rüstungskonzernen zu seinen Meinungen zu Klimawandel, Atomkraftwerk für den Hausgebrauch und lecker Kunstfleisch eher den Vorstellungen des Politischen Mainstreams folgt. Auch er meint sich mit seinem Vermögen solchen Meinungen leisten und platzieren (siehe Auftritt in der tagesschau 2020) zu können. Aber auch er steht für eine gewisse Kapitalfraktion die für solche Positionen steht. Und beide führen jetzt in aller Öffentlichkeit und weltweit Krieg.

    Wie gesagt es geht nicht um die Personen, es geht um die Positionen. Und nicht zuletzt darum mit welcher Position die Kapitalseite mehr Profit erwirtschaften kann.

    Musk steht eher für die “Rechten” Vorstellungen, Gates eher für “Linke” (wobei Links und Rechts bei Milliardenschweren Oligarchen wahrscheinlich die falschen Begriffe sind)

  4. Elon Musk wird mir immer sympathischer. Gewerkschaften sind Schutzgelderpresser und ideologische Türsteher, zudem Hauptverantwortliche für Lohndumping. Was mich nur wundert, was Elon Musk in Schweden will, ist Schweden doch ein Hort des Femischismus. Die spinnen, die Wikinger! hätte Obelix einst gesagt.

    1. Elon Musk wird mir immer sympathischer.

      Majestyk wird mir immer unsympathischer, anderseits braucht so jemand keine geregelte Rente oder einen Mindestlohn. Bleibt schon mehr für die anderen. Er arbeitet lieber bis zum Umfallen und nimmt eine zweit oder dritte Hypothek auf seine Immobilie auf, um seine Medikamente und Gesundheitsversorgung noch zahlen zu können und da jammert er rum das er sich von einer Linken Regierung in Gefahr sieht das er “enteignet” wird. Hast Du nicht der öffteren gesagt das Du nicht der Allerschlauste bist?

      In Zukunft dann wieder 10 .. 12 .. 14 Stunden Schichten und immer mehr Kinderarbeit wie in den USA? Dann jammert er auch immer wieder über Bevölkerungsreduktion. Für was stehst Du dann am Ende, wenn Du indirekt Dich dafür dann doch einsetzt?

      1. Wofür er steht? Ernsthaft? Für gar nichts. Außer ein bisschen Patriotismus, Deutschlandflagge und schlechtes Gulasch. Wofür soll der braune Bodensatz denn stehen? Kann nichts, hat nichts, gebt ihm eine Uniform.

        1. Ist mir schon klar wollte nur mal zeigen, dass das AfD Gewäsch sich widerspricht. Ich bin auf jeden Fall froh nicht in einem Land wie der USA zu leben. Wo ich mir erst überlegen muß ob ich mir es leisten kann zum nächsten Arzt zu gehen und dann wenn der mir was verschreibt oder wegen der Weiterbehandlung erstmal zur Bank zu müssen, um vielleicht ein Kredit aufzunehmen. Außerdem finde ich es gut das es ein Mindestlohn gibt, wenn es immer noch zuviele Ausnahmen gibt und dieser viel zu niedrig ist. Da lobe ich mir Länder wie die Schweiz, wo ich auch auf das Auto verzichten kann.

          @Majestyk
          Was ist “Femischismus”? Einem Rechtschreib’ Fanatiker hätte das doch auffallen müssen, das die Wortschöpfung nicht im Duden oder Wahrig steht oder ist das Neue Rechte Sprech?

      1. @ Florian Eisele:

        Ich bin für das Recht, was niemals links sein kann und wähle nur nach nationalen Interessen und nur pro Marktwirtschaft. Darüber hinaus stehe ich nicht auf Knutdöppe die mich ungefragt anduzen und habe Rote zum fressen gern.
        Ich bin also absolut richtig hier, sonst verkommt das Forum ja ganz zum linken Aschram, wo sich alle ganz toll finden und Ringelpietz ohne anfassen veranstalten.

        1. Ja, sie brauchen dieses Forum. Sie haben halt sonst nichts. Außer ein bisschen Gulasch und einmal im Halbjahr 6 Sitzungen beim Psychiater, die ich als arbeitender Mensch Sozialschmarotzern wie ihnen dennoch gerne subventioniere, ich bin da ja nicht so.

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