Außenminister Wang: China kann nicht wollen, dass Russland den Krieg verliert

Bild: Chinesisches Außenministerium

In Europa wird oft von den Unterstützern der Ukraine im Krieg mit Russland argumentiert, dass diese mit ihren Soldaten Europa und überhaupt „die Freiheit“ verteidigen. Wenn die Ukraine besiegt würde oder selbst wenn es zu einem Einfrieren des Kriegs oder gar zu einem Friedensabkommen käme, dann würde Russland die Nato angreifen oder durch einen Angriff testen, ob die Beistandsverpflichtung von Artikel 5 hält.

Zumindest so lange die europäischen Nato-Länder nicht massiv aufgerüstet haben, um angeblich einen russischen Angriff abzuschrecken, müsse daher die Ukraine finanziell und militärisch unterstützt werden, um die nun in der neuen Kriegsführung erfahrenen russischen Streitkräfte  zumindest zu binden und die industriellen Rüstungskapazitäten zu begrenzen.

Während es zu Beginn des Krieges geradezu idealistisch hieß, man müsse die Freiheit der Ukraine und die regelbasierte internationale Ordnung gegen den völkerrechtswidrigen Angriff verteidigen, schaltete man dann auf die eher wirkliche Motivation um, Russland durch die Ukraine schwächen oder gar  besiegen zu wollen. Als dies sich als immer unrealistischer erwies, wurde mit der Beibehaltung der zynischen Arbeitsteilung – die Ukraine stellt die Soldaten und das Land, die Nato die Finanzierung des Pleitestaates und der Waffen – und mi dem drohenden Ausstieg der USA umgeschaltet auf direkte Bedrohung Europas durch die Russen, denen angeblich auch das Leben ihrer Soldaten nichts wert ist.

China hat den Stellvertreterkrieg zwischen der Nato und Russland in der Ukraine wahrscheinlich ganz gerne als nicht direkt beteiligtes Land angesehen, weil damit die Nato und vor allem die USA gebunden sind und nicht eine weitere Front aufziehen werden.  Washington betrachtete nach dem Ende des Kalten Kriegs spätestens seit George W. Bush China als den Hauptkonkurrenten und hat die übrigen Nato-Ländern gedrängt, sich auch in der Region gegen den gemeinsamen Feind zu positionieren. Zudem wurde von Washington versucht, den Einflussbereich von China ähnlich wie den von Russland durch die Nato-Osterweiterung zu verringern und das Land einzuschließen (containment).

Jetzt hat sich die chinesische Regierung erstmals, wie die South China Morning Post (SCMP) berichtet, der Argumentation der europäischen Ukraine-Unterstützer bedient und den Spieß umgekehrt. Der chinesische Außenminister Wang Yi soll der Außenbeauftragten Kaja Kallas gesagt haben, wie mehrere Informanten der SCMP mitgeteilt haben, dass China nicht wünschen kann, dass Russland den Krieg verliert. Befürchtet werde, dass dann die USA sich mit allen Kräften gegen China richten würden. Das macht das geopolitische Interesse Chinas klar, das bislang vor allem betont hatte, keine Kriegspartei und neutral zu sein.

In einem mehrstündigen Gespräch soll Wang Kallas auch noch einmal versichert haben, dass China finanziell oder militärisch Russland direkt unterstützt. Würde es dies getan haben, wäre der Konflikt schon längst beendet. Wang soll Kallas auch mehrere historische Erkenntnisse mitgeteilt haben.

Nach der SCMP war Wangs Ton hart gegen der europäischen Diplomatin, die bekanntlich für die Weiterführung des Kriegs gegen Russland wirbt. China sei nicht erfreut, wie sich die EU kurz vor einem Treffen gegenüber dem Land positioniert und zeige dies auch deutlich. Die EU will zwei chinesische Banken bestrafen, die angeblich die europäischen Sanktionen gegen Russland unterlaufen. Wang hatte schon mehrmals erklärt, dass China, wenn dies geschehen sollte, Gegenmaßnahmen ergreifen würde. Zum Thema der Seltenen Erden, die die EU fast ausschließlich aus China bezieht, soll Wang keine vermittelnden Angebote gemacht haben.

