Ein Dauerstress, damit sich Zukunftsinvestitionen rentieren!
Ständig gibt es in Deutschland Entlassungen und damit sehen sich deutsche Gewerkschaftler ständig gefordert, Arbeitsplätze zu retten. Zurzeit ist dies wieder einmal bei Galeria Karstadt-Kaufhof (GKK) der Fall. „Mit der zweiten Insolvenz in Eigenverantwortung innerhalb von zwei Jahren hat die Galeria-Geschäftsleitung bei den rund 17.500 Beschäftigten massive Zukunftsängste ausgelöst“, hieß es aus der Verdi-Gewerkschaft Ende letzten Jahres (ver.di publik, Nr. 8/22).
Von der zuständigen Verdi-Kommission hörte man auch, sie habe „viele Ideen, wie die 131 Niederlassungen zukunftsfest werden könnten“. Da irritiert es auch gar nicht groß, dass das letzte Rettungsprogramm 4000 Stellen gekostet hat. In den Augen der Gewerkschaft heißt das eben, dass auf diese Weise 17.500 Stellen gerettet wurden. Und diese Rettungsanstrengungen ziehen sich bereits seit dem Jahr 2000 hin, mal bei Karstadt, dann bei Kaufhof, wobei im Laufe der Jahre vom GKK-Konzern alle Konkurrenten geschluckt wurden. Dafür wurden immer so viele Arbeitsplätze gerettet, wie die Unternehmen glaubten, für ein lohnendes Geschäft gebrauchen zu können. Das waren übrigens in früheren Zeiten mal einige Hunderttausend …
Das „Unternehmen auf Kurs bringen“
Jetzt ist wieder mal eine Kalkulation nicht aufgegangen, es stehen wieder Arbeitsplätze zur Disposition und damit das nächste Rettungsprogramm an, bei dem klar ist, dass es wieder viele Arbeitnehmer das Einkommen und damit die ökonomische Existenz kosten wird. Denn eins ist in diesem Rettungswesen eine ausgemachte Sache: Beschäftigung gibt es nur dann und zu den Bedingungen, wenn und insofern sich die Investition in Löhne und Gehälter für das Unternehmen lohnt, also bewirkt, dass aus dem investierten Geld mehr Geld wird. Und die Maßstäbe dafür, ob das gelingt, gelten als unverrückbare Sachzwänge, die auch eine Gewerkschaft akzeptieren muss.
So klagt das Unternehmen z.B. über hohe Mieten, die die Gewinnrechnung belasten. Denn dass Immobilienbesitzer aus ihrem Besitz – also aus der Verfügungsmacht über ein Stück Land – einen Gewinn erzielen, ist eine der Bedingungen, dass es überhaupt Beschäftigung im Warenhausbereich gibt.
Das Handelsgeschäft muss eben nicht nur die Gewinne der Investoren von GKK erwirtschaften, sondern auch gleich das Gewinninteresse der Immobilienbesitzer befriedigen. Und da trifft es sich gut, dass die Signa-Gruppe von René Benko sowohl Eigentümer von[einigen Immobilien wie auch von Galeria Karstadt-Kaufhof ist. Das gibt ihr die Freiheit, sollte sich das Warenhausgeschäft an einzelnen Orten nicht lohnen, die Immobilien in anderer Weise zu verwerten und zu einer Einnahmequelle zu machen.
Dass die Einkommen und damit die Existenz von Arbeitnehmern an diesen Kalkulationen hängen, ist schlichtweg Fakt. Dagegen haben Gewerkschafter nichts einzuwenden, im Gegenteil, wegen der Abhängigkeit sorgen sie sich in Form von Betriebsräten um nichts anderes als um das Gelingen des Geschäfts und damit um das Aufgehen der Gewinnkalkulation. Dabei behandeln sie die Einkommen ihrer Mitglieder, also der Beschäftigten als eine Masse, die zur Sicherung der Gewinne eingesetzt werden kann. Und so stellen sie bei jeder Rettungsaktion das Einkommen der von ihnen Vertretenen zur Disposition. Insofern unterscheiden sie sich eigentlich nicht von der Geschäftsleitung, der sie immer wieder vorhalten, das Geschäft zu vergeigen. Von der Verdi-Gewerkschaft war z.B. zu hören, Galeria habe eine „motivierte Belegschaft“, die „schon Riesensummen in die Zukunft des Unternehmens investiert“ habe und „die ihr Unternehmen auf Kurs bringen will“.
Während das Interesse des Unternehmens, seinen Reichtum zu vermehren, als ein Sachzwang akzeptiert wird, gilt dies für die Arbeitnehmerseite nicht. Dass diese bei der Bestreitung ihres Lebensunterhalts auch mit jeder Menge Sachzwänge – an den Supermarktkassen, Tankstellen oder bei den Mieten … – konfrontiert wird, stellt eine flexible Größe dar, deren Stellenwert jeweils auszutesten ist.
Wenn Verdi darauf verweist, dass die Beschäftigten von GKK in der Vergangenheit bereits auf Teile ihres tariflichen Einkommens sowie auf Weihnachts- und Urlaubsgeld verzichtet haben und dies „für eine Galeria-Verkäuferin in Vollzeit einen jährlichen Verlust von rund 5500 Euro bedeute“ (rp-online, 20.10.22), so übt sie damit keineswegs Selbstkritik. Sie will auf diese Weise vielmehr anmahnen, dass die Mitarbeiter mit diesem Verzicht – eigentlich – ein Anrecht auf Weiterbeschäftigung hätten.
Mit ihrem bisherigen Engagement für einen Sanierungstarifvertrag hat die Gewerkschaft ihren Mitgliedern ein solches Anrecht suggeriert, einen einklagbaren Anspruch haben die Beschäftigten damit aber nicht erworben. Das hindert die Gewerkschaft nicht daran, gleich ihre Verhandlungsbereitschaft für einen neuen Tarifvertrag zu bekunden, da Galeria Karstadt-Kaufhof den Sanierungstarifvertrag gekündigt hat. Das fiel dem Unternehmen nicht schwer, denn diese Möglichkeit war bereits mit dem Abschluss des Vertrages von Verdi für den Fall fehlender Gewinnen zugestanden worden. Trotzdem wird diese Kündigung nun tränenreich beklagt.
Zukunftsfeste Investitionen
Bevor ein neuer Tarifvertrag abgeschlossen wird, hat der Gesamtbetriebsrat schon im Rahmen der Arbeitsplatzrettung die Bedingungen für die anstehenden Entlassungen vereinbart: „Für die zu schließenden Häuser hatte Galeria bereits angekündigt, dass es dort betriebsbedingte Kündigungen geben werde. Als Entschädigung wurden zwei Monatsgehälter, aber maximal 7500 Euro mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbart.“
Verdi will nun mit Galeria über ein „existenzsicherndes Einkommen“ verhandeln. Wo da die Grenze für die Existenzsicherung verläuft, lässt sich nach oben leicht bestimmen: Sie darf das Geschäft von Galeria nicht belasten. Was dies nach unten bedeutet, ist nur schwer auszumachen; schließlich gilt auch Hartz IV oder das neue Bürgergeld als Existenzsicherung. Und schon der letzte Tarifvertrag hatte ja nicht die Existenz der Beschäftigten von GKK gesichert, schließlich wurde die Inflation in keiner Weise ausgeglichen, also der Reallohn gesenkt. Das hieß für die so Bezahlten, dass sie gezwungen waren, sich weiter einzuschränken – in Zeiten, wo allenthalben die Senkung der Lebensstandards, „wegen Putin“, als nationale Pflicht verkündet und von den Gewerkschaften auch ohne große Gegenwehr hingenommen wird.
Und so werden dann wohl bald viele nach gesenktem Lohn in die Arbeitslosigkeit entlassen, wobei der abgesenkte Lohn wiederum die Rechengrundlage für das Arbeitslosengeld bildet. So zahlt sich Arbeitsplatzrettung aus – für einen „Investitionsplan, damit die Standorte für die Zukunft ausgerichtet sind“ (ver.di publik)!
Kaufhäuser dieser Art sind nicht mehr zeitgemäß. Entweder das Konzept ändert sich grundlegend oder aber, um die Innenstädte weiter attraktiv zu halten, sollte diese Kette verstaatlich werden. Letztlich kommt das aufs Gleiche raus, nur mit dem Unterschied, dass es zumindest einen gewissen Gegenwert für den Fördertopfe gibt. Die Banken werden jedenfalls jetzt aussteigen, weil sie schon zu oft versucht haben die Häuser zu retten.
Wie so ein modernes Konzept aussehen kann?
Als erstes müssen sie für kostenlose Parkplätze sorgen und zwar nicht nur für Gehbehinderte und E-Autos, notfalls muss der Standort gewechselt werden. Das ist natürlich das Gegenteil von dem, was unsere Ideologen gerne hätten. Dann muss das Online Angebot massiv ausgebaut werden und das, was im Netz erhältlich ist, muss auch im Geschäft verfügbar sein. Amazon hat versucht den umgekehrten Weg zu gehen, das heißt, von einem Online Händler zu einer Markt Kette zu werden, das Konzept hat offensichtlich nicht geklappt, da so eine Infrastruktur teuer ist. Doch bei Galeria gibt es die bereits, somit könnte Galeria diese Mischform erfolgreich umsetzen, wenn sie gute Einkäufer haben. Außerdem müssen der Service und die Qualität stimmen. Wer sicher sein kann, das er dort Qualität zum kleinen Preis bekommt und dabei auch noch gut beraten wird und im Bedarfsfall auch unkompliziert zurückgeben kann, wird Galeria ganz weit oben in den Favoriten stehen haben. Dabei ist es wichtig, dass der ganze Konzern ständig in der Offensive ist, das heißt, das um jeden Kunden, wie viel Umsatz dieser auch immer macht, gekämpft werden muss. Ein Unzufriedener Kunde ist ein verlorener Kunde und ein Versagen des Konzerns. Letztlich zählt aber die angebotene Ware, die muss vielfältig, günstig und hochwertig sein. Der Einkauf ist dabei wichtiger wie der Verkauf. Es muss erreicht werden, das die Kunden zuerst an Galeria denken und nicht an Amazon, wenn sie etwas brauchen.
Ohne Moss nix los, wenn die Kaufkraft schwindet. Kaufhäuser verkaufen Konsumwaren gegen Geld! Es sind keine Wärmehallen für Sozialfälle die dem Wirtschaftswunder und Luxus hinterher trauern.
Der wohlstandsverwahrloste Bürger spricht!
“Wer sicher sein kann, das er dort Qualität zum kleinen Preis bekommt und dabei auch noch gut beraten wird und im Bedarfsfall auch unkompliziert zurückgeben kann,…”
Günschtig aber gut Beratung wiederspricht sich!
Unkompliziert zurück gegeben: das Amazon Konzept geht doch nur über ÖPP, denn die riesen Mengen an “Rückgaben” rentieren sich noch weil dem Gesetzgeber der Umweltschaden piepegal ist.
“… die muss vielfältig, günstig und hochwertig..”
Vielfalt kostet Lagefläche und ‘tote Ware’ (also Ware die nicht verkauft wird.) Und bniemals kann ein lokales Angebot eine Lagerhalle abbilden!!
Günschtig: .s.o.
Günschtig und hochwertig: das ist ein Witz, oder?
Wenn die Tempel der Konsumfaschisten und Spießer für immer schließen! Vielleicht könnten an deren Stelle “Kowloon Walled City” Wohngenossenschaften den Urbanen-Lebensraum übernehmen! Wir haben hier Platz ohne Ende!
Die Innenstadt für die Menschen.
Irgendwo bei den Öffis gab es dazu einen guten Bericht.
Allein was Karstadt bzw der Eigner an Sozialhilfe jedesmal einstreicht ist gigantisch…..
Nach dem Öffi-Bericht hatte ich den Eindruck, das schnöselige Geschäft vor Ort interessiert den Spekulanten/Investot nicht die Bohne! Es geht um die Finanzblase die immer weiter hochgeschraubt werden muss.
Eine Idee scheint in Deutschland komplett out of area: warum nicht der Belegschaft das Ganze zukommen lassen?
(Ich würde sowieso bei jeder ‘sozialhilfe-Investition’ des Staates darauf drängen quasi Eigentumsrechte damit zu erwerben. Diese Art Steuergelder einzusetzen und dann nichts zu sagen zu haben ist Enteignung des Volkes!)