Das letzte Buch über den Palme-Mord?

Olof Palme (1985). Bild: Hagblom-Foto – Alvin portal/CC0

Olof Palme ist tot, erschossen am späten Abend des 28. Februar 1986. Immer noch lebendig ist die Frage, wer den schwedischen Premierminister auf dem Gewissen hat. Und – warum der Schuss auf der Stockholmer  Hauptverkehrsstraße Sveavägen hatte fallen müssen.

Offiziell gibt es seit über vier Jahren eine von der Polizei zum Täter deklarierte Person, der bereits verstorbene Versicherungs-Grafiker Stig Engström, der auch der Netflix-Gemeinde als Mörder präsentiert wurde. Er sei wohl Einzeltäter gewesen, mit Kontakten zu rechten Kreisen, so der ermittelnde Staatsanwalt Krister Petterson. Doch viele der Palme-Rechercheure halten diese Täter-Version für wenig glaubwürdig.

Nun wird in Schweden ein neues Buch mit dem selbstbewussten Titel „Das letzte Buch über die Ermordung von Olof Palme“ diskutiert – und das sehr wohlwollend. Viele Journalisten glauben in dem Werk des Kollegen Jon Jordas so viele schlüssige Beweise und Fakten vorzufinden, dass es sich also um eine ernst zu nehmende Spur handeln könnte. Auch KI habe bei der Sucherei mitgeholfen.

Die Recherche von Jon Jordas, zur Tatzeit im Kindergartenalter, weist auf den Stockholmer Christer A., einen Besitzer der Tatwaffe Smith & Wesson. Er wurde in den Nuller Jahren mehrfach in Sachen Palme verhört und erschoss sich, als die Polizei 2008 vor seiner Wohnung auftauchte und Einlass verlangte.

Hilfreich bei der Suche sei gewesen, dass der Journalist Zugang zu Materialien hatte, die bis vor kurzem von den schwedischen Behörden als „Verschlusssache“ gehortet wurden.

Die Waffe des vermeintlichen Täters war die einzige der 700 angemeldeten Smith & Wesson, welche die Polizei nicht auffinden konnte. Der kompetente Sportschütze erklärte gegenüber den Behörden, er habe sie schwarz verkauft.

Christer A. investierte vollberuflich an der Börse. Personen aus seinem Umfeld erklärten, dass dessen Palme-Hass daher rührte, dass der Sozialdemokrat Palme die Umsatzsteuer auf Aktiengewinn erhöht hatte.

Seine Beschreibung passt auf den „Grandmann“, eine verdächtige Person, die nahe des Kinos „Grand“ von Marten Palme, dem Sohn des Premierministers, gesehen wurde, als er sich von seinen Eltern verabschiedete. Seine Mutter Lisbeth kam wenige Minuten später bei der Attacke mit einem Streifschuss davon. Sie ist 2018 verstorben.

Jordas war vor der Pressekonferenz im Juni 2020, bei der der Ekström als Täter vorgestellt wurde, wenig an der Suche nach Palmes Mörder interessiert. Die ihm unglaubwürdig erscheinende Präsentation, die Kritik vieler Kenner wie von Polizisten habe sein Interesse damals geweckt.

Das Buch ist mit 170 Seiten recht dünn – schließlich wird Christer A. als Einzeltäter vorgestellt, während sich andere langjährige Palme-Ermittler mit einem internationalen Komplott beschäftigten. „Für mich ist das Rätsel um den Mord von Olof Palme gelöst.“ so der Autor.

Das Gesicht von Christer A., zur Tatzeit ein Mann um die Vierzig, wird in den schwedischen Medien mit einem schwarzen Streifen gezeigt, auch gibt es kaum weitere Angaben zu seiner Person.

In den schwedischen Medien, so mein Überblick, wird jedoch nicht erwähnt, dass in Dänemark bereits vor vier Jahren ein Buch herausgegeben worden ist, dass auf Christer Andersson mit vollem Namen und ungeschwärzten Foto als Mörder verweist, ihn zum Hauptgegenstand der Rercherche macht.

Und eine norwegische Seite listet alle persönlichen Daten des Beschuldigten auf. Zu finden ist dort auch, dass er 1980 mit einem Revolver auf seinen Fernseher schoss, angeblich als Palme sprach.

Bild: wpu.nu

Die Wut auf Palme hatte viele Ursachen

Der Sozialdemokrat aus bestem Hause polarisierte mit seinem Selbst- und Sendungsbewusstsein, dem Glauben, als skandinavisches Land Weltpolitik betreiben zu dürfen, und der Migrationspolitik. Und da waren natürlich die hohen Steuern. Für die meisten war er entweder Lichtgestalt oder Verderber.

Vor seiner Ermordung war der damals 59-Jährige im Begriff, nach Moskau zu reisen, um im Kreml seine Ideen einer atomwaffenfreien Zone in Nordeuropa zu unterbreiten. Dies widersprach damaligen US-Interessen.

Auch gab es in den Achtzigern nachweislich eine von Briten und Amerikanern fingierte „sowjetische“ U-Bootbedrohung, wie der ehemalige US-Verteidigungsminister Caspar Weinberger bei einer TV-Dokumentation einräumte.

Zudem hatte nachweislich die NATO-Organisation „Stay Behind“, welche im Falle einer sowjetischen Okkupation Schwedens den Widerstand organisieren sollte, ihren Sitz in dem Gebäude der Versicherung „Skandia“. Dort war auch der seit 2020 offiziell zum Täter erklärte Stig Engström beschäftigt.

Die Ungereimtheiten der Polizeiarbeit  werden hier nicht nochmal aufgelistet, sie wurden in der NDR-Reportage von 1996 so überzeugend aufgezeigt, dass sie lang in Schweden nicht gezeigt werden durfte.

Erwähnt sei hierzu die „Baseball-Liga“, rechtsradikale Polizisten, die in Zivil mit Knüppeln Obdachlose verprügelten. Sie wurden am Tatort gesehen. Hans Holmér, der als erster Beamter die Ermittlungen übernahm, soll Initiator dieser Vereinigung gewesen sein, zuvor hatte er als Chef des Inlandgeheimdienstchefs Säpo gewirkt.

Leif GW Persson, der Ex-Polizist, Krimiautor und Kriminologe und der wohl renommierteste Palme-„Privatdetektiv“, ist ein Anhänger der sogenannten Polizeispur, er sieht besagte rechtsextreme Beamte hinter der Ermordung. Dabei könnte auch der Dienst Säpo involviert sein, der eigentlich dem Namen nach eine Polizei ist (Sicherheitspolizei).

Persson wirkte 1967 bis 1977 als Berater der Polizei, verlor aber den Job, nachdem er gegenüber einem Journalisten eine Prostitutionsaffäre in Regierungskreisen bestätigt hatte. Er schrieb darauf  drei Romane, bei der es um kriminelle Machenschaften im Polizeidienst geht. In dem prophetisch anmutenden Werk „Stützen der Gesellschaft“ (1982) handelt es sich um die Umtriebe der besagten Baseballliga, herausgegeben vier Jahre vor dem Mord.

Der 79-Jährige hat keine Täterversion, er hält jedoch auch Engström nicht für den Mörder. Bislang hat sich Persson noch nicht zu dem neuen und sich nach einem Schlussstrich anhörenden Werk geäußert.

Doch selbst wenn es Christer Andersson als verbitterter Palme-Feind gewesen sein sollte – wieso die ganze Polizeipräsenz im Vorfeld, die Ungereimtheiten bei der Ermittlung? Die Frage, ob der Verdächtigte etwa in einem Auftrag gehandelt haben könnte, wird derzeit in Schweden nicht im Mainstream diskutiert.

Derzeit ist das Königreich offiziell ein Verbündeter des Westens, ein NATO-Mitglied seit diesem März. Ein Verweis auf einen „Stay Behind“ Hintergrund wäre somit noch störender als vor vier Jahren, als Engström zum Täter gemacht wurde.

Dass das Interesse weiterhin groß ist, zeigt übrigens, dass Anfang diesen Jahres vier neue Romane herauskamen, die an der Faktenlage entlang ihre jeweilige Palme-Mord-Theorie erzählen. So muss, wie schon so oft, die Fiktion die Lücken füllen.

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15 Kommentare

  1. >…Zudem hatte nachweislich die NATO-Organisation „Stay Behind“, welche
    >im Falle einer sowjetischen Okkupation Schwedens den Widerstand organisieren
    > sollte, ihren Sitz in dem Gebäude der Versicherung „Skandia“….
    Nenns halt beim Namen…

    Auch bekannt als “Gladio” und bevor wieder ein honk was von Verschwörungstheorie sabbert:

    https://en.wikisource.org/wiki/European_Parliament_resolution_on_Gladio
    https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Gladio_Resolution_EU-Parlament.jpg

    Operation Gladio – Full 1992 documentary BBC
    https://www.youtube.com/watch?v=GGHXjO8wHsA

    Namen, “Fakten”, Dokus (BBC), etc. tonnenweise Info zum weitersuchen:
    https://wikispooks.com/wiki/Operation_Gladio

    (Bonus: Mal Informieren über “Crypto AG” mit Sitz in der Schweiz….)

    1. Ich finde den Kommentar von Jochen Lindt darunter passend und würde da noch ergänzen, daß die RF durchaus versucht hat, das arme spätere Mordopfer ausliefern zu lassen um ihm einen ordentliches Gerichtsverfahren zu spendieren. Das scheiterte aber erwartbar daran, daß das wohl unser Arschloch war.

  2. Palme ist nur einer unter Vielen, die unter seltsamen Umständen ums Leben gekommen sind und die offiziellen Berichte zu den Unfällen / Selbstmorden / Tathergängen und Tätern ernsthaft in Zweifel zu ziehen sind

    – Alfred Herrhausen
    – Siegfried Buback
    – Jürgen Möllemann
    – Uwe Barschel
    usw usw usw…………..

    Und die Netzwerke dahinter arbeiten bis heute und machen weiter

    1. Hört euch mal an was Borris Johnson für ein widerlicher Schweinpriester doch ist.

      “Jonson verlangte eine totale Mobilmachung der Ukrainer: “Es bleiben noch junge Männer, die nicht eingezogen sind!”.
      Johnson gab zu, keiner wird der Ukraine mit den Truppen helfen, solange die Ukrainer noch übrig bleiben. Erst das Land komplett ausbluten lassen”

      https://t.me/infodefGERMANY/13426

      Hier der komplette Prank.

      https://rutube.ru/video/9ca7906fafd9fcf8f39f1f9a69b419b4/

      Wenn wir uns etwas vorzuwerfen haben dann ist es eindeutig das wir es zugelassen haben das solcher Abschaum es an die Staatsspitze geschafft hat und die aller meisten die Klappe gehalten haben.

  3. Die WDR-Dokumentation führt uns in eine komplett andere Welt als die, die hier beschrieben wird. Täter sind demnach rechtsradikale Polizisten, die Deckung von oben hatten. Von ganz oben sogar. Ins Auge springt, dass die Spitze der Säpo mit Rechtsradikalen regelrecht durchsetzt gewesen ist. Das ist noch eine Spur krasser als beim deutschen Verfassungsschutz.
    Die Säpo entspricht dem deutschen BfV und in Wikipedia lesen wir:
    “Die Säpo wurde in den 1940er Jahren mit wesentlicher Unterstützung der deutschen Gestapo aufgebaut.”

    Wurden die Mitarbeiter nach dem Krieg ausgewechselt? Wenn nicht, dann waren dort die Nazis unter sich und hatten natürlich die Absicht, dass das so bleibt. Erfolgreich offenbar.

    Aus Sicht dieser Gruppe ist natürlich Andersson der Wunschtäter. Nicht Engström, denn da weist ein Pfeil in Richtung Stay behind. Dass Anderssons Smith&Wesson nicht auffindbar war, hat ausschließlich die Polizei festgestellt. Und dass er sich erschossen hat, als die Polizei geklingelt hat, das lässt sich ja auch arrangieren. Indem diese ihn erschoss.

    Wenn nun dieser Jordas bei Jürgen Elsässer auftaucht, ist die Sache vollends klar. Die Vorstellung von Büchern, in denen das BfV seine faustdicken Lügen verbreitet, obliegt dem Compact-Magazin.

    1. Die Smith & Wesson hat ein ganz spezielles Kaliber, man könnte sagen sie war einzigartig. Schon Jan Stocklussa der die Akten Stieg Larssons aufarbeitetem schrieb das der Revolver das entscheidende Indiz sei.

      Der Autor Stieg Larsson hat sich in den 1990ern als er noch als Zeichner bei einer schwedischen Nachrichtenagentur angestellt war mit den Palme-Mord beschäftigt, er nutzte dafür die Möglichkeiten des Netzwerks auch infoffiziell, denn er war ein Workaholic der praktisch rund um die Uhr arbeiten konnte. Die Erben Larssons übergaben Stocklussa 20 Pappkartons voller Akten, Die Recherchen von Palme führen Stocklussa auf die “Südafrika-Spur” die von Patrick Baab als “Ablenkungsmanöver” verworfen worden war.

      Patrick Baab hatte arabische Auftragnehmer im Verdacht die im Auftrag der NATO handelten. Es gibt ein NATO-Dokument des “Secret Operations Planning Staff” (SOPS) vom 15.Dezember 1985 in dem verklausuliert der Tod von Palme beschlossen wird.

      “Der Vertreter der USA erinnert den Vorsitzenden daran das die britisch-amerikanischen Bemühungen zum Erhalt einer Kopie der der Tagesordnung für die Moskau-Reise des schwedischen Premierministers im Frühjahr 1986 zum Ergebnis hatten, das der bereits früher geäußerte Verdacht des britischen Repräsentanten bestätigt wurde (Quelle MS/7851) hinsichtlich der Bedrohung an der nördlichen NATO-Flanke. Die aktuelle Bedrohung macht es zwingend erforderlich das “Operation Tree” erfolgreich durchgeführt wird. Dabei wurde SOPS versichert, dass die Aktion an einen Subunternehmer ausgelagert wird damit eine Beteiligung jederzeit dementiert werden kann. Die Organisation findet vor Ort statt, die Spezialisten werden eingeflogen. SOPS verlangt, dass mit den EInzelheiten so umgegangen wird, dass alle Beteiligten nur für ihre Arbeit notwendige Informationen erhalten”

      Es wurde wie fast alle NATO-Dokumente von Rainer Rupp alias Topas “gesichert”. Dabei ist der Zugang so limitiert gewesen das selbst Rainer Rupp es eigentlich nie zu Gesicht bekommen hätte dürfen. Wie er es bekommen hat sagt er nicht, er hat vermutlich sehr hochrangige Helfer gehabt.

      Aber für dieses Dokument wurde Topas wegen Landesverrates verurteilt. Es ist bei Patrick Baab abgedruckt

      Als Stockklussa in Israel recherchieren wollte, bot der Israelische Inlandsgeheimdienst an sich an der Recherche zu beteiligen – an dem Punkt endet dann auch das Buch. (Jan Stocklussa hat die Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst abgelehnt und die Palme-Recherchen beendet)

      Jahn Stocklussa Stieg Larssons Erbe True Crime Europaverlag 2018
      (Er stellt die Recherchen Stieg Larssons als True Crime Roman und seine eigenen Recherchen praktisch nebeneinander. Da sich während der Recherche auch weitere Akteure wie z.B. eine charmante Hackerin meldeten glaubt man sich beim Lesen in die “Millenium Triologie” von Stieg Larsson versetzt.)

      Patrick Baab Im Spinnennetz der Geheimdienste Warum wurden Olof Palme, Uwe Barschel und Wiliam Colby ermordet Westend 2017

  4. Olof Palme hat sich vehement gegen weltweite Waffenlieferungen vor allem nach Südafrika eingesetzt, er war wohl der letzte Sozialdemokrat auf der Welt, den man zu Recht noch so bezeichnen konnte. Darum war er vor allem der Hochfinanz und dem Großkapital im Weg und mußte beseitigt werden. Deshalb kann getrost davon ausgehen, dass er im Auftrag der Geheimdienste umgebracht worden ist.

    Palme hat erst kurz vor dem Kinobesuch den Anruf eines Freundes erhalten, wo er sich dann kurzfristig entschloss, sich mit den Bekannten zu treffen. Darum ist davon auszugehen, dass Geheimdienste sein Telefon abgehört und daraufhin den Mord beauftragt haben.

    1. Sehr viel wahrscheinlicher als dieser Einzeltäter Andersson, der nicht wissen konnte, dass die Palmes da kommen würden, denn das Ehepaar hatte kurz zuvor die Straßenseite gewechselt.
      Außerdem muss dieser Andersson ein gewaltiger Dummkopf gewesen sein. Wenn er seine Waffe an jemand verkauft, den er nicht kennt und ohne die Waffe umzumelden, dann ist er sofort der Verdächtige, wenn mit dieser Waffe eine Straftat begangen wird.
      Einer der vielen Schwachpunkte der Anderssen-Story.

  5. Auch die Politik der Blockfreien, die Palme bevorzugte, war dem MIK besonders in den USA ein Dorn im Auge. Deswegen musste ja auch Jugoslawien zerschlagen werden, müsste Sankara sterben, müsste Allende weggeputscht werden…

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