
Armut im Alter? Kann man vernachlässigen. Die Republik und ihr Führer haben andere Probleme!
„Ein teurer Erfolg für den Kanzler“ titelte die Süddeutsche Zeitung einen Tag, nachdem das Rentenpaket den Bundestag passiert hatte. Der Titel markiert eine Debatte, bei der es nicht um die Rentner und ihr Auskommen ging, sondern die Lage der Alten nur die Vorlage abgab für eine Diskussion über die Qualität des Führungspersonals. Und mit dem eingeschränkten Lob für den Kanzler erteilte der Kommentator in demselben Blatt auch dem Nachwuchs Noten: „Die Jungen in der CDU haben dies richtigerweise gerügt, aber nicht alle haben den richtigen Zeitpunkt gefunden, um die eigene Oppositionsrolle wieder aufzugeben. Es war unverantwortlich, bis zum Schluss auf einem Nein zu beharren und damit den Fortbestand der Koalition zu riskieren. Es ist verführerisch, den Widerstand anzuführen – allerdings liegt darin auch die Gefahr, dass Egozentrismus die staatspolitische Verantwortung verdrängt.“ (Nicolas Richter in der SZ, 6.12.25)
Es ging also um nichts weniger als um die Regierbarkeit und damit um das Staatswohl Deutschlands. Und da hat jedes Für und Wider bezüglich einer Sachfrage in den Hintergrund zu treten, und die Aufregung darf am Ende nur dazu dienen, dass dem Führer der Rücken gestärkt wird. Entsprechend zielstrebig lief denn auch die öffentliche Diskussion ab, während in derselben Bundestagssitzung der Beschluss zur Wiedereinführung der Wehrpflicht geräuschlos über die Bühne ging – als eine Selbstverständlichkeit, die nur durch die Schulstreiks größere Aufmerksamkeit erlangte.
Alte Menschen werden zu teuer
Die Inhalte des Rentenpakets waren eigentlich schon seit der Vorlage der Koalitionsvereinbarung bekannt: Die Regierungsparteien wollten das Rentenniveau von 48 Prozent des durchschnittlichen Einkommens bis 2031 sichern, die Mütterrente ausweiten, die Aktivrente einführen und die Frühstartrente beginnen. Mit der anvisierten Sicherung des Rentenniveaus war aber keineswegs das Auskommen der meisten Rentner zu sichern, denn schon bei diesem Niveau lebt knapp jeder fünfte Leistungsbezieher an der Armutsgrenze. Und mit der Bindung an die Lohnentwicklung ist ebenfalls keine Sicherheit gegeben, hängt sie doch von der Konjunktur und deren Auswirkungen auf die Löhne ab: Für die Rentenbestimmung bildet das Lohnniveau gleich das durchschnittliche Jahreseinkommen eines Vollzeitbeschäftigten die Rechengrundlage für die individuelle Rentenbestimmung. Wer weniger verdient als dieser Durchschnitt bekommt weniger, wer mehr verdient mehr. Die Durchschnittshöhe des Jahreseinkommens hängt aber nicht einfach von der Tarifentwicklung ab, sondern auch davon, in welchem Umfang bezahlte Überstunden oder Sonderschichten von Unternehmen gefordert und Sonderzahlungen gewährt werden. Insofern ist mit den 48 Prozent keine fixe Bezugsgröße genannt, sondern eine die sich als konjunkturabhängig erweist.
Für die Mütterrente, die allen Müttern gegönnt sei, werden übrigens keine Beiträge entrichtet. Es handelt sich schlicht um ein Wahlgeschenk der CSU auf Kosten der Beitragszahler. An dieser Großzügigkeit zeigt sich, dass Politiker die Sozialkassen als Unterabteilung ihres Haushaltes behandeln, auf die man bei Bedarf zugreifen kann – prominentes Beispiel: die Übernahme der „Rentenaltlasten“ der DDR bei deren Einverleibung. Mit der Aktivrente, die mit einer Rente wenig zu tun hat, sich vielmehr auf Steuererleichterungen bezieht, bekundet die Koalition Grundsätzliches, dass sie nämlich eine längere Beschäftigung von Arbeitnehmern anstrebt. Wie bei der Wehrpflicht steht da zunächst die Freiwilligkeit auf dem Programm; wenn das nicht reicht, dann weiß man ja, wie es weitergeht. Auch die Frühstartrente ist mehr eine Programmansage, wird doch damit einmal mehr unterstrichen, dass die Politik sich seit langem davon verabschiedet hat, die gesetzliche Rentenversicherung daran messen zu lassen, ob sie zum Leben reicht. Private Vorsorge ist angesagt, auch wenn dies mit der Riesterrente nicht so recht geklappt hat.
Wenn es in der Öffentlichkeit Kritik an dieser Koalitionsvereinbarung gab, dann in der Regel mit dem Tenor, die Rentenreform sei nicht konsequent genug ausgefallen, sprich das Rentenniveau nicht weiter abgesenkt worden – im Klartext also: die Verarmung der Rentner sei nicht weiter vorangetrieben worden. Oder es hieß, die Lebensarbeitszeit müsse nicht nur auf freiwilliger Basis verlängert werden und die Frühstartrente wäre ein zu zögerlicher Umstieg auf eine kapitalgedeckte Altersversorgung.
Der Generationenkonflikt in der CDU
Mit ihrem Gesetzentwurf hatte Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas im Prinzip die Koalitionsvereinbarung umgesetzt. Größere Aufregung über das Rentenpaket entstand dann erst, als es hieß: „Junge Gruppe der Union hält Rentenpaket für ‚nicht zustimmungsfähig‘.“. Begründet wurde die Ablehnung mit den Kosten: „Die Junge Gruppe lehnt unter Verweis auf die hohen Kosten Pläne der Regierung von Kanzler Merz ab, das Rentenniveau auch über 2031 hinaus auf 48 Prozent festzuschreiben.“ Die Kosten seien deshalb so hoch, weil sich auch nach 2031 die Absenkung des Rentenniveaus nicht nach der ursprünglichen Rechenweise, die ein früheres Absenken vorsah, sondern an dem zum späteren Datum vorliegenden Rentenniveau orientieren würde.
In den Medien geisterten dann auch gleich Mehrkosten von über 100 Milliarden Euro durch die Artikel und die Junge Gruppe wurde zu einer Vertreterin der jungen Generation hochstilisiert. Damit waren die Maßstäbe für die Diskussion gesetzt. Opfer der Rentenreform waren nicht mehr die Rentner, sondern der Staatshaushalt, über den die Ausfälle der Rentenversicherung ausgeglichen werden sollen. Und die junge Garde der CDU war plötzlich Anwalt der Generationengerechtigkeit. Was von deren Kritik zu halten ist, was deren Einwand für die Bürger bedeutet, war dabei kein Thema. Es ging ja um die nationale Herausforderung, endlich den Mut zur Auflösung des Reformstaus aufzubringen.
Dabei handelte es sich bei den CDU-Rebellen um eine seltsame Interessenvertretung der Bürger, die für eine radikalere Senkung der Renten eintritt; die würde ja dann die späteren Leistungsbezieher treffen, also auch die Jungen. Deren Betroffenheit, so die Ansage der streitenden Politiker, sollte sich nicht an den gekürzten Renten festmachen, sondern in ihrer Funktion als Beitrags- und Steuerzahler bestehen. Als zukünftige politische Führungskräfte gingen die Mitglieder der Jungen Gruppe wie selbstverständlich davon aus, dass alle Kosten auf die Bürger abzuwälzen sind, damit dem Staatshaushalt und seinen Unterkassen kein Schaden entsteht. Schließlich sind diese Mittel für andere Zwecke vorgesehen, wie Zahlungen an die EU, um Deutschlands Einfluss auf die europäische Politik zu sichern. Oder Zahlungen an die Ukraine, um sich als Gegenmacht zu Russland in die Weltpolitik einzubringen. Stattdessen war eine ganz andere Debatte eröffnet.
Die Sorge um die Haltbarkeit der Koalition
Damit war das Rentenpaket zur „Machtfrage geworden“, wie es Johannes Steiniger, CDU-Abgeordnete aus Rheinland Pfalz, formulierte. Statt um das Rentenpaket ging es nur noch um die Haltbarkeit der Koalition, um deren Sicherung sich alle sorgten, denn mit der hochgepuschten Streitfrage stand ja die Regierbarkeit der Nation auf dem Spiel. Schließlich müssen die Regierenden bei all ihr Volksbetreuung die Einwände populistischer Art in Rechnung stellen, für die stets die AfD gut ist, die sich aber seltsamerweise in ihrer Kritik kaum von der Jungen Gruppe unterschied: „Regierung erkauft geschöntes Rentenniveau auf Schuldenbasis“.
Mit dem Versprechen, die sowieso geplante Expertenkommission zur weiteren Rentenreform früher einzusetzen als geplant, sollten die Kritiker aus den eigenen Reihen ruhiggestellt werden. So vermeldete die FAZ: „Eine Beruhigungspille für die Junge Gruppe“. Es ist ja in den letzten Jahren Usus geworden, der eigenen politischen Position den Schein der Sachnotwendigkeit und wissenschaftlichen Fundierung zu geben, indem man eine Expertenkommission einberuft – ausgewählt aus Experten der eigenen Fasson. Denen man aber auch sicherheitshalber gleich den Aufgabenkatalog so vorgibt, dass das Ergebnis dem angestrebten politischen Ziel entspricht. Die Auswahl der Experten ist nicht schwierig, haben sich doch reichlich Wissenschaftler mit entsprechenden Äußerungen hervorgetan. Mit diesem Angebot an die Junge Gruppe sollte deren Zustimmung gesichert werden.
Kaum war dieses Angebot an die Kritiker ausgesprochen, wurde es auch schon wieder zurückgezogen: „Union kassiert Zusatzantrag zur Rente und düpiert Junge Gruppe.“ Offenbar ging die Unionsführung davon aus, dass die jungen Karrieristen in den eigenen Reihen sich einen offenen Konflikt mit dem Kanzler nicht leisten würden. Und so zitterten die Hofberichterstatter aus den Medien auch der Probeabstimmung in der CDU-Fraktion entgegen, die aber kein eindeutiges Ergebnis erbrachte: „Offene Fragen nach der Probeabstimmung der Union“. Doch wie immer, wenn es für die Koalition brenzlig wird – wie bei der Kanzlerwahl oder der Aufhebung der Schuldenbremse für die Aufrüstung –, ist die Partei die Linke zur Stelle und biedert sich bei den Regierenden als Alternative an: „Die Linke ebnet Weg für Rentenpaket“ meldete die TAZ und in der Öffentlichkeit herrschte Erleichterung, kam es doch nun durch das Versprechen der Linken auf Enthaltung gar nicht mehr auf das Abstimmungsverhalten der Jungen Gruppe an. Das stellte aber den Anspruch der Regierung auf Gefolgschaft keineswegs zufrieden: „CSU-Landesgruppenchef pocht auf eigene Mehrheit beim Rentenpaket.“
Nach einigem Hin und Her stellte sich dann ein Ergebnis ein, mit dem sich die Beteiligten zufrieden zeigen konnten: Der Vertreter der Jungen Union und der Sprecher der Jungen Gruppe dürfen dagegen stimmen und so ihre Glaubwürdigkeit bei den jungen Wählern repräsentieren, die Mehrheit für die Koalition findet sich ein und der Kanzler hat seine Führungsqualitäten unter Beweis gestellt. Das war’s doch, worauf es ankam – oder war da was mit Reformbedarf wegen Altersarmut? Da hat die Politik andere Sorgen, wie auch gerade der neue Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung vorführte. Den kommentierte der Armutsforscher Christoph Butterwegge (Junge Welt, 9.12.25) mit der Bemerkung: stinkendes Eingenlob! Hier würden die Notlagen der Alten beschönigt, Senioren seien dagegen „jene Altersgruppe, deren Armutsrisiko seit vielen Jahren am stärksten steigt“.
Über den Reformbedarf haben sich Merz und Klingbeil gleich gegenüber der Bildzeitung ausgelassen und klargestellt: „Nach dem Rentenpaket ist vor der Rentenreform“ und „In der Regierung wächst die Idee, den Rentenstart an die Arbeitsjahre zu koppeln“ (Bild am Sonntag, 7.12.25). Auf diese Weise ließe sich das Renteneintrittsalter aufschieben. Betont wird auch die Notwendigkeit der privaten Vorsorge und so drücken die Sozialpolitiker aus, dass die Bürger sich auch in Zukunft nicht auf die gesetzliche Rente als Alterssicherung verlassen können. Die Regierung geht weiterhin von drei Säulen der Alterssicherung aus, bei der die gesetzliche Rente neben der Betriebsrente – die nicht jeder bekommt – und der privaten Vorsorge – die sich nicht jeder leisten kann – nur eine Säule darstellt, die zudem noch sehr wackelig ist.
Löhne und Gehälter scheinen eben eine unerschöpfliche Quelle für die Alterssicherung zu sein – als Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung, als Lohnumwandlung für die Betriebsrente und als private Versicherung. Dass das Arbeitsleben in abhängiger Beschäftigung von sich aus dem Einzelnen kein Überleben im Alter sichert, ist dabei als Selbstverständlichkeit unterstellt. Hier muss eben staatlicher Zwang – idealisiert als Generationenvertrag – greifen, um die Notlagen gerecht zu verteilen. Dass das Rentnervolk, das nicht mehr arbeitet, einfach so mit der Hälfte seines früheren Einkommens über die Runden kommen darf, erscheint da bei Gelegenheit (wenn sich die Hetzer finden) als ein einziger Skandal, bezeichnend für eine arbeitsscheue Bevölkerung. Und der hat der Kanzler ja den Kampf angesagt!
Ähnliche Beiträge:
- Die Rentner sind immer zu teuer! – egal wie billig sie sind…
- Renten-Showdown im Bundestag: Ach, das Volk? – das hat bis 2029 Pause!
- Der harte Kern der Stadtbilddebatte
- „Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt“
- Lehre aus dem Riester Desaster: mehr Zwang und mehr Risiko!



Wir haben kein Geld für die Rente.
Wir haben kein Geld für die Pflege.
Wir haben kein Geld für die Stadtbücherei und für das Schwimmbad.
Nur für die Ukraine und für Corona-Impfungen ist unendlich viel Geld da.
Geld haben wir genug, das wird fleißig gedruckt.
Dann verteilen wir es an Politikwissenschaftler, Aktivisten, Beamte und andere wichtige Personen im Land und wundern uns, dass Handwerker immer teurer werden.
In 20 Jahren streiten wir dann nicht mehr über die Rentenhöhe, sondern darüber, wer noch einen Pflegeplatz bekommt. Leute, die darüber diskutieren, werden wir genug haben – Pflegekräfte nicht.
Jetzt wieder Angriffe auf Impfungen, herrlich!
Steuerfinanzierte Mindestrente jetzt, keine Frage!
„Für die Mütterrente, die allen Müttern gegönnt sei, werden übrigens keine Beiträge entrichtet.“
Quatsch. Beiträge werden für alles entrichtet, was die Rentenversicherung bezahlt.
Man sollte endlich mal aufhören, ständig so zu tun, als hätten bei einer umlagefinanzierten Rente die eigenen Einzahlungen was mit der eigenen Rente zu tun. Es ist eine Sozialversicherung: Die einen zahlen für die anderen. Wieviel zu zahlen ist und wieviel ausgezahlt wird, ist letztlich Verhandlungssache.
Jetzt stellt sich halt raus, dass die angehenden Rentner das System in die Pleite verhandelt haben, aber selbstverständlich andere dafür verantwortlich machen. Und so wird es bleiben, bis bei einer Staatspleite dann ein paar Millionen erfrieren oder verhungern, weil sie nicht rechtzeitig auf ihre „Ansprüche“ verzichten wollten.
„Für die Mütterrente, die allen Müttern gegönnt sei, werden übrigens keine Beiträge entrichtet.“
„Quatsch. Beiträge werden für alles entrichtet, was die Rentenversicherung bezahlt.“
Finaziert aus Steuermitteln, die der Bund an die RV überweist. Der Bezugsanspruch ensteht aus Anrechnung der Kindererziehungszeiten. Auch Susanne Klatten kann davon Gebrauch machen, dürfte allerdings nicht zu den wirklich „Bedürftigen“ gehören. .
Das deutsche Rentensystem,war und ist eine gelebte Lüge.
Jeder Mensch in diesem System, bezahlt ein hundert Prozent und erhält beim eintritt für das Rentenalter wieviel Prozente erstattet?
Die Politik beruft sich auf das fickfaule Subjekt der deutschen, das diese nicht genügend Fickreiche nachkömmmlige erzeugt. Währenddessen diese Politik beschäftigt ist, hunderttausende, in ihrem Staat aufzunehmen.
Der Punkt in dieser Politik ist, was möchte die vergangenene Politik, insgesamt erreichen?
M. M. n., das Gegenteil,was man selbst umsetzen möchte. Sie,, diese Politik, will uns, die Gesellschaft, weiter spalten, für ihre Interessen.
„Jeder Mensch in diesem System, bezahlt ein hundert Prozent …“
Die aktuelle RV-Beitragshöhe liegt bei 18,6% auf Brutto-Lohnsteuerkarte -nicht bei 100%,
Die werden UNS alles nehmen, nicht nur die Rente, denn dafür ist Merz eingestellt worden…
Das hatte ich schon zu Zeiten bekundet, wo alle noch die Merkel weghaben wollten… lächel.
Es kam halt nur ein Scholz dazwischen.
Ich muss aber leider zugeben, das ich den nicht auf dem Plan hatte…. 😉