Das Schicksal der Armenier in Berg-Karabach steht auf dem Spiel

Zerstörungen in Berg-Karabach. Screenshot von RFERL-Video.

Aserbaidschan startet Militärangriff, während Russland in der Ukraine abgelenkt ist.

 

Es scheint, dass Aserbaidschan beschlossen hat, den Rest der armenischen Bevölkerung in der umstrittenen Region Berg-Karabach mit Gewalt zu vernichten, und nach der Reaktion der internationalen Gemeinschaft auf die aserbaidschanischen Schritte der letzten Jahre zu urteilen, scheint niemand gewillt zu sein, viel dagegen zu unternehmen.

Am frühen Nachmittag des 19. September startete das aserbaidschanische Militär eine „lokale Anti-Terror-Operation“ gegen das umstrittene Gebiet Berg-Karabach, um „… endgültig die verfassungsmäßige Ordnung der Republik Aserbaidschan wiederherzustellen“. Der Schritt folgt auf die umstrittene Behauptung, Minen, die „von den Aufklärungs- und Umsturzgruppen der armenischen Streitkräfte gelegt wurden“, hätten zivile und militärische Fahrzeuge in die Luft gesprengt, was sechs Tote zur Folge hatte.

Diese Entwicklung erfolgte, nachdem ein solcher Angriff seit Wochen erwartet wurde, da aserbaidschanische Truppenbewegungen in der Nähe von Berg-Karabach stattfanden, Israel einen Großteil der Rüstungsgüter Aserbaidschans mit Flugzeugen lieferte und die armenischen Streitkräfte während einer mehr als neunmonatigen Blockade des Latschin-Korridors Gegenmaßnahmen ergriffen hatten.

In einer Erklärung des aserbaidschanischen Verteidigungsministeriums heißt es, dass „die Zivilbevölkerung und zivile Infrastruktureinrichtungen nicht angegriffen werden. Nur legitime militärische Ziele werden außer Gefecht gesetzt.“ Berichte aus der De-facto-Hauptstadt Stepanakert zeigen jedoch, dass die Zivilbevölkerung beschossen wurde und Opfer zu beklagen sind.

Seit dem von Moskau vermittelten Waffenstillstand, der den Zweiten Berg-Karabach-Krieg im Jahr 2020 beendete und russische Friedenstruppen in die Region brachte, sind die Spannungen eskaliert, da Baku versucht, seine Kontrolle über das seit langem umstrittene Gebiet vollständig durchzusetzen. Zunächst gelang es den Friedenstruppen im Allgemeinen, das zu schützen, was nach dem erfolgreichen aserbaidschanischen Angriff 2020 von armenischem Berg-Karabach übrig geblieben war. Seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine und dem riesigem Engagement und den Verlusten der russischen Streitkräfte dort scheint aber die militärische Fähigkeit Russlands, in Berg-Karabach zu intervenieren, weitgehend verschwunden zu sein.

Aserbaidschan hatte seinerseits wiederholt und unmissverständlich erklärt, es bestehe keine Notwendigkeit für eine Einmischung von außen in seine inneren Angelegenheiten, während Eriwan, Brüssel und Washington ihre Forderungen nach einer künftigen Garantie der Rechte und der Sicherheit der Karabach-Armenier unter aserbaidschanischer Herrschaft verstärkten.

Der armenische Premierminister Pashinyan erklärte, Aserbaidschan wolle Armenien in einen groß angelegten Krieg verwickeln, aber Armenien sei nicht in den Konflikt um Berg-Karabach verwickelt und werde dies auch nicht tun.

Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, sagte auf X, früher Twitter, dass die „militärischen Aktionen Aserbaidschans sofort gestoppt werden müssen, um einen echten Dialog zwischen Baku und den Armeniern in Karabach zu ermöglichen.“ Das Büro des EU-Außenpolitikers Josep Borrell gab eine Erklärung ab, in der er die militärische Eskalation verurteilte.

Russland forderte die Konfliktparteien auf, „das Blutvergießen zu beenden, die Feindseligkeiten unverzüglich einzustellen und auf den Weg einer politischen und diplomatischen Lösung zurückzukehren“. Moskau wies auch die Behauptung Bakus zurück, man habe die russische Seite im Voraus über den Angriff informiert.

Ein Regierungsvertreter der Vereinigten Staaten kündigte an, dass US-Außenminister Antony Blinken in den nächsten 24 Stunden dringende Gespräche mit allen Seiten führen werde, um die „ungeheuerliche“ Operation Aserbaidschans zu beenden. In einer Presseerklärung forderte Blinken „ein sofortiges Ende der Feindseligkeiten und einen respektvollen Dialog zwischen Baku und Vertretern der Bevölkerung von Berg-Karabach“.

In einer Stellungnahme vor dem Ausschuss für auswärtige Beziehungen des Senats in der vergangenen Woche machte Juri Kim, amtierender stellvertretender Außenminister für europäische Angelegenheiten, jedoch deutlich, dass die USA die Anwendung von Gewalt verurteilen und keine Schritte zur „ethnischen Säuberung oder zu anderen Gräueltaten gegen die armenische Bevölkerung von Berg-Karabach“ akzeptieren werden.

Das Schicksal der Armenier in Berg-Karabach zeigt auf tragische Weise, dass die Vereinigten Staaten und ihre Nato-Verbündeten zwar seit einer Generation eine unerbittliche Feindschaft gegen die russische Präsenz im Südkaukasus hegen, aber weder in der Lage noch willens sind, Russland – das jetzt in der Ukraine feststeckt – als Sicherheitsgarant in der Region zu ersetzen und die ethnischen Streitigkeiten zu lösen oder einzudämmen. Daher sind die Tragödie des Krieges in der Ukraine und seine Auswirkungen für die Armenier unmittelbar im Südkaukasus zu spüren.

Der Artikel ist im englischen Original am 19. September auf Responsible Statecraft erschienen. Wir danken dafür, eine Übersetzung veröffentlichen zu können.

Artin DerSimonian ist Junior Research Fellow im Eurasia-Programm des Quincy Institute for Responsible Statecraft. Er erwarb 2022 einen Master of Science in Russischen, Osteuropäischen und Eurasischen Studien an der University of Glasgow, wo er seine Dissertation zum Thema „The Decline of a pro-German Foreign Policy in late Imperial Russia, 1878-1890“ schrieb.

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71 Kommentare

      1. Russland tut es aber.So die Friedensvereinbarungen von 2020 zwischen Baku und Jerewan.Leider hat der Armenische MP Pashinjan die armenischen Verpflichtungen nicht umgesetzt.Sonst wäre es nicht zum erneuten Waffengang gekommen.Und auch den heutigen Waffenstillstand hat russische Diplomatie vermittelt.Aus dem Westen kam nur leeres Geschwurbel…

  1. Soso, neues Alarmthema aufgemacht. Prost. Um was alles in der Welt sollen wir uns denn noch Sorgen machen? Zum einen hohlen wir die Welt und deren Sorge und Elend zu uns – und zum anderen starren wir dauernd nach draußen in die Welt auf der Suche nach noch mehr Elend und Sorge.

    Das Ganze dient nur zu einem: dass wir unsere eigenen Situation hier nicht mehr wahrnehmen – und uns nicht mehr für unsere eigene Belange, für unsere unmittelbaren Nächsten hier, für unsere eigene politische Situation und gegen deren massiven Fehlsteuerungen, hier und jetzt, einsetzen.

    Diese angeblich „linke“, gutmenschliche Sorge um alles in der Welt – nur nicht um das hier vor Ort – ist die beste Aufmerksamkeitsfehlsteuerung. Neben dem idiotischen „links-rechts“-Spaltungsschema eine der wirkungsvollsten Herrschaftsinstrumente.

    „Overtone“ ist ein Herrschaftsinstrument, und Rötzer ein klandestiner Reichenbüttel aller erster Güte.

    Die einfache Wahrheit ist die: wenn jeder für sich sorgt, dann ist für alle gesorgt.

    Natürlich bin ich dafür, Ausbeutungsstrukturen die die Welt schlechter machen hier bei uns zu bekämpfen. Aber dazu müssen wir zuerst die Situation hier sehen und analysieren. Genau davon wird aber meist abgelenkt. Und wenn mal nicht, dann wird fehlanalysiert und mit Marxgeschwurbel vernebelt.

    Die Welt leidet nicht an „links“ oder „rechts“ sondern an „oben“ und „unten“. Und solange wir hier nichts an diesem kranken System ändern, können wir auch nichts für eine bessere Welt beitragen.

    1. “ „Overtone“ ist ein Herrschaftsinstrument, und Rötzer ein klandestiner Reichenbüttel aller erster Güte.“

      „Klandestin“? Muss man wirklich auf JEDEN sprachlich installierten Gaul aufspringen, der durch die Pampa getrieben wird? (Die deutsche Sprache ist/wäre so facettenreich und punktgenau.)

      Aber geheim und verborgen kann ich nicht erkennen, da für Sehende offensichtlich:
      an Auswahl der Themen, Inhalt, Qualität, Aufbereitung, AUF Headlines/Ereignisse reagieren, statt zu agieren usw.
      Ein Zugewinn ist nun eher fraglich und wollte man alternativ und mit Bezug zum „Rest“ der Realität informiert sein, muss man dies schon auf anderen Seiten tun.

      Wobei es sich m.E. auch NICHT um eine intellektuelle Alternative im eigentlichen Sinne handelt, sondern vielmehr um eine Kommentar-Echokammer, in der es nicht um Zugewinn geht, sondern um choreografierte „virtuelle Ringkämpfe“ like Brot und Spiele.
      Ausnahmen bestätigen die Regel, aber das hier gezeichnete Sittengemälde lässt nicht viel Spielraum für die Zukunft!
      (Aber lustig ist es mitunter; und früher wäre dies der perfekte Nährboden für Studien gewesen )

      1. Was ist das für ein Witzzwerk „cuibono“ der sich an Wörtern aufgeilen muss? Hat er auch was gegen „Sofa“, „Portomonai“, „Souterrain“, „Nase“, …?

        Welche Wörter erlaubt „cuibono“ als nicht „sprachlich installierter Gaul“? Bitte Liste einhängen.

        Und überhaupt: cui bono von „cui bono“?

        Ihr PR-Trolle seid alle durchweg so billig – und peinlich.

  2. Das Schicksal der Armenier in Berg-Karabach steht auf dem Spiel

    Das steht nichts mehr auf dem Spiel

    Das Schicksal der Armenier in Berg-Karabach ist besiegelt.

    1. Richtig.Pashinjan hat sie verkauft für das Versprechen einer EU-und NATO-Mitgliedschaft.
      Erkennen sie Parallelen zur Ukraine?In ihrem fanatischen Hass auf Russland schrecken die westlichen Eliten vor keinem Verbrechen zurück!

      1. Das Russen-Bashing ist jetzt ein Volkssport, bei dem jeder Dödel mitmachen darf. Es ist ein richtiges Volksgaudi geworden. Die Cheerleader sind Goebbels-Imitatoren wie Strack-Zimmermann und Kiesewetter. Typen wie Ottono schwenken nur das rassistische Fähnchen und finden es lustig. Sie geben sich Mühe, aus jeder Episode der Weltgeschichte ein kleines oder großes Russen-Bashing zu konstruieren. Lassen wir ihnen die Freude. Sie bekommen von den Russen noch früh genug aufs Maul.

        1. Ich würde dir vorschlagen dasselbige einfach zu halten, damit du kleiner Wicht nicht so viele Lügen rausposaunst.
          An welcher Stelle habe ich mich positiv oder negativ oder überhaupt über Russland geäußert?
          Du hast wirklich ganz böse einen an der Waffel.

          1. Ich zitiere dich: „Schau in den Spiegel und lies deine Texte vor.“
            Von dir kommt nichts anderes als Russen-Bashing. Deine Gedankenwelt mag dich erheitern, aber sie ist einfach nur monoton und langweilig. Und jetzt geh mit deinen Russenpuppen Voodoo spielen. Oder erfinde mal einen neuen Gedanken zur Abwechslung.

            1. Hier geht es um Armenien, es geht nicht um um dein kleines verletztes Ego.
              Biland inzwischen bist du nur noch ein Schreiberling ohne Inhalte, nicht fähig dich auf Neues einzustellen.

              1. Was du nicht sagst. Und alles, was dir und deinem Alter ego phz dazu einfällt, ist folgende Plattitüde: Russland versagt als Schutzmacht, weil es in der Ukraine überfordert ist.
                Monotones Russen-Bashing, sonst nix. Andere Foristen haben da mehr zu bieten. Deutlich mehr. Zum Beispiel Altlandrebell.

                1. Definitiv ist Altlandrebell sehr produktiv. Den Anspruch, mich mit ihm zu messen, habe ich nicht.
                  Lasse mich von niemanden zu etwas treiben, egal wie primitiv der Versuch ist.

  3. „Israel einen Großteil der Rüstungsgüter Aserbaidschans mit Flugzeugen lieferte“

    Ich hätte ja vermutet, dass Menschen, die jeweils Opfer von Genoziden geworden sind, zusammenhalten! Stattdessen beliefert Israel die Täter.

    1. Israel will Aserbeidshan nutzen,um auch von dort Krieg gegen den Iran zu führen.Die Israelis sind fanatisch davon besessen,den Iran zu vernichten: https://www.defensenews.com/global/mideast-africa/2017/09/08/top-israel-general-we-need-us-support-to-fight-iran/
      „Sie [Iran] sind eine höhere Form der Zivilisation. Sie verfügen über eine schöne akademische Infrastruktur, eine beeindruckende Industrie, gute Wissenschaftler und viele talentierte junge Leute. Sie sind uns sehr ähnlich, und weil sie uns ähnlich sind, sind sie viel, viel gefährlicher. Und wir können sie nicht alleine errichten.“

      „Laut Golan, einem hartgesottenen Krieger und Befehlshaber, der über Jahrzehnte mehrere Konflikte im Libanon, im Gazastreifen und im gesamten Westjordanland ausgetragen hat, denkt der Iran in „imperialen“ Begriffen. „Ich verfolge die iranische Denkweise seit vielen Jahren. Sie denken global, historisch und in einem sehr weiten Rahmen.“

      1. 27. September 2022:

        „Aserbaidschan setzt den Krieg gegen Armenien fort. Dabei werden in den sozialen Medien Videos mit grausamen Gewalttaten der aserbaidschanischen Soldaten gezeigt, als bewusst eingesetztes Mittel zur Einschüchterung der – auch von der EU im Stich gelassenen – Armenier.“

        „Aufgrund der Wünsche einiger Globalbridge.ch-Leser haben wir das Bild der geschändeten armenischen Soldatin entfernt.“

        Ja, die Bilder vom von-der-Leyen-Besuch in Aserbaidschan (Gasabkommen!) waren wirklich hübscher!

        https://globalbridge.ch/armenien-ohne-hoffnung-gehoert-zu-werden/

  4. Es war ja zu erwarten, daß der westliche Intriganten-Schuerhaken in glosende Konfliktherde an den russischen Grenzen gestoßen wird um diese wieder aufflammen zu lassen. Dem Namen nach ist der Autor armenischer Abstammung der seinen Futtertrog im westlichen NATOstan gefunden hat. Dementsprechend blut- und informationsarm kommt mir sein Beitrag vor.
    Was gerne vergessen wird, ist, daß es ohne die UdSSR keinen armenischen Staat mehr geben würde, nachdem Türken und Kurden die anatolischen Armenier gevoelkermordet hatten.

  5. Offensichtlich kann das Geschöpf Mensch (echte oder aufgebauschte) Konflikte nur mit dem Mittel des Krieges lösen.. Deswegen wird es die wirklichen Konflikte wie Klimaerwärmung, den Welthunger usw. auch niemals lösen. Sie wird -wohlverdient – untergehen.

  6. Die armenischen Bewohner von Karabach wurden vom armenischen Premier Pashinjan verkauft und geopfert.Sein Ziel ist die EU-und NATO-Mitgliedschaft,die ihm von Brüssel und Washington versprochen wurde.Dafür sollte er Russland in einen Krieg gegen Aserbeidshan ziehen und den russischen Einfluss im Südkaukasus beenden.:https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9349 Ob aber Armenien einen Vorteil davon hat?Geographisch isoliert, mit zwei mächtigen Nachbarn,die seit Jahrhunderten versuchen,alles Armenische(weil christlich)zu vernichten?Der einzige Freund,den Armenien je hatte,ist Russland.Ohne Russland wird Armenien keine Zukunft haben.
    Das Ziel der EU ist es,einen Riegel im Südkaukasus zu errichten,um Russlands Handelswege nach Süden abzuschneiden und gleichzeitig einen Korridor nach Mittelasien zu gestalten.Die dortigen Stans sollen dann in Antirussische Staaten transformiert werden,um Russland auch im asiatischen Süden zu bedrohen.Gleichzeitig soll die chinesische Seidenstrasseniniative dort blockiert werden….Ein anderer (unterbewusster) Motivpunkt Brüssels dürfte der fanatische Hass des römisch-katholischen Westeuropas gegen die Ostchristlichen Kirchen sein.Armenien ist der älteste christliche Staat….
    Russlands Regierung kennt natürlich diese Strategie.Zunächst sitzt die Regierung in Moskau die Situation aus.Die russischen Friedenstruppen in Karabach evakuieren derweil so viele Menschen wie möglich nach Armenien vor den zu erwartenden Schlächtereien der Aseris…Da Aserbeidshan Lieferant für Öl und Gas für die EU ist,wird Brüssel wie immer vor dem Völkermord,der in Karabach stattfindet,angestrengt die Augen schließen.
    Russlands Verdeitigunsminister Shoigu ist derzeit in Teheran,um mit seinem iranischen Kollegen die Reaktionen auf diesen Konflikt abzugleichen.So hat Teheran klar gestellt,dass bei einem Angriff Bakus auf Armenien mit einem Eingreifen der iranischen Armee zu rechnen ist.Die Türkei und Israel unterstützen Aserbeidshan und liefern Waffen…Alleine in den ersten zwei Septemberwochen flogen sieben schwere Transportflugzeuge mit israelischen Drohnen nach Baku…Wer sich fragt,warum die armenische Führung einen derartigen selbstmörderischen Kurs fährt,braucht sich nur die sehr einflussreiche armenische Diaspora in Frankreich und den USA ansehen…

    1. Der Grund ist einfach -der aktuelle Präsident Armeniens ist ein Soros-Jünger der für diesen Job eingesetzt worden ist. Der mag Russland nicht und das wird ausgenutzt. Mal sehen was jetzt passiert, es gibt ja inzwischen eine Reihe von Demonstrationen gegen ihn. Entweder die Armenier schaffen es oder sie werden das Schicksal der Ukrainer teilen – das gleiche Schicksal welches die Etrusker und Katharer ereilt hat – ausgelöscht zu werden.
      Hier zeigt sich mal wieder die Wichtigkeit, NGOs und westliche Einmischung zu verbieten und zu verfolgen.

    1. Mir widerstrebt es,einem NATO-Nazi zu antworten!Aber hier mache ich eine Aussnahme:
      Aserbeidshan ist dicke Tunke mit der EU,dem NATO-Mitglied Türkei und dem US -Verbündeten Israel.In Armenien gibt es nicht nur die nach Bagdad weltweit zweitgrößte US-Botschaft mit mehreren tausend Mitarbeitern. Außerdem finden gerade in Armenien große Manöver mit US-Truppen statt. Weder die Armenier, noch die NATO ,noch die US-Truppen in Armenie,noch die EU tut irgendetwas für die Menschen in Berg-Karabach.Die mit einem begrenzten Mandat(nur leichte Waffen,Max.2000 Mann) in Berg-Karabach stationierten russischen Friedenstruppen dagegen evakuieren Zivilisten und retten deren Leben.Behindert werden sie dabei von Armeniern,die die Versorgungsbasis der russischen Truppen auf armenischem Gebiet blockieren und so die Versorgung der Evakuierungsfahrzeuge mit Treibstoff erschweren…
      Es ist Pashinjan,der die Armenier im Berg-Karabach für das vage Versprechen,EU und NATO-Mitglied zu werden,geopfert hat.Das Ziel des Westens,Russland in einen Krieg mit Aserbeidshan zu verwickeln,wird nicht erreicht.Auch die Armenier werden vom „Westen“ nur als nützliche Idioten benutzt…

      1. „Außerdem finden gerade in Armenien große Manöver mit US-Truppen statt“

        Medieninformationen nach sollen an der Übung 85 US-Soldaten und 175 armenische Uniformierte teilnehmen.

  7. Das Schicksal der Armenier in Berg-Karabach zeigt auf tragische Weise, dass die Vereinigten Staaten und ihre Nato-Verbündeten zwar seit einer Generation eine unerbittliche Feindschaft gegen die russische Präsenz im Südkaukasus hegen, aber weder in der Lage noch willens sind, Russland – das jetzt in der Ukraine feststeckt – als Sicherheitsgarant in der Region zu ersetzen und die ethnischen Streitigkeiten zu lösen oder einzudämmen.

    Jetzt schlägt es aber 13. Warum sollten USA und/oder Nato dort einmischen? Völkerrechtlich gehört Berg-Karabach zu Aserbaidschan. Vor allem die Berg-Karabacher schwelgten in Putinverehrung. Davon sind sie jetzt durch seinen schändlichen Verrat hoffentlich geheilt. Genauso wie die Prorussen im Donbass die Russische Welt zu schmecken bekommen haben.
    Ganz despektierlich kann man sagen: Jetzt sind die Armenier doppelt gefickt.

    phz

    1. Sie haben aber schon mit der letzten Hirnzelle mitbekommen, daß der Präsident von Armenien sich dort nicht einmischen will?! (was zuhause für ihn teuer werden kann)

      Ohne Armenien mit etwaigen Ansprüchen macht eine armenische Enklave dort keinen Sinn mehr.

      Es ist also nur folgerichtig, daß diese jetzt aufgelöst wird. Völkerballtechnisch… da kam wieder Annalena durch… Völkerrechtlich ist der Drops damit endgültig gelutscht.

      Die Russen sind und waren nur dort, um die Bevölkerung zu schützen — die sind nicht dort, um für die eine oder andere Seite ins Feuer zu springen. Was die Militanten in Berg-Karabach machen ist für die Russen nicht wichtig.

      1. Was für ein Blödsinn. Russland war da, um den Konflikt am Kochen zu halten und jedwede Annährung an den Westen seitens Armeniens zu unterbinden. Also als „Schutzmacht 🤡“. Jetzt ist es zu schwach und Verrat mit Seitenwechsel ist angesagt.

        phz

    2. @ phz
      „Jetzt schlägt es aber 13. Warum sollten USA und/oder Nato dort einmischen? “

      Hach, Sie sind aber auch ein naives Haubitzchen, die USA/NATO „verteidigen“
      ihre « Nationalen Sicherheitsinteressen » rund um den Globus ! Bitte Nachsitzen und Nachschlagen!

    3. Und warum soll Russland sich einmischen? Du sagst doch selbst Karabach gehört zu Aserbaidschan. Und Armeniens Regierung hat es auch klar anerkannt. Niemand stellt das in Frage, nicht einmal Armenien selbst. Also was erwartest du jetzt von Russland?

  8. T r a g i k

    Die Armenier sind ein tragisches Volk. Lange Zeit ohne eigene staatliche Organisation, litt dieses alte christliche Volk inmitten einer muslimischen Umgebung immer wieder unter Übergriffen und Pogromen bis hin zum planmäßigen Völkermord durch die osmanischen Türken ab 1915.

    Schon damals hat sich die deutsche Regierung nicht mit Ruhm bekleckert, denn man reagierte im Ersten Weltkrieg auf die Berichte des deutschen Botschafters in Konstantinopel, v. Wangenheim, über erste Massaker an den Armeniern – eben kaum. Die deutsche Führung unterließ es auch später, als durch den neuen deutschen Botschfter Metternich (an Nov. 1915) nun doch besorgte Berichte über die Brutalität der Deportationen und Todesmärsche nach Berlin gelangten, dem türkischen Verbündten ernsthafte Vorhaltungen zu machen.

    Der Hintergrund war, dass die Türken den im Osmanischen Reich lebenden Armeniern unterstellten, insgeheim den russischen Kriegsgegner zu unterstützen.

    Heute geht es wieder gegen Russland und wieder drohen die Armenier zu einem Opfer politischen Kalküls zu werden. Und wieder hält sich die deutsche Regierung zurück, anstatt zu versuchen, Druck auf Aserbaidschan aufzubauen.

    Hoffen wir, dass doch noch irgendwer – z.B. Frankreich, das mit 500.000 bis 600.000 Personen eine große armenische Minderheit besitzt – seinen Einfluss geltend macht!
    Die USA dürften sich zurückhalten, zumal Israel Aserbaidschan aufgerüstet hat.
    Also Frankreich! Von Baerbock erwarte ich nichts.

    1. Von Baerbock erwarte ich nichts.

      Was erwartest Du? Dass Baerbock bei völkerrechtlich bestenfalls unklarer Lage Partei ergreift? Die Armenier haben sich entschieden, auf Russland als Schutzmacht zu setzen. Jetzt haben sie den Salat.

      phz

  9. Der armenische Premierminister Pashinyan verkündete die Anerkennung der Grenzen Aserbaidschans Stand 1991.

    Das bedeutet, dass die armenische Seite Karabach als integralen Bestandteil des aserbaidschanischen Territoriums anerkannte.

    Daraus folgt, dass wir jetzt de jure über die Handlungen der aserbaidschanischen Republik auf ihrem eigenen Territorium sprechen.

    1. De jure my ass. Der armenische Premierminister hat überhaupt keine Verfügungsgewalt über Berg-Karabach, da es nicht zu Armenien gehört. Ich muss meine Wortwahl von oben korrigieren: die UN und die EU betrachtet Berg-Karabach als aserbaidschanisches Territorium. Völkerrechtlich ist der Status umstritten und sehr kompliziert (der Zerfall der SU spielt hier die tragende Rolle).
      Natürlich fühlen sich die Armenier in Berg-Karabach Armenien zugehörig und mit Sicherheit nicht Aserbaidschan.

      Daraus folgt, dass wir jetzt de jure über die Handlungen der aserbaidschanischen Republik auf ihrem eigenen Territorium sprechen.

      Aber sagt mal, tickst Du noch ganz richtig? Mit exakt umgekehrter Argumentation lamentierst Du von wegen „Schutz der russischen Ethnie im Donbass, Einmarsch notwendig, Völkermord, bla bla“. Entschuldigung, dass ich das so sagen muss, Herr Hacker: Du bist einfach ein deutschländerwürstiger, vollidiotischer Vatnik.

      Der Fehler Armeniens war schlicht und einfach, auf einen „Partner“ zu setzen, der jedwedes Abkommen oder Absprache bei auch nur der kleinsten opportunistischen Gelegenheit aufs Schändlichste bricht.

      phz

      1. Wenn man im Kindergarten herum rülpst, wird das oft vergeben, aber im Forum und öffentlich sollte man als angehender erwachsene sich entsprechend äussern bzw verhslten und vor allem inhaltlich etwas beitragen!
        Dieser Konflikt wie auch all die anderen drehen sich um Kapitalinteressen und nicht um uns Menschen.

      2. Der armenische Premierminister hat überhaupt keine Verfügungsgewalt über Berg-Karabach, da es nicht zu Armenien gehört.

        Ja, und das hat der armenische Premierminister im Namen des armenischen Volkes auch ganz offiziell anerkannt, dass es nicht zu Armenien gehört. Armenien erhebt also gar keinen Anspruch auf Karabach. Also was ist da bitteschön überhaupt umstritten und kompliziert? Von wem ist es denn umstritten?

        die UN und die EU betrachtet Berg-Karabach als aserbaidschanisches Territorium.

        Russland doch auch, und sogar Armenien selbst betrachtet Berg-Karabach als aserbaidschanisches Territorium. Niemand stellt das in Frage. Die Sache ist überhaupt nicht umstritten, es ist völlig klar. Karabach gehört zu Aserbaidschan.

        Mit exakt umgekehrter Argumentation lamentierst Du von wegen „Schutz der russischen Ethnie im Donbass, Einmarsch notwendig, Völkermord, bla bla“.

        Moment, Karabach hat Russland nicht um Schutz gefragt, das sind auch keine Russen die da leben.
        Es wäre in erster Linie die Aufgabe Armeniens gewesen für den Schutz der armenischen Bevölkerung in Karabach zu sorgen. Wenn nicht einmal Armenien selbst die Bereitschaft hat für deren Interessen einzustehen, warum muss das Russland oder der Westen sich darum kümmern? Was geht das überhaupt jemanden von außen etwas an? Armenien hatte diese Gebiete in den 90ger Jahre annektiert und erhebt jetzt keinen Anspruch darauf. Dann ist doch Alles geklärt.

        Der Fehler Armeniens war schlicht und einfach, auf einen „Partner“ zu setzen, der jedwedes Abkommen oder Absprache bei auch nur der kleinsten opportunistischen Gelegenheit aufs Schändlichste bricht.

        Das mal etwas genauer. Welche Abkommen, welche Absprachen wurden dort gebrochen?

        Noch einmal zum Mitschreiben: ARMENIEN SIEHT ES NICHT ALS IHR TERRITORIUM AN!
        Russland auch nicht. EU und USA und UN auch nicht. Wer hat hier was versprochen und nicht eingehalten?

    2. „Daraus folgt, dass wir jetzt de jure über die Handlungen der aserbaidschanischen Republik auf ihrem eigenen Territorium sprechen.“

      Dem kann ich nur zustimmen.

      Nehmen wir mal an die Armenier wären Russen und Bergkarabach hieße Donbass. Wie sähe das dann de jure aus?

      1. Ich verstehe schon…

        Es käme darauf an ob sie in einem Akt der Selbstbestimmung ihre Unabhängigkeit erklärt hätten, wie der Donbass oder auch wie der Kosovo.

        1. Du meinst es käme auf eine Formalie an? Die Unabhängigkeitserklärung der Republik Bergkarabach erfolgte am 2. September 1991, ein Referendum über die Unabhängigkeit am 10. Dezember 1991.

          Vermute mal das es dort nun zum Massenexodus kommt.

          1. Grundsätzlich gilt das Selbstbestimmungsrecht. Damals war die Republik auch noch wesentlich kleiner. Es gab später einen Krieg und Armenien hat noch 7 weitere Regionen die unumstritten zu Aserbaidschan gehören besetzt und sie wurden an die Republik Karabach angeschlossen. In diesen Regionen gab es praktisch keine armenische Bevölkerung. Dann gab es dort einen Massenexodus und Vertreibungen von Aserbaidschanern.

            Wenn du mich um meine Meinung fragst, ich persönlich würde die Unabhängigkeit der Region Karabach anerkennen, aber die anderen 7 Regionen müssten sie abtreten. Darüber hat man sich auch eigentlich 2020 geeinigt.

            Jetzt ist das sowieso alles Schnee von Gestern, da die Selbstverwaltungszone beschlossen hat sich selbst aufzulösen. Wohl auch weil Armenien sie nicht länger unterstützt und sie ohne Armenien gar nicht in der Lage sind sich als unabhängiger Staat zu behaupten.

            Die Aufgabe der russischen Friedenstruppen ist jetzt dafür zu sorgen, dass es nicht zu Exzessen an der armenischen Bevölkerung kommt.

      2. In dem Fall würde der Bergkarabach, also der Donbass, nun ganz allgemein anerkannt nicht mehr zu Armenien, also der Ukraine, gehören, sondern zu Asarbajdschan, also zu Russland. Die pro-asarbajdschanische Bergkarabach-Bevölkerung, also die pro-russische Donbass-Bevölkerung, würde nun asarbajdschanisch, also russisch, werden.

        Schaffst du diese einfache Transferleistung wirklich nicht selbstständig? Du und der andere NATO-Troll erreichen vormals als unerreichbar vermutete Tiefpunkte, geht euch schämen!

        1. Eigentlich ist das hier eine ganz andere Situation. Ist etwas komplizierter.
          Ließ dir am besten den Beitrag von Altlandrebell weiter unten durch, er hat es gut zusammen gefasst.

          1. Der Soros -Boy in Jerewan möchte/ soll Armenien in die EU und vor allem in die NATO führen.Da stört ein Konflikt wie der in Karabach.Also hat Pashinjan die Karabach-Armenier geopfert.
            Aber natürlich die Schuld auf Russland abgeladen.War wohl von der NATO so gewünscht.Von der zersplitterten Opposition hat er nichts zu befürchten….Die Karabach-Armenier werden nun unter der Militärherrschaft Aserbeidshans dahinvegetieren müssen.Sprache,Kultur,Religion und Namen aufgeben müssen,Oder von den Aseris schickaniert,terrorisiert und getötet werden.Daher ist abzusehen,dass wohl die Allermeisten abwandern werden,Russland,Frankreich,Armenien werden sie aufnehmen.Und so wird in wenigen Jahren die dreitausend Jahre alte armenische Kultur in Karabach endgültig verschwunden sein.
            Die Aseris werden wie in Nachitschewan alle Zeugnisse armenischen Lebens restlos zerstören.Kirchen,Klöster,Friedhöfe mit den Grabkreuzen werden spurlos verschwinden…in ein oder zwei Jahrzehnten wird niemand mehr vermuten,dass jemals Armenier in Karabach und Nachitschewan gelebt haben…
            Das gleiche dreckige Spiel haben die Albaner im Kosovo unter NATO-Schutz auch schon gespielt…

        2. Sorry Carmol, aber dir ist jetzt etwas in deinen Gehirnwindungen stecken geblieben.
          Die „Die pro-asarbajdschanische Bergkarabach-Bevölkerung“ ist meinem Beispiel zufolge selbstverständlich pro-armenisch. Die mehrheitliche Bevölkerung in Bergkarabach sind Armenier.

          Jetzt schaust du mal in den Spiegel und liest dir nochmal deinen letzten Absatz laut vor. Viel Vergnügen mein Trollchen.

  10. @phz
    Jetzt schlägt es aber 13. Warum sollten USA und/oder Nato dort einmischen?

    Hach, Sie sind aber auch ein naives Haubitzchen, die USA/NATO „verteidigen“
    ihre « Nationalen Sicherheitsinteressen » rund um den Globus ! Bitte Nachsitzen und Nachschlagen!

  11. Hatte nicht Armenien nach den ‚USA‘ gerufen, obwohl diese im Bündnis mit Russland sind?

    Russland hat vor Ort auch dementsprechend genügend Personal um diesen Konflikt einzugrenzen. Ich denke das dieser aufgekochte Konflikt nicht primär um die Parteien geht, sondern vielmehr darum, das der westliche Konfliktkreator als das dargestellt wird was dieser ist.
    Auch die Erwähnung von Israel zeigt für mich, den Zionistischen Einfluss.

  12. Vielleicht will einer mal das „Waffenstillstandsabkommen“ von 2020 zur Kenntnis nehmen?
    Die RF setzte da die Vertreibung der Armenier aus allen „umstrittenen Gebieten“ mit Ausnahme des Karabachschen Stadtgebietes durch.
    Eine offizielle Hauptbeschwerde Azerbaidchans, welche das gestrige Massaker rechtfertigen soll, besteht darin, daß sich fortgesetzt Armenier und „Armenier“ der Räumung und ethnischen Säuberung der ihm im Abkommen zugesprochenen Territorien widersetzt haben.

    Das ändert freilich nicht, daß das Massaker abermals eine NATO-Operation ist. Was schon daran zu sehen ist, daß von der NATO kein Mucks kommt, obwohl:
    https://jamestown.org/program/burgeoning-azerbaijani-nato-relations/
    Eine verschleierte Aufforderung zu einem neuen Waffengang kam von Stoltenberg z.B. öffentlich 2020,
    https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-10/bergkarabach-jens-stoltenberg-nato-tuerkei-deeskalation
    nichtöffentlich dürfte das NATO-Generalsekretariat den Angriffsbefehl Ende letzter Woche abgesegnet haben.

  13. Die Behörden von Berg-Karabach berichteten, dass die Feindseligkeiten in der Republik eingestellt werden.

    Durch die Vermittlung des Kommandos des in Berg-Karabach stationierten russischen Friedenskontingents wurde eine Vereinbarung über die vollständige Einstellung der Feindseligkeiten ab 13:00 Uhr am 20. September 2023 getroffen.

    Es wurde eine Vereinbarung über den Abzug der verbleibenden Einheiten und Soldaten der Streitkräfte der Republik Armenien aus der Region sowie über die Auflösung und vollständige Entwaffnung der bewaffneten Formationen der Verteidigungsarmee von Berg-Karabach und den Abzug von schwerem Gerät und Waffen aus dem Gebiet von Berg-Karabach zu ihrer baldigen Entsorgung getroffen.

    Die von der aserbaidschanischen Seite aufgeworfenen Fragen über die Wiedereingliederung, die Gewährleistung der Rechte und der Sicherheit der Armenier von Berg-Karabach sowie die Fragen der Gewährleistung des Lebens der Bevölkerung von Berg-Karabach im Rahmen der aserbaidschanischen Verfassung werden gemäß der getroffenen Vereinbarung bei dem Treffen zwischen den Vertretern der lokalen armenischen Bevölkerung und den Vertretern der zentralen Behörden der Republik Aserbaidschan, das am 21. September 2023 in der Stadt Jewlakh stattfinden wird, sowie bei weiteren Treffen besprochen.

    Damit ist die Sache erstmal geklärt.
    Berg-Karabach gehört zu Aserbaidschan. Armenische Truppen gehen raus. Regionale Selbstverwaltung wird aufgelöst, deren Milizen legen die Waffen nieder. Aserbaidschan gewährleistet die Sicherheit der in der Region lebenden Armenier.

    1. Aserbeidshan gewährleistet die Sicherheit der Bewohner? Wie in der Stadt Hadrut,die im 2020er Feldzug unter aserbeidshanische Militärkontrolle kam?Viele Aseris kümmert es nicht,was Alliev oder die Militärführung sagen.Die sind so vom Hass zerfressen,dass sie lieber lebenslang ins Gefängnis gehen als darauf zu verzichten,einem Armenier die Kehle durchzuschneiden…
      Das Schlachten wird sicherlich nicht gleich beginnen.Aber den Bewohnern steht kein gutes Leben bevor.Daher ist abzusehen,dass die Mehrzahl der Menschen,vor allem jüngere und solche,die Verwandte in anderen Länder haben,Karabach verlassen werden.

  14. Genese und Entwicklung des Bergkarabach-Konflikts sind dergestalt verwinkelt und umfangreich, dass es eine eigenständige Artikelserie benötigte, um ihrer gerecht zu werden. Und die im Westen gerne verbreitete holzschnittartige Stereotypen (gute, christliche, friedliche Armenier vs. böse, muslimische, finstere Azeris) zu überwinden. Ich möchte hier aber nur zu ein paar Punkten kommentieren, die mir wichtig sind.

    Das Ende des Ersten Bergkarabach-Krieg 1994 hatte eine Reihe einschneidender Konsequenzen. Eine der wichtigsten für die armenische Seite war die Entstehung eines Unbesiegbarkeits-Mythos. Bereits damals militärisch der (qualitativ wie quantitativ) eigentlich unterlegene Part, war es dennoch gelungen Baku eine entscheidende Niederlage zuzufügen und Bergkarabach (von den Armeniern„Arzach“ genannt) zu sichern. Daraus wurde abgeleitet, dass man trotz nomineller Inferiorität auch in Zukunft gegen den Kontrahenten würde bestehen können. Man verschloss vielleicht nicht völlig die Augen vor der Tatsache, dass man ökonomisch, demografisch und militärisch es mit Baku nicht dauerhaft würde aufnehmen können, aber man war sich sicher, diese Negativa mit Moral, Zusammenstehen und der richtigen Taktik ein weiteres Mal wettmachen zu können. Ein Trugschluss, denn eine Garantie für die Wiederholung eines solch unerwarteten Sieges gibt es nicht. Wie so häufig war aber auch hier der Glaube stärker als die Ratio. Man glorifizierte den Sieg und übersah die Schattenseiten und Herausforderungen. Vamık Volkan hätte das wohl ein „gewähltes Ruhmesblatt“ genannt, das schlicht unhinterfragbar wurde.

    Für die Azeris war der Erste Bergkarabach-Krieg dagegen etwas, das Volkan als „gewähltes Trauma“ bezeichnen würde. Eine beständig schmerzende und niemals heilende Wunde, die obendrein extrem emotional aufgeladen und ebenfalls mystisch verklärt worden ist. Die Armenier hatten nämlich beileibe nicht nur die Kontrolle über das Territorium der Autonomen Oblast Bergkarabach (AOB) aus der Sowjetzeit erlangt. Nein, sie hatten auch noch sieben angrenzende Distrikte – Teile Aserbaidschans, die niemals zur AOB gehört hatten und fast ausschließlich von Azeris besiedelt waren – besetzt. Das wird im Westen gerne übersehen oder unter den Teppich gekehrt. Wenn Sie also das nächste Mal vom „aserbaidschanischen Angriffskrieg auf Bergkarabach“ lesen (wie hier auf Overton am Wochenende), dann halten Sie sich bitte vor Augen, dass nicht nur das Gebiet Bergkarabach (aserbaidschanisch „Dağlıq Qarabağ“ genannt), sondern auch die umliegenden Territorien völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehören und der Begriff „Angriffskrieg“ hier völlig daneben ist (zumindest solange nicht in Armenien selbst einmarschiert wird, war vor ein paar Monate bereits der Fall). Hunderttausende Menschen waren in den 1990ern auf jeden Fall aus diesen Gebieten und der alten AOB vertrieben worden und lebten lange unter ärmlichen Bedingungen in anderen Teilen Aserbaidschans. Massaker gab es auf beiden Seiten. Die vertriebenen Azeris übten seither beständigen Druck auf die Regierung in Baku aus die Gebiete zurückzuerobern – globalgeschichtlich betrachtet war eine solche Reaktion nun wirklich kein Novum. Die Regierung hat natürlich ihrerseits versucht diese Gruppe bei der Stange zu halten und deswegen regelmäßig in markigen Worten bekannt gegeben, dass man alle verlorenen Gebiete (inklusive Dağlıq Qarabağ) zurückerlangen werde, was wiederum Hoffnungen bei den Vertrieben schürte, die ihrerseits… und so weiter und so fort.

    In den 2000 und 2010er Jahren hatte es eine Reihe von Verhandlungsmarathons gegeben, die sogar prinzipielle Übereinkünfte zur Konfliktbeilegung beinhalteten. Die Madrider Prinzipien von 2009 hatten beispielsweise die Rückgabe der besetzten aserbaidschanischen Distrikte und eine Rückkehr aller Vertriebenen, eine abschließende Klärung des Rechtsstatus von Bergkarabach sowie eine sichere Transitverbindung zwischen Armenien und Bergkarabach vorgesehen. In dieser Region mangelt es somit an einem sicherlich nicht: an Verhandlungsbemühungen, Lösungsvorschlägen und Abkommen. Die Krux war und ist, dass sowohl Baku als auch Jerewan für ihre Seite jeweils immer noch etwas zusätzlich rauszuschlagen hofften und die beteiligten Großmächte nicht mit Nachdruck auf beide Seiten einwirkten, sondern Wichtigeres zu tun haben schienen. Was übrigens das Geschwätz betrifft, der Westen sei erst in den letzte Jahren (und aufgrund einer angeblichen Schwäche Russlands) in der Region aktiv geworden – nun, es ist Geschwätz. Die sogenannte Minsker Gruppe der OSZE (nicht zu verwechseln mit dem Minsker Prozess betreffend Donbass / Ukraine), die laut eigener Darstellung eine friedliche Beilegung des Bergkarabach-Konflikts zu ermöglichen versucht, besteht seit drei Jahrzehnten und setzt sich aus Russland, Frankreich und den USA zusammen. So viel zum Thema „neu aktiv geworden und in die Region gekommen“.

    Im Westen wird sich auch gerne auf Baku kapriziert und fein säuberlich jede Missetat der Azeris gesammelt oder jede ihrer Provokation und jeder ihrer Schritte, der zur Unterminierung des Friedensprozesses führte, ins Scheinwerferlicht gerückt. Martin Sonneborn mag ich das noch nachsehen, da seine Gattin ja Armenierin ist. Bei Journalisten und Wissenschaftlern würde ich mir weniger Aktivismus und mehr „balance“ wünschen, letztere ist „uns“ ja sonst auch angeblich so wichtig. Es gibt nämlich auch einen Reigen armenischer Handlungen, der mindestens genauso stark zur Unterminierung des Konfliktlösungsprozesses beigetragen hat. So hat Jerewan die eroberten aserbaidschanischen Distrikte nicht nur als Pufferzone um Bergkarabach herum behalten, sondern obendrein besiedeln wollen. Hinzu kam, dass man 2017 die Republik Bergkarabach offiziell in „Republik Arzach“ umbenannte, was in Baku nachgerade keine Freudenstürme auslöste. Paschinjan war auch regelmäßig vorne mit dabei und hat beispielsweise 2019 noch offen für die „Vereinigung“ von Armenien und „Arzach“ geworben. So viel zu seinem heutigen Geschwätz, Armenien sei nicht in den Konflikt um Bergkarabach verwickelt. Für die pro-armenische Sektion waren diese Schritte natürlich alle okay und irgendwie rechtfertigbar oder eh ganz anders als von den Azeris dargestellt und „Arzach“ ohnehin eine blühende Demokratie, wie man auch Sonneborns Büchlein entnehmen konnte. Wie gesagt – das war bestenfalls ein Teil des Mosaiks und meistens nicht weniger Verklärung und Rechtfertigung als sie die aserbaidschanische Seite für ihre Schritte betrieb.

    Der Bergkarabach-Konflikt brodelte demgemäß trotz des Waffenstillstands von 1994 weiter vor sich her, mal mehr, mal weniger stark. Mal gab es Entspannungsgesten, mal Provokationen. Immer wieder kam es zu massiven Gewaltvorfällen und Beschuss, beispielsweise 2014 und 2016, immer mit mehr oder weniger Verletzten (und auch Toten). Diese mehrtägigen Auseinandersetzungen wurden dann in Westmedien regelmäßig als „Zusammenstöße“ bezeichnet, so als handle es sich um irgendeinen Nebelunfall auf der A8 und nicht um konventionelle Kriegsführung. Der Unterschied von heute beziehungsweise von 2020 und den vorangegangenen „Zusammenstößen“ war, dass früher immer sofort der ADAC – pardon: die Russen – gekommen sind, um beide Seiten an den Verhandlungstisch abzuschleppen. Seit ein paar Jahren ist das anders und das hat sehr viel mit Großmachtpolitik, aber sehr wenig mit einer Abgelenktheit oder polit-militärischer Schwäche der Russen zu tun.

    Unter Paschinjan hat sich Armenien nämlich sehr stark nach Westen orientiert. Großmächte reagieren jedoch äußerst sensitiv, wenn sich (kleine) Nachbarstaaten auch nur in Nuancen aus ihrem Orbit zu bewegen scheinen und fangen an langsam die Daumenschrauben anzuziehen. Man kennt das Spiel aus der Ukraine – unter Juschtschenko gab’s mehr Peitsche als Russisch Brot, unter Janukowitsch war’s dann umgekehrt und inzwischen hat man den ganzen Folterkeller ausgepackt. Paschinjan hat bereits kurz nach seinem Amtsantritt 2018 die Sicherheitskooperation mit Russland heruntergefahren (so viel zum Thema zu 99,99 % abhängig von russischer Verteidigungshilfe), pro-russische Beamte rausgeworfen, dafür aber jede Menge westliche NGOs und US-Diplomaten ins Land geholt. Ich habe gerade die Quelle nicht zur Hand, aber die US-Botschaft in Jerewan soll inzwischen auf über 2000 Mitarbeiter angewachsen sein. Ob das stimmt, weiß ich wie gesagt nicht, Platz wäre da auf jeden Fall und man fragt sich natürlich, für was braucht man in so einem kleinen Land so viel diplomatisches Personal. Spionage ist natürlich ausgeschlossen. Zudem hat Paschinjan auch das Strafverfahren gegen den aus Bergkarabach stammenden Ex-Präsidenten Armeniens Robert Kotscharjan vorangetrieben, was im Kreml ebenfalls nicht sonderlich gut ankam, denn Kotscharjan ist ein alter Buddy von Putin. Ein anderer alter Putin-Buddy ist übrigens İlham Əliyev, der aserbaidschanische Präsident, der in seinen schwarzen Anzügen immer ein bisschen ausschaut wie Baschar al-Assad, nur mit weniger Kopfhaar und dafür mehr 80er-Jahre-Gedächtnis-Schnauzer. Moskau und Baku haben Anfang 2022 auch ein weitreichendes Abkommen unterzeichnet, dass von Əliyev in den Rang eines Allianzvertrages erhoben wurde. Zwar hat sich seither nicht allzu viel materialisiert, beim Atlantic Council schrillten trotzdem schon mal die Alarmglocken. Unterm Strich mögen die Russen auch mit Baku ihre Reibereien haben, zumal die Azeris ziemlich offen (und schon seit Jahren) mit Kiew kooperieren, aber das ist für den Kreml im Grunde wie beim Umgang mit den Türken, nur eben im Kleinen. Man kennt sich und die jeweiligen Grenzen und dementsprechend kann man bei aller Unterschiedlichkeit und allem Gezänk am Ende des Tages noch miteinander einen saufen gehen. Putin und Paschinjan dagegen würden sich im echten Leben vermutlich nicht mal mit der Kneifzange die Hand geben, aber was tut man nicht alles vor der Kamera.

    Paschinjan hat jedoch nicht nur in Bezug auf die armenische Russland-Politik die Annalena Baerbock School of Diplomacy and Mediation besucht, sondern wie gesagt auch in puncto Bergkarabach. Dementsprechend wird die enorme russische Zurückhaltung 2020 nachvollziehbar. Die Russen haben Bakus Feldzug vielleicht nicht persönlich abgesegnet, aber sein Agieren hingenommen, um Jerewan eine Lektion zu erteilen. Sie sind erst dann richtig eingeschritten, als das Kernland Bergkarabachs inklusive der Hauptstadt Stepanakert auf dem Spiel stand und hierzulande gern euphemistisch„ethnische Säuberungen“ genannte Massaker drohten. Doch ob sie das jetzt nochmals tun würden? Denn die pro-westlichen Trends haben sich nach 2020 ja nicht geändert, sondern vielmehr weiter verstärkt. In Moskau hoffte man vielleicht, Paschinjan würde von einer nationalistischen Welle davon gespült werden oder zumindest sein Verhalten ändern, aber – um Hallervorden zu zitieren – Pfeifenwichs! Die jüngsten Übungen mit den USA, die symbolischen Gesten an Kiew, das zögerliche Umsetzen der Waffenstillstandsbedingungen – in Moskau gilt Jerewan weiterhin als der eigentliche Störenfried, der selber schuld ist, dass keine tragfähige Lösung zustande kam. Das Verschleppen mag man vielleicht sogar noch nachvollziehen können, da die Bedingungen für Jerewan nicht günstig waren. Aber ansonsten denkt man sich im Kreml vermutlich über die Paschinjan-Truppe: „Wenn sie weiterhin so viel für sich herausschlagen wollen, obwohl sie weder die Karten in der Hand noch die Kräfte zum Durchsetzen ihrer Ziele haben – sollen sie eben wieder gegen die Wand laufen! Wenn sie so sehr mit ihren westlichen Freunden kooperieren wollen – na, dann sollen die Westler ihnen doch dieses Mal zu Hilfe kommen. Hat ja 2020 bereits super funktioniert, nicht wahr?“ Vielleicht wird die armenische community in Russland noch Druck auf den Kreml ausüben, immerhin leben in Russland mehr armenisch-stämmige Menschen als in den USA und Frankreich zusammen. Vielleicht mögen die Paschinjan aber auch nicht sonderlich.

    Pech haben jetzt wie üblich wieder die Zivilisten, insbesondere jene, die in Bergkarabach leben und am meisten betroffen sein werden. Selbst wenn jetzt wieder eine Waffenruhe erreicht werden kann, bleibt es gut vorstellbar, dass in Zukunft einfach ein „umgekehrtes 1994“ stattfinden wird, wenn von den beteiligten Großmächten nicht mit Nachdruck auf eine Umsetzung der bekannten Konfliktlösungsvorschläge und Abkommen gedrängt wird. Statt den Azeris hätten dann eben die Armenier aus Bergkarabach zu fliehen, zuzüglich von Bewohnern angrenzender völkerrechtlich armenischer Gebiete rund um den Sangesur-Korridor, der Aserbaidschan mit seiner Exklave Nachitschewan verbinden soll.

    Es ließe sich noch viel, viel mehr schreiben (Iran, Indien, Israel und Pakistan sind ja auch noch mit von der Partie) und erörtern, das nur für’s Erste.

    1. Hallo, @ Altlandrebell

      Danke für die teils neuen Hintergrundinfos.

      Allerdings muss ich sagen, dass mir angesichts des Textumfangs dieser eine Satz …
      „Pech haben jetzt wie üblich wieder die Zivilisten, insbesondere jene, die in Bergkarabach leben und am meisten betroffen sein werden.“
      … doch ein bisschen nüchtern und lakonisch erscheint.

      Es handelt sich schließlich nicht bloß um einen „normalen“ Konflikt zwischen zwei verfeindeten Volksgruppen, sondern auch um eine Auseinandersetzung zwischen zwei Religionsgemeinschaften, was in diesem Teil der Erde bekanntlich rasch zu allerlei Eskalation und Gewaltausbrüchen führen kann. Und es gibt eben eine bewusste Vorgeschichte. Soweit ich weiß, sind die Aserbaidschaner in völkerkundlicher Hinsicht den Türken nah verwandt („turksprachige Ehnie“) und über das türkisch-armenische Verhältnis muss ja nun mehr viel erzählt werden.

      Angesichts der Vorgeschichte von 1915 ff – die von den Türken nach wie vor geleugnet wird – und den schlimmen Erfahrungen über Massenmorde in neuerer Zeit – ich meine den Völkermord in Ruanda (1994) und das Massaker von Srebrenica (1995) – sollte man die jetzige Entwicklung zumindest sehr aufmerksam beobachten. Das Potential zur Eskalation ist jedenfalls vorhanden.

      Hier der Link zu einem eher zufällig entdeckten Artikel, der über die humanitäre Situation und den politischen Hintergrund informiert:
      https://www.manova.news/artikel/der-stumme-genozid

      Das Problem ist leider, dass es gar nicht so viele Länder geben dürfte, die von beiden Seiten als unabhängige Vermittler und Steller von Friedenstruppen akzeptiert werden würden … Hinzu kommt, dass gewichtige politische Kräfte das womöglich sogar gar nicht wollen.

      Irgendwie – ich hoffe, ich irre mich – kommt es mir so vor, als ob dieser Konflikt noch ausufern könnte. Mit dem Iran und der Türkei gibt es bereits zwei benachbarte Regionalmächte, die sich einmischen könnten. Hinzu kommt, dass die EU und die USA hier ja auch nicht unparteiisch sind, sei es wegen aserbaidschanischem Erdgas, sei es wegen eines gewollten Unruheherdes an Russlands Südwestflanke.

      Gruß, Wolfgang

      1. Guten Abend werter @ Wolfgang Wirth,

        haben Sie Dank für Ihre Anmerkungen, auch die gestrigen!

        Beim Thema Juli-Krise denken wir sicher unterschiedlich, das sollten wir vielleicht mal separat am Kaminfeuer diskutieren. Ich bin, was die russische und serbische Rolle betrifft, bei den Positionen von Dominic Lieven, Autor von „Towards the Flame“, der m.E. sehr überzeugend die damaligen Entwicklungen darstellt und die Hauptverantwortung bei Berlin sieht. Aber gut, das ist einfach eine andere Diskussion und ihre detaillierte Erörterung führte hier zu weit…

        doch ein bisschen nüchtern und lakonisch erscheint.

        Ja gut, da haben Sie einerseits natürlich recht, aber andererseits wie auch @ Majestyk bereits gestern festhielt – was sollen wir denn groß machen? Ich verfolge die Geschehnisse um Bergkarabach seit Jahren mehr oder weniger intensiv, das ist eine zutiefst traurige Geschichte und am Ende kann ich daran eben Nullkommanichts an ihr ändern. Wir sitzen da nur in der Loge, aber was auf der Bühne gespielt oder geschlachtet wird, entzieht sich völlig unserem Einfluss. Am Ende kann ich das einfach nur noch trocken und zynisch kommentieren. Tut mir leid!

        Geht mir bei Karabach letztlich wie zum Beispiel mit Äthiopien. Ein Land mit so vielen Potentialen, Wiege für alle drei großen monotheistischen Weltreligionen, Heimat so vieler Sprachen und Kulturen – aber wenn Sie sich die dortigen Geschehnisse der letzten Jahrzehnte anschauen? Repression, Folter, Hunger und Abwehrkämpfe gegen italienische Kolonisationsversuche unter Kaiser Haile Selassie. Repression, Folger, Hunger und Bürgerkrieg unter dem zentristischen Mengistu, der gegen die vom Westen geförderte TPLF in Tigray und die EPLF in Eritrea kämpfte. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR, keine Gelder mehr für Mengistu, also Unabhängigkeit Eritreas und Machtübernahme der TPLF in Addis Abeba inklusive Errichtung eines ethno-föderalistischen, im Westen über den grünen Klee gelobten, Bundesstaates. Nebenbei Bruderkrieg zwischen TPLF und EPLF (unter Afewerki) Ende der 1990er, inklusive Hunger, Repression und Korruption. Sieg Äthiopiens, anschließend gesicherte Herrschaft der TPLF. Nachdem Korruption, Ausbeutung und Repression den Topf innerstaatlich wieder zum Kochen brachten, halbwegs friedliche Regierungsübernahme von Abiy Ahmed und Widerstand der TPLF gegen dessen zentrischen Reformversuche, kulminierend im Aufstand der TPLF und dem anschließenden Aushungern Tigrays durch die Regierung Ahmed und ihre jüngst gewonnenen eritreischen Verbündeten (Afewerki!). 700 000 Tote und noch mehr Halbverhungerte, Gefolterte und Vergewaltigte, interessierte bloß keine Sau, weil in den Nachrichten nur Ukraine. Inzwischen brodelt endgültig halb Äthiopien, auch die Gebiete der Amhara und Oromo sind wieder im Fokus, wie Asfa-Wossen Asserate letztens anmerkte (ein interessanter Herr übrigens, Herr Dr. Asserate, vielleicht haben Sie von ihm gehört. Schrieb auch vor zwei Jahrzehnten ein schönes Buch zum Thema „Manieren“, das man der heutigen Jugend nur empfehlen kann).

        Summa sumarum: letztlich ist Bergkarabach einfach überall und das macht mich einerseits unendlich traurig und andererseits zynisch. Wohin soll man sich auch sonst flüchten angesichts solcher ubiquitären Verhältnisse, wenn nicht in Zynismus?

        Es handelt sich schließlich nicht bloß um einen „normalen“ Konflikt zwischen zwei verfeindeten Volksgruppen, sondern auch um eine Auseinandersetzung zwischen zwei Religionsgemeinschaften (…) Soweit ich weiß, sind die Aserbaidschaner in völkerkundlicher Hinsicht den Türken nah verwandt

        Die Azeris sind historisch und sprachlich in der Tat eng mit den Türken verwandt. Selbst mit meinen bröckelnden Türkischkenntnissen kann ich sagen, dass Aserbaidschanisch für mich nicht viel anders klingt als der Unterschied von Hochdeutsch zu Bayrisch oder Schwyzerdütsch. Stehen sich auf jeden Fall näher als etwa das Türkei-Türkische und das Usbekische oder Kasachische, auch wenn es für Türken nicht schwer ist, sich in jene Sprachen einzuarbeiten oder mit den dortigen Leuten zu kommunizieren (ist wie mit uns und den Holländern). Aber was heißt diese Verwandtschaft für den Konflikt? Es gibt auch ziemliche Unterschiede zwischen Baku und Ankara, ersteres ist zum Beispiel schiitisch, letzteres immer noch rest-säkular und national-sunnitisch.

        Was die Geschichte von Armeniern und Aserbaidschaner (und Türkeitürken) betrifft – extrem komplex, auch was die Bewertung einzelner Vorfälle betrifft. Und zugleich im Westen ziemlich wenig erforscht. Hier mal nur als Beispiel der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags zum Sachstand über die Massaker an Aserbaidschanern im Frühjahr 1918. Das ist nur ein kleines Mosaik in diesem riesigen, langen Konflikt. Und dann gibt es neben dem Trennenden noch die jahrhundertelangen Verbindungslinien; einige Azeris lebten zum Beispiel lange als Händler in der armenischen Gemeinschaft und in Russland finden sich bis heute beide Diasporas…

        Den westlichen Darstellungen des Bergkarabachkonflikts als ethnisch oder konfessionell geprägt, kann ich allgemein wenig abgewinnen. Da ticken wir wohl einfach unterschiedlich. Dass das kein Dualismus von Christentum vs. Islam ist, zeigt sich für mich bereits daran, dass Armenien mit dem (zwölfer-)schiitischen Iran kooperiert, auf dessen Boden mehr Azeris leben als in Aserbaidschan selbst, das wiederum selbst (zwölfer-)schiitisch ist, aber mit Tehrān über Kreuz liegt, u.a. wegen konkurrierenden Territorial- und Machtansprüchen. Die maßgeblichen Verbündeten Bakus sind bekanntlich die sunnitisch-laizistische Türkei mit ihrem nach Vorbild der Schweiz (!) aufgebauten Rechtssystem und das jüdisch-zionistische Israel, das Aserbaidschan als Sprungbrett für mögliche Operationen gegen den Iran sieht und – zumindest früher – wohl stillschweigende Vereinbarungen hat(te), bei Luftangriffen gegen den Iran aserbaidschanische Basen nutzen zu dürfen. Hinzu kommt noch das sunnitische Pakistan, das auch mit Baku kooperiert, vornehmlich deshalb, weil Jerewan mit dem inzwischen immer mehr hindunationalistisch ausgerichteten Indien anbandelt, auch wenn sich das noch nicht so materialisiert hat.

        Für mich geht es beim Bergkarabach-Konflikt zuvorderst nicht um Ethnien oder Religion sondern um konkurrierende Interpretationen von Macht- und Territorialfragen. Bestenfalls werden die jeweiligen Macht- und Gebietsansprüche mit religiösen oder ethnischen Legitimierungen aufgeladen oder eben mit historischen Myten wie eben dem Sieg / der Niederlage von 1994. Die legitimierende Ideologie ist somit prinzipiell austauschbar. Statt Christentum vs. Islam könnte es auch Kommunismus vs. Nationalismus oder was auch immer sein. Manchmal genügten auch einfach die Mythen. Das ist letztlich nichts anderes als bei der Jemen-Krise. Die dortigen al-Ḥūṯiyyūn werden immer als (Fünfer-)Schiiten dargestellt, die deswegen automatisch mit dem schiitischen Tehrān im Boot und Riad entgegensetzt sein müssten und das ganze zum „Dreißigjährigen Krieg des Islams“ – nur eben am Golf von Aden – hochgeschrieben. Religionswissenschaftlich aufgedröselt sind die „Huthi“ aber als Zaiditen den Sunniten in Saudi-Arabien näher als den Zwölferschiitten im Iran… Alles sehr komplex, aber letzten Endes geht es doch vornehmlich bloß um die schnöde Macht…

        Das Problem ist leider, dass es gar nicht so viele Länder geben dürfte, die von beiden Seiten als unabhängige Vermittler und Steller von Friedenstruppen akzeptiert werden würden

        Nun, wie oben geschrieben, mangelt es eigentlich an Vermittlern und Friedensplänen in der Region nicht wirklich. Es fehlt eher der äußere Druck der Garantiemächte diese Bedingungen durchzusetzen, weil das Gebiet lange nicht als wichtig erachtet wurde. Das hat sich geändert und nun suchen gerade die westlichen Mächte den Konflikt auch für sich auszuschlachten. Russische Friedenstruppen sind aber bereits seit 2020 vor Ort, der Punkt ist nur, dass der Kreml sie nicht etwa „wegen der Ukraine“ abzog, wie hier in manchen Artikeln insinuiert wird, sondern sie anscheinend zunehmend für die Sache der Azeris Partei ergreifen lässt, weil Moskau und Jerewan wegen der West-Affinität Paschinjans über Kreuz liegen. Damit sind sie dann natürlich als neutrale Friedenswächter weniger zu gebrauchen… Prinzipiell als Steller von Friedenstruppen ließen sich sicherlich China und lateinamerikanische Staaten vorstellen, zumal China in der Ecke ja auch baut. Jetzt müsste man nur deren Interesse für die Stellung wecken. Und da landet man dann beim Geld…

        Hinzu kommt, dass die EU und die USA hier ja auch nicht unparteiisch sind, sei es wegen aserbaidschanischem Erdgas, sei es wegen eines gewollten Unruheherdes an Russlands Südwestflanke.

        Da bin ich abschließend wiederum ganz bei Ihnen, denn so eine Entwicklung ist absolut zu befürchten, zumal in diesem notorischen Paper der RAND Corporation ausdrücklich empfohlen wird, Unruhen im Südkaukasus und in Bergkarabach zu schüren, um Russland zu binden, anzugehen oder im besten Fall sogar zu „überdehnen“.

        Nun gut, einige Punkte mögen wir ähnlich sehen, andere nicht. Ich wünsche Ihnen aber auf jeden Fall einen guten Abend und verbleibe Ihnen bis die Tage
        Ihr Altlandrebell

    2. @Altlandrebell
      Sehr informativ und spannend.
      Wenn es Ihre Zeit erlaubt und es mit der nötigen Motivation klappt, wäre es wirklich nett, wenn Sie Ihr Wissen nebst An- und Einsichten teilen würden.

    3. Hoppla da kennt sich ja einer aus. Was ist das denn? Da kriegt man ja alle Fragen beantwortet, die einem unter den Nägeln brannten und die der Journalistende unter den Tisch fallen ließ. Peinlich für den Ami.

      Herzlichen Dank für den informativen Text.

    4. Ich kann vielen Ihrer Ausführungen zustimmen, möchte aber noch etwas ergänzen, was für das Verständnis der Situation vielleicht nicht unwichtig ist.
      Vertreter des kleinen Bergkarabach, das mit ca. 140.000 Armeniern gerade so die Einwohnerzahl einer Großstadt übertrifft, sowie aus dem armenischen Mutterland stammende Feldkommandeure haben nach dem erfolgreichen Krieg gegen Azerbaidschan zu Beginn der 1990-er Jahre sehr lange die Spitze der Politik in Armenien dominiert. Zunächst wurde Robert Kotscharjan, der erste Premier und erste Präsident Bergkarabachs, für zwei Amtszeiten Präsident Armeniens (1998 bis 2008). Ihm folgte für ebenfalls zwei Amtszeiten Serge Sarkisjan (2008 bis 2018). Hinzu kamen Vertreter dieser als „karabacher Clan“ bezeichneten Gruppierung in anderen politischen Ämtern.

      Moskau ist mit diesen Leuten lange Zeit sehr gut zurecht gekommen, weil sie schon vor Putin auf Russland orientiert waren. Innerhalb Armeniens führte diese langjährige Dominanz einer konservativ-nationalistischen Gruppierung ohne Zukunftsprogramm dagegen zu Lähmung, Vetternwirtschaft und Bereicherung; um sich das vorzustellen braucht es wenig Phantasie.
      Als Serge Sarkisjan erneut für das einflussreiste Amt vorgeschlagen wurde, diesmal als Premier, kam es 2018 in Jerewan zu wochenlangen Protesten, die mit der Wahl Paschinjans zum Premier endeten. Die Kreml-Medien sprachen von einem erneuten „Soros-Umsturz“, unsere Medien von eienr „demokratischen Revolution“. Es dürfte beides zugetroffen haben.

      Jedenfalls dürfte die langjährige Dominanz des Karabach-Clans sowie sein Sturz nicht ohne Folgen für die Haltung der armenischen Bevölkerung zur Karabach-Frage geblieben sein. Man kann es wohl daran ablesen, dass Paschinjan auch nach dem verlorenen Karabach-Krieg bei den vorgezogenen Wahlen vor zwei Jahren dennoch als Premier bestätigt wurde, während der ins Rennen geschickte Ex-Präsident Kotscharjan als Vertreter des Karabach-Clans nur 21% einfuhr.

      Dieser Stimmungswechsel in erheblichen Teilen der arm. Bevölkerung dürfte es Paschinjan auch erlaubt haben, im Oktober letzten Jahres als erster führender Repräsentant Armeniens die Souveränität Azerbaidschans über Bergkarabach zu bestätigen.
      https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2022/10/07/statement-following-quadrilateral-meeting-between-president-aliyev-prime-minister-pashinyan-president-macron-and-president-michel-6-october-2022/

      (Die armenischen Vorgängerregierungen hatten zwar ebenfalls die Grenzen der sowjet. Teilrepubliken als Grenzen der Nachfolgestaaten anerkannt, aber stets hinzugefügt: mit Ausnahme der autonomen Gebiete, die noch zu Sowjetzeiten ihr (formal) garantiertes Recht auf Selbstbestimmung wahrnahmen und ihre Selbstständigkeit erklärten. Womit natürlich Bergkarabach gemeint war.)

      Resüme: Die Armenier halten also aktuell ebenfalls nur die Wahl zwischen Pest und Cholera für möglich. So sieht für’s erste ihre Version des „Endes der Geschichte“ aus. Aber dabei wird’s hoffentlich nicht bleiben.

      P.S.
      Es wird ja immer mal diskutiert, welche Faktoren den „Zusammenbruch“ der SU bewirkt haben. Der Afghanistan-Krieg wird genannt, das Wettrüsten, gar Solidarnosc. M.E. kann man ernsthaft nur über drei Faktoren diskutieren: den Zustand der sowjetischen Ökonomie, der für sich genommen nicht kritisch war, die zunehmende Degeneration der Sowjetbürokratie, die man witzigerweise auch an Gorbatschow ablesen kann und die für sich genommen vermutlich ebenfalls nicht fatal war. Und drittens den in der zweiten Hälfte der 1980-er Jahre langsam aufkommenden Nationalismus, der wohl einerseits als Folge der erstgenannten Faktoren interpretiert werden kann, aber andererseits als Transformation dieser Faktoren in die „Politik der Massen“ auch eine eigenständige politische Rolle spielte.
      Und wer hat den Nationalismus zu dieser Zeit ins Rollen gebracht? Es waren die Armenier Bergkarabachs, die als erste die Losung „Glasnost und Perestroika“ (Öffentlichkeit und Umbau) neu interpretierten, indem sie im Spätherbst 1987 in Stepanakert große Versammlungen unter freiem Himmel abhielten, auf denen der Umbau der existierenden Grenzen der beiden südkaukasischen Republiken gefordert wurde. Zu der Zeit war’s im Baltikum noch muchsmäuschenstill.

      Grüsse

      1. @ Besdomny
        Danke für Ihre wichtigen Ergänzungen. Darauf hätte ich in der Tat noch eingehen sollen. Aber wie bei einigen anderen Punkten auch, wäre dadurch der Kommentar wohl noch länger geworden als ohnehin schon. Man sollte wirklich eine Artikelserie zu dem Thema bringen.

        Was die 2018er Proteste betrifft – meines Erachtens ein klassischer Fall von „Westen nutzt zivile Proteste gegen korrupte Regierung aus, um eine ihm genehme Regierung ins Amt zu bringen“. Ähnlich in der Ukraine 2013 und andernorts. Durch Paschinjan hat sich Armenien vielleicht in (westlichen) Rankings verbessert, unterm Strich wurde nur ein Elitengruppe gegen eine andere ausgetauscht.

        Was den Stimmungswandel betrifft – ich habe jetzt aus Russland einige Stimmen mitbekommen, die der Ansicht sind, dass viele in Armenien (oder in dessen jetziger Regierung) eigentlich gar nicht für Bergkarabach kämpfen, sondern dieses Kapitel abschließen wollen. Russland ziehe man bequem als Sündenbock heran, damit man kein schlechtes Gewissen haben muss wegen der eigenen Handlungen. Von diesen russischen Äißerungen kann man halten, was man will, sie ziehen sich aber bis in die Staatsspitze, wenn man sich die jüngsten Äußerungen Medwedews vergegenwärtigt.

        Bezüglich des Zusammenbruchs der UdSSR – ist denn das Weströmische Reich untergegangen oder hat es sich vielmehr in (eine) neue Entität(en) transformiert? Beides spannende Diskussionen. Ich sehe den ökonomischen Faktor bei der SU auch nicht als maßgebend an, aber auch nicht unbedingt den Nationalismus. Ist der wirklich erst in den 1980ern ins Rollen gekommen? Durchlief er nicht vielmehr eine Art „Konjunkturzyklen“, so wie die UdSSR auch nicht einfach nur „Stalinismus“ war, sondern verschiedene Phasen durchmachte? Thomas de Waal hat in „Black Garden: Armenia and Azerbaijan through Peace and War“ eigentlich gut aufgezeigt, dass bereits vor 1987 Bergkarabach-Armenier wiederholt verlangt hatten, dass ihr Oblast an die Armenische SSR angeschlossen werden solle. 1987 erscheint dann eher als Schlusspunkt einer längeren Entwicklung oder Spitze eines neuerlichen Konjunkturzyklus. Aber der Nationalismus und die UdSSR ist auch wieder ein weites Feld. Korrigieren Sie mich, wenn ich falschliege, aber waren nicht zum Beispiel die zentralasiatischen SSRn von den Entwicklungen 1991 recht überrumpelt gewesen und wurden eigentlich ohne eigenen Antrieb in die Unabhängigkeit geworfen? Ihr „nation building“ haben sie zumindest in der Folgezeit überhaupt erst aufgenommen.

        PS: Zu Ihrem gestrigen Kommentar hier, habe ich noch ein paar Anmerkungen beigefügt.

    5. Wortreich und weit überwiegend korrekt (bis auf die Bemerkung zur Besiedlung ehemals aserischer Territorien, die keine staatliche Unterstützung fand und deshalb ohne Straßenbau, Strom- und Wasserversorgung nur in geringfügigem Umfang stattgefunden hat.)

      Aber das heute Wichtigste fehlt halt, nämlich daß Aserbaidschan 2020 nur mit der Waffenhilfe der NATO zur Rückeroberung der verlorenen Gebiete anzusetzen vermochte und dies folglich mit einem NATO-Auftrag tat. Es tut nichts zur Sache, wenn einer meint, „der Sultan“ habe NATO dazu erpresst – tatsächlich ist es umgekehrt, NATO erpresst die USA fortwährend mit den „Eigenwilligkeiten“ des „Sultans“ – das Resultat ist so oder so dasselbe.

      Mißmutig macht mich auch die Nonchalance gegenüber der ostentativen „osmanischen“ Hyper-Brutalität, die seit dem Einmarsch der Türkei in Afrin ein Markenzeichen der NATO zu werden scheint. Das geht seither nie ohne Brüste / Genitalien abschneiden, gern, wenn die Opfer noch nicht tot sind, und dem rituellen Köpfen. Nicht regelmäßig, aber immer öfter, auch skalpieren.

      Es ist schon recht seltsam, daß du das RAND-Paper „Extending Russia“ von 2019 verlinkst, aber den Krieg um Karabach dennoch vorerst behandeln willst, als sei es Restbestand historischen Getoberes irgendwelcher rückständiger Neger oder Schlitzaugen, die über mehr oder minder kindische Erbfeindschaften nicht hinweg kämen – natürlich nicht, ohne dich semantisch „vornehm“ von solcher Sichtweise abzusetzen.

      1. @TomGard
        Danke für Ihre kritischen Anmerkungen und Ergänzungen.

        Ich gehe bei Artikeln immer nur darauf ein, was mich am Autor besonders stört. Deswegen habe ich nicht alles abdecken können und wollen. Manches setzte ich in einem Forum wie diesem auch als bekannt oder als ausdiskutiert voraus. Da die Binnenperspektive des Konflikts hierzulande weniger im Fokus steht, habe ich dieser heute mal mehr Raum gegeben. Sehen Sie’s mir bitte nach.

        Sie haben gleichwohl natürlich recht, dass neben der innerstaatlichen (Baku vs. Bergkarabach-Armenier) und der interstaatlichen Dimension (Aserbaidschan vs. Armenien) auch die internationale Ebene dieses Konflikts (NATO vs. Russland / Iran) berücksichtigt werden muss. Ich sehe die drei Dimensionen als miteinander verschränkt und sich gegenseitig beeinflussend an. Ganz sicher ist der Konflikt für mich nicht bloß der „Restbestand historischen Getoberes irgendwelcher rückständiger Neger oder Schlitzaugen“. Dieser Eindruck war nicht intendiert.

        Sie erachten wohl eher die internationale Dimension als Haupttriebfeder. Da unterscheiden wir uns, für mich ist die Kampagne von 2020 nicht nur ein NATO-Krieg gewesen. Es gab auch starken inner-aserbaidschanischen Druck endlich mal zu handeln. Man sollte nun sicherlich diskutieren, ob der oder vielmehr die NATO der Haupttreiber hinter Bakus Aktionen war, gerade eingedenk des RAND-Papiers. Baku bezieht einen Teil seiner Waffen übrigens seit Jahren von der NATO, andere aus Israel und viele immer noch aus Moskau. Inzwischen bespielt und beliefert der Westen freilich sowohl Baku als auch Jerewan. Wobei ihm letzteres zunehmend lieber ist, da Baku eben gut mit dem Kreml kann, wie auch die Kooperation hinsichtlich der Bahntrasse in den Iran zeigt. Der Blogger Simplicius 76 wies ja auch unlängst darauf hin, dass der Westen eher versucht Russland aus Armenien zu schmeißen als Moskaus Verbindungen zu Aserbaidschan zu kappen.

        Was die Hyper-Brutalität betrifft – da haben Sie natürlich auch recht. Ich bin inzwischen zu alt, um mich darüber noch groß auszulassen. Habe ich zu oft an anderer Stelle getan. Angefangen mit den Geschehnissen vor der eigenen Haustür, den bekannten Massakern des Westens und den inzwischen vergessenen an seiner imperialen Peripherie, beginnend mit Biafra und Kongo, endend bei Tigray. Diese stehen denen von Ihnen skizzierten nicht sonderlich nach. Auch in Äthiopien gab es natürlich sehr starke NATO- / Westeinmischung, insbesondere was die tigrinische TPLF betrifft, die über Jahrzehnte von der CIA unterstützt worden ist.

        Sie beurteilen diese und andere Sichtweisen von mir womöglich anders, das sei Ihnen unbenommen.

        1. Hallo Altlandrebell,
          danke für die Antwort.

          „Da unterscheiden wir uns, für mich ist die Kampagne von 2020 nicht nur ein NATO-Krieg gewesen. Es gab auch starken inner-aserbaidschanischen Druck endlich mal zu handeln.“

          Nein, an dem Punkt scheiden wir uns nicht. Ich wollte ergänzen: Es gab auch starke innenpolitische Motive in der Türkei, „endlich mal zu handeln“.
          „Nur“ müssen diese Protagonisten mit Aussicht auf Erfolg handeln können, damit sie es dann tun, und deshalb ist:

          „Man sollte nun sicherlich diskutieren, ob der oder vielmehr die NATO der Haupttreiber hinter Bakus Aktionen war …“

          ein Übergang, das Geschehen aus dem Blick zu nehmen, zugunsten philosophischer („Haupttreiber“) plus moralischer Wägung.
          Das mache ich nicht mit. Der aserbaidschanische Angriff war damals, wie heute wieder, ein Beschluß, einVorgang, nicht deren mehrere. Und weil es zumindest bei älteren Semestern ein überaus beliebter Trick ist, das methodisch zu verleugnen, will ich auch auf Deine philosophische Rechtfertigung Deiner Sichtweise eingehen:

          „Ich sehe die drei Dimensionen als miteinander verschränkt und sich gegenseitig beeinflussend an.“

          Schon die Analogie ist daneben. „Verschränkt“ heißt ein Vorgang in der Physik, bei dem zuvor separat identifizierbare Bestandteile (üblicherweise Atome) unidentifizierbar werden, weil sie alle denselben Set von Eigenschaften annehmen, also viele Atome zusammen wirken, wie ein einziges Objekt.
          Solche „reinen“ Vorgänge gibt es außerhalb der Teilchenphysik natürlich nicht. So ist beispielsweise die „Hyper-Brutalität“, die ich erwähnt habe, eine „Spur“ von Konflikten und Motiven in den NATO-Kriegen in Libyen, Syrien, Irak und Karabach, deren Herkunft außerhalb des Binnenzusammenhangs der Kriegsbeschlüsse der NATO liegt.
          Doch selbst sie gehen in die NATO-Motive ein und über, deshalb das ostentative und demonstrative Moment an ihnen, das direkt verwickelte Täter nicht selten leitet, die Brutalitäten selbst bildreich zu verbreiten, um sie zum Ausweis ihrer Immunität gegen Einsprüche aus den imperialen Metropolen zu machen. Die Freiheit von ISIL, AlQuaida und der türkischen und aserbaidschanischen Soldateska ist die Freiheit der NATO, welche die Täter auf ihre Mühlen lenken und sie damit zelebrieren.

          Der leninistische Unfug mit „Haupt-“ und „Nebenwidersprüchen“ sollte fallen gelassen werden, das war von allem Anfang an ein theoretischer Opportunismus im taktischen Umgang mit der moralisch und rechtsidealistisch verseuchten Psyche der Adressaten.

    6. @ Veit Tanzt, Simon und Guido Biland
      Danke für Ihre freundlichen Rückmeldungen! Gerne will ich Fragen beantworten, so ich die Zeit habe und hier im Forum bin.

  15. @Alexander: Die Vermutung ist edel, aber wer die Artikel von Moshe Zimmermann liest, weiß, dass es bei der israelischen Regierung nicht um die Opfer des Völkermordes geht, sondern nur um die Ausbeuter desselben.

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