In einer Erklärung verlautet das Außenministerium distanziert: „Es gibt keinen grundlegenden Interessenkonflikt zwischen China und der EU, und sie haben weitreichende gemeinsame Interessen. Europa sieht sich derzeit mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert, aber keine davon kam in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von China. Beide Seiten sollten sich gegenseitig respektieren, voneinander lernen, sich gemeinsam weiterentwickeln und Fortschritte machen und neue Beiträge zur menschlichen Zivilisation leisten.“

Kallas teilte mit: „Wir haben viel besprochen. Ich habe Peking aufgefordert, Lösungen zu finden, um unsere Wirtschaftsbeziehungen wieder ins Gleichgewicht zu bringen und Russlands Krieg gegen die Ukraine nicht länger zu unterstützen. Ich habe Menschenrechtsfragen angesprochen und wir haben die Krisen im Nahen Osten diskutiert.“

Zur Ukraine heißt es: „In Bezug auf die Ukraine hob die Hohe Vertreterin/Vizepräsidentin hervor, dass die Unterstützung des illegalen Krieges Russlands durch chinesische Unternehmen eine ernste Bedrohung für die europäische Sicherheit darstellt. Sie forderte China auf, jegliche materielle Unterstützung, die den militärisch-industriellen Komplex Russlands stützt, unverzüglich einzustellen, und rief China dazu auf, einen vollständigen und bedingungslosen Waffenstillstand und einen gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine zu unterstützen, der auf der uneingeschränkten Achtung der Charta der Vereinten Nationen beruht.“ Sie geht offensichtlich auf die geäußerten Interessen Chinas nicht ein, benutzt aber erneut das Argument.

Florian Rötzer

Florian Rötzer, geboren 1953, hat nach dem Studium der Philosophie als freier Autor und Publizist mit dem Schwerpunkt Medientheorie und -ästhetik in München und als Organisator zahlreicher internationaler Symposien gearbeitet. Von 1996 bis 2020 war er Chefredakteur des Online-Magazins Telepolis. Von ihm erschienen sind u.a. „Denken, das an der Zeit ist“ (Suhrkamp 1988), „Die Telepolis“ (1995), „Vom Wildwerden der Städte“ (Birkhäuser 2006), „Smart Cities im Cyberwar“ (Westend 2015), „Sein und Wohnen“ (Westend 2020) oder „Lesen im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“ (Bielefeld 2023)
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24 Kommentare

  1. Schade, dass man den genauen Wortlaut des Gesprächs nicht hat. So geht wieder viel verloren von der ganz genauem ursprünglichen Bedeutung des Gesagten.

  2. Die Chinesen haben die Faxen dicke und lassen ihre berüchtigte, diplomatische Zurückhaltung fallen.
    Kallas versteht sowieso nichts und sondert die immer gleichen Phrasen ab. Verschwenden wir keine Zeit mit der EU.
    Putin gibt Gas und schafft Fakten.
    Trump springt teilweise im Dreieck, behält dabei jedoch US-Interessen ohne Rücksicht auf Verluste im Auge. So what…
    So würde ich bescheidenerweise die Lage zusammenfassen.
    Interessante Zeiten! Einem chinesischem Grußwort nach zu urteilen ist dies wohl eher schlecht…

  3. über 2 fehler gestolpert:

    „und mi dem drohenden Ausstieg“

    „versichert haben, dass China finanziell oder militärisch Russland direkt unterstützt“

    auch wenn es im forum schlechtes feedback gab, bei news aus china habe ich jeden einzelnen artikel verschlungen, auch die über chinesische stimmen aus den sozialen medien! da hört man leider viel zu wenig, ist ja auch „unser“ nächster endgegner.

    1. Nach dem Whatafool wohl auch selbst erkannt hat, daß er seine Amtsvorgängerin in Sachen Kompetenz nicht übertreffen kann (was zugegebenermaßen unmöglich schien), versucht er es offenbar auf deren zweiten heimischen Terrain: der Undiplomatie.

  4. Genau so wenig kann Trump wollen, dads Russland den Krieg verliert. Denn die EU hat ihre Feindschaft gegen ihn über die Medien schon deutlich erklärt. Und beim Telefonieren flüstert er Putin zu, er solle mit den Ukronazis aufräumen bevor es zu spät ist. Er werde dafür sorgen. Dass sich diw amerikanischen Reaktionen in Grenzen halten. Und Putin tut was er soll. Das ist das Muster des Spiels.

    1. Trump hat da letztendlich nichts zu melden. Die USA werden einem unabhängigen und geeinten Russland gegenüber immer feindselig gesinnt sein. Dass der Westen Russland am liebsten zerschlagen würde ist keine Propaganda, sondern Fakt.

      1. Die Vorstellungen von West und Osten sind primitiv. Unternehmer wie Musk benötigen feste strukturen und staatliche Förderung und keine überstaatlichen Konkurrenten, die sie übernehmen und ausschlachten wollen. Trump und Putin haben verwande Vorstellungen.

  5. Vom *pfuhl bis zur Uschi ist man sich also einig: Wir wollen den totalen Krieg.

    Nun ja, wir haben sie gewählt, mehr oder weniger, ….

    1. Ich hab die nicht gewählt, aber was bringt das schon.

      Ich gehöre seit ich denken kann zur politischen Minderheit in diesem ach so tollen Land.

      Von daher ist es mir langsam auch nur noch scheißegal.

  6. Im Grunde werden hier Dinge gesagt, die längst glasklar sind.
    Natürlich freut sich China, wenn der Westen Geld, Waffen und Aufmerksamkeit an die Ukraine verschwendet. Das gibt China Zeit aufzurüsten, seine Wirtschaft zu ordnen usw. China ist ein wichtiger Abnehmer von russischer Energie.

    Noch wichtiger für China ist allerdings der Iran. Wird das Land ins Chaos gestürzt, wie Syrien und Libyen, ist das schlecht für Chinas Handel, der Belt and Road.

    Was den Iran betrifft scheint Putin ein unsicherer Kantonist zu sein, denn der kann zu gut mit den Faschisten Netanjahu. Deshalb hat China wohl heimlich den Iran elektronische Ausrüstung geliefert und bei der Cyberabwehr von US-zionistischen Angriffen geholfen. Pakistan ist mit China und den Iran befreundet und soll auch geholfen haben.

    Das gefährlichste und meistgehaßte Land der Welt ist allerdings Israel. Es kann erst Frieden geben wenn dieser faschistische Staat, das hat ja jetzt auch Moshe Zuckermann gesagt, Israel ist faschistisch, wie einst Hitlerdeutschland besiegt wird. Dazu braucht der Iran die Bombe. Es ehrt die dortige religiöse Führung, das sie die Bombe aus religiösen Gründen nicht will. Klug ist es aber nicht.

    Ernst genommen wirst du in dieser Welt der Schurken nur wenn du stark bist. Deshalb muß China stark werden, denn diese Zivilisation wird die Zukunft der Menschheit bestimmen. Der dekadente Westen wird im Chaos versinken.

    Schade das ist fast kein Mandarin spreche, aber da kann noch werden.

    Was Moshe Zuckermann sagt, Israel, ist faschistisch

    https://www.youtube.com/watch?v=rKN2iR9L-jA&t=7s

    Was hat China von der Zusammenarbeit mit Russland? Energie, hab ich ja schon gesagt. Wichtiger noch, Russland verfügt über eine kriegserfahrene Armee. Davon kann die chinesische Volksarmee nur lernen. Der letzte Krieg Chinas war dessen mit den USA abgestimmtes Angriff auf Vietnam 1979. China stand damals, wie auch in Angola, auf der falschen Seite der Geschichte. Das hat sich im postmaoistischen China geändert.

    China ist stark, denn es läßt sich nicht in die Karten schauen, folgt den berühmten strategischen Theoremen.

    1. Der Iran, so sieht es stark nach aus, kann Israel mit deren konventionellen Raketen völlig zerstören.
      Ich bin mir mittlerweile sicher, dass die bereits vorhandenen Schäden Israel nicht bewältigen kann. Für reichlich Jahre. Was die Iraner da mittlerweile präzise zerstört haben, ist kaum zu fassen.
      Warten wir’s ab.
      Quellen u.v.a. Larry Johnson, Col. McGregor und Lawrence soundso. Ich vergesse immer den Nachnamen.
      Was selbst bei Overton und NDS beschrieben wird ist sehr unrealistisch. Warum auch immer.

      1. Sehe ich auch so. Zuckermann war im von mir geposteten Video ziemlich verzweifelt. Er spricht von Zerstörungen in seiner Nähe, von der technischen Intelligenz, die Israel verläßt, den zionistischen Obdachlosen und der Wirtschaftskrise. Israel ist ein vom Westen künstlich am Leben erhaltener Kleinstaat. Früher oder später wird Israel zusammenbrechen, weshalb Zuckermann plötzlich ein Befürworter der Einstaatenlösung geworden ist.
        Beeindruckt hat mich die Entschlossenheit Chinas. Die haben eines ihrer modernsten Aufklärungsschiffe in den Golf geschickt und vielleicht auch wenig elektronisch gestört, sicher aber Ausrüstung in den Iran geliefert. Vielleicht spielen Putin und Xi auch das Spiel Good cops, Bad cops?
        Aufregen tut mich auch die noch viel zu israelfreundliche Haltung von Overton und NDS. Die sind ein neues linkes Ersatzisrael geworden, das mit Israel untergehen wird, zumindest psychologisch.
        Die Ukraine ist ein Flächenstaat, der allein durch Luftangriffe nicht zu Fall gebracht werden kann, der Kleinstaat Israel schon.

  7. Der chinesische Außenminister hat es mit diesem estnischen Dummbrot vier ganze Stunden in einem Raum ausgehalten? Der ist wirklich hart im Nehmen.
    Die Brüsseler EU- Bürokratie legt sich gleich mit allen drei Weltmächten an. Mit Russland, den USA unter Trump und auch mit China. Nun, ein Blick in seriöse Geschichtsbücher verrät das Ergebnis.
    Manchmal frage ich mich, ob es am Trinkwasser in Brüssel oder dem belgischen Bier liegt, das die Typen der EU- Kommission so weit von der Realität entfernt sind….

  8. Ob es was nützt der Kallas was zu erklären ? Die hat doch einen Dachschaden, oder wie Jacques Baud es vornehmer ausdrückte, sie hat eindeutig nicht das für ihr Amt erforderliche intellektuelle Niveau.
    Sie ist nicht die Einzige, für die er diese Diagnose stellte.

    1. Ist es auch Wahnsinn, so hat es doch Methode.
      Solche Nullen überall in den Regierungen sind notwendig, um die Strategie des Tiefen Staates verlustlos umzusetzen. Keine Ahnung haben, aber von der eigenen Unfehlbarkeit zutiefst geprägt. Hybris pur.

  9. …dieses heuchlerische Gesülze von wegen ‚völkerrechtswidrigem‘ Angriff nervt, solange man international mit unterschiedlichem Maß misst! Also ich würde mich als Gegenüber auf diplomatischem Parkett schlichtweg von einer solchen Argumentation verarscht fühlen und die Lady zu ihrem Flieger zurück Nachhause komplementieren.

  10. die Kallas und Diplomatie, da lachen ja die Hühner…..

    {„Nach dem Treffen stach sie dann angebliche Äußerungen ihres chinesischen Amtskollegen durch. Wang Yi habe in dem vierständigen Treffen erklärt, dass China keinen Sieg der Ukraine gegen Russland wolle.
    Denn danach werde sich der “Fokus” der USA auf Peking verlagern. Das ist allerdings jetzt schon der Fall. Man darf wohl davon ausgehen, dass Kallas die Worte ihres Gesprächspartner nicht ganz richtig wiedergeben hat.
    Denn sie und die EU haben ein ganz eigenes Interesse: China von jeder Unterstützung Russlands abzubringen. Für dieses Ziel nutzt Kallas wilde Anschuldigungen – wie oben zitiert. Die Diplomatie bleibt dabei auf der Strecke…..“}
    https://lostineu.eu/diplomatie-a-la-kallas-eiszeit-zwischen-bruessel-und-peking/

  11. die kallas und die baerbock. zwei richtige speerspitzen der frauenrechtbewegung und des feminismus, oder?
    dazu noch von der leyen, der baer aus bayern, goebbels-eckhardt etc. …die menosphere feiert fröhliche urständ bei sowas. die müssen nichtmal mehr aktiv werden. gleiches gilt für die politische bühne. zum glück lol

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