Biden packt tricky Militärhilfe und Gelder für Israel, Ukraine und Grenzsicherung zusammen

Die Militärhilfe kommt überwiegend US-Rüstungskonzernen zugute, Israel und die Grenzsicherung sollen die Republikaner auch für die Ukraine-Unterstützung stimmen lassen.

US-Präsident Biden versucht mit einem Trick, die Hilfe für Israel mit der für die Ukraine in einem Paket von 106 Milliarden US-Dollar zusammenzuschnüren, das auch Gelder für die Sicherung der US-Grenze zu Mexiko enthält. Obgleich alles dagegen spricht, versucht er, beide Kriege gleichzustellen und die Kriegsparteien zu unterstützen, ohne einen zu privilegieren. Biden hat enorme Angst, vor dem Wahlkampf wieder einen Partner seinem Schicksal zu überlassen, wie er es mit Afghanistan und Vorgänger Trump mit den syrischen Kurden gemacht hat. Gegner und Konkurrenten würden das genau beobachten. Zudem hat er so viele Versprechen, Gelder und Waffen in den Krieg der Ukraine gegen Russland investiert, dass er davon nicht ohne Schaden zurücktreten kann.

Bidens Begründung, das Paket zu schnüren und Israel und die Ukraine zu unterstützen, evoziert die USA als Supermacht: „Die amerikanische Führung hält die Welt zusammen.  Amerikanische Allianzen sorgen dafür, dass wir, Amerika, sicher sind.  Die amerikanischen Werte machen uns zu einem Partner, mit dem andere Nationen zusammenarbeiten wollen.  All das aufs Spiel zu setzen, wenn wir uns von der Ukraine abwenden, wenn wir Israel den Rücken kehren, das ist es einfach nicht wert.“

Derzeit ist in den USA die Unterstützung von Israel primär, während die Finanz- und Militärhilfe an die Ukraine bereits vor dem 7. Oktober zunehmend unter Kritik von Teilen der republikanischen Abgeordneten geraten ist. So wurde das letzte Hilfspaket, das das Weiße Haus an den Pentagon-Haushalt knüpfen wollte, abgelehnt. Mit 14 Milliarden US-Dollar für die Grenzsicherung soll nun den Republikanern der Wind aus den Segeln genommen werden, für die die Abwehr von Migranten an der eigenen Grenze höher steht als der entfernte Krieg in der Ukraine.

Der Versuch der Biden-Regierung, die Ukraine-Hilfe vor allem für Waffenlieferungen in Höhe von 61 Milliarden in dem Paket mit der Israel-Hilfe in Höhe von 14,3 Milliarden und dem Geld für die Grenzsicherheit durchzubringen, lässt sich als Kompromiss verstehen, ist aber eher eine Art Erpressung: Wenn du das willst, musst du jenes schlucken. Das Schwergewicht der Ausgaben liegt auf der Ukraine. Wenn nicht, zynisch gesagt, was aber wohl der Realität entspricht, das Hamas-Massaker und der Gaza-Krieg „zur Hilfe gekommen“ wären, hätte das Ukraine-Paket deutlich weniger Chancen gehabt als jetzt als Teil des Pakets. Untergejubelt sind auch noch Gelder, die Chinas Einfluss in Entwicklungsländern schwächen und militärische Aufrüstung gegen China im Indopazifik verstärken sollen. 10 Milliarden, also ein Zehntel, wären für humanitäre Hilfe in Israel, in der Ukraine und anderswo gedacht.

Hilfspaket investiert “mehr als 50 Milliarden Dollar in die amerikanische Verteidigungsindustrie”

Kritik gibt es allerdings auch aus der Ukraine: „Der Großteil der von US-Präsident Joe Biden beim US-Kongress für die Ukraine beantragten Mittel wird für den militärischen Bedarf der Staaten selbst verwendet“, moniert Strana. Von den 61,4 Milliarden, die an die Ukraine gehen sollen, sind 46,1 Milliarden für Militärhilfe. Die ukrainische Botschafterin in den USA, Oksana Markarova, rechnet vor, dass davon 30,6 Milliarden für Programme des Pentagon vorgesehen sind. Für 18 Milliarden sollen die Waffenlager wieder aufgefüllt, die Waffenproduktion gesteigert und Kosten für Ausbildung etc. finanziert werden, 12 Milliarden für die Ukraine Security Assistance Initiative (USAI), mit der „Fähigkeiten von der Industrie oder von Partnern beschaffen werden, was also der Rüstungsindustrie zugutekommt, und 1,7 Milliarden US-Dollar für das Militärfinanzierungsprogramm des Außenministeriums für Kiew und andere vom Krieg in der Ukraine betroffene US-Partner. 14,4 Milliarden sind für technische und nachrichtendienstliche Unterstützung vorgesehen, um die Rüstungsproduktion und die Cybersicherheit zu steigern. 14,75 Milliarden sind für wirtschaftliche, finanzielle, zivile und nukleare Sicherheit vorgesehen, davon für den ukrainischen Staatshaushalt 11,8 Milliarden.

Unmissverständlich wird den Abgeordneten klar gemacht, dass die Hilfen für die Ukraine und Israel eigentlich ein Konjunkturprogramm für die heimische Rüstungsindustrie ist. Patrick McHenry, der temporäre Sprecher des Repräsentantenhaus, bis ein neuer Sprecher gewählt wird, schrieb an die Abgeordneten: „Dieses Ersuchen zeigt, wie die USA unter der Führung von Präsident Biden auf Putins brutale Invasion in der Ukraine reagiert haben und nun unserem Verbündeten Israel zu Hilfe kommen. Während wir unsere Waffenbestände aufstocken, arbeiten wir mit der US-Verteidigungsindustrie zusammen, um unsere Kapazitäten zu erhöhen und den Bedarf der Vereinigten Staaten und unserer Verbündeten jetzt und in Zukunft zu decken. Dieser Ergänzungsantrag investiert mehr als 50 Milliarden US-Dollar in die amerikanische Verteidigungsindustrie, um sicherzustellen, dass unser Militär weiterhin die kampfbereiteste, fähigste und am besten ausgerüstete Streitmacht ist, die die Welt je gesehen hat. Die Finanzierung wird die Produktionslinien erweitern, die amerikanische Wirtschaft stärken und neue amerikanische Arbeitsplätze schaffen.“

Biden stellte dies auch in seiner Rede heraus: „Und lassen Sie mich eines klarstellen: Wir schicken der Ukraine Ausrüstung, die in unseren Lagerbeständen liegt.  Und wenn wir das vom Kongress zugewiesene Geld verwenden, dann verwenden wir es, um unsere eigenen Lager aufzufüllen – unsere eigenen Lagerbestände mit neuer Ausrüstung – Ausrüstung, die Amerika verteidigt und in Amerika hergestellt wird: Patriot-Raketen für Luftverteidigungsbatterien, die in Arizona hergestellt werden; Artilleriegranaten, die in 12 Staaten des Landes hergestellt werden – in Pennsylvania, Ohio, Texas; und vieles mehr.“ Und das wird auch noch mit dem Zweiten Weltkrieg verbunden: „Genau wie im Zweiten Weltkrieg bauen patriotische amerikanische Arbeiter heute das Arsenal der Demokratie auf und dienen der Freiheit.“

Israel soll die Bewilligung der Ausgaben für die Ukraine erleichtern

Biden verknüpfte die beiden Kriegsschauplätze miteinander, verband Biden Putin und die Hamas, weil sie beide „eine benachbarte Demokratie vollständig auslöschen“ wollen und dabei dieselbe Brutalität zeigen: „Der Angriff auf Israel erinnert an fast 20 Monate Krieg, Tragödie und Brutalität, die dem ukrainischen Volk zugefügt wurden – Menschen, die sehr schwer verletzt wurden, seit Putin seine totale Invasion startete.“ Man dürfe Tyrannen wie Putin und Terroristen wie Hamas nicht gewinnen lassen. Aber Biden begann die Rede mit Israel und dem Angriff der Hamas: „Die Terrorgruppe Hamas hat das reine, unverfälschte Böse in der Welt entfesselt.“

Man kann erahnen, welchen Stellenwert Israel und der drohende Nahostkonflikt für Washington hat, wenn man erkennt, dass Biden schon ein paar Tage nach dem Überfall der Hamas im IS-Stil nach Israel flog, um die Solidarität zu demonstrieren, aber auch Israel zur Zurückhaltung und Schonung der Zivilbevölkerung aufzufordern, während es ein Jahr dauerte, bis er Kiew besuchte.  Für die ukrainische Führung ist der Krieg in Israel eine schlechte Botschaft, auch wenn Kiew ebenfalls versucht, Hamas und Russland als gemeinsames Terrorböses darzustellen, das vom Westen auch gemeinsam bekämpft werden müsse. Israel hingegen ist nicht daran gelegen, die Kriege zu verknüpfen, weswegen auch ein Besuch von Selenskij abgelehnt wurde, nimmt aber die Argumentation der Ukraine auf, sich als Bastion des Westens im Nahen Osten darzustellen, weswegen es kein nur regionaler Konflikt, sondern ein globaler sei. Der Überfall der Hamas-Kämpfer kam just zu der Zeit, als die Offensive immer weniger vorankommt und der Winter naht, der Angriffe im großen Stil kaum mehr möglich macht und den Krieg weiter in die Länge zieht.

Ukraine und Israel in Konkurrenz um amerikanische Waffen

Das Weiße Haus behauptet – oder muss behaupten -, mit zwei Kriegen, an denen noch keine eigenen Soldaten beteiligt sind, gut zurechtzukommen, obgleich der Konflikt mit China über Taiwan nicht mehr nur lauwarm ist, die Konflikte in Afrika zunehmen, die Türkei gegen die syrischen Kurden vorgeht und neue Gebiete annektieren will und vermutlich bald mit einem Angriff von Aserbeidschan auf Armenien zu rechnen ist.

“Wir sind die Vereinigten Staaten von Amerika, um Gottes willen, die mächtigste Nation in der Geschichte – nicht in der Welt, in der Geschichte der Welt. … Wir können uns um beides kümmern und trotzdem unsere allgemeine internationale Verteidigung aufrechterhalten.” – Joe Biden am 15. Oktober

Die Waffen- und Munitionsvorräte der Nato-Länder, vor allem auch der USA, gehen wegen der Waffenlieferungen an die Ukraine aus, weswegen das Pentagon bereits verpönte Splittermunition für die Artillerie in die Ukraine liefern musste. Wie Axios berichtete, sollen Zehntausende von 155mm-Artilleriegeschossen, die vor einiger Zeit aus einem amerikanischen Waffenlager in Israel an die Ukraine geliefert werden sollten oder schon dorthin gegangen sind, wieder für Israel zur Verfügung stehen. Israel habe wegen der anstehenden Großoffensive das Pentagon dringend darum gebeten.

Da die Kriegsführung sehr verschieden ist und auch die Waffensysteme der Ukraine und Israel verschieden sind, dürfte es neben den Artilleriegeschossen keine größeren Überschneidungen der erwünschten Waffen aus den USA geben. Bei Stinger-Raketen zur Abwehr von Drohnen und Raketen könnte es zu einem Problem für beide Ländern kommen. Deren Anzahl scheint beschränkt zu sein, sie sollen aber effizient in einem Stadtkampf sein, der mit der israelischen Bodenoffensive ansteht.

Ansehen von Biden auf dem Tiefpunkt

Dass Biden die Unterstützung Israels in den Vordergrund stellt, entspricht auch der Position der Amerikaner. Nach einer CNBC-Umfrage sagen 74 Prozent, es sei wichtig, Israel militärisch zu unterstützen, 61 Prozent sagen dies für die Ukraine und 52 Prozent für Taiwan. Die Ukraine-Hilfe steht hinter der Sicherung der Grenze zu Mexiko und humanitärer Hilfe, die für 72 Prozent wichtig ist.

„Die Umfrage zeigt“, so CNBC, „dass die Unterstützung für die Israelis gegenüber den Palästinensern von den Republikanern ausgeht: 57 % sind der Meinung, dass die Regierung die Israelis bevorzugen sollte, verglichen mit nur 29 % der Demokraten und 27 % der Unabhängigen. Im Gegensatz dazu wollen 44 % der Demokraten und 47 % der Unabhängigen, dass die Regierung beide Seiten gleich behandelt.“

Dass Biden so schnell auf den Konflikt in Israel reagiert hat und die Amerikaner hinter der Unterstützung stehen, hilft Bidens Popularität nicht. Nur noch 37 Prozent sind mit seiner Arbeit zufrieden, 58 Prozent sind unzufrieden. 31 Prozent sind mit seiner Außenpolitik einverstanden, 60 Prozent nicht.

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