Israels Kritiker im Ausland und Israelis im Ausland, die auf Kritik an ihrem Land stoßen, entziehen sich einem möglichen Dialog. Warum ist dem so?
Das Klischee besagt, dass wenn jüdische (auch kritische) Israelis im Ausland einer satten Kritik ihres Landes ausgesetzt sind, sie als Reaktion sogleich zu “Patrioten” werden, die Kritik “von außen” mithin nicht zulassen, auch wenn sie sie nicht aktiv abwehren. Ein innerer Schutzreflex wird aktiviert, der im Extremfall die “illegitime” (weil eben “von außen” kommende) Kritik als Antisemitismus abschmettert bzw. im gemäßigteren Fall als unzulässig abweist.
Das hat zum einen mit den Auswirkungen der “zuhause” erfahrenen ideologischen Indoktrination zu tun, die die Bürger des Staates gelehrt hat, dass “die ganze Welt gegen uns”, die politische Attacke gegen Israel nichts als eine neue Form des traditionellen Judenhasses sei, und wir uns daher nicht in der Gewissheit, historisch auf dem rechten Weg zu sein, beirren lassen dürfen. Derlei narzisstische Kollektivplatitüden gehören zwar zum Arsenal einer jeden national-chauvinistischen Selbstsetzung, gewinnen aber im zionistischen Selbstverständnis und in der von diesem abgeleiteten nationalen Identität eine besonders gewichtige Stellung, weil sie ex- bzw. implizit suggeriert, sich auf die historische Leiderfahrung der Juden, kulminierend im Holocaust, berufen zu dürfen.
Thema Okkupation ist in Israel tabuisiert
Zum anderen beruht dieses Muster aber auf einem Missverständnis, das sich aus der Situation im Ausland ergibt. Denn während die “von außen” kommende Kritik an Israel (insofern sie nicht einem realen antisemitischen Ressentiment entstammt) sich gemeinhin auf den israelische-palästinensischen Konflikt, auf die Okkupationsbarbarei und die sich aus ihr ergebenden partikularen Oppressionen und Gewaltausbrüche bezieht, befassen sich mittlerweile die wenigsten jüdischen Israelis mit diesem “Problem”. Die Realität Israels ist zwar von diesem “Problem” in jeglicher Hinsicht aufs tiefste geprägt, aber seine Bürger lassen sich von ihm kaum beeindrucken. Dafür hat Netanjahu über Jahre mit perfiden propagandistischen Machinationen und gewieften Manipulationen erfolgreich gesorgt. Die Kritik an Israel, auf die der israelische Bürger im Ausland trifft, stößt bei ihm daher auf ein Unverständnis, das sich dem “Antisemitismus”-Vorwurf verschwistert, statt sich mit dem realitätsbezogenen Inhalt der Kritik auseinanderzusetzen – diesen hat er ja ideologisch-effektiv verdrängt.
Das zeigt sich im gegenwärtigen Krieg mit besonderer Deutlichkeit. Unmittelbar nach dem 7. Oktober fühlten sich die meisten Israelis durch das barbarische Hamas-Massaker in ihrem fundamentalen (über Jahrzehnte ideologisch geformten) Opferbewusstsein bestätigt und waren dadurch von vornherein gegen die ausländische Kritik an der Maßlosigkeit der von Israel im Gazastreifen aus Rache- und Vergeltungsbedürfnis praktizierten Mord- und Verwüstungsexzesse gleichsam immunisiert. Nicht nur wurde in den israelischen Medien nicht in Bildern vermittelt und journalistisch erörtert, was alle Welt seit Beginn des Krieges zu sehen bekam, sondern die Bereitschaft, sich den horrenden Auswirkungen der IDF-Aktionen auszusetzen, kam erst gar nicht auf, wurde gleichsam – konsensuell abgestimmt – im Keime erstickt. Nicht von ungefähr handelte sich UN-Generalsekretär António Guterres das Attribut des “Antisemiten” ein, als er vom Kontext des 7. Oktober zu sprechen wagte. Es ist ja genau dieser Kontext (die anhaltende Okkupation), der im israelischen Diskurs seit Jahren tabuisiert ist.
Zerrissene innerisraelische Gesellschaft
Der ausländischen Kritik kann das egal sein; sie sucht ja nicht den Dialog mit dem Israeli im Ausland. Und doch müsste auch sie sich vor Augen führen, dass sich der kritische Israeli mit etwas anderem in den letzten beiden Jahren intensiv befasst, namentlich mit dem innerisraelischen Desaster einer Gesellschaft, die sich mittlerweile gefährlich nah am Rande des Bürgerkriegs bewegt. Was im Ausland zumeist nicht begriffen wird, ist die den zionistischen Staat heftig beutelnde politische (letztlich auch soziale) Zerrissenheit.
Dem 7. Oktober gingen neun Monate voran, während denen eine massive Protestbewegung israelischer BürgerInnen mit gesammelten Kräften bemüht war, den von der israelischen Führungsspitze für eine “Justizreform” ausgegebenen Staatsstreich aufzuhalten, bei dem es Netanjahu und Konsorten darum ging, das Justizsystem derart zu schwächen, dass die Gewaltenteilung zu erodieren, die formale israelische Demokratie endgültig zu kollabieren und eine anvisierte Diktatur des Premierministers sich zu formen begann. Netanjahu hatte ein persönliches Interesse an dieser Entwicklung, weil sie den gegen ihn wegen Korruption, Betrug und Veruntreuung geführten Prozess aushebeln und seinen Machterhalt garantieren sollte, nicht zuletzt dadurch, dass er die sektorialen Bedürfnisse seiner Koalitionspartner ungestört bediente.
Der 7. Oktober ließ diese zivilgesellschaftlich beeindruckende Protestbewegung nahezu völlig erlahmen, als der Krieg ausbrach und alle Staatsinstitutionen, aber auch der öffentliche politische Diskurs gleichsam gleichgeschaltet wurden. Erst in den letzten Wochen, als sich zunehmend herausstellte, dass Netanjahu und seine Koalition bereit sind, die von der Hamas unter lebensbedrohlichen Bedingungen gefangen gehaltenen Geiseln zu opfern, um ja nicht den Krieg beenden zu müssen, verstärkten sich die Protestaktionen gegen Netanjahu und seine Koalitionspartner, freilich in viel kleinerem Maßstab und keinesfalls vergleichbar mit der Intensität und Persistenz des Protests vor dem 7. Oktober.
Man vergesse gleichwohl nicht, dass bei der Demonstrationsaktivität vor Ausbruch des Krieges und erst recht danach zu keinem Zeitpunkt das “Problem” – der von Guterres als solcher apostrophierte “Kontext” – thematisiert, geschweige denn zum zentralen Anliegen eines Ausgangs aus der Misere erhoben wurde. Das über die Thematisierung der Okkupation verhängte Tabu hat sich eher verstärkt und verfestigt.
Und so kommt es, dass ein Deal mit Hamas zur Geiselbefreiung, der einiges von der Verfahrenheit der innerisraelischen Situation zu lösen vermöchte, systematisch verhindert wird: Ein Waffenstillstand im Gazastreifen würde auch die derzeitigen Kampfhandlungen mit der Hisbollah beenden, die Rückkehr der Evakuierten im Norden und Süden des Landes zu ihren Wohnorten ermöglichen und anderen Maßnahmen zur geopolitischen Pazifizierung der Region Vorschub leisten. Das liegt aber nicht im Interesse des am unbedingten Machterhalt orientierten Netanjahu.
Und das Erstaunliche: Er, der die Hauptverantwortung für die Katastrophe des 7. Oktobers und das Desaster des Gazakriegs trägt und sich zu dieser Verantwortung nicht einmal zu bekennen bereit ist; er, der die israelische Gesellschaft polarisiert und gespalten hat wie kein Politiker in der gesamten israelischen Parlamentsgeschichte zuvor; er, der keine Skrupel hat, die Geiseln zu opfern, mithin ein zentrales moralisches Gebot des zionistischen Ethos fundamental zu verraten; er, der zu keinem Zeitpunkt aufgehört hat, seine Politik verlogen, manipulativ und korrupt zu betreiben – hat Erfolg. Keine nennenswerte Opposition hat sich gegen ihn im Parlament erhoben. Er will einen möglichst langen Krieg und sorgt dafür, dass der Krieg andauert (jetzt schon mit der Option einer neuen Front im Libanon). Er ist erstarkt (was unmittelbar nach dem 7. Oktober niemand für möglich gehalten hätte). Und es ist nicht ausgemacht, dass er die nächsten Wahlen nicht wieder gewinnen wird – wenn nicht mit seiner Partei (der z.Z. eine Niederlage vorausgesagt wird), so doch als der bevorzugte Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten.
Und darin liegt das Missverständnis der Auslandskritik an Israel wie auch des auf diese Kritik im Ausland reagierenden Israeli. Die Auslandskritik, die die Palästinenserfrage zu thematisieren trachtet, begreift nicht, dass Israels Politiker wie auch die allermeisten israelischen BürgerInnen dagegen immun sind; und jene, die die Auswirkungen des israelischen Krieges kritisieren, begreifen nicht, dass der Krieg im Interesse der gegenwärtig in Israel herrschenden Regierung liegt, die Politiker des zionistischen Staates mithin gegen diese Kritik immun sind. Und der auf die Kritik an Israel im Ausland stoßende Israeli, begreift offenbar nicht, dass seine “patriotische” Reaktion auf sie nichts anderes indiziert, als seine Erbärmlichkeit sowohl im Hinblick auf die Beurteilung der Triftigkeit dieser Kritik als auch im Hinblick auf das Erkennen der negativen Funktion, die dieser reflexartige “Patriotismus” im Ausland im Kontext der Bekämpfung der innerisraelischen Katastrophe erfüllt.
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Mit Verlaub, die regelmäßigen sophistischen Elegien von M. Zuckermann im Overton Magazin lösen in mir langsam ein Störgefühl aus. Israel ist ein vom Ausland finanzierter und bewaffneter Terrorstaat. Seit es ihn gibt, ist der Nahe Osten ein Schlachtfeld. Die Erläuterungen des Herrn Zuckermann dienen wozu? Den Terrorstaat in all seinen Facetten zu würdigen? Mir wird übel.
Mir wird jedoch übel bei Ihrem Kommentar. Dass Krieg a priori Hass schürt, ist längst bekannt. Und Hass ist bekanntlich ein idealer Nährboden für Krieg. Frieden wird es geben, wenn der Hass überwunden wird. Von beiden Seiten. Ob es dann dereinst einen Staat Israel (säkular und demokratisch) geben wird, oder zwei Staaten, einen für die Juden und einen für die Palästinänser, wird dann zu entscheiden sein. Aber die Vernichtung Israels – und der Begriff Terrorstaat impliziert die Vernichtung – ist nicht die Lösung des Problems, nämlich den Palästinänsern einen eigenen (demokratischen) Staat und das Recht auf Sicherheit und Selbstbestimmung zu ermöglichen. In diesem Sinne begrüsse ich auch die Beiträge von Moshe Zuckermann bei “overton” und anderswo.
Einen Staat, der einen offenen Genozid aufgrund rassistischer Motive durchführt, kann und sollte man offen als Terrorstaat bezeichnen inklusive aller sich daraus ergebenden Konsequenzen. Hätte man das 3. Reich einfach so weiter existieren lassen sollen? In der wagen Hoffnung, dass es sich vielleicht ändert? Nein, Staaten, die für Genozide verantwortlich sind, welche dann noch von einem Großteil der Bevölkerung unterstützt werden, sind eine Gefahr für die Welt und sollten nicht existieren. Leute, die dies nicht verstehen, sind Teil des Massenmords und mitschuldig.
Ja, das sehe ich auch so!
Ja, das ist mir auch schon aufgefallen. Er ist wohl dem gleichen Mechanismus anheimgefallen, den er lustigerweise in genau diesem Artikel anspricht. Er hält sich ja für einen Kommunisten, aber es ist Zuckermann nicht möglich, die israelische Regierung als offen rechtsradikal zu benennen, obwohl ihm dies bei jeder ähnlich gelagerten Regierung außerhalb Israels problemlos möglich wäre.
Allerdings muss man dazu sagen, dass dieses psychologische Phänomen inzwischen überall zu beobachten ist, nicht nur beim Thema Israel. Z.B. haben viele Linksradikale die Regierung während der Corona-Maßnahmen unterstützt. Die Antifa unterstützt die Rechtsradikalen in der Ukraine und die PdL ist inzwischen pro NATO.
Hier sehen wir gut, dass die Kombination aus Propaganda und der Angst den eigenen Wohlstand zu verlieren dafür sorgt, dass man das westliche imperiale System unterstützt, denn auch der linkeste Aktivist benötigt den Staat mit dem aktuellen System als Wirt, und ein Staat, der aus dem westlichen System herausfliegt, wird diese linken Aktivisten nicht mehr unterstützen (können).
Deswegen ist auch westlichen Linken nicht zu trauen, gerade wenn sie von staatlichen Fördertöpfen abhängig sind. Ich habe oft genug erlebt, dass sie selbst Teil des Systems werden und den Widerspruch überhaupt nicht bemerken. Ehrlichen Widerstand gegen das System kann man halt nur von solchen erwarten, die nicht von diesem System abhängig sind. Deswegen werden wir nie von einem Zuckermann fundamentale Kritik an Israel finden, sondern bestenfalls solche, welche die von Israel verwendeten Methoden kritisiert.
Diese Tiraden hier gegen Moshe Zuckermann widern mich an!
Diesem intelligenten und mutigen Menschen gebührt höchster Respekt, im Gegensatz zu all Euch erbärmlichen Kleingeistern hier, die ihn permanent anzupinkeln versuchen!
Danke!
“Israel ist ein vom Ausland finanzierter und bewaffneter Terrorstaat. Seit es ihn gibt, ist der Nahe Osten ein Schlachtfeld.”
Ja, und nun? Den Terrorstaat vernichten und die Juden in alle Winde zersteuen?
Solche sophistischen Elegien wie von Herrn Zuckermann sind einem zivilisatorischen und intellektuellen Standard angemessen dem ich mich gerne verschreibe und den ich als einzige Möglichkeit erachte wie die Menschheit an sich und solche aus ihren primitiven Rache- und Vernichtungsimpulsen herausfinden und sich langfristig weiterentwickeln kann.
Wenn Israelis nicht aus ihrem Verdrängen herausfinden, bleiben sie allerdings friedensunfähig und ich befürchte, daß sie damit ihre Heimat auf’s Spiel setzen. Ob sie es nun verstehen oder nicht
In Deutschland wählt man ja schon wegen ein paar wenigen Attentätchen die AfD. Da hat Israel das Tausendfache hinter sich. 5000 Opfer während der II. Intifada, üblicherweise im Stil von Mannheim und Solingen, oder aber Selbstmordanschlägen. Und ja, jetzt wählen sie rechts.
Was Netanjahu da macht, ist in Polen und Ungarn bereits gemacht worden. Das entmachtet das Verfassungsgericht, schränkt Presse- und Versammlungsfreiheit ein und bildet den Boden für hochkorrupte Strukturen. Insofern kann man das einordnen, aber Zuckermann kommt es auf eine ganz besondere Dämonisierung des Netanjahu an. Darunter geht es nicht.
Wieso haben seine Mitisraelis nicht einfach recht? Israel hat sich komplettt aus dem Gaza zurückgezogen und judenfrei überlassen, wie von der Hamas gefordert. Eine Staatsgründung wäre mühelos möglich gewesen oder zumindest eine friedliche Koexistenz. Aber die Hamas hat den Weg des Terrors gewählt. Raketen und Angriffe auf Israel vom ersten Tag an. Was, wenn Israel diesen Krieg verliert? Dann ist 7. Oktober, from the River to the sea. Unsern Moshe tangiert das wenig, er hat einen deutschen Pass und fliegt nach Frankfurt. Die anderen haben das eben nicht. Die sehen das anders.
Die Juden müssen sich gegen die Arschlöcher des gesamten Planeten wehren und die auf der anderen Seite sind genau dieselben wie im Dritten Reich. Die Hamas-Satzung enthält komplett alle zentralren Thesen des NSDAP-Programms. Was gibt es da zu hinterfragen? Eindeutiger könnte die Sache nicht sein.
Und genau deshalb muss man die Palästinenser komplett ausrotten, beginnend mit dem Nachwuchs und Frauen, dann Flüchtlingslager. Wer dann noch überlebt, wird ausgehungert oder vertrieben, sollen die doch dorthin, wo der Pfeffer wächst, gell? Sie sind unerträglich.
Zionismus: Terror vom ersten Tag an.
Jitzchak Rabin wurde umgebracht. Das war es dann mit dem Frieden.
Die Israelis muessen sich gegen die Geister, die sie gerufen haben, wehren. Nicht die Juden weltweit.
Der Rabbi von Jaffa fordert die Tötung sämtlicher Bewohner des ‘Gaza-Streifens.
Den 7. Oktober hat Netanjahu mit absicht geschehen lassen, um Krieg zu führen und von innenpolitischen Problemen abzulenken.
Netanjahu wird für Israel noch ganz üble Folgen haben.
Wenn ich auch dran denke, wie er das Volk an Pfizer verkauft hat.
Impliziert Ihr “judenfrei”, wohl bewusst eine Anspielung auf NS-Vokabular, nicht auf der anderen Seite des so großzügig gewährten, aber bewusst nicht lebensfähig gehaltenen Gazastreifens ein “palästinenserfrei”? Außerdem, ist das nicht eine grenzenlose Anmaßung, ja Blasphemie gegenüber Gottes Kreaturen, wenn sich “die Juden” gegen “die Arschlöcher des gesamten Planeten” wehren müssen? Dieser exaltierte Exzeptionalismus hat eindeutig einen übel riechenden Beigeschmack.
Jetzt las ich das erste Drittel vom Artikel und dachte sogleich an den Artur_C!
Wie trefflich analysiert von Herr Zuckermann und irgendwie fühlte ich den Herren, wie er auf einer anderen Sphäre genau auf seinen Kritiker eingeht. Leider scheint dem Artur_C das überhaupt nicht aufgenommen zu haben.
Jetzt gehe ich zurück zum Artikel, tschüss.
Ich weiß nicht, aber Du solltest mal Deinen Wertekompass neu justieren.
Ich kann die AfD ebenfalls nicht ausstehen, aber ein Messergemetzel wie in Solingen als „Attentätchen“ zu deklarieren, ist an widerlicher Unmenschlichkeit kaum noch zu überbieten.
Kannst das ja mal den Angehörigen der Opfer erzählen!
Herr Zuckermann, die Auslandskritik begreift das von Ihnen thematisierte Problem sehr wohl, allein was soll sie tun? Die israelische Bevölkerung selbst läßt sich wie beschrieben am Nasenring durch die Manege führen und im westlichen Ausland wird jeder, der auch nur im Ansatz wagt, die Politik des israelischen Staates zu kritisieren als Antisemit verunglimpft. Davor ist ja selbst der UN-Generalsekretär nicht gefeit. Wie also weiter?
Vielleicht nicht die beste Idee Haganah, Irgun oder Lehi als Gründungsmythos für einen modernen Nationalstaat anzunehmen.
Mit Sprengfallen und Kastration gewinnt man keine Herzen oder beendet ein ewigen Krieg.
Auge für Auge, Zahn um Zahn, Bombe mit Bombe, wer mit Gift kämpft, wird in ewigkeit kein Frieden finden.
Einen Zustand ähnlich dem vor dem Untergang des Osmanischen Reichs bedenken. Der hat ja immerhin einige Jahre erträglich funktioniert. Das heutige Israel ist eine Gründung aus dem untergehenden europäisch-us-amerikanischen Kolonialsystem und wird entsprechend abgelöst werden.
Das jüdisch-religiös fundierte Konstrukt in Palästina ist eine Imagination des ausgehenden 19. Jahrhunderts mit entsprechender Perspektive.
Ein sinnvoller Artikel, insbesondere aber weil er bestimmte Grenzen aufzeigt ohne diese argumentativ zu überwinden:
Es geht m. E. nicht darum dass “… jüdische (auch kritische) Israelis …. “ meinen und überzeugt sind “…sich auf die historische Leiderfahrung der Juden, kulminierend im Holocaust, berufen[!] zu dürfen.”
Es geht vielmehr darum dass sie sich, begründet im ideologischen Zionismus und Judentum, als religiös “Berufene” verstehen!
Daraus wiederum leitet sich zweierlei ab:
1. Der offensichtliche, “… explizit wie implizit … “ Verrat an der eigenen, weil ideologisch nur vorgeschobenen, “ Berufung” (Identität), und weil z. B. der Genozid in Gaza, nicht wegen, sondern trotz des Holocaust’s begangen wird!
2. Eine religiös transzendierende statt einer politischen Identität ist – per definitionem – absolutistisch theokratisch, aber nicht ethisch/moralisch demokratisch.
Dem folgend eröffnet sich eine wahrhaftige Diskussion um Israel als Kolonie, die Regierung als Kolonialmacht, und die Okkupation als Kolonisierung, etc., etc.!
Ich sage es nochmals:
Wenn es Moshe Zuckermann in Israel nicht mehr gefällt, soll er doch nach Berlin-Neuköln in die Sonnenallee umsiedeln, wie es die Deborah Feldman (nach ihren Erfolgen hat sie jetzt eine bessere Wohnung gefunden) getan hat. In Neuköln findet man eine sehr aktive antizionistische jüdische Gemeinschaft, die aber von der Berliner Polizei genauso niedergeknüppelt wird, wie die „indigenen“ Palästinenser. Aber als antizionistischer Jude würde Moshe das Privileg geniesen dürfen, den deutschen Staat beschämen zu können und er könnte seine palästinensischen Mitbürger beschützen. Spätere Rückkehr in ein freies Palästina zwecks Wiederaufbau gerne.
So lößt man Flüchtlingsprobleme!
Problem wäre, Deutscher werden zu dürfen, aber Deborah hat es auch geschafft, denn jüdische Herkunft hilft. Problem wäre, deutsche Neubürger müssen sich zur deutschen Staatsräson bekennen und die verlangt bedingungslose Solidarität mit Israel. Da haben es ukrainische Faschisten leichter, die müssen nicht in Massenunterkünfte und bekommen sofort Bürgergeld. Wäre mal interessant auszutesten, ob der deutsche Staat einen antizionistischer Juden deutscher Herkunft genauso behandelt. Wäre dies nicht ein interessantes politisches Projekt?
Sie haben anscheinend keine Ahnung, dass Zuckermann ein Deutscher und Israeli gleichzeitig ist?!
Lesen Sie bitte (z. B. Wikipedia) und denken und schreiben vielleicht dann?
die jüdische Bevölkerung Israels ist in ihrem Nationalismus erstaunlich ähnlich der deutschen Bevölkerung des Dritten Reiches, die wollten ja auch von nichts gewusst haben.
Das “Mißverständnis”, über das Zuckermann hier schreibt, ist von anderer Natur, als er denkt und glauben will.
Wer die Begründung dieses Verdikts wissen will, muß jetzt wenigstens kurz mal meine ostentativ “subjektivistische” Darstellungsweise akzeptieren.
Wenn ich die Nation Israel notorisch die “ständische Herrschaft einer Militäraristokratie über eine Siedlerkolonie” nenne, dann wird das Urteil praktisch ausschließlich für eine ideologische, resp. (staats-)moralische Kritik genommen: Es handele sich entgegen anderslautender Gerüchte nicht um eine Demokratie.
Das ist erstens banal falsch: Israel ist eine Demokratie, nämlich auf eine Weise, die der Demokratie der islamofaschistischen Türkei seit 2012 (dem Eintritt in den Syrien- / Kurdenkrieg) so burlesk ähnelt, wie der Netanyahu dem Erdogan.
Und übrigens sind umgekehrt, wenn man den “failed state” Irak und das KSA ausnimmt, alle Herrschaften der Region ständische Militärherrschaften, den Libanon eingeschlossen, wo die völkischen Sektenmilizen zusammen (nicht “gemeinsam”) die Funktion übernommen haben, die andernorts Armee- und Polizeikorps haben.
Zweitens soll mein Verdikt ein politökonomisches Urteil sein.
Ein Teil davon beruht auf globaler Kenntnis der Politischen Ökonomie der israelischen Besatzungsmacht, zu der der aktuellste Artikel, auf den ich mich beziehe, hinter Bezahlschranke hockt:
https://www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/artikel/461328.israel-palstina-ein-volk-das-strt.html
Der Titel sollte nicht irreführen:
Der hoch erfolgreiche Sektor der israelischen Ökonomie, Konzeption, (H)erstellung und Betreuung militärischer / militärpolizeilicher Güter und Dienstleistungen, ruht in beträchtlichem Maß auf der neokolonialistischen Ausbeutung palästinensischer Arbeitskraft. Das gilt auch für die Metökenwirtschaft auf israelischem Boden, die durch den Gaza-Krieg erhebliche Einbußen hat. Die Pfründe der Besatzungsherrschaft sind unverzichtbar für die israelische Ökonomie in ihrer derzeitigen Gestalt.
Ein anderer Teil ist das permanente rassistische Folter- und Schlachtregime über das Besatzungsgebiet, das eine Schule der israelischen Nation darstellt, der sich niemand entziehen kann, der nicht über ein hohes Maß an Entschlusskraft und Widerstandsfähigkeit verfügt; oder über eine Menge Kohle. Diese “Schule” ist hocheffektiv in abrahamitisch geprägten Kulturen, sie nimmt die Bevölkerung in Schuldhaft für die alltäglichen Greuel und Massaker des Besatzungsregimes. Über die Wirkung solcher Schuldhaft erzählt der Kommentar von Srulik Einhorn
https://www.jpost.com/opinion/article-820896
von dem im gestrigen Artikel Rötzers die Rede war nicht eben wenig, wenn man zu lesen versteht!
Und sie wird durch die in der israelischen Geschichte einmaligen Greuel des “Gaza-Krieges” zum “Point of no Return” gemacht, eine 22 Jahre lange Geschichte periodischer Massaker abschließend, die eben nicht zufällig nach 9/11 eingesetzt hat, nämlich mit der Verkündung einer “Road map” zum “Frieden” durch George Dabbelju, die klar stellte, daß die israelische Militäraristokratie halt nur eine schematische Hälfte der amerikanischen Militärherrschaft für sich zu mobilisieren vermag, was israelische Selbstbehauptung in der Hand derer beläßt, denen es ausschließlich um Selbstbehauptung der USA auf dem Weltmarkt zu tun ist.
Schon die mathematische Abbildung dieser Periodizität ist ein schlagender Beweis dafür, daß es sich um ein politökonomisches, kein militärpolitisches Phänomen handelt!
Geschweige um ein “soziologisches” – oder so ähnlich – wie Zuckermann zu meinen beliebt.
Chapeau! Sie haben es auf den Punkt gebracht.
Der Kommentar von Srulik Einhorn ist mir aber nicht gut bekommen und erst recht nicht die Kommentare zum Kommentar.
Sehr gutes Bericht ♫
Ich denke, das Israel bald von der Landkarte getilgt wird und was mich betrifft werde ich denen keine Träne nachweinen.
Ich war im Übrigen auch mal dort.
Nur Bekloppte, ähnlich wie bei den Saudis, Zionisten halt…allesamt.
Wenn Sie weniger Schimpfworte verwendeten, wäre ihr Text lesbar.
Dass, wenn das Thema mal angeschnitten wird schnell ausgebremst ist, entspricht auch meiner Beobachtung, kann mich da aber zumeist nur auf Beiträge in diversen Foren beziehen. Wenn man nicht direkt als Spalter gilt, der das Land schlechtreden will, ist ein “Argument” was oft eingebracht wird, dass sich das Problem von selbst erledigen würde, da die Amtsträger der jetzigen Regierung nach der nächsten Wahl keine Rolle mehr spielen, und innerhalb der Gesellschaft dann sozusagen ein demokratisches Friede, Freude, Eierkuchen einkehren würde. Damit wird zwar anerkannt, dass es ein Problem gibt, welches allerdings auch nur schwer zu übersehen ist. Der Rest ist dann doch eher ein nicht sehr realistischer Blick in die Glaskugel, um sich nicht näher damit beschäftigen zu müssen.
Als es die Demonstrationen wegen der Verfassungsreform gab, habe ich mich mit der Entstehung eben dieser, wenn man sie denn so nenne kann, beschäftigt. Ich kann nicht behaupten alle Einzelheiten verstanden zu haben. Deutlich wurde jedoch, wie sehr sich die grundsätzlichen Vorstellungen unterschiedlicher Gruppierungen voneinander unterscheiden, was die Komplexität und die Widersprüchlichkeiten der Gesellschaft erahnen lässt.
Krieg mag so etwas eine Weile übertünchen. Aber weder dauerhaft, noch ist davon auszugehen, dass die Situation danach eine Bessere wäre. Eine Beendigung der Konflikte ist, zumindest für mich, allerdings nicht absehbar. Israel befindet sich so lange ich denken kann in einem Quasi-Kriegszustand, und gesellschaftlich scheint sich der kleinste gemeinsame Nenner darauf zu beschränken, dass es Israel geben muss. Das hat wohl auch was mit dem Entstehungsmythos des Landes zu tun. Und der dürfte sehr langlebig sein.
Die Israelis muessen sich gegen die Geister, die sie gerufen haben, wehren. Nicht die Juden weltweit.
das tun die auch nicht^^. und zwar nicht gerade wenige.
den unterschied zu ziehen sind offensichtlich nicht alle overtonleser aus mangel an wasauchimmer nicht in der lage.
jedem antisemiten weltweit ist das deswegen auch offensichtlich ein dorn im auge
Ist es möglich das einige Staaten eine Form der ‘Rache’ gegen den zionistischen Staat und deren zionistischen ‘Brüder’ im Ausland genommen wird?
Diese Form der Rache geht über die Ökonomie, wie @Bekannt das rechtlich geschrieben hat.
Die parallelen hierzu findet man in der Ukraine und neuerdings auch wieder bei den reaktivierten Terroristen in Idlib, Syrien, die ‘Ausbilder’aus der Ukraine erhalten.
Also könnte man annehmen, daß der transatlantische Flügel komplett die Flügel gestutzt werden.
Einen kleinen Moment mal inne halten
Was läuft denn hierzulande ab? Die Deutschen werden genauso manipuliert, ebenso wie eigentlich die gesamte westliche Bevölkerung. Wir hier in D. sind da ganz weit vorne dran, indoktriniert zu werden. Die Leute (das Volk) in Israel tun mir leid. Zeit seines Lebens manipuliert zu werden, und dann wird vom Ausland gefordert, Menschenrecht und Gerechtigkeit wahrzunehmen und einzuhalten, und gleichzeitig Terrorismus gutzuheißen – m.E. eine Unmöglichkeit. Kein wirklicher Mensch kann hier seinen Frieden finden. Die in meinen Augen aufrechten Israeliten, welche sich gegen diesen Terror wehren, verdienen meine Hochachtung. Ich möchte hoffen, sie finden noch sehr viel mehr Mitstreiter.
Weder die Juden noch die Araber oder Palästinenser haben ein Interesse daran, sich gegenseitig abzuschlachten. Was derzeit geschieht ist nicht in deren Interesse. Es sind wie immer einige wenige, welche die Leute intrumentualisieren und für ideologische Ziele benutzen.
Bei den derzeit verhärteten Fronten kann ich nur hoffen, das Israel haushoch verliert. Dann haben Juden und Palestinenser vielleicht eine Chance, irgendwann einen Frieden zu finden. Und nun ja, bitte alle anderen Gläubigen und Ungläubigen auch eine Chance auf Leben bzw. Teilnahme geben.
Ich halte den Islam für weitaus friedfertiger als Christentum oder Judentum. Letzter halten sich für auerwählt, also elitär. Als Ungläubiger bin ich daher eh bei denen auf der Abschußliste. Der Islam ist da deutlich toleranter.
Der einfache Mensch möchte diesen Scheiß nicht. Er will lediglich leben, anständig leben. Nur einige wenige wollen mehr, verdammt viel mehr mehr. Mir ist unverständlich, was ich selber mit Milliarden anfangen soll, sollte, ja auch nur können müsste? Warum sind deshalb einige wenige (ein bischen mehr als eine Handvoll) so scharf darauf, und opfern umstandslos Millionen Menschen dafür, um mehr und mehr und mehr Milliarden zu scheffeln? Was ist der Sinn dahinter? Wer kann das erkären (abseits von Macht) ?
Egalitarismus
Dafür gibt es bei den Musels Hand ab, oder Steinigung.
Pest oder Cholera, auch, oder gerade was die Religionen betrifft.
Religionskritik ist eine der Wurzeln der Aufklärung, ohne sie wären weder der Niedergang des Feudalismus und sein Hinwegfegen durch bürgerliche Revolutionen, noch irgendwelche weitergehenden Emanzipationsbestrebungen möglich gewesen”!
Wobei man noch hinzufügen sollte, dass sämtliche Religionen letztendlich auch nur Wasserträger der herrschenden Klasse waren.
Abgesehen davon, dass die Rückführung der beschriebenen Immunisierung auf einen einzigen Teufel, Netanyahu, ganz gewiss zu kurz greift, auch wenn man nicht umhin kann, ihm die Hauptrolle dabei zuzuerkennen, wundert es mich ein wenig, dass der Text sich ausschliesslich auf die auswärtigen Israel-Kritiker bezieht. Denn viel bedenklicher und erklärungsbedürftiger sind angesichts der Ereignisse doch die auswärtigen Israel-Apologeten. Z. B. diejenigen, die nach der durch den israelischen Geheimdienst verübten staatsterroristischen Taten im Libanon – die in Massen explodierenden Kommunikationsgeräte – als solche zu bennenen sich weigern, zum Teil sie geradezu abfeiern. Teufel Netanyahu kann tun und lassen was er will, der bedingungslosen Unterstützung durch den Westen kann er sich sicher sein. Wie kann das sein? Was genau motiviert diese Genozid-Unterstützer, -Ermöglicher? Hat Zuckermann auf dieses Skandalon von gewaltigen Proportionen, diese bedenkenlose Zustimmung zu faschistischer Methodik eine Erklärung? Ich bin gespannt.
Mein langjähriger sehr netter Arbeitskollege ist mit seiner Familie – ein Kind (die Oma), Enkel und Urenkel von Wiener Holocaust-Überlebenden – von Israel nach Wien und Deutschland remigriert. Sie leben hier als gut qualifizierte Angestellte international tätiger Unternehmen oder als Rentner mit Ersparnissen und sind bürgerliche Liberale, die aus wirtschaftlichen Gründen CDU wählen.
Das Motiv dieser Familie ist die Ablehnung der Gewalt in Israel. Das Gewaltlevel ist zu hoch und zu gefährlich, um dort auf Dauer leben zu können. Ein Ende ist unabsehbar. Auch wollen sie als Erwachsene nicht zu Reservistenübungen herangezogen werden, die diese Gewalt befördern und sie Zusammenstößen mit Arabern aussetzen.
All dies erzählt mein Arbeitskollege allen, mit denen er näher zu tun hat. Nach meinem Eindruck hat er wenig verdrängt. Von einigen der Alpträume, die Moshe Zuckermann hier beschreibt, wird er jedenfalls nicht bedrängt. Er sieht sich als ein deutscher Jude mit Migrationshintergrund, der sich gegen diesen etwas merkwürdigen, mit zu viel Gewalt aufgeladenen Staat Israel (in meinen Worten) entschieden hat.