Billiges Getreide aus Ukraine führt zu Problemen in den Nachbarländern

Bild: Rawpixwl.com/public domain

Um der Ukraine zu helfen, hat die EU Zölle abgeschafft und „Solidaritätskorridore“ eingeführt, was nun zu Protesten in Polen, Ungarn und Rumänien führt.

Allmählich kommen tiefere Risse in die selbsternannte freie Welt, was die Ukraine-Unterstützung angeht. Vermutlich werden die sich noch vertiefen, wenn sich Präsident Selenskij als unfähig erweist, den Korruptionssumpf in den Ministerien und Regionalregierungen sowie im Militär trockenzulegen. Zwist gibt es allerdings jetzt in der EU just wegen der Getreide-Exporte aus der Ukraine, obgleich man Russland vorgeworfen hat, wegen der Blockade der Häfen für eine mögliche Hungersnot auf der Welt verantwortlich zu sein.

Neben den Getreideexporten der Ukraine per Schiff über das Schwarze Meer aufgrund des Getreideabkommens werden große Mengen in die EU über den Landweg exportiert.  Ab dem 4. Juni 2022 ist zur Unterstützung der Ukraine und zur schnelleren Integration eine zunächst einjährige Liberalisierung bei der Einfuhr ukrainischer Produkte in Kraft getreten, die bislang noch nicht von Zöllen nach dem Freihandelsabkommen  DCFTA ausgenommen waren: „Dies betrifft insbesondere: gewerbliche Waren, für die die Zölle bis Ende 2022 auslaufen, Obst und Gemüse, das der Einfuhrpreisregelung unterliegt, sowie·landwirtschaftliche Erzeugnisse und landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse, für die Zollkontingente gelten.“ Eingerichtet wurden überdies „Solidaritätskorridore“, um die Ausfuhrmöglichkeiten zu erhöhen und die Ukraine auch für die Zukunft enger an die EU anzuschließen

So konnten seit Juni Weizen, Mais oder Sonnenblumenprodukte aus der Ukraine verbilligt und in größeren Mengen in die EU eingeführt werden. Bis Dezember waren es drei Millionen Tonnen. Absehbar war natürlich, dass die verstärkten Agrar-Importe aus der Ukraine nicht nur die russischen ersetzen, sondern auch das Geschäft von europäischen Landwirten schmälern könnten. Euractiv berichtete jetzt, dass die EU-Kommission nach Beschwerden von Mitgliedsländern die Liberalisierung überdenken wolle. Das habe ein Teilnehmer am Vorbereitungstreffen des Agrarministergipfels am 30. Januar berichtet.

Interessant ist, dass offenbar vor allem Polen und Rumänien betroffen sind, also Länder, die sich besonders bei der Unterstützung der Ukraine hervorgetan haben. Auch Ungarn soll moniert haben. Die „Solidaritätskorridore“ sollten zwar die ukrainischen Produkte in der EU verteilen, aber sie bleiben oft wegen der geringen Preise in den Nachbarländern hängen, was schon lange bekannt ist. Verlangt wird, die negativen Folgen der ukrainischen Importe für die Nachbarländer und die Landwirte aufzugreifen. Verlangt werden auch entsprechende Entschädigungen oder Beschränkungen für bestimmte Getreidesorten, um diese auf Kontaminierungen zu untersuchen.

Der Vertreter der EU-Kommission soll bei dem Treffen am vergangenen Montag den Vorschlag ins Spiel gebracht haben, Entschädigungen aus der 450 Millionen Euro hohen Krisenreserve für die Landwirtschaft zu bezahlen. Dazu wäre eine Zustimmung aller Minister erforderlich. Das hatte bereits der Pole Janusz Wojciechowski, EU-Kommissar für Landwirtschaft, vorgeschlagen. Einige Länder wie Finnland, die baltischen Staaten, Ungarn oder Tschechien sind dafür, andere wie Frankreich, Dänemark oder die Niederlande sind skeptisch. Sie sind auch weniger betroffen. Zudem hat das Jahr kaum begonnen, daher wäre es unklug, die Notreserve schon jetzt auszugeben.

Ähnliche Beiträge:

5 Kommentare

  1. Der eigentliche Ärgernis ist, dass die angebliche Blockade ukrainischer Nahrungsmittelausfuhren durch Russland mit Verweis auf meist afrikanische Hungerländer als mutwilliges Anfachen von Hungersnot skandalisiert wurde und dann bei wieder in Gang gekommenem Handel dle Ladungen fast ausschliesslich in der EU lande(te)n.

    Bisher ist es ohnehin so, dass in den meisten Fällen das Problem nicht im Manko an Nahrungsmitteln begründet liegt, sondern in fehlender Kaufkraft. Generell und natürlich verschärft durch steigende Preise, was schon weit vor dem Ukrainekrieg der Fall war, wenn dieser selbstverständlich auch nicht gerader zu einer Entspannung beigetragen hat. Jedemfalls handelt es sich um ein prächtiges Beispiel für eine instrumentelle Moralisierung. Ganz offensichtlich ging und geht es nicht um hungrige Kinder, sondern um Einnahmen fürs an und für sich bankrotte Land.

    1. Ein kurzer Hinweis auf die Zerstörung der Landwirtschaft, durch westliche Wirtschaft, in Afrika und der Fischerei hätten die Verkommenheit des westlichen Wirtschaftssystems noch klarer aufgezeigt.

  2. Der Ukraine ist als letztem Ostblockstaat passiert was der DDR als erstem passiert ist: Kapital und Geld waren auf dem Weltmarkt nicht konkurrenzfähig weil sie anderen Zwecken dienten als privatem Reichtum.
    https://gegen-kapital-und-nation.org/si-vis-pacem-para-bellum-wer-frieden-will-ruste-sich-zum-krieg-platon-cicero-russland-ukraine-nato-eu/
    Das Militär kam hinterher zur Absicherung der Eigentumstitel.
    Die Westmitgliedschaft der Ukraine ist kein freier Entschluß.
    Bleiben wird von UA billige Agrarrohstoffe, billige Arbeiter und ein paar reiche Nazibonzen.
    Verbliebene Widersprüche sorgen für Unruhe.

  3. Die EU Granden waren schnell mit ein paar Katari Opfer zur Stelle und seitdem hört man nichts mehr vom großen Sumpf in Brüssel. Solange man die Ukraine als das korrupteste Land bezeichnen kann, ist die EU Welt in Ordnung!
    Korruption kommt selten alleine daher, es braucht mindestens 2 Parteien.

    Nachdem die alten Lagerbestände bald leer sind, werden diese wieder aufgefüllt. Alles durch Steuermittel finanziert und korrumpiert. Als Belohnung für diese großartige Korruption, erhalten dann westliche Kooperationen den land lease Vertrag frei Haus geliefert. Die EU wird wohl ihre Agrarsubventionen ein wenig nach oben anpassen, natürlich korruptionsfrei. Am meisten freuen sich die Anleger, haben diese doch die Michels gut im Griff.

  4. (ein etwas weiter gefasster Blick und schon etwas älter, auf Wirtschaft und Krieg, aber es passt dann hier immer noch am ehesten:

    Michael Hudson mit seinem ersten langen Artikel nach Kriegsausbruch:

    „America defeats Germany for the third time in a century“ 2. März 2022
    by Michael Hudson

    https://znetwork.org/znetarticle/america-defeats-germany-for-the-third-time-in-a-century/

    Ausschnitte

    „It is more realistic to view U.S. economic and foreign policy in terms of the military-industrial complex, the oil and gas (and mining) complex, and the banking and real estate complex than in terms of the political policy of Republicans and Democrats. The key senators and congressional representatives do not represent their states and districts as much as the economic and financial interests of their major political campaign contributors. A Venn diagram would show that in today’s post-Citizens United world, U.S. politicians represent their campaign contributors, not voters. And these contributors fall basically into three main blocs.
    Three main oligarchic groups that have bought control of the Senate and Congress to put their own policy makers in the State Department and Defense Department.“

    „arms manufacturers such as Raytheon, Boeing and Lockheed-Martin, have broadly diversified their factories and employment in nearly every state, and especially in the Congressional districts where key Congressional committee heads are elected. Their economic base is monopoly rent, obtained above all from their arms sales to NATO, to Near Eastern oil exporters and to other countries with a balance-of-payments surplus. “

    „The second major oligarchic bloc is the rent-extracting oil and gas sector, joined by mining (OGAM), riding America’s special tax favoritism granted to companies emptying natural resources out of the ground and putting them mostly into the atmosphere, oceans and water supply.“

    „The third major oligarchic group is the symbiotic Finance, Insurance and Real Estate (FIRE) sector, which is the modern finance-capitalist successor to Europe’s old post-feudal landed aristocracy living by land rents. With most housing in today’s world having become owner-occupied (although with sharply rising rates of absentee landlordship since the post-2008 wave of Obama Evictions), land rent is paid largely to the banking sector in the form of mortgage interest and debt amortization (on rising debt/equity ratios as bank lending inflates housing prices).“ )

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert