Am 22. Juni 1941 griff Hitler-Deutschland auf breiter Front die Sowjetunion an. In Moskau waren für die Nacht auf den 22. Juni 2024 verschiedene Gedenkaktionen mit Kerzen und einem Konzert geplant.
Und so begann der Krieg: Am 22. Juni 1941 um 3:05 wurden von deutschen Ju-88 28 Minen auf den Marine-Stützpunkt Kronstadt bei Leningrad abgeworfen. Zwei Minuten später meldete der Kommandeur der Schwarzmeerflotte, dass von Meeresseite eine große Zahl unbekannter Flugzeuge im Anflug sei.
Um 4:15 begannen die deutschen Truppen mit massiven Artillerieangriffen auf die Festung von Brest in Weißrussland. Vor der Grenze Weißrusslands standen unter Leitung von Feldmarschall Fedor von Bock, Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Mitte, 650.000 deutsche Soldaten, 800 Panzer, 12.500 Geschütze und 1.700 Flugzeuge.
Die sowjetische Armee hatte nicht weniger Kräfte in Bereitschaft. Wegen unklarer Berichte wusste die sowjetische Armeeführung aber nicht, auf welche Stellen man die Gegenschläge konzentrieren sollte, so dass es zu Verzögerungen kam.
So gelang es den deutschen Panzern unter Generaloberst Heinz Guderian in den befestigten Bereich um Minsk einzubrechen. In den ersten 18 Kriegstagen fielen 341.073 sowjetische Soldaten.
Flucht aus einem Dorf bei Minsk
Im Dorf Wolkowitsch nicht weit von Minsk spielte 22. Juni 1941 die achtjährige Nadjeschda Dmitrijewa sorglos im Garten einer Datscha. Es war ein schöner Sommertag. 2021 erzählte Nadjeschda mir, „meine Mutter lag auf einer Liege im Garten und las in einem Lehrbuch. Sie war Primaballerina am Minsker Opern- und Balletttheater, hatte aber die Schule nur bis zur achten Klasse besucht, weshalb sie Abendkurse belegt hatte. Ich spielte im Gras, als sie plötzlich meiner Großmutter zurief: ‚Schau doch mal, ein Luftkampf von Flugzeugen, was ist da passiert?‘ Wenig später kam unser Nachbar und sagte völlig entgeistert, es sei Krieg, die Deutschen hätten angegriffen.“
Mit einer Flasche Wodka organisierte die Mutter von Nadeschda ein Auto, welches Mutter, Großmutter und Enkelin am 24. Juni nach Minsk brachte, wo sie aber nicht bleiben konnten. „Die Stadt brannte schon. Auf der Fahrt dorthin kamen wir an einen Bahnübergang, sahen einen Zug kommen, haben jedoch den Übergang noch schnell überquert. Ein Flugzeug hatte Bomben auf den Zug abgeworfen, und ich war neugierig, was geschehen würde. Aber meine Mutter drehte meinen Kopf weg, sodass ich nichts sehen konnte. Es krachte ständig, ich weiß noch, die Geschosse flogen mit einem Pfeifen herab, dass es einem die Seele zerriss. Diesen Ton werde ich nie vergessen.“ In Stadtzentrum von Minsk brannte es schon. So schloss sich die Familie einem Treck Richtung Moskau an.
In Weißrussland richtete die deutsche Wehrmacht schreckliche Verbrechen an. Nach Angaben des Generalstaatsanwaltes von Weißrussland, Andrej Schwed, vom Juni 2023, wurden während der deutschen Okkupation 200 Städte in Weißrussland zerstört, darunter Minsk, Gomel, Witebsk, Polozk und Orscha. Zerstört oder vollständig vernichtet wurden 11.700 Dörfer. In 270 Dörfern – darunter in dem bekannten Dorf Katyn – wurden Zivilisten in Häusern und Scheunen verbrannt.
Während des Krieges seien in Weißrussland drei Millionen Zivilisten und Kriegsgefangene – das bedeutete jeder dritte Einwohner von Weißrussland – getötet worden, erklärte Generalstaatsanwalt Schwed. Er bezeichnete das Vorgehen der deutschen Wehrmacht und anderer deutscher Verbände, die von ukrainischen Hilfspolizisten unterstützt wurden, als Genozid.
Hungern in Leningrad
Die Einwohnerin von Leningrad, Klawdija Kuleschowa, war am 22. Juni 1941 24 Jahre alt. Sie arbeitete damals in der Leitzentrale des Seeschiffverkehrs. Vom deutschen Angriff hörte sie in einem Park auf der Krestowski-Insel, nördlich des Stadtzentrums. „Ich hatte gerade meine Kleidung abgelegt und wollte schwimmen. Da wurde die Rede von Molotow (sowjetischer Außenminister) übertragen. Er sagte, der Krieg hat angefangen.“ Ich traf Klawdija Kuleschowa 2020 in ihrer Wohnung in St. Petersburg. Sie erzählte mir ihre Geschichte.
Als die 872 Tage dauernde Blockade von Leningrad begann, ließ sich die Familie von Klawdija – bis auf den kranken Vater – nicht evakuieren.
Wenn die Mitglieder der Familie von der Arbeit kamen, habe es in der Wohnung immer die gleiche Zeremonie gegeben, erinnerte sich Klawdija. „Das heiße Wasser mit Graupen kochte schon. Ich teilte immer das Brot auf. Natürlich bekamen alle die gleiche Menge. Für jeden gab es 125 Gramm. Eine Waage gab es nicht. Doch wie ich auch schneidete, für mich blieb immer das kleinste Stück über. Ich war eigentlich die Kräftigste, aber es kam so, dass ich die am meisten Ausgezehrte war und als erste krank wurde.“
Nur mit Hilfe einer Nachbarin, die Klawdija in ein Dorf nördlich von Leningrad brachte, wo sie von einem Arzt versorgt wurde, überlebte sie. Am Ende unseres Gesprächs sagt Klawdija, dass sie keinen Groll auf die Deutschen habe. Ich umarmte und küsste sie und wünschte ihr Glück und Gesundheit.
Bei der Blockade in Leningrad starben eine Millionen Menschen an Hunger und Krankheiten. Die russische Regierung spricht von Völkermord. Die deutsche Regierung will von dieser Klassifizierung nichts wissen und verweigert eine Entschädigung für alle Blockade-Opfer.
Flucht aus Tula
Maria Iwanowna war 22 Jahre alt, als der Krieg begann. Sie lebte mit ihrem Mann Sergej, einem Agronomen auf eine Sowchose südlich von Moskau in der Nähe von Tula. Dort arbeitete ihr Mann auf einer Apfelplantage.
Der Krieg war wie eine Walze, die alles unter sich begrub, erinnerte sich Maria. Im Herbst 1941 musste Maria – ihr Mann war bereits seit drei Monaten bei der Armee – mit ihren beiden Söhnen, zweieinhalb und dreieinhalb Jahre alt, von Tula in die im Süden gelegene Stadt Rjasan fliehen. Für die gut 150 Kilometer lange Strecke in einem Frachtwaggon der Eisenbahn brauchte sie mehrere Tage. Immer wieder musste der Zug auf Abstellgleisen oder Bahnhöfen warten, um Transporte mit Soldaten und Panzern in Richtung Front passieren zu lassen. Da Marias Güterwagen nicht beheizt war, wickelte sie sich die nassen Windeln zum Trocknen um den eigenen Körper. Unterwegs griffen den Zug mehrfach deutsche Flugzeuge an. Bei einem dieser Überfälle wurde Maria nicht nur an der Schulter verletzt, sondern verlor in der Panik auch ihre Söhne Leonid und Anatoli aus den Augen.
Erst Tage später und schon völlig verzweifelt fand sie ihre beiden Söhne in einem Dorf bei fremden Menschen wieder, die sie aufgenommen hatten und ihr berichteten, sie hätten die Jungen nur mit Mühe trennen können. Anatoli habe die Hand seines kleinen Bruders nicht loslassen wollen.
Anatoli, heute ein pensionierter Lehrer und 86 Jahre alt, kann sich an die schrecklichen Stunden noch gut erinnern. „Ich höre das Krachen der Einschläge, die Schreie und das Weinen. Wenn in einem Film solche Geräusche vorkommen, muss ich unwillkürlich an den Zug nach Rjasan denken, der nie ankam.“
Im Zweiten Weltkrieg starben 26,6 Millionen Sowjetbürger, darunter 15,2 Millionen Zivilisten.
Die Lieder der Russen
Das erste Mal, dass ich ein russisches Lied über den Zweiten Weltkrieg hörte, das mir unter die Haut ging, war im Jahre 2002. Damals lebte ich schon zehn Jahre in Russland. Ich saß in der Wohnung eines Moskauer Architekten mit ein paar Künstlern zusammen. Alle waren jünger als ich.
Irgendwann nach Mitternacht, die U-Bahn fuhr schon nicht mehr, stimmten meine Bekannten ein Lied an. „Tjomnaja notsch, tolko puli swistjat po stepi“ („Dunkle Nacht, nur die Kugeln pfeifen über die Steppe, nur der Wind brummt in den Leitungen, die Sterne flimmern matt“).
Mir war schon klar, dass dieses in langsamen Tempo gesungene Lied vom Kampf gegen die deutsche Wehrmacht handelte. Aber weil es schon Nacht war, die Gesichter meiner Bekannten sehr ernst guckten und ich das Lied nur teilweise verstand, war mir irgendwie unheimlich zu Mute. Erst später erfuhr ich, dass es ein Liebeslied war, von einem sowjetischen Soldaten, der an der Front an seine Geliebte denkt, die mit dem Kind zuhause sitzt.
Das zweite Mal, dass mir ein russisches Lied unter die Haut ging, war am 9. Mai 2019 auf dem Marsch des „Unsterblichen Regiments“ durch Moskau.
Mehrere Zehntausend Menschen zogen mit den Porträts ihrer Angehörigen, die im Krieg gegen Deutschland gekämpft hatten, Richtung Innenstadt. In der Twerskaja-Straße – früher Gorki-Straße – die von der U-Bahnstation Majakowskaja fast direkt zum Kreml führt, hörte man aus den Lautsprechern am Straßenrand Lieder aus dem „Großen Vaterländischen Krieg“.
Lied von dem „Unbekannten Dorf auf der namenlosen Höhe“
Die Menschen sangen die Lieder mit. Kurz bevor wir den Roten Platz erreichten, ertönte das Lied von dem „Unbekannten Dorf auf der namenlosen Höhe“.
Das Lied wurde im Vier-Viertel-Takt gesungen. Aber die Melodie überwölbte zärtlich den Takt, was die schreckliche und gleichzeitig romantische Schilderung in dem Lied verstärkte. Da war die Rede von einer Nacht, in der eine Rakete vom Himmel fiel, „wie ein wie ein verbrannter Stern“, von Messerschmidt-Flugzeugen am Himmel, einer verbrannten Kiefer, einer Erdhöhle und der festen Freundschaft der Soldaten.
Mir schien, dass dieses Lied nicht von einem unbekannten Dorf, sondern von Zehntausenden Dörfern handelte, deren Namen niemand kannte oder nicht erinnerte.
Die Erinnerungen an den Großen Vaterländischen Krieg werden in Russland vor allem durch sowjetische Lieder und Filme wachgehalten, die zu den wichtigen Jahrestagen im Fernsehen gezeigt werden. Doch in der Jugend sind sie nicht so verankert wie in der älteren Generation. Bis zum Einmarsch in der Ukraine, also bis zu dem Zeitpunkt, als Russland begann, faktisch in einer Art Kriegszustand zu leben, war es zu merkwürdigen Vorfällen gekommen. Jugendliche provozierten an Gedenkstätten des Zweiten Weltkrieges in der russischen Provinz mit Würstchen-Grillen am Feuer des Unbekannten Soldaten oder Foto-Sessions in knapper Bekleidung.
Derartige Vorfälle gibt es jetzt nicht mehr. Und es sind neue Lieder entstanden, die auch unter Jugendlichen populär sind. In diesem Zusammenhang genannt werden muss der Sänger Shaman. Er singt unter anderem patriotische Lieder und positioniert sich auch aktuell auf der Seite Russlands, zum Beispiel in dem Lied „Eto moj boj“ („Das ist mein Kampf“). In dem Lied singt er: „Wer sagt, dass die Sterne längst erloschen sind, dass es keine Freundschaft gibt und Geld das Wichtigste ist? Selbst wenn die Flamme sich in Eis verwandelt, beiße ich die Zähne zusammen und sage mir selbst, nur vorwärts!“
Von Ulrich Heyden erschien im Februar das Buch: „Mein Weg nach Russland. Erinnerungen eines Reporters“. Print: € 25,00. ISBN: 978-3-85371-528-4. E-Book: € 19,99. ISBN: 978-3-85371-915-2.
Eine würdige Erinnerung, danke dafür.
Auf dass es nicht vergessen werde!
Seltsamer weise erinnere ich mich an sehr viele Berichte von Überlebenden der Shoa und nur an sehr wenige aus den belagerten Städten Russlands (aus russischer Sicht).
Im kalten Krieg wurde über den Feind natürlich nicht gesprochen.
westliche Propaganda ab 1945
“wir haben das falsche Schwein geschlachtet”
https://www.nationalarchives.gov.uk/education/resources/cold-war-on-file/operation-unthinkable/
und jetzt kommen die Urenkel der SS Uropas und wollen das Unternehmen
Neo-Barbarossa…
https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/geopolitik/sozialdemokraten-ueber-ukraine-krieg-wir-muessen-russland-auf-dem-schlachtfeld-besiegen-li.2227217
…
oder die haben vor Europa zu entvölkern und den Finanzhaushalt der USA zu sanieren…
jetzt verstehe ich die vernachlässigte Finanzierung der Infrastruktur
Ich kann Deiner Beschreibung der Lage leider nur zustimmen.
Es ist abscheulich und unverzeihlich, dass Deutschland schon wieder Krieg gegen Russen führt – denn was anderes ist es nicht, was sich gerade abspielt. Die Geschichtsvergessenheit wird sich wahrscheinlich bitter rächen. Wer unter den Deutschen weiß heute noch die Antwort auf die Frage, wer die mit Abstand meisten Opfer im 2. Weltkrieg zu beklagen hatte – es war die Sowjetunion!
Dabei ist eins sicher, auf russischer Seite gab und gibt es keine Geschichtsvergessenheit!
Es war schon ein unglaubliches Glück für Deutschland wie wohlwollend die UdSSR nach der Wende Deutschland gegenüber stand, aber ich denke sie haben die Lektion gelernt und werden die Arroganz und Undankbarleit der Deutschen diesmal nicht mehr verzeihen, zumindest sicher nicht die aktuelle Generation der russischen Politiker. Selbst wenn der Konflikt in der Ukraine ohne WW3 bald zu Ende gehen würde, eine Normalität wird es zwischen Russland und Deutschland viele Jahre nicht mehr geben.
dafür hat schon die “deutsche Presse” gesorgt
https://swprs.org/netzwerk-medien-deutschland/
Tja, ich danke auch dafür, aber es muss erwähnt werden – und darf nicht übergangen werden – “Hitler-Deutschland” war nicht allein beim Angriff auf die UDSSR 1941.
Lange her, 83 Jahre, ein Menschenleben, da kann schnell vergessen werden, dass die westlichen faschistischen Allierten – nämlich die Achsenmächte Italien, und sogar Spanien – “Freiwillige an die Ostfront schickten”
Auch damalige osteuropäische Staaten, z.B. Rumänien machten beim Überfall auf die UDSSR mit, und es gab Kollaborateure wie Banderas Ukraine sowie Finnland, die schon damals Russland den Krieg erklärten.
Das schmälert die Menschheitsverbrechen, und den damaligen Vernichtungskrieg gegen die russische und weißrussische Zivilbevölkerung, von “Hitler-Deutschland” keineswegs, im Gegenteil, man sollte erwähnen, dass es eine Art “frühe NATO” war die Gegen Stalins Russland in den Krieg zog, damit das nie vergessen wird.
Ein sehr seltener historischer Glücksfall im großen Unglück damals für Stalins Russland war, dass Japan dies nicht mitmachte, und Hitler-Deutschland den Bündnis-Beistand als Achsenmacht verweigerte.
Gruß
Bernie
PS: Als ich noch ein Jungspund war gab es übrigens noch den ein, oder anderen, Historiker, oder Spielfilm, der genau an diese Tatsache erinnert – die Kollaboration mit Hitler-Deutschland beim Angriff, und Krieg, gegen Stalins UDSSR – ja, ich weis, lange her, deswegen sollte man immer wieder dran erinnern…..s.o….
Bulgarien, Slowakei, Rumänien, Kroatien, Ungarn haben auf Seite der Achsemächte auch gegen die UdSSR Krieg geführt. Alle jetzt in der Friedensnobelpreis EU.
Japan und seine Vasallen waren mit den USA und dem Empire beschäftigt und den Krieg in China hatten sie auch noch. Eine weitere Front mit der Sowjetunion wäre zu viel gewesen. War es ja sowieso schon. Von daher war das kein Glück, das Japan nicht die Sowjetunion angriffen. Japan konnte nicht.
Danke für die Hinweise – wie schon gesagt, der Mainstream verschweigt so manches, nicht erst neuerdings, und wir müssen wohl noch 100 Jahre warten bis die volle Wahrheit ans Licht kommt – nicht nur beim Thema Überfall von Hitler-Deutschland auf die UDSSR.
So packen neuerdings, wie ein ZDF-Bericht (?) zum D-Day zeigt, steinalt gewordene französische Frauen aus, dass die GIs auch französische Frauen vergewaltigten – sie schwiegen bis ins hohe Alter um die “Befreier” nicht zu beschämen…..
….und wenn schon bei der Landung solche, und andere, allierte Kriegsverbrechen geschahen:
Wie ist das wohl weitergegangen bis zum Fall Berlins – aus westallierter Einmarschsicht…..die “bösen Russen Stalins” mal ganz ausgeklammert und rein auf die USA, und deren Allierte, bezogen?
Wie schon gesagt, da warten sicher noch einige neue Erkenntnisse – nicht nur den Vernichtungskrieg von Wehrmacht und SS Russland betreffend – auf uns nachfolgende Generationen – beim vollen 100jähren des Kriegsendes von 1945….oder noch später…..sollte es dann noch nachfolgende Generationen geben 😉
Zynischer Gruß
Bernie
Ja, das ist alles wahrlich nicht neu. Hier wurde bereits vor ein paar Jahren aufgearbeitet, dass die Zahl der durch Rotarmisten vergewaltigten deutschen Frauen signifikant geringer, diejenige, der von Westalliierten vergewaltigten dagegen deutlich höher anzusetzen ist als gemeinhin angenommen.
Ansonsten sei an die normannischen und bretonischen Bewohner erinnert, die die westalliierte keineswegs in guter Erinnerung haben – nicht nur wegen der Vergewaltigungen. Sondern auch weil deren Bomber ganze Orte in Schutt und Asche legten. Ich glaube es waren allein in der Normandie 20 000 Zivilisten, die dem Bombardement zum Opfer fielen, kann mich aber auch täuschen und die Zahl war höher.
Am „Atlantikwall“ waren jede Menge Freiwillige und nicht so freiwillige aus den besetzten Gebieten Osteuropas eingesetzt (Stichwort: Ostlegionen). Dazu zählten neben Ukrainern auch Georgier, Kalmücken und viele andere.
Danke für die Hinweise, und sind echt aufschlußreich 😉
Übrigens manch Deutscher, der an Kriegsverbrechen interessiert ist, die die Wehrmacht, die NSDAP, die SS sowie die Teile der Hitlerjugend, im eigenen Land an allierten, und sowjetischen, Kriegsgefangenen – oder abgeschossenen Piloten – begangen haben stößt heute noch in Deutschland – und in Österreich – auf schweigende Menschen, die Motivation dahinter ist rätselhaft, aber wird wohl auch erst nach deren Ableben herauskommen, wenn überhaupt.
Romanempfehlung “Dunkelblum” vom Eva Menasse über ein bis heute ungelöstes Kriegsverbrechen an ungarisch-jüdischen Zwangsarbeitern, dass auf wahren Begegenheiten beruht, und auf eine Mauer des Schweigens im österreichischen Burgenland, welche dafür sorgt, dass nur die 18 Zwangsarbeiter gefunden wurden – in einem Massengrab – die die anderen begraben mußten, und die danach von den Tätern erschossen wurden um die Spuren zu verwischen……entsetzlich zu was Menschen fähig sind. Übrigens, in dieses Kriegsverbrechen war eine Gräfin verstrickt, die ein raschendes Fest gab – anno 1945 – für die SS, und die NSDAP-Leute im Burgenland in Österreich wovon die Erschiessung ein Teil der “Belustigungen” war bevor die Welt in Österreich in Scherben fiel……und bis heute ungelöst…..weil die heute noch dort lebenden Menschen eisern schweigen, die Täter längst einen natürlichen Alterstod im südamerikanischen Exil gestorben sind, und auch die Gräfin das Zeitliche gesegnet hat……
Zynischer Gruß
Bernie
Zynische Grüße
Bernie
Danke für Ihre Antworten!
Als jemand mit steirischen Vorfahren kann ich in Bezug auf Österreich Martin Pollacks Bücher “Der Tote im Bunker”, “Die Frau ohne Grab” oder “Warum wurden die Stanislaws erschossen?” empfehlen. Sehr lesenswert ist auch “Anklage Vatermord”, in dem er dem Fall Philippe Halsman aus der Zwischenkriegszeit nachgeht. Seine Russland-Positionen heute teile ich dagegen überhaupt nicht.
Ansonsten sei an die Mühlviertler Hasenjagd erinnert, zu der es auch einen Film gibt. Österreich liefert sich wirklich mit der BRD ein Duell um den Titel “Weltmeister des Verdrängens”. (Gut, Japan und die Ukraine sind auch mit Chancen dabei.)
Zu Ihrem anderen Kommentar vielleicht noch im Tagesverlauf.
Gruß
Altlandrebell
Danke noch einmal für die interessanten Hinweise 😉
Den Film kenne ich bereits, und ich war schockiert und entsetzt zu was Menschen, nicht nur Soldaten oder NSDAPler sondern normale Mitbürger/-innen fähig sind – welche Untaten damals begangen wurden, weil man sich dem Dritten Reich zugehörig fühlte, und unbesiegbar wähnte.
Zum Buch von Frau Menasse noch ein Hinweis aus Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_von_Rechnitz
….wie schon gesagt, der Roman basiert auf einem historischen, und entsetzlichen, Kriegsverbrechen zum Ende des Krieges 1945 in Österreich…..
Gruß
Bernie
Wir sind wohl schlicht in sehr unterschiedlichen Familien aufgewachsen. Wenn ich mir meine anschaue – nun, mich wundert es offen gestanden wenig zu was Menschen fähig sind. Und gerade die „ganz normalen“ Leute sind oft die schlimmsten – Stichwort: der Wahnsinn der Normalität.
Das hängt m.E. aber nicht nur am allgemeinen gesellschaftlichen System, sondern auch seiner spezifischen normopathischen Grundierung, über die Autoren wie der verlinkte Arno Gruen oder Hans-Joachim Maaz viel schrieben. Die Wurzeln der Belliphilie und des Tötungs- bzw. Todestriebs werden oft in der frühen Kindheit gelegt und danach nur weiter gehegt und gepflegt.
Menschen kommen nicht „gut“ oder „böse“ zur Welt – sondern als Menschen. Doch werden etliche früh im Leben „gebrochen“ und ihnen ihr Ureigenes ausgetrieben – sei es durch Eltern oder andere Institutionen (Kindergarten, (Hoch)Schule, Markt, Tempel…). Zurück bleiben Hass, Kälte, Wut – und der Versuch die innere Leere mit ungenügenden Surrogaten wie Ideologien (Nationalismus, Religion), Konsum oder anderem zu stillen bzw. aufzufüllen. Was aber eben nie funktioniert. (Natürlich ist das nicht die Erklärung für alles und jeden, aber doch ein wichtiges Mosaiksteinchen im Gesamtbild.)
PS: Zu den Fliegermorden, die hier auch erwähnt wurden, noch ein belletristischer Verweis auf „Das dunkle Schweigen“ von Schorlau. Ich fand es bitter (und irgendwie bezeichnend), dass jener Roman (im Gegensatz zu anderen von ihm) nie verfilmt wurde…
Stimme Ihnen zu, und was die Fliegermorde angeht, ein Hinweis von mir – der Fall kam sogar bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen 1945 als höchstwichtig eingestuft vor.
Mehr dazu hier im Artikel:
“[….]Hugo Grüner: Ein Kriegsverbrecher im Markgräflerland, Bernd Hainmüller
Ein vergessenes Kriegsverbrechen[…]”
https://hainmueller.de/publikationen/hugo-gruener-ein-kriegsverbrecher-im-markgraeflerland.html
Gruß
Bernie
Soweit ich weiß waren es in der Normandie ca. 140.000 zivile Opfer durch den Befreiungsangriff (unironisch) auf die Nazideutschen. In der ersten Woche! Gehemter als de Gaulles waren die Amis. De Gaulles sagte, sie verstecken sich in zivilen Bereichen von Städten. Da kann man sich nicht zurückhalten.
Muss man fairerweise festhalten.
@ Peter Goldstein
Haben Sie da gerade Quellen zu zur Hand?
Ich fand da stets niedrigere Zahlen, ob hier im Netz:
Oder hier:
Laut Antony Beevor kamen nochmals bis zu 20,000 zivile Opfer durch der Invasion vorausgehendes Bombardement hinzu (In: „D-Day: The Battle for Normandy“, S. 519).
Das Lied, das mir seit meiner Jugendzeit und jetzt immer noch unter die Haut geht, ist
Хотят ли русскйе воины
Haben damals die deutsche Übersetzung “Meinst Du, die Russen wollen Krieg” zuerst gehört und gesungen.
Den Film “Komm und sieh!” durften wir schon vor der deutschen Premiere sehen und diskutieren. Niemals zuvor hab ich so eine konträre Diskussion erlebt, von “komplett verbieten, Kriegspornographie,” bis “Pflichtprogramm an Schulen zur Antikriegserziehung” war alles im Spektrum. Die Jüngeren waren großenteils total entsetzt, theoretisch etwas über Kriegsgräuel der deutschen Armee zu wissen war doch etwas anderes als direkte emotionale Konfrontation. Sich auf so etwas einzulassen ist schon hart.
>„Meinst Du, die Russen wollen Krieg“
Ah! Schon in frühster Kindheit auf russische Propaganda konditioniert. Das erklärt Einiges.
Kein Volk will Krieg. Das wollen immer nur die Herrscher.
@ Alfred Nonym
Einspruch! Das setzte voraus, dass es solche Völker als unitarische, monolithische Blöcke mit kollektivem Willen gäbe. Doch das Volk gibt es so wenig wie die Männer, die Umma oder die Arbeitslosen. Oder – ja, traurig, ich weiß – die Arbeiterklasse. (Diese gibt es formell natürlich – aber viele Arbeiter fühlen sich ihr und anderen Arbeitern nicht zugeneigt, sondern sympathisieren mit den sie Beherrschenden.)
Vielmehr muss man sagen, dass die Gesellschaften sehr gespalten sind. Und ansonsten sehr normopathisch. Das kapitalistisch-imperialistische System gebiert eine kranke, belliphile Gesellschaft. Das sah man bereits bei den Pandemiemaßnahmen, die von vielen begeistert mitgetragen wurden und nicht wenige ihr Blockwärtertum ausleben ließen. Und man sieht es jetzt auch an der Zustimmung zu Aufrüstung, Wehrdienst und Russlandsanktionen. Oder dem grassierenden Russlandhass.
„Die“ Herrscher stehen nicht allein und isoliert an der Spitze. Die Herrscherkaste hat vielmehr noch jede Menge Wasserträger und ihr gewogene Schichten um sich herum. Und da fängt das Problem an. Denn diese Gruppen wollen durchaus Krieg.
Die Mehrheitsdeutschen hatten bis mindestens 1943 auch kein Problem mit den Nazis. Die hatten den Franzosen aufs Maul gegeben, die hatten die Wirtschaft in Schwung gebracht, auf den Straßen auf- sowie Juden und Asoziale weggeräumt. Die hatten die großdeutsche Lösung verwirklicht und Memelland, Böhmen, Ostmark, Krain etc. ins Reich zurückgeholt, genauso wie das Elsass, Eupen und Malmedy. Erst als dann der „Bombenholocaust“ kam (den echten hat’s ja nicht gegeben, Irving und Co. haben da mal was ausgerechnet) und die Siege an der Front ausblieben, da gingen die ersten von der Stange. Weil man selbst betroffen war, Wohnung und / oder Söhne verlor. Weil die Hoffnung auf das Rittergut im Osten schwand. Ebenso wie die Chance ein Sieger und Herrscher zu sein.
@Altlandrebell
Zur Einnerung möchte ich noch hinzfügen, auch das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 fand doch nur statt weil der Krieg schon verloren war.
@ Otto0815
Stimme Ihnen zu.
Allerdings gab es zuvor bereits militärische Verschwörungsgedanken – und auch immer dann, wenn zu befürchten stand, dass eine Militärkampagne in die Binsen zu gehen drohte. Hitler wollte, wie in Friesers „Die Blitzkrieg-Legende“ nachzulesen ist, bereits im Herbst 1939 im Westen angreifen lassen. Was angesichts der enormen (gerade auch materiellen) Verluste beim Überfall auf Polen unter militärischen Gesichtspunkten reiner Wahnsinn gewesen wäre. Der damalige Generalstabschef Halder hatte deshalb Gedanken Hitler zu stürzen, wie konkret die waren, ist umstritten. Aus der Wikipedia (weil zu faul den Frieser aus dem Schrank zu holen^^):
Sehe ich auch so.
Guck mal in den Spiegel.
Aber da ist ja die Propaganda, die Du mit der Muttermilch bekommen hast, nicht sichtbar.
Das erklärt ALLES.
Wo waren Deine Großväter im Sommer ’44?
Naziturzucker kennt also nicht mal diesen Klassiker. Typisch für deutsche Herrenkreaturen.
Der Angriffs- und Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion ist in der so jämmerlichen wie blutrünstigen 153jährigen deutschen Geschichte sicherlich einer der widerlichsten Gipfel. Man darf es nie vergessen: es war schon in den frühen 1900er Jahren zum deutschen Ziel geworden das damalige Zarenreich abzudrängen, zu zerschlagen und Teile von ihm zu kolonisieren. Der Erste Weltkrieg wurde daher auch mit zwei Hauptzielen von Berlin vom Zaun gebrochen: zum einen, um endlich den Erbfeind Frankreich richtig zu besiegen und auf Dauer hin als europäische Großmacht auszuschalten. Und zum anderen, um den Erzfeind Russland zu beseitigen, bevor jener zu stark und wehrhaft wurde.
Da ersteres Ziel als allgemein bekannt vorausgesetzt werden kann, ein paar Takte zu letzterem. Russland war – worauf der viel verfemte Fritz Fischer hinwies – bis 1909, also bis gegen Ende der Kanzlerschaft Bülows, von Berlin als eine durchaus „befreundete Macht“ betrachtet worden. Zwar gab es bereits unter Bismarcks Nachfolger von Caprivi Überlegungen zu einem „Präventivkrieg“ gegen Petersburg und war – ein schwerer Fehler deutscher Außenpolitik – der Rückversicherungsvertrag von 1887 nicht verlängert worden. Die Konsequenzen aus letzterem (das frz.-rus. Bündnis von 1894) wurden aber irgendwie verdrängt und man hatte – interessanterweise mitunter auch in Person des Kaisers – selbst um 1904/05 herum noch die Hoffnung gehabt, Russland (wieder) auf seine Seite ziehen zu können. Damals hatte es starke russisch-britische Spannungen im Gefolge des Russisch-Japanischen Krieges und dem Zwischenfall auf der Doggerbank (Schiffe der Baltischen Flotte beschossen für japanische Torpedoboote gehaltene britische Fischkutter) gegeben, ebenso massive russische Irritation angesichts der ausbleibenden französischen Waffenhilfe im Krieg. Der von Willy und Nicky unterzeichnete Vertrag von Bjorkö wurde aber von den eigentlich die Macht in beiden Ländern habenden Kreisen rasch wieder einkassiert. Die dynastischen Verbindungen beider Länder zählten eben schon damals nicht mehr viel.
In der Folgezeit setzte ein massiver Wandel des deutschen Russlandbildes ein, insbesondere angetrieben von der Wissenschaft TM, ins Reich eingewanderten Baltendeutschen, sowie den Alldeutschen und diversen Militärs. Alle vier Lobbygruppen einte ein tiefer Hass auf Russland und Minderwertigkeitskomplexe bzw. Furcht vor dem angeblich überall agierenden Slawentum (Panslawismus). Schon damals wurde massiv Stimmung gemacht wegen eines angeblichen kurz bevorstehenden „Endkampfes“ zwischen „Germanen“ und „Slawen“. Schon damals hatte man Angst vor Russlands Militär und seiner so rasch wachsenden Demografie wie Wirtschaft. Durch dieses massierte Agitieren konnten bereits länger in der deutschen Öffentlichkeit kursierende Tropen über die „russische Gefahr“ natürlich massiv verstärkt werden. Die Feindschaft zu Russland vertiefte sich dann rasant ab der Bosnienkrise von 1909, nachdem Wien jene Region annektiert und Berlin Petersburg mit dem Einsatz seiner „schimmernden Wehr“ gedroht hatte, sollte es diesen Akt nicht hinnehmen. Schon damals galt eben: westliche (deutsche) Annexionen gut, russische böse. In Russland kam das alles mysteriöserweise gar nicht so gut an, ebenso wenig wie der 1904 oktroyierte Handelsvertrag, der deutsche Großagrarier und Industrielle massiv begünstigte. (Fun fact: Schon damals arbeiteten übrigens jede Menge „Russen“ und „Polen“ auf ostelbischen Gütern, weil es schlicht nicht genug „deutsche“ Landarbeiter gab.)
Bülows Nachfolger Bethmann Hollweg wiederum war ein von Antirussismus und zugehörigen Ängsten durchdrungener Mann. Er versuchte von Beginn seiner Kanzlerschaft an eine Annäherung an Großbritannien einzuleiten, während er gegenüber dem Zarenreich einen geradezu Baerbockschen Kurs fuhr, insbesondere während der Balkankriege. Zusammen mit Militärs und anderen war er auch am weiteren propagandistischen Aufbau des Feindbilds Russland beteiligt. Und gerade während der Julikrise war Bethmann Hollwegs Handeln auf vieles ausgerichtet, nur nicht darauf einen europäischen Großkrieg zu vermeiden. Ganz im Gegenteil – dieser galt ihm wie dem restlichen Berlin als „unvermeidbar“, insbesondere wegen der ja angeblich stetig wachsenden „russischen Gefahr“. Stattdessen versuchten das AA (Jagow, Stumm und Zimmermann – das ist der Typ mit der Depesche) und der Kanzler eine möglichst günstige Ausgangsposition für das Reich zu gewinnen – Wien betroffen, England neutral, Russland schuld und möglichst viele Satelliten (Italien, Rumänien, Bulgarien, Osmanisches Reich…) an Berlins Seite. Demgemäß verwundert auch das folgende Zitat jenes Wilhelm von Stumm zur Julikrise nur wenig:
Und geradezu zeitgenössisch klingen auch die Kriegsziele des damaligen Berlins, die nicht erst im legendären Septemberprogramm, sondern bereits in Bethmann Hollwegs Reichstagsrede vom 06.08.1914 umrissen worden waren und natürlich auch bereits zuvor schon mindestens intern zirkulierten. So etwas denkt man sich ja nicht nach zwei Flaschen Cognac über Nacht aus (wobei – wer weiß):
1) Abdrängung Russlands nach dem Osten (Zitat: „Zurückwerfung der russischen Grenze auf Moskau“)
2) „Revolutionisierung“ der westlichen Randvölker Russlands (Zitat: „Befreiung und Sicherung der von Rußland unterworfenen Völker“)
3) Ein Gürtel von auf Deutschland ausgerichteten Pufferstaaten, namentlich: Georgien, Ukraine, Baltikum, Krim, Polen, Finnland
Also im Grunde der ganze Scheiß, der dann in Brest-Litwosk 1918 verwirklicht wurde, inklusive Skoropadskis als „Hetman“ der Ukraine. Kurzum: Hitler und seine Truppe sollten später lediglich an bereits existierende Ziele und Vorstellungen anknüpfen und diese nochmals zuspitzen. Und Skoropadski und andere Gesellen aus diesem Umfeld waren es auch, die Hitler in den 1920ern in München maßgeblich prägten. Von nichts kommt eben nichts.
Und die deutsche Rechte heult bis heute natürlich, dass alles ganz anders und Berlin bloß das arme Opfer war. Dank Clark, Münkler, Barberowski und McMeekin hat man jetzt auch wieder populäre “Analysen”, die diese Schuldverdrängung zu stützen helfen. Aber zur Schuldverdrängung kommen wir weiter unten.
Gut, dass das mal einer erwähnt, denn das ist wichtig. Es wird zwar in westlichen Geschichtsbüchern gerne so dargestellt, dass die Sowjets aller Orten überrollt und hilflos niedergemacht worden seien. Fakt ist jedoch, dass der Feldzug von Beginn an für die materiell wie numerisch unterlegenen Deutschen kein „walk in the park“ war. Die Aufklärung hatte beispielsweise komplett verschlafen, dass die Sowjets in der ukrainischen SSR massiv Truppen zusammengezogen hatten – dementsprechend war dort der sowjetische Widerstand auch deutlich stärker als angenommen und die Deutschen mussten nicht erwartete Verluste hinnehmen. Ihrem mit „ambitioniert“ recht wohlwollend umschriebenen Zeitplan hinkten sie dort auch bald hinterher. Aber „der Russe“ war eben ein „Koloss auf tönernen Füßen“.
Ansonsten sei @ Bernie gedankt, dass er auf den damaligen „multinationalen Einsatz“ der „Speerspitze“ des Westens an dessen seinerzeitigen „Ostflanke“ hinwies. Ein Drittel der deutschen Truppen waren „Gastarbeiter“ – Rumänen, Ungarn, Italiener… In Fischers Schwarzer Reihe ist mal eine lesenswerte Monografie zum Thema <A HREF="hier“>erschienen. Allein hätten die Deutschen niemals genug Kräfte gehabt, um ihre Mordbrennerei anzugehen – was wie @ Bernie auch zurecht festhält natürlich nichts schmälert.
Ganz vorne mit dabei waren aber schon damals bekanntlich die Balten, die in voreilendem Gehorsam noch vor Eintreffen von Wehrmacht und SS auf Russen- und vor allem natürlich auf fröhliche Judenjagd gingen und später nicht selten freiwillig in der SS dienten. Und später trotz – oder eher: wegen – ihres Tätertums von der BRD Renten bekamen, im Gegensatz zu vielen Juden, Sowjetbürgern oder hiesigen „Asozialen“. Erinnert sei auch an die Massaker in und um Odessa, an denen Rumänen massiv beteiligt waren. Und schon die damalige Deutsch-EU hatte bereits eine “Gemeinschaftswährung” – die gute, alte Reichsmark.
Es ist übrigens auch nicht so gewesen, dass Stalin über Wochen depressiv im Bunker saß und grübelte, was er machen soll, denn er hieß Dschugaschwili und nicht Selenskyj. Vielmehr hat er sehr rasch gehandelt und die Evakuierung diverser Schlüsselindustrien und Fabriken angeordnet, beispielsweise aus dem Donbass, dem damaligen Herz der Sowjetwirtschaft. (Was nicht negiert, dass auf sowjetischer Seite auch massive Fehler begangen wurden.) Diese Verlagerung war zwar notwendig, sollte aber das – damals natürlich nicht absehbare – Resultat mit sich bringen, dass der wiederaufgebaute Donbass nicht mehr solitär stand, sondern nun mehrere (potentielle) Konkurrenzregionen neben sich hatte wie etwa den Kusbass, in den nach dem Überfall evakuiert worden war. Dass so viele Donbasser 1991 in der unabhängig werdenden Ukraine bleiben wollten, erklärt sich darum weniger mit ethnischen oder nationalistischen Motiven wie Kiew heute immer gern behauptet, sondern der Motivation dort eine industrielle und wirtschaftliche Avantgarde spielen zu wollen. Die ukrainische SSR war ja eine der reichsten Ecken der Sowjetunion und viele Donbasser hatten die Hoffnung am erwarteten Wohlstand und Fortschritt prosperieren und die Geschicke des neuen Landes beeinflussen zu können – während man mutmaßte, dass sich das selbstständig gewordene Russland auf dem absteigenden Ast befände. Und da hatte man keine Lust zu einem weiteren, “verrottenden” Oblast Rostow zu werden. Tja, am Ende verrotteten weder Rostow noch Kusbass, was dann auch die Donbasser bemerkten, die von ihren lieben galizischen Landsleuten nicht etwa als „Avantgarde“ erachtet, sondern als „faul“, „lethargisch“ und „asiatisch“ verunglimpft wurden…
Kennen eigentlich die ach so sensiblen, olivgrünen Woken, die ja 72 Geschlechter herunter beten können, wenigstens den Namen eines solchen Dorfes? Sie sind doch angeblich so geschichts- und sonstwie bewusst. Und ich frage nicht die JUler, Julis und JAler, die haben dafür schon qua ihrer politischen Sozialisierung nichts über. Ich frage nur die so Bewussten, die so Aufgeklärten, die, die so viel gelernt haben – und nicht mal nach 72 Dorfnamen, nur nach einem einzigen. Ach, für die Deutschen haben ja die Amis Auschwitz befreit und die Amis die Last des Krieges getragen. Was in Weißrussland abging – was ist überhaupt Weißrussland? Die Deutschen kennen ja allenfalls noch Oradour-sur-Glane und Lidice – wenn’s hochkommt. Von Orten wie Distomo, Kraljevo und Vinca haben sie nie gehört, geschweige denn jemals richtig für gesühnt oder ernsthafte Verantwortung für übernommen – wie sollen sie dann von Chatyn gehört haben?
Und man komme mir nicht mit lauwarmen Worten irgendwelcher Bundespräsidenten 80 Jahre später oder irgendeinem geschickten Blumenbouquet und Klassenfahrten zwecks Aufklärungstheaters und Yolocaust. Durch die Bank Verdrängung, Verleugnung und billige Tricks, um nicht an das heldenhafte Treiben der Vorfahren erinnert zu werden. Oder wie meine gottgläubige Verwandtschaft zu sagen pflegte: „Wie mit unserer armen SS in der Tschechei immer umgesprungen wurde!“ (Was hatte die arme SS eigentlich in „Tschechei“ und Jugoslawien zu suchen?)
q.e.d.
Sagen wir’s offen: Hätten die Deutschen so viel aus ihrer Geschichte gelernt, hätten sie weder das Pandemieregime mitgetragen noch das Sanktionsregime und die heutige Aufrüstung gegen Russland. Doch das hätte ein anderes System vorausgesetzt. Die Deutschen – wie die anderen Westler – jedoch leben im selben System, das den Ersten wie den Zweiten Weltkrieg entfesseln half. Dieselbe kapitalistisch-imperialistische Ordnung, dieselbe normopathische Gesellschaft. Erinnern ist unter solchen Vorzeichen eben auch nur eine Ware, eine Chimäre, ein Fetisch. Und ein Gedenkort oder Museum auch nur ein Markt. Und so bleibt er fruchtbar noch – der Schoß, aus dem das Üble kroch.
Zum Abschluss jetzt noch ein bisschen zünftige Musi – und solche über die Nachthexen. Falls die noch wer kennt. Und kommt mir nicht, die Stücke seien belliphil – das ist die ganze Gesellschaft, da werden die beiden ihrem weltanschaulichen Unterbau auch nicht weiter schaden…
Viel gelesen, nichts verstanden.
Das tut mir leid für Sie, dass Sie so wenig verstanden haben.
Ich weiß – für die Rechten ist es manchmal schwer. Aber am Ersten und Zweiten Weltkrieg waren nun mal nicht die “Zinsjuden von der Wallstreet”, nicht die pösen russischen “Untermenschen” und auch nicht die Freimaurer, Papisten, Kommunisten und Asozialen schuld. So sad.
Danke !
Es gäbe noch viel mehr zu erwähnen. So der freiwillige (!) Eintritt Zehntausender Norweger, Schweden, Flamen, Wallonen, Franzosen, Dänen…in die Waffen-SS. Oder die Konzentrationslager, die die Finnen in den von ihnen eroberten Gebieten für die Slawen errichteten.
„Komm und sieh“ sollte für jeden „Wessi“ verpflichtend werden.Aber ob das hilft gegen den über viele Jahrzehnte eingeimpften Russenhass?
Ein Detail zu den „Nachthexen“ : Die Wehrmachtsführung befahl den Truppen, weibliche Angehörige der Sowjetischen Armee grundsätzlich nicht als Kriegsgefangene anzusehen und deren „Erledigung“ den Truppen an der Front zu überlassen…
Gern!
Die von Ihnen genannten Freiwilligen werden auch im oben verlinkten Buch erwähnt. Zudem die Blaue Division, die Franco entsandte – zumindest so lange bis er merkte, wie der Wind an der Front wehte.
Und ob es was hülfe? Ich fürchte nein. Bei “Pflicht” klinken sich viele aus und zudem ist das Gift, wie Sie zurecht schreiben, längst zu tief eingedrungen. Das falsche Bild kann allenfalls nach dem Kataklysmos, dem endgültigen Zusammenbruch und Neuaufbau, korrigiert werden. Aber ob es dann noch was aufzubauen und zu korrigieren geben wird? Ich hege Zweifel…
Zünftige Musi zum heutigen Jahrestag? Da hätt’ ich auch was:
https://www.youtube.com/watch?v=ThjExwaIzJQ
(Sogenanntes Linksradikale Blasorchester, “Gedanken über die rote Fahne” – 00:10 bis 02:40)
Das Erinnern an die Gräuel des 2. Weltkriegs ist schon deswegen notwendig, weil sonst solche Leute wie Pistorius, Kiesewetter, Strack-Zimmermann, Baerbock, … mit ihren Meinungen, dass man kriegstüchtig werden müsse, durchkommen. Wenn man so will, ist es eine Impfung gegen Kriegstüchtigkeit und für Friedensfähigkeit.
Die Tatsache, dass man in Russland kaunm Hass auf Deutsche wahrnimmt, sollte Deutshce eigentlich stutzig machen. Welch eine andere Einstellung hat man hier vielfach.
Ich erinnere mich noch, dass es mal im ZDF eine Sendung zu der “Operation Barbarossa” gab. Dort wurde unter anderem gesagt, dass der Angriff die russische Führung total überrascht hatte, Ribbentrop hätte sich gewundert, wie wenig das sowjetische Militär auf den Angriff vorbereitet gewesen sei. Und dort wurde auch nur über den Angriff geredet, und nicht über die schwersten Kriegsverbrechen (Belagerung Leningrads, Vernichtung von Dorfbevölkerungen als Strafexpeditionen…) Und dann ging es auch im “Beutekunst”. Da wurde gefordert, dass Russland ihre Beutekunst ausliefern sollte, und nicht umgekehrt. Weil gesagt wurde, dass sowjetische Beute staatlicherseits war, während deutsche privater Natur war, man also als deutscher Staat keinerlei Möglichkeit hätte, diese auszuliefern. Als ob staatliche Beute schlimmer als private Beute sei. Zumal privat ja eh schon Raub bedeutet: privare = (be)rauben.
Das war mir damals schon – ich war noch in der Schule und hatte wemnig Kontakt zu irgendwelchen Alternativen, die es damals auch nur an den Unis gab – äußerst suspekt.
Jaja, das gute alte ZDF!
Zum Stand der sowjetischen Kriegsvorbereitung ein interessantes Verdikt vom anonymen Militärblogger „Big Serge“. Der schrieb:
Weitere Auszüge aus seiner Analyse hier:
Und weiter:
Stalin selbst war nach Kriegsbeginn auch, wie oben bereits angemerkt, keineswegs so lethargisch wie oftmals im Westen postuliert. Sachdienliche Hinweise aus der Wikipedia [sic!]:
Mitunter geht auch bei Wikipedia der Zensor pinkeln oder wird es zumindest vermocht wissenschaftliche Autoren zu zitieren, die an eingemauerten “Weisheiten” rütteln…
Was Ihr “Big Serge” da schreibt ist aber wirklich ziemlich platt.
Welche “demands” hatte Hitler denn gegenüber den Niederlanden, Belgien, Dänemark, Norwegen, Jugoslawien und Griechenland erhoben, bevor die Wehrmacht angriff? An Frankreich ergingen natürlich auch keine Forderungen. Das “Muster,” von dem “Big Serge” spricht, beschränkt sich bei Lichte besehen auf zwei Fälle: Tschechoslowakei und Polen. Punkt.
Eigentlich wusste die Führung der SU seit dem 3. Februar 1933, als ihr die Liebmann-Aufzeichnung der ersten Rede Hitlers vor dem dt. Generalstab übermittelt wurde, dass ein dt. Angriff auf die SU geplant wurde. Zudem hatten dt. und sowjetische Offiziere in Spanien gegeneinander gekämpft und die sog. “Achsenmächte” waren Unterzeichner des sog. “Antikomintern-Pakts” (Nov. 1936).
Deshalb wurden ja Befestigungsanlagen im Westen des Landes – die im Westen sog. “Molotow”-Linie und später auch die sog. “Stalin-Linie” aufgebaut.
Aber “eigentlich” ist eben nicht gleich “im Juni 1941”.
Die Deutschen versuchten die Truppenkonzentration an der zukünftigen Ostfront und die Vorbereitung des Angriffs über großangelegte Desinformation zu tarnen. Das war letztlich deshalb erfolgreich, weil Hitler-Deutschland im Jahre 1941 tatsächlich über zwei mögliche, auf der Hand liegende Wege zur Fortsetzung der Expansion verfügte: Landung auf den britischen Inseln (“Operation Seelöwe”) oder Überfall auf die SU.
Die Desinformation bestand m.E. letztlich darin, dass “das Grundrauschen” in beide Richtungen hochgefahren wurde. Also: Einerseits drangen deutsche Militärflugzeuge in den letzten Monaten vor dem Überfall immer häufiger in den sowjet. Luftraum ein und wurden anscheinend auch Gerüchte über den Überfall auf die SU verbreitet, andererseits gab’s “Operation Haifisch” und “Operation Harpune” , also Desinfo-Operationen, die einen bevorstehenden Angriff auf England vortäuschen sollten.
(Der GRU meldete am 1. Juni 1941, dass ca. 120 dt. Divisionen an der sowjet Westgrenze aufmarschiert seinen, aber ebenso 122 dt. Divisionen in Frankreich für den Überfall auf England bereit stünden.
https://cyberleninka.ru/article/n/kanun-voyny-rokovye-proschety/viewer)
Aus sowjetischer Sicht erschien ein Angriff im Juni tatsächlich als unplausibel, weil sich das Dritte Reich noch im Kriegszustand mit England befand und Ende Juni einen reichlich späten Termin für einen Angriff darstellte. Das bestätigte sich ja letztlich auch: Das Unternehmen Barbarossa verlief eigentlich optimal, führte aber dennoch nicht zum Triumpf des Blitzkriegs (im Jahre 1941).
Die Spannung im Vorfeld des Überfalls wird vielleicht am deutlichsten an einer Erklärung von TASS vom 13. Juni 1941, die auch im heutigen Russland ziemlich bekannt ist, im Westen aber zumindest in der Publizistik nie auftaucht. In dieser Erklärung wurde festgehalten, dass in der “internationalen Presse” Gerüchte über einen bevorstehenden Krieg zwischen der SU und Deutschland verbreitet werden, dass die SU nicht den Eindruck hat, dass Deutschland den Nichtangriffsvertrag brechen will und dass für die SU dasselbe gilt.
Eigentlich erhoffte man sich von diesem publizistischen Testballon irgendeine Reaktion einer deutschen Stelle, aber diese erfolgte nicht.
Dann hätte der stets wiederholte Befehl an die sowj. Grenztruppen bis zum 22. Juni 1941 wohl nicht gelautet: “Auf keinen Fall provozieren lassen”. Der vielzitierte Stalin hoffte recht eindeutig darauf, dass der unausweichliche Krieg (siehe oben) erst 1942 beginnen würde.
Ich muss sagen, bis zu einem gewissen Grad schätze ich “Bigserge”s Analysen, die recht materialreich und informativ sind, vor allem. wenn es um Militärgeschichte geht. Aber von Politik hat er wenig Ahnung. Ich halte die Darstellung in Gabriel Gorodetskys “Die grosse Täuschung” für nachvollziehbar und gut belegt: Stalin war sich von spätestens Anfang 1941 der Realität des bevorstehenden Angriffs bewusst und versuchte diese durch eine Art Appeasementpolitik zu verzögern. Er und die Stavka glaubten in der Tat, dies könne gelingen.
Die Geschichten über Stalins angebliche Untätigkeit nach dem Überfall sind Chruschtschowsche Fälschungen, Domenico Losurdo zerpflückt die gnadenlos in seinem Stalin-Buch.
Sicher kann man feststellen, dass die Dislozierung der sowjetischen Verbände ungünstig war, und die Kampfkraft und Organisiertheit der Nazitruppen unterschätzt wurde.
Es gab ja im Übrigen nicht nur “Seelöwe”, eine ziemlich aussichtslose Operation, und “Barbarossa”. Es gab auch den Plan der Seekriegsleitung, erst den gesamten Mittelmeerraum unter Kontrolle zu nehmen, von Gibraltar bis Suez und weiter, mit der Aussicht von antibritischen Aufständen im Mittleren Osten und bis Indien. In UK wurde das auch als kritische Bedrohung gesehen, und Gorodetsky beschreibt, wie die Stimmung und Kriegsbereitschaft in UK von Spätherbst 1940 bis in den Sommer 1941 in den Keller gingen und Stimmen für ein Arrangement mit Nazideutschland an Gewicht gewannen. Der Überfall war für UK eine Erlösung.
Tuchatschewski wäre in der Lage gewesen, die Wehrmacht auszukontern.
Aber der lebte ja schon einige Jahre nicht mehr.
Und nahm damit genauso wie Trotzki das “Geheimnis” des Mit-Verursachers des “Wunders an der Weichsel” mit ins Grab.
@ Luck
Hat der nicht vorhergesagt, die Deutschen würden im Juni ’41 angreifen?
Ansonsten – danke für den Hinweis / die Erinnerung an ihn; muss mir mal seine Schriften besorgen, gerade seine aufstandsbezogenen. Habe zu wenig von ihm gelesen.
Zunächst: Der gehört nicht mir, ist also nicht mein “Big Serge”. 😉
Dann: Werter @ Besdomny, ich verlinke hier auch bewusst Quellen, an denen man sich reiben kann – so auch jenen Blogger. Sein Alias ist natürlich eine Anspielung auf Sergei Witte – der Typ ist also mitnichten links geprägt. Aber er schreibt hin und wieder brauchbare Analysen zur aktuellen Lage in der Ukraine, wie @ aquadraht bereits korrekt festhielt. (Danke übrigens für den Hinweis auf Gorodetsky)
Beim meisten gehe ich mit Ihrem Einwurf auch d’accord @ Besdomny. Anders sehe ich diesen Punkt:
Ich gebe Ihnen recht was Benelux, Norwegen (wobei man da auch und Dänemark betrifft. Da hat Big Serge Holzschnitt verzählt.
Aber dem Anschluss Österreichs gingen massiver Druck und Drohungen Hitlers voraus, Signum dessen war zum Beispiel das Berchtesgadener Abkommen. [Für interessierte Mitleser: Die Sowjetunion hatte übrigens gegen jenen Akt protestiert, Mexiko ihn sogar vor den Völkerbund gebracht, deswegen gibt es in Wien einen Mexiko-Platz.]
Im Falle Jugoslawiens gab es ebenfalls massiven deutschen Druck, insbesondere solchen dem Dreimächtepakt beizutreten. Zitat:
Nach dem Staatsstreich in Jugoslawien vom 27.03.1941 kam es dann zur Neubewertung der Lage und Hitlers Weisung Nr. 25.
Griechenland wiederum versuchte über Monate hinweg eine deutsche Invasion abzuwenden, u.a. in dem man argumentierte, es gäbe keine britischen Truppen im Land etc. Was da an Drohungen und Hintergrundgesprächen lief, habe ich jetzt gerade nicht zur Hand. Mazower hatte da glaube ich mal was zu geschrieben.
Im Falle Frankreichs (das aber von Big Serge nicht erwähnt wird) gab es keine Forderungen, zumal von französischer Seite bereits Krieg erklärt worden war.
Man kann m.E. somit durchaus argumentierren, dass es vor großen deutschen Interventionen oder Annexionen ein Muster von Druckaufbau und Drohkampagnen gab. Auch wenn das nicht bei jeder Kampagne der Fall war. Also von der Hand weisen würde ich „Big Serges“ Punkt nicht.
„Operation Seelöwe“ war nicht nur ziemlich aussichtslos wie @ aquadraht schreibt, sie wurde nach Weisung Nr. 21 eigentlich auch nur noch pro forma und allenfalls zur Täuschung (wie Sie korrekt anführten) weiterverfolgt. Für die Sowjets müssen die anderen deutschen Optionen natürlich noch im Raum gestanden haben, aber auch bei denen sollten einige bemerkt haben, dass Hitler von seiner Idee einer Invasion Britanniens zumindest im Moment abgerückt schien und sich eher auf andere Räume konzentrierte.
Ich habe den „Above all-“ Satz zudem auch etwas anders gelesen, im Sinne von: „Wenn doch etwas geschieht, der Krieg früher kommt, dann sind wir gut gerüstet“.
Big Serge schrieb ja auch weiter oben in seinem Text:
Und das kann m.E. einerseits mit dem, was @ aquadraht zitiert, nämlich, dass man auf eine Verzögerungstaktik setzte, kombiniert werden. Ebenso mit dem von Ihnen zitierten Befehl an die Grenztruppen etc.
Hallo Gunther,
interessant bei all diesen Leuten wäre der Hintergrund, die Motivation, ihres Hasses gegen Russland und alles “russische” – Reine Bündnistreue zu den USA kann das nicht allein sein 😉
Übrigens Robert Habeck höchstpersönlich hat zugegeben ein “Heimatvertriebener” zu sein, der zudem sehr belastete NS-Vorfahren bzw. Verwandte hat (seltsam, dass das Overton M. kein Artikel wert ist, da Habecks Geständnis Ähnlichkeiten zu Frau Baerbock aufweist gleich “Heimatvertriebene” wo von ihren Großeltern…..was gehört haben?
Da würde ich als Journalist nachfragen, aber unser Mainstreamjournalismus ist ja reinstes Hasenfüße- bzw. Hofschranzentum.
Hier der Hinweis:
https://www.bunte.de/stars/star-life/stars-privat/robert-habecks-duesteres-familiengeheimnis.html
Was oft vergessen wird, die Faschisten (sogar Hitler und seine höchste Führungsebene in der NSDAP bzw. SS und Wehrmacht) hatten auch Verwandtschaft und Familie – die lieber im Verborgenen leben, und teils ganz andere Ansichten (zum Glück) als ihre Vorfahren und Verwandten vertraten, andere treten eben als Enkel in die Fußstapen ihrer Ahnen – z.B. Frau Melonie, die ja eine Enkelin von Mussolini höchstpersönlich sein soll – die deutsche Presse glänzt hier ja weitgehend von Untertanengeist – sonst würden die mal fragen wer in der Ampelregierung noch ein düsteres Familiengeheimnis hat – und woher der Hass gegen Russland kommt, der teilweise nur so erklärbar ist – zumindest für mich.
Bei Herrn Pistorius sehe ich die Motivation woanders – in der Bundeswehr, da er gedient hat – da würde mich interessieren bei welcher Einheit, und was für nazistische Sprüche die drauf hatten – früher.
Ich selber war Kriegsdienstverweigerer, und bin, anders als Herr Hofreiter (Grüne) immer noch “Lumpenpazifist”, aber hatte in meiner Jugend einen Saufkumpan, der von seiner Einheit schwärmte, die die selbe Uniform hatte wie die SS-Panzerdivision in Russland….
Ergo, die Saat ist fruchtbar noch aus der dies kroch……und bei Pistorius habe ich den starken Verdacht, dass er, zwar nicht in derselben, aber einer ähnlichen Einheit der Bundeswehr seinen Wehrdienst abgeleistet hat – Vielleicht irre ich ja auch und er ist nur vom “Alten Fritz”, auch als “Friedich der Große bekannt” und “dem großen Preußen” fasziniert…da waren wir Deutschen (=Preußen) noch echt Kriegstauglich…..”Kerls wollt ihr ewig leben!!!!!” oder so klang es einst aus preußischen Hoheitsmündern….und der Untertan, nicht nur der preußische, folgte mit seiner Kriegstüchtigkeit in 2 verlorene Weltkriege…..
Sarkastische Grüße
Bernie
Lieber Bernie,
es gibt meines Erachtens keinen Hass gegenüber Russland, sondern gegenüber ein souveränes und emanzipiertes Russland.
Als Knecht hält man sich “Russen” wie die ostelbischen Junker gerne. Aber man lädt sie nicht zum Kaffeekränzchen ein. Zumindest keine sowjetischen (Untermenschen).
Und erfährt der “Generalplan Ost” die letzten Jahre keine dritte Auflage und ist wie dessen Vorgänger schon einige Zeit damit beschäftigt, grandios zu scheitern?
Das deutsche Volk ist (und war) eben grandios.
Vor allem beim scheitern.
Und damit hat es immer ziemlich viel Glück gehabt.
Denn die Alternativen der Jung-Idealisten wären wesentlich schwerere Kost für die schon immer charakterlich verwahrlosten Weicheier gewesen.
Gut, im Austeilen waren sie keine Weicheier und haben ihre Unmenschlichkeit heroisch ertragen.
Der Untertanengeist mit bürokratischer Vorbildung und preußischem Pflichtbewusstsein half dabei gehörig mit.
Ja, lieber Luck den Verdacht hege ich auch:
“[….]Gut, im Austeilen waren sie keine Weicheier und haben ihre Unmenschlichkeit heroisch ertragen.
Der Untertanengeist mit bürokratischer Vorbildung und preußischem Pflichtbewusstsein half dabei gehörig mit[….]”
Der gute Herr “Kriegstüchtig” Pistorius sollte sich lieber Kriegs- statt Verteidigungsminister nennen, denn er orientiert sich am “Alten Fritz” und dem preußischen Größenwahn und Militarismus, der 1945 eigentlich sein Ende gefunden haben sollte.
Zynische Grüße
Bernie
Pistorius orientiert sich wohl eher an Typen wie Noske. Das wäre dann schlicht so gelebte wie ganz alte „sozialdemokratische“ Tradition…
@ Luck
Da möchte ich Ihnen widersprechen.
Die Russen sind doch oftmals bereits als solche, qua ihrer bloßen Existenz, verhasst. Ist wie bei anderen rassifizierten und abgewerteten Gruppen – Juden, Roma, Schwarze, Muslimen, „Asozialen“. Und auch als Knecht dienen solche “Untermenschen” allenfalls übergangsweise – wenn sie nicht mehr gebraucht werden, werden sie beseitigt und gut. Oder wenn sie nicht mehr „leisten“ können.
Wenn der Russe / Jude / Zigeuner / Neger / Kameltreiber… dann auch noch emanzipiert und gebildet ist, potenziert sich der Hass doch nur.
@ Altlandrebell:
Der jetzige Hass auf Russland basiert ja darauf, dass Putin einen eigenen Kurs fährt und nicht so wie Jelzin einen westfreundlichen, was erst die Tragödien in Jugoslawien ermöglicht hat.
Ein Russland, dass bereit wäre, sich dem Westen als El Dorado für lukrative Geschäfte anzudienen, würde ganz anders betrachtet werden.
Die Todesspur der Jelzinjahre interessiert im Westen nahezu keine Sau.
Und ein kleines Fünkchen Restverstand oder Anstand würde genügen, um nach den historischen Erfahrungen Russlands dessen Sicherheitsbestrebungen als besonders als besonders ausgeprägt zu betrachten.
“[….]Die Erinnerungen an den Großen Vaterländischen Krieg werden in Russland vor allem durch sowjetische Lieder und Filme wachgehalten, die zu den wichtigen Jahrestagen im Fernsehen gezeigt werden. Doch in der Jugend sind sie nicht so verankert wie in der älteren Generation. Bis zum Einmarsch in der Ukraine, also bis zu dem Zeitpunkt, als Russland begann, faktisch in einer Art Kriegszustand zu leben, war es zu merkwürdigen Vorfällen gekommen. Jugendliche provozierten an Gedenkstätten des Zweiten Weltkrieges in der russischen Provinz mit Würstchen-Grillen am Feuer des Unbekannten Soldaten oder Foto-Sessions in knapper Bekleidung[….]”
Wirklich merkwürdig? Vielleicht liegt es daran, dass etliche Jahrzehnte ins Land gegangen sind, seit der 2. Weltkrieg vorbei ist?
Seit dem Überfall 1941 sind immerhin 83 Jahre vergangen 😉
Also kann man der russischen Jugend nicht verdenken, dass die denkt, dass ist längst vergangen, und das Leben spielt im hier und jetzt – in der Gegenwart.
Vielleicht nervt auch die alte, einstige UDSSR-Propaganda, die Ulrich Heyden beschreibt?
Also ein Akt jugendlicher Rebellion, der auch im Westen nicht gänzlich unbekannt sein dürfte?
Das wissen nur die russischen Jugendlichen. warum die sich so verhalten, aber ich denke die Sache ist gar nicht so mysteriös wie Ulrich Heyden im Artikel schreibt.
Redet man einmal hier mit Menschen – nicht nur mit Jugendlichen – dann stellt man rasch fest, dass nicht einmal die eigene Geschwisterschaft etwas darüber weis was die UDSSR mitgemacht hat – mangels Geschichts- oder Politikinteresse.
Tragisch wird die Sache dann wenn selbige Geschwisterschaft eine Tochter hat, die mit einem Russlanddeutschen 3 Kinder, 2 im Kindesalter und ein neugeborenes Baby, hat – da sollte man doch ein bißchen Interesse für den Schwiegersohn und dessen Verwandtschaft, und deren kulturellen Hintergrund, mitbringen? Oder?
Obwohl?
Egal, dass ist das Problem meiner Schwester, als Schwiegermutter eines russischdeutschen Mannes.
Übrigens, dass betrifft nicht nur den Überfall auf die UDSSR sondern das Interesse an der Zeit generell – sind immerhin beinahme 100 Jahre, und sind wir mal ehrlich, wer interessiert sich in 100 Jahren noch für das was damals stattffand?
Ich halte das für menschlich überaus normal, ist eben der Lauf der Zeit….irgendwann sind wir alle einmal vergessen, und die historischen Ereignisse die wir duchleben mußten….das gilt sogar für einst ganz große geschichtliche Gestalten, die neben Hitler, Churchill, Roosevelt, Stalin , Mao, Hirohito, Mussolini und Co. in derselben Zeit existiert haben dürften….der unaufhaltsame Lauf der Menschheitsgeschichte eben – seit immer schon 😉
Gruß
Bernie
ist eben der Lauf der Zeit…
Mit einer Ausnahme: Die Judenverfolgung ewige Schuld und ewiger Freibrief….. cui bono ??
@Grottenolm
Na ja was die Judenverfolgung angeht, da sehe ich es anders, aber die Israelis, unter der Regierung von Netanjahu, arbeiten ja fleißig daran auch das zu relativieren – mit dem Massenmord an den EinwohnernInnen von Gaza den Mensch nicht Genozid nennen darf.
Übrigens bei der Shoa denke ich immer dran zu welchen Menschheitsverbrechen Mitmenschen fähig sind, die an
M i t m e n s c h e n
Unvorstellbares, und ewig Unverzeihliches, begehen 😉
Ob diese Opfer des Holocaust zufällig als “Juden/-innen” geboren, und gesehen, wurden macht das Verbrechen der Nazis nicht weniger zum Menschheitsverbrechen…..und sollte daher auch ewig erinnert, und gesühnt, werden.
Sollte übrigens für jeden Genozid, jedes Kriegsverbrechen gelten das an Mitmenschen begangen wird – es sollte egal sein welcher Religion oder Nationalität die angehören – allein das
M i t m e n s c h e n
… so etwas durchmachen müssen rechtfertigt die Ewige Strafe für die Täter dieser Menschheitsverbrechen….und die ewige Erinnerung daran…..
Sorry, nur meine bescheidene Meinung…..
Gruß
Bernie
PS: Selbstverständlich sollte man auch die Euthanasie-Verbrechen erwähnen….die an Mitmenschen begangen wurden 😉
@ Bernie
Und bitte auch nicht vergessen die Verbrechen an Menschen, die als sogenannte „Asoziale“ bezeichnet, verfolgt und ermordet wurden… die allermeisten haben nach dem Krieg und der „Befreiung“ nie einen Pfennig gesehen. Vielen (insbesondere in der Justiz) galten sie als zurecht im KZ gesessen…
Danke für den Hinweis – ich meine ja alle Mitmenschen – und schließ die sogenannten “Asozialen” natürlich mit ein….und alle anderen Opfergruppen auch, sollte ich eine vergessen haben von den vielen, die es noch im NS-Staat gegeben haben soll 😉
Gruß
Bernie
Das ist einer der wichtigsten und berührendsten Sätze im Interview.
Hier haben wir eine Frau, der – wie so vielen anderen in Ihrer Familie, Heimatstadt und dem Rest der Sowjetunion – unermessliches Leid angetan wurde. Und trotzdem führte dieser tiefe, scharfe Schmerz nicht zum Hass, nicht ins Destruktive, nicht in den umgekehrten Vernichtungswillen. Die russische Gesellschaft scheint deutlich weniger normopathisch zu sein als die westliche im Allgemeinen und die deutsche im Speziellen. Eine Folge der Sowjetzeit – oder weiter zurückreichend? Was meinen die Historiker und Kenner im Forum?
Ich habe diese Entstellung übrigens selbst im Austausch mit vielen Russen erlebt. Gehört und gesehen, dass sie keinen Groll heg(t)en. Dass sie sehr früh zur Vergebung und Versöhnung bereit waren – oder ihre Vorfahren, bei Angehörigen der jüngeren Generation – und den Deutschen die Hand reichten. Sie einluden, bei sich bewirteten – menschlich waren.
Und was tat und tut der Mehrheitsdeutsche, ob in der BRD von früher oder der von heute?
Die deutsche Regierung will nichts wissen und verweigert. Der Mehrheitsdeutsche will nichts wissen – außer vielleicht von seinem Weltkriegsleid, das allerdings die Folge seiner eigenen Taten war! – und verweigert sich tiefgreifende Geschichtskenntnisse anzueignen, die über die Propaganda in Schulbüchern, Wikipedia und GEZ-Dokus hinausgeht. Der Mehrheitsdeutsche nimmt die Hand – aber nicht jene der Russen, sondern die der Mittäter von früher. Die Hand von Balten, Ukrainern et cetera. Der Mehrheitsdeutsche will eine Flugverbotszone über der Ukraine, will Waffenlieferungen und beklatscht Aufrüstung genauso wie Auftrittsverbote für russische Künstler.
Im Politbarometer hieß es neulich:
Ja, natürlich kommt es auf die Fragestellung an und sind die meisten Umfragen für die Tonne. Aber es gibt auch schlicht zu viele Leute, die sich nicht informieren oder bloß als angepasste Mitläufer in Reih und Glied marschieren. Oder die ideologisiert sind und in diesen Krieg ziehen wollen – weil sie einen Siegfrieden erhoffen. Auschwitz haben die Mehrheitsdeutschen den Juden nie verziehen – und Stalingrad und Leningrad nie den Russen.
PS: Ich schrieb vom „Mehrheitsdeutschen“, weil es ja auch andere hier gibt. Aber die sind eben die Minderheit. Wie bei den Pandemiemaßnahmen. Ein Fünftel / ein Viertel war in der Spitze dagegen oder ließ sich nicht impfen. Und sonst? 25 – 35 % ideologisierte (Mit-)Täter, 35 – 50 % (nagelt mich nicht fest) Mitläufer. Man kennt das Schema ja.
Lieber Altlandrebell,
vielleicht denken die Menschen in Russland wie viele Deutsche, die das aber so öffentlich nie sagen würden, eher noch im vertrauten Familienkreis – alle Völker wollen Frieden, nur die PolitikerInnen und Kriegstreiber bzw. Pfeffersäcke sind das Problem.
Diesen Satz habe ich so von meinem Vater gehört, als es noch den 1 Kalten Krieg mit der UDSSR gab.
Er war übrigens Kriegsgeneration, und sprach aus Erfahrung, da er nach Kriegsende 1945 eine sehr gute Freundschaft ins elsässische Frankreich pflegte, die, trotz Nachkrieg und Elend, grenzüberschreitend ausgebaut wurde – und bis an das Lebensende von ihm, und seinem französischen Freund, hielt.
Diese Einstellung habe ich – als “Lumpenpazifist” wohl von ihm geerbt, denn “die Großen” sind nicht die globale Mehrheitsbevölkerung, und wenn man privat unter sich ist, dann versteht man sich besser als man denkt
Wie oben erwähnt – “Die Kleinen Leute sind nicht das Problem, die Großkopferten sind das Problem”…..
Weise Worte meines Vaters mit dem ich, dass muss ich sagen, auch nicht immer einer Meinung war, aber hier lag er goldrichtig, da er nach 1945 die Erfahrung gemacht hat, dass Not und Elend auf beiden Seiten der Grenze die Menschen eher zusammenschweißen als trennen – lange bevor Frankreichs Präsident und Ex-Kanzler Helmut Kohl die deutsch-französische Freundschaft offziell besiegelt haben….
Gruß
Bernie
Lieber Bernie,
danke für Ihre Antwort.
Fand ich sehr berührend, was sie über Ihren Vater und seine Freundschaft zu dem Elsässer schrieben. So etwas gab / gibt es zum Glück auch!
Ansonsten sind wir wohl in zwei sehr unterschiedlichen Familien aufgewachsen. Mein einer Großvater war Panzerkommandant der Wehrmacht, dann später in der Bundeswehr. Seine Frau hatte noch persönlich für den „Anschluss“ gestimmt und das waren noch nie harmlosen Teile jenes Familienzweigs. Andere waren gottgläubig/A> und trauerten wegen ’45 noch jahrzehntelang. Mit Aussöhnung war da wenig, allenfalls Katzbuckeln vor den Amis, von denen man hoffte, sie würden irgendwann gegen die „gottlosen Iwans“ ziehen (und dann wieder verschwinden).
Wie ich oben unter dem Kommentar eines Mitforisten schrieb, habe ich es ja nicht so mit Kollektivzuschreibungen – seien es „die“ Russen, „die“ Deutschen oder „die“ Frauen. „Die“ gibt es nicht, deswegen ist es gut, dass Sie „viele“ verwendeten. Und natürlich gibt es auch hierzulande viele, die anders über Russland denken – bei Overton finden sich sogar jede Menge! 😉
Allerdings ist m.E. leider zu beobachten, dass eine gewisse Mehrheit der Leute hierzulande nicht so denkt – sonst würden die nicht so begeistert Sanktionen, Aufrüstung und sonstige irre Geschichten mittragen. Selbst wenn sie im Stillen anders denken, ändern sich nichts und sie verharren im Mitläufertum, Mittragen und Abnicken. Das merkt man ja auch im Gespräch. Und dann sind nicht nur „bloßes“ Mitlaufen oder Nichtwissen(wollen), sondern auch Vorurteile, blanke Ideologie und Hass auf „Ander(sgeartet)e“. Leider auch bei „einfachen“ oder „kleinen“ Leuten, nicht nur bei „Pfeffersäcken“.
Gruß
Altlandrebell
Das “Mir”-Kollektiv war eine wesentliche Konstante in der russischen Geschichte. Man wusste, dass man im selben Boot saß.
Und Russen drängt es nicht so wie Germanen zur Herrschaft. Wenn, dann zum Nicht-beherrscht-Werden.
Eine sowjetische Grundhaltung ist ja nicht das Gegenteil dessen.
Klar, dass man den Autor im Medien – Betrieb nicht mehr mag. Er stört bei unserer Abrechnung mit den Russen. Wir haben mit denen noch Rechnungen für Opas Tod in Stalingrad offen.
Die Gründungsthese der Westrepublik war immer, dass das mit den Juden nicht in Ordnung war – aber der Russe….
Kein Text, der einen ruhig in die Nacht gehen lässt. Trotzdem danke.
Wahre Worte, leider nur allzu wahr, denn wie schon gesagt, es gibt, und gab, immer noch Menschen in Deutschland, die nichts von den deutschen Menschheitsverbrechen gegenüber fast 30 Millionen Russen wissen – der Kalte Krieg hat’s verhindert, und später das Desinteresse der Deutschen Mainstream-Medien, und der hier lebenden Mehrheitsbevölkerung an der Geschichte Osteuropas und Russlands…..ein Fehler, der sich jetzt rächt….
Gruß
Bernie
Den Sänger Shaman habe ich mir ein einziges Mal angeschaut, das Lied “mbi” wir. Das ist eine total faschistische Inszenierung, die NAZI-Filmerin Riefenstahl hätte es nicht besser machen können. Wie kann man das nur gut finden,?
Liebe “Annette” woher kennen Sie die NAZI-Filmerin Leni Riefenstahl, die für einen rassistischen Sklavenhalterstaat namens NS-Deutschland sang, und wie kommen Sie darauf einen russischen Sänger namens Shaman, auf den immerhin ein Attentat, von der Ukraine angestiftet, in der Krokus-City-Hall scheiterte, da er einen Auftritt dort nicht wahrnahm, und die Attentäter schlecht informiert waren? Einen Sänger eines Russland, dass im Gegensatz zur Heimat Riefenstahls, man kann es nicht oft genug erwähnen ein Vielvölkerstaat ist, der aus 300 unterschiedlichen Völkern besteht.
Kurz nach dem Attentat sang er übrigens dies hier:
https://www.youtube.com/watch?v=6qN5idnVLog
…soviel zu Ihrer Unterstellung, und ihrem abartigen Vergleich, der für sich selber, und gegen Sie, spricht.
Wie kann Mensch nur – obwohl seit Selenskij ist es ja üblich geworden dem politischen Gegner in Russland die e i g e n e faschistische Einstellung zu unterstellen – spricht eher gegen Selenskij (der rumrennt wie einst Mussolini, Franco und Hitler – in Militäruniform; fällt nur mir das auf? Im Gegensatz dazu der angeblich “böse” Putin, immer in zivil, und wie heutige PolitikerInnen generell auftreten) – da bekommt der Begriff “eingefrorener Konflikt” einen ganz neuen Sinne, wann man die Bandera-Leute in der Ukraine denkt, die wohl irgenwo im Ewigen Eis ab 1945 eingefroren waren, und nun frisch aufgetaut in der Ukraine ihr Unwesen treiben dürfen.
Übrigens, wieso stellen Sie sich nicht, wie andere in der Welt, die Frage ob Deutschland wohl die falschen “Guten” in der Ukraine unterstützt – in der typisch deutsch-russophoben Verblendung?
Wäre nicht das erste Mal in der Geschichte, dass Mensch auf das falsche Pferd setzt – Italien hat ja im 2. Weltkrieg auch die Pferde gewechselt, als alle, außer Mussolinis Schergen, merkten mit was für Menschheitsverbrechern man sich gemein gemacht hat – spätere Generationen werden wohl ein ähnliches Urteil über Deutschland/die USA/den “Wertewesten” seit 2022 fällen, da bin ich mir (fast) sicher.
Zynische Grüße
Bernie
Danke für den Einblick in die Erinnerungskultur, der zeigt, dass der berühmte Vers Olga Bergholzs vom Nicht-Vergessen in Russland noch Resonanz findet. Auch danke für die Hinweise auf die Lieder, wobei das Lied von Shaman zwar zugegebenermaßen gut gemachte Pop-Musik ist, aber auch heroisch und den Krieg verklärend. Da ist Igor Rasterjaew subtiler, z.B. in einem Lied von 2016 über die Sinnlosigkeit des Kriegs im Donbass (https://youtu.be/MvSH-LZrT7A). [1]
Es gibt in Russland aber auch eine Liedtradition, den Krieg in seiner ganzen Hässlichkeit zu zeigen. Aus den 90er und 00er Jahren z.B. von Alexander Korenjugin, dessen Lieder mit Blut geschrieben sind, wie z.B. “Afghanistan” (https://youtu.be/31-wUowqr8s): “Afghanistan ist ein verdammtes gebirgiges, wildes Land. Der Befehl ist einfach: Steh auf, geh und stirb. Doch wie kann das sein, denn es ist längst Frühling auf Erden, und das Herz ist voll von Träumen und Trauer.” [2] Und auch über den zweiten Weltkrieg gibt es andere Lieder, wie z.B. “Panamki” von Vadim Egorov (https://youtu.be/aSrq8-ydajg), in dem sogar ein Schrecken verbreitendes deutsches Wort vorkommt (“Messerschmitt”) und der Titel die weißen Hüte der Kindergartenkinder meint, die nach der Bombardierung des Evakuierungsschiffes wie Seerosen auf dem Fluss schwimmen. [3] Und natürlich die poetisch allegorischen Lieder von Wisotzky (“Wolfjagd”, “Das Lied von der Erde” [4]).
Hier ein paar Hinweise wie man die Texte der erwähmtem Lieder findet, die man dann mit Deepl oder Google-Translate übersetzen kann:
[1] Text des Lieds von Rasterjaew: https://learnsongs.ru/song/igor-rasteryaev-boi-82268
[2] Text steht in der Videobeschreibung
[3] Originaltext und deutsche Überstezung findet man z.B. hier: https://hinter-den-schlagzeilen.de/%d0%b1%d0%b5%d0%bb%d1%8b%d0%b5-%d0%bf%d0%b0%d0%bd%d0%b0%d0%bc%d0%ba%d0%b8
[4] Text steht in der Videobeschreibung unter dieser historischen Liveaufnahme: https://youtu.be/oTLRuDbh4d8
Noch ein Gedanke zum Abschluß des Themas, die Russen haben eben, ganz im Gegensatz zu uns Deutschen noch ein gesundes Nationalbewußtsein (eines Vielvölkerstaates, die sich, trotz aller aktuellen Spaltungsversuche aus dem “Wertewesten” alle sympathisch Moskau zuwenden) wo sogar die eigene “Deutsche Trikolore” (= Schwarz-Rot-Gold) nur jetzt in Fußballfieberzeiten erlaubt ist – ansonsten soll regierungsoffziell die Regenbogenfahne gezeigt werden, weil das eigene Nationalbewußtsein ja angeblich “rechts” sein soll. Die Herkunft der “Deutschen Trikolore” ist längst vergessen – die galt 1848/49 als Zeichen des Aufruhrs und der Revolution gegen die Fürstentümer und damalige Obrigkeit – nur mal so zu Erinnerung für Vergessliche, die bei der eigenen Fahne rot sehen…..
Übrigens, dass russische Nationalbewußtsein reicht so weit zurück, dass die längst vergangene Ereignisse erinnern, die in Deutschland nur als Frankreichs Einfall in Russland bekannt sind – die Sache hatte, schon damals, eine Vorgeschichte, denn der damalige Zar war Allierter gegen Napoleon, und daran erinnern in Russland noch heute Denkmäler:
“[…..]Nach den Koalitionskriegen, die 1799 zu einer militärischen Begegnung zwischen französischen und russischen Truppen in der Schweiz und zur berühmten Alpenüberquerung General Alexander Suworows geführt hatten, setzte sich Zar Alexander I. massgeblich für den Fortbestand einer unabhängigen Schweiz ein[…]
https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/003376/2016-01-27/#HFeindbilderundIllusionen
….ja, ich weis, auch die Schweiz ist heute ein undankbarer Freund des “Wertewestens” und leider nicht mehr neutral zu nennen…..
Sarkastische Grüße
Bernie
“Übrigens, dass russische Nationalbewußtsein reicht so weit zurück,”
Wer Kinder in der Schule hat weis (soweit nicht selbst schon verblödet), dass ein systematischer Geschichtsunterricht kaum noch vorkommt.
Alles wird in zusammenhanglose Einzelereignisse zersetzt. Kausalzusammenhänge werden kaum vermittelt.
Jede realistische Vorstellung vom Weltenlauf soll ausgelöscht werden.
Es hängt immer vom Lehrer ab, aber im Prinzip geht es immer nur um Schuld wegen Judenverfolgung.
Lieber Grottenolm
eigentlich doch eine alte Tatsache.
Ich lernte vieles was ich heute weis außerhalb der Schule – auch früher schon 😉
Das deutsche Schulsystem ist doch nicht erst jetzt auf den sprichwörtlichen “Hund” gekommen, die Sache fing schon in den 1980ern an…..
Zumindest was den Politik- und Geschichtsunterricht angeht kann ich das für früher bestätigen, da wurde das Thema Deutschland, und die Schuld der Deutschen am Tod von 27 Millionen Sowjetbürgern im 2. Weltkrieg schon früh ausgeblendet – davon erfuhr ich nur wegen persönlichem Interesse, da es sogar im Westen Deutschlands sowjetische Kriegsgefangene gab, die in Zwangsarbeit verreckt sind…..ein Thema, dass bis heute totgeschwiegen wird – und was die Schuld wegen der Judenverfolgung angeht, die kam zwar auch vor, aber es wurde auch daran erinnert, dass es auch andere Nazi-Opfer gab, und das man die NS-Opfergruppen nicht gegeneinander ausspielen darf.
Tja, lange ist’s her – heute denkt man ja nur an die Shoa, klammert dabei übrigens aber auch vieles aus – die Schuld der beiden deutschen Großkirchen z.B. an der Vorbereitung des Holocaust, der Shoa….ein heißes Eisen bis heute, denn sonst müßte man die römisch-katholische Kirche komplett verbieten…..also besser das Thema ganz ausblenden, ein ganz gefährliches heißes Eisen, da es sich niemand mit der Kirche – der katholischen wie der evangelischen – auf immer verscherzen will.
Gruß
Bernie
Danke für die Erinnerung !
Die “Qualitätsmedien” werden sich ausschweigen.
Was mir auffällt, wenn man so die Nachrichten sieht. Russlands Führung: ernste , grimmige besorgte Gesichter – Westen. dümmliche Arroganz, eine seltsame Lockerheit und Fröhlichkeit, allenthalben lachende, gelöste Gesichter. (außer Habeck , Selenski in ihren Rollen, allerdings schlecht gespielt muss man sagen). Da braucht es keinen Text weiter, da weis man wer sich von Verantwortung gedrückt fühlt und den Krieg als aufgezwungenes Übel empfindet. und wer keinerlei Verantwortungsbewusstsein hat und den Krieg als riesen aufregendes Abenteuer, empfindet, der ihnen wie eine Badekur bekommt… Es ist die Fröhlichkeit kleiner Kinder, die Scheiße gebaut haben und merken, dass sie die Schuld auf andere schieben können.
Ein paar Anmerkungen und Hintergrundinfos, die im Artikel fehlen:
1. Die sehr hohen sowjetischen Kriegsverluste haben in hohem Maße AUCH mit der skrupellosen Kampfweise der Roten Armee im Hinblick auf die Verluste der eigenen Soldaten/Bevölkerung zu tun, bei der sehr viele nur mangelhaft bewaffnete und ausgebildete Soldaten im vollen Bewusstsein ihres baldigen Todes “verheizt” wurden.
Dies betrifft keineswegs nur die Defensivoperationen, z.B. bei Stalingrad, sondern auch die Angriffsoperationen der Roten Armee in den Jahren 1943 – 45. Aber auch besser ausgerüstete Truppenteile wurden oft zu aussichtslosen Frontalangriffen gezwungen, da man wusste, dass man über größere Reserven verfügte und die Wehrmacht trotzdem geschwächt würde.
Bereits die Brussiolow-Offensive im Ersten Weltkrieg gegen Österreich-Ungarn in der heutigen Westukraine hatte 1916 eine ähnliche Gleichgültigkeit gegenüber eigenen Verlusten gezeigt.
Die Gründe für diese Art der Kriuegsführung liegen somit wohl teils in der Tradition der russischen Generalität, teils aber auch in Stalins Forderung, bestimmte operative Ziele innerhalb eines bestimmten kurzen Zeitraumes unbedingt zu erreichen, um gegenüber den Westalliierten eine bessere Verhandlungsposition zu haben. Hinzu kam der Ehrgeiz der jeweiligen Oberbefehlshaber bestimmter Frontabschnitte, z.B. Schukow.
Wäre die Ostfront auf russischer Seite stattdessen mit britischen oder amerikanischen Oberbefehlshabern und angelsächsischen Sodaten besetzt gewesen, so wären die Verlust mit absoluter Sicherheit sehr viel niedriger gewesen. Dies allerdings in Verbindung mit einer längeren Kriegsdauer.
Dass daneben natürlich auch die entsetzliche Behandlung der sowjetischen Kriegsgefangenen, die Einsatzgruppenmorde und die rücksichtslose und rassistische deutsche Kriegsführung im Hinblick auf die Zivilbevölkerung (z.B. in Leningrad) eine große Rolle, spielen ist klar und längst bekannt.
—
2. Die hier vereinzelt zu lesende Ansicht, dass die SU vom Angriff nicht überrascht worden sei, hätte ich gerne durch anerkannte Quellenverweise belegt.
Zwar ist bekannt, dass es Warnungen und Hinweise gegeben hatte, doch führten sie meines Wissens nicht zu einer Situation des militärischen Vorbereitetseins.
Die SU hätte ja nämlich sonst ihre erheblichen in Grenznähe stationierten Kampfverbände (etwas über 3 Mill. Mann ) etwas zurückgenommen und in eine taktisch bessere Verteidigungsposition gebracht.
https://de.wikipedia.org/wiki/Zweiter_Weltkrieg#Krieg_gegen_die_Sowjetunion,_Juni_1941_bis_Oktober_1942
Warum die SU so zahlreiche Truppen in Grenznähe hatte, hat ja schon in der Nachkriegszeit bei deutsche Revisionisten zu allerlei Behauptungen und sogar zu jener Präventivkriegsthese Anlass gegeben. Ich persönlich hielt und halte diese These für falsch – jedenfalls im Hinblick auf den Sommer 1941. Wie sich Stalin zu einem späteren Zeitpunkt verhalten hätte, bleibt eine interessante Spekulation. Jedenfalls ist bekannt, dass Stalin die Vorstellung vertrat, dass die SU zunächst abwarten sollte, bis sich die kapitalistischen Mächte des Westens kriegerisch genug verausgabt hätten, um dann selber aktiv zu werden. Dieses Aktivwerden war m.E. aber noch nicht für diesen Zeitpunkt, also den Juni / Juli 1941 geplant.
Dass der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt von 1939 angesichts der extrem imperialistischen Grundorientierungen und der ideologischen Positionen von Hitler UND Stalin nur für eine gewisse Zeit würde halten können, müsste jedem Kenner der Materie sowohl damals wie auch später klar gewesen sein. Hier dürfte keine keine dauerhafte friedliche Koexistenz möglich gewesen sein.
Die Öffnung der sowjetischen Archive nach 1991 führte dann hinsichtlich der obigen Thematik zu teils doch überraschenden Funden. Wie der aktuelle Forschungsstand ist, vermag ich nicht genau zu sagen, aber die Dinge scheinen insgesamt doch etwas komplizierter zu sein als manche meinen.
Wer sich hierzu einlesen möchte: https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4ventivkriegsthese#Debatte_der_1990er-Jahre
Na ja, danke für die Hinweise, und – ohne Wikipedia – aus meiner Schulerinnerung Stalin führte in der russischen Generalität kurz vor 1941 eine “große Säuberung” durch – auch das führte dazu, dass die Rote Armee einen schlechten Stand hatte als die Wehrmacht, und die SS, in die Sowjetunion einfiel.
Ihre anderen Ausführungen teile ich so nicht, da Hitler ja bereits in “Mein Kampf” geschrieben haben soll, dass ich als kommentierte Ausgabe früher einmal lesen durfte, dass der Krieg gegen die UDSSR als Vernichtungskrieg gegen die Soldaten der Roten Armee und die Zivilbevölkerung geführt werden soll – es sollte “Lebensraum im Osten” geschaffen werden, und da störten eben die Einheimischen – nach Hitler die “slawischen Untermenschen”…..ebenso wie die Native Americans in den USA die US-Regierung vergangener Jahrhunderte…..
Ein Geheimnis der Geschichte dürfte wohl bleiben warum Stalin das angeblich nicht wußte, der KGB war doch damals schon in NS-Deutschland aktiv, und “Mein Kampf” war – unkommentiert – und frei überall in den Buchläden erhältlich, da ja das Dritte Reich auf dem Höhepunkt seiner Macht war als es 1941 die UDSSR angriff….
Zynische Grüße
Bernie
Kein Widerspruch.
Ich stimme Ihnen vollkommen zu. DJa, die NS-Kriegsführung hatte den Charakter eines Vernichtungskrieges, es ging um die “Gewinnung von Lebensraum” und die unter rassistischen Vorzeichen stehende Unterwerfung, wenn nicht gar Versklavung, der slawischen Bevölkerung.
Es gab ja auch schon Pläne für die Verwaltung der eroberten Gebiete.
Dass sich der Rassismus der Nazis auch gegen die slawischen Völker richtete, ist in der heutigen Erinnerungskultur nicht mehr sehr präsent.
Und ja, die Stalin´schen Mordaktionen (“Säuberungen”) gegen die eigene Armeeführung haben gewiss zu einer Schwächung der Roten Armee geführt.
Stimmen Sie mir im Hinblick auf die menschenverachtende Verheizung eigener Soldaten durch die Führung der Roten Armee nicht zu? Das ist in ihrem Kommentar für mich nicht ganz ersichtlich.
Wenn ja – glauben Sie mir, das ist keine neue Erkenntnis, sondern seit dem Zweiten Weltkrieg allgemein bekannt. Wirklich!
Ich gebe allerdings zu, dass diese Tatsache innerhalb des Ostblocks nach 1945 eher tabuisiert wurde.
—
Sie fragen sich:
“Ein Geheimnis der Geschichte dürfte wohl bleiben warum Stalin das angeblich nicht wußte.”
Da Stalin unumschränkter Alleinