Antifa als Terrororganisation oder der neue McCarthyismus

Trump bei der Turning Point-Zeremonie für KIrk. Bild: Weißes Haus

Der Ankündigung von Donald Trump, die Antifa als „heimische Terrororganisation“ zu bekämpfen, folgte jetzt die Umsetzung in einem Dekret. Schon während seiner ersten Präsidentschaft hatte Trump gegen die Antifa mobilisiert, zu der er wie jetzt auch alle zählte, die gegen seine Politik sind oder sich der Bewegung Black Lives Matter anschlossen. Das Dekret jetzt zeigt, was der Jagd auf Migranten, allesamt Mörder, Kriminelle oder Verrückte, und der nach der Ermordung des „Helden“ und „Märtyrer“ Charlie Kirk angekündigte Bekämpfung der „Linken“, also mit allen, die nicht auf Maga-Linie sind, zugrundeliegt. Trumps Macht beruht darauf, vornehmlich innere Feinde als Vertreter des Bösen zu inszenieren, die angeblich die Nation der Guten bedrohen und die außer Landes geschafft, zum Schweigen gebracht oder ausgeschaltet werden müssen.

Das mündet bei der Antifa in einem gespenstischen Kampf gegen Windmühlen als den großen Feinden wie bei Don Quijote, ist allerdings deswegen hochgefährlich, weil Trump mit seiner Regierung die gesamten Machtstrukturen vom Militär über Geheimdienste, FBI und Polizei bis zu ICE ziemlich willkürlich  einsetzen kann, da er es bislang geschafft hat, den Kongress und die Justiz zu überrollen. Es gibt zwar dem Linksextremismus zugeordnete Antifa-Gruppen, die oft wegen ihrer Militanz berüchtigt sind, aber weder in den USA noch sonstwo gibt es eine zentrale Organisation, sondern nur lose verbundene Gruppen.

Die Antifa als diffusen Feind zu nehmen, dient der Absicht, breit und wahllos  gegen Oppositionelle vorgehen zu können, die man in den Dunstkreis der Antifa einordnet, selbst wenn sie nur einer diffamierten Organisation etwas spenden. Wir kriegen euch, ist die Devise. Trump hat, so berichtet die New York Times, in diesem Sinne die Behörden bereits angewiesen, gegen Reiche und Organisationen vorzugehen, die „linke Gewalt“ fördern. Trump hat schon länger die Behauptung verbreitet, dass von linker oder liberaler Seite professionelle Anarchisten finanziert und organisiert werden, die Polizisten angreifen, Eigentum zerstören und öffentliche Unruhe stiften: „Wir suchen nach den Finanziers einer Menge dieser Gruppen“, sagte Trump am Donnerstag. Reiche wie George Soros, der besonders im VIsier zu stehen scheint, würden „professionelle Anarchisten und Agitatoren einstellen.“

Ähnlich wie dies die Hetze gegen Kommunisten zur Zeit von McCarthy machte, wird von Trump die angebliche Gefährlichkeit zu einem Popanz aufgeblasen, um daraus eine terroristische Organisation zu machen, die im Inneren der USA durch organisiertes Handeln wirkt und politische Ziele mit Zwang und Einschüchterung durchsetzen will (man könnte meinen, Trump beschreibt damit das eigene Wirken und projiziert das auf den Feind). Nach dem Dekret ist die Antifa „ein militaristisches, anarchistisches Unternehmen, das ausdrücklich zum Umsturz der Regierung der Vereinigten Staaten, der Strafverfolgungsbehörden und unseres Rechtssystems aufruft.  Sie setzt illegale Mittel ein, um eine landesweite Kampagne von Gewalt und Terrorismus zu organisieren und durchzuführen, um diese Ziele zu erreichen.  Diese Kampagne umfasst koordinierte Bemühungen zur Behinderung der Durchsetzung von Bundesgesetzen durch bewaffnete Auseinandersetzungen mit den Strafverfolgungsbehörden, organisierte Krawalle, gewaltsame Angriffe auf die Einwanderungs- und Zollbehörden und andere Strafverfolgungsbeamte sowie routinemäßiges ‚Doxing‘ von und andere Drohungen gegen politische Persönlichkeiten und Aktivisten.“

Verfolgt werden soll von allen Behörden jede Person, die im Namen der Antifa handelt oder von der die Antifa oder eine Person behauptet, im Namen der Antifa zu handeln oder der dieser materielle Unterstützung gewährt. Möglicherweise wird durch das Dekret erst eine terroristische Antifa geschaffen, allerdings ist das Problem, dass es in der amerikanischen Rechtsprechung im Gegensatz zum internationalen Terrorismus nicht den Tatbestand einer „heimische Terrororganisation“ gibt. Wenn Terroristen im Inland keine Verbindung zu einer ausländischen Terrorgruppe haben, müssten diese strafrechtlich wie andere Gewalttäter behandelt werden, Todesstrafe inklusive.

Schon während Trumps erster Präsidentschaft wurde diskutiert, ob „heimischer Terrorismus“ als Straftatbestand eingeführt werden sollte. Damals führte die New York Times aus, dass dies kaum einen Unterschied mache und vor allem symbolisch sei. Das ist es jetzt auch, Terrorismus klingt bedrohlicher, deswegen sollen jetzt Linksradikale der Antifa als Terroristen verfolgt werden. Aus demselben Grund wurden von Trump Drogenkartelle als „internationale Terrororganisationen“ eingestuft, womit er rechtfertigt, das Militär gegen diese einzusetzen und Kriegsschiffe vor die Küste Venezuelas zu schicken, die auch angebliche Drogenschiffe mit den Personen auf ihnen versenkt haben.

Neben dem offiziellen Vorgehen der Regierung gegen die Opposition, Organisationen Medien, Aktivisten hat Vizepräsident JD Vance, der Linksextremisten für den Mord an Kirk verantwortlich macht, dazu aufgerufen, Menschen zu denunzieren: „Wenn Sie jemanden sehen, der Charlies Ermordung feiert, sprechen Sie ihn darauf an. Und verdammt noch mal, rufen Sie seinen Arbeitgeber an.“ Wie sich herausstellt, will man so jetzt auch Ausländer überprüfen, die in die USA einreisen. Wer über Kirk für die US-Regierung Unziemliches geschrieben hat, darf nicht mehr ins Land. Das dürfte schnell auf Kritik an Trump und Maga erweitert werden. Kritik an ihm sieht Trump sowieso schon als „illgeal“ an, ist er doch der Verkünder der allein seligmachenden Wahrheit. Zuvor wurden bereits Einreiseverbote wegen Antisemitismus und Kritik an Amerika vollzogen.

Der Wendepunkt, der „Turning Point“, wie die von Kirk gegründete Organisation heißt, zeigt sich auch darin, dass Gruppen von Maga-Anhängern die Denunziation von denjenigen, die sich kritisch über Kirk oder überhaupt Maga äußern, aktiv über die Sozialen Netzwerke betreiben. Die „Übeltäter“ werden mit persönlichen Daten (doxing) an den Online-Pranger gestellt, ihre Arbeitgeber werden unter Druck gesetzt, diese zu entlassen. Man will also ihre Existenz zerstören, was auch gelungen ist, und Menschen einschüchtern. Es ist eine organisierte Cancel Culture gerade von denen, die zuvor dasselbe bei den Woken beklagten und die Praxis nun ins Extrem treiben. Der neue Heilige der Rechten, Charlie Kirk, hatte dies mit Turning Point bereits betrieben. Beispielsweise mit der Professor Watchlist, um „College-Professoren zu entlarven und zu dokumentieren, die konservative Studenten diskriminieren und linke Propaganda im Klassenzimmer verbreiten“. Als linke Ideologie gelten Klimaerwärmung, Inklusion, Gleichberechtigung, Anti-Semitismus bzw. Israel-Kritk, Beschränkung von Schusswaffen, Feminismus, Abtreibung, LGBTQ etc. Ziel ist die Einschüchterung von Professoren und die Bekämpfung der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit.

Ein aktuelles Beispiel nach Kirk-Vorbild ist ausgerechnet eine Website, die sich Cancelthehate nennt und von dem Maga-Anhänger Jason Sheppard initiiert wurde, der auch hinter Wimkin.com steckt. Man nimmt scheinheilig den Kampf gegen den Hass auf, um ihn gegen politische Gegner zu instrumentalisieren, also auch Hass zu schüren. Man tut natürlich ganz harmlos, um sich rechtlich zu schützen: „Wir streben nicht nach Rache oder Lynchjustiz. Unser Ziel ist Transparenz – wir wollen sicherstellen, dass Personen in Machtpositionen hasserfüllte Worte oder Handlungen nicht vor der Öffentlichkeit verbergen können. Sie sollten NICHT belästigt, bedroht oder in irgendeiner Weise geschädigt werden.“

Auf der Website sollen Hinweise (Namen, Wohnort, Arbeitgeber) zu denjenigen, die schlecht über den politisch und religiös heiligen Kirk anonym, auf einer App eingegeben werden. Menschen sollen für ihre geäußerten Ansichten verantwortlich gemacht werden. Im Visier stehen vor allem einflussreiche Menschen wie Lehrer, Ärzte, Influencer, Angestellte im öffentlichen Dienst, Geschäftsleute etc.

Nachdem klar wurde, dass es mit der Anonymität nicht weit her ist, wurde die ursprüngliche Website mit der App vom Netz genommen und später etwas weichgespülter, aber noch funktionsuntüchtig wieder online gestellt: „Diese Plattform ist sowohl für Verbraucher als auch für Arbeitgeber gedacht, um fundierte Entscheidungen bei der Auswahl von Fachleuten und potenziellen Mitarbeitern zu treffen. Wir dulden oder empfehlen nicht, diese Informationen für andere Zwecke als für die persönliche Auswahl von Personen oder Unternehmen in öffentlichen Positionen zu verwenden.“

Florian Rötzer

Florian Rötzer, geboren 1953, hat nach dem Studium der Philosophie als freier Autor und Publizist mit dem Schwerpunkt Medientheorie und -ästhetik in München und als Organisator zahlreicher internationaler Symposien gearbeitet. Von 1996 bis 2020 war er Chefredakteur des Online-Magazins Telepolis. Von ihm erschienen sind u.a. „Denken, das an der Zeit ist“ (Suhrkamp 1988), „Die Telepolis“ (1995), „Vom Wildwerden der Städte“ (Birkhäuser 2006), „Smart Cities im Cyberwar“ (Westend 2015), „Sein und Wohnen“ (Westend 2020) oder „Lesen im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“ (Bielefeld 2023)
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13 Kommentare

  1. Wie schon des öfteren erwähnt, ist es völlig egal wen ihr wählt, denn beide Lager wollen uns versklaven und letzendlich dezimieren, weil der Krieg immer noch „Reich gegen Arm“ heißt!
    Nur in der Umsetzung besten noch marginale Unterschiede.

  2. Ach, wer konnte denn bloss ahnen, dass der Carotin-König politisch/ideologische Säuberungen durchführen wird?
    (Die gehen übrigens jetzt schon ziemlich weit.. bis in die Museen, Universitäten usw.)
    Seine narzisstische Rachsucht kommt dann noch obendrauf.

    1. Genau, jetzt wird aufgeräumt und die Innenstädte von marodierenden Schmarozern befreit,
      damit man wieder entspannt durch die Straßen laufen kann.

      Anscheinend haben Sie die Rede des POTUS vor der UN nicht gehört und fahren damit fort,
      kindlich naive Dummsprüche zu verbreiten. Nun ja, jeder wie er kann.
      Vielleicht gibt’s ja bald mal wieder Gratisbratwürste. Der Doofmichel hat schon immer das
      Talent gehabt, Dinge erst zu erkennen wenn diese unumkehrbar sind und hat dann natürlich,
      wie sollte es anders sein, nichts von all dem geahnt.

      1. Ich habe mir „die Rede des POTUS“ vor der UN angetan und sie war voll gequirlter Scheiße.

        Und wen meinen Sie eigentlich mit „marodierenden Schmarotzern“ in den Innenstädten? Die zahllosen Obdachlosen, Kranken und Drogensüchtigen in den USA, auf denen ein Sozialrassist wie Sie generell so gerne rumtrampelt.
        Oder ist das ironisch gemeint?

        1. Dass die Transatlantifa schon lange
          die neue brau..äh bunte Schlägertruppe
          ist, ja, das weiß nicht nur die Bild.

          Die Bezeichnung „Terrororganisation“
          ist passend, jede rechtsstaatliche Verurteilung ein Schritt in die richtige
          Richtung. Peinlich ist nicht, dass Trump
          das so sieht, peinlich ist, dass es
          eines ausländischen Politikers bedurft hat, diesen Fakt auszusprechen…

  3. Trump handelt genau richtig, auch bei uns ist die Antifa ein echtes Problem für Demokratie und Rechtsstaat, selbst ohne schwer Geistesgestörte wie die von der Hammerbande.

    Ich kann die juristischen Folgen nicht abschätzen, aber die symbolische Macht dieser Aktion ist wichtig, weil immer noch viele in Apparat und Medien die Antifa als so eine Art edle Helden betrachten, dabei machen sie genau das, was sie vorgeben zu bekämpfen: Einschüchterung und Gewalt gegen Andersdenkende (DAS ist Faschismus, das schlagende Rutenbündel „Fascis“, daher kommt der Name) und das auf intellektuell niedrigstem Niveau, man kann die Flachpfeiffen gegen jeden hetzen, den man als „rechts“ markiert hat (man erinnere sich an die Coronazeit, wo sie bereitwillig Gewalt gegen Demonstranten ausübten oder sich zumindest die Prügeltrupps der Polizei glaubhaft so tarnen konnten). Eine Vernetzung mit der deutschen Politik, insbesondere zu den Grünen, Linken und zur SPD ist sehr wahrscheinlich auch gegeben (zumindest gibt es veritable Hinweise, etwa zum „grünen Haus“), was die Sache noch viel gefährlicher macht und für eine mehr oder weniger direkte Finanzierung dieser hochkriminellen Kreise sorgt (Programme „gegen rechts“, Förderung von Pseudo-NGOs usw.)

    Ansonsten das Übliche in Amiland, man bedroht sich gegenseitig, redet nicht mehr miteinander, versucht die jeweils andere Seite zwangszubeglücken. Tja, so ist das, wenn man das Pendel lustvoll zu weit auslenkt, man sollte halt bedenken, dass es irgendwann zurückschwingt… das trifft auf die Aktionen der „Rechten“ natürlich genauso zu, wobei die tendentiell eher ihre Ruhe wollen, während Linke alles tun, um „das System“ anzugreifen und z.B. auch bei den destruktiven BLM-Unruhen zu Gewalt anstifteten (bei der letztendlich kleine Leute den größten Schaden davon getragen haben dürften und Rechte es leicht hatten, als Schutzpatrone rüberzukommen).

  4. Ganz schwer zu fassen, diese Antifa in USA. Der man aber eben gern Dinge in die Schuhe schiebt. Wenn Autos brennen, meint alles, das müssen Linke sein. Das war mal so, ist aber lange her. Hüben wir drüben nutzen das Rechte, um Linksterrorismus zu suggerieren.
    Was sie ist, ist diffus, aber wo man sie bräuchte, das kann man sagen. Gehen die USA auf einen Faschismus zu? Da wäre eine Checkliste angebracht. Aber einen Haken gibt es schon, diese ICE ist offenbar eine Schlägertruppe, die völlig über dem Gesetz steht. Immer vermummt, hat sie nichts zu befürchten. Jeffrey Sachs ist Amerikas Klügster und war früher immer in der NYT oder der Wapo. Aber seit Trump nicht mehr. Drum ist er jetzt bei Overton. Massive Zensur, wenn das stimmt. Trump hat alles überrollt, signsalisierend, das Gegenwehr zwecklos wäre.
    Da, beim Erkennen eines um sich greifenden Faschismus, da bräuchte man die Antifa dringend. Die Konservativen können das nicht. Die Nazis ließen die bürgerliche Presse völlig unzensiert schreiben. Die betrachteten das Treiben wohlwollend konservativ und haben den Charakter des Systems nicht verstanden. Bei uns gab es einmal eine Antifa, die das konnte.

  5. Genau … oder die Antifa sind einfach unorganisierte Terroristen, die ihre Ziele mit Gewalt durchsetzen wollen oder sogar einfach nur Spaß an der Gewalt haben.

    Wenn Linke die Antifa verteidigen, stelle ich mir immer vor, ich würde für Burschenschaften eintreten, und verstehe es nicht.

  6. Zu dem was in Gaza-Stadt und Gaza passiert:
    Es werden Bomben abgeworfen und mit Sprengstoff beladene Transportwagen explodiert.
    Die Viertel El-Hawa, Al-Sabra, and Al-Shati werden weiter schwer bombardiert. In Al-Sabra werden Wohngebäude zerstört.
    Es sind zwei Menschen verhungert.
    Es werden an diesem Tag mehr als fünfzig Menschen ermordet.

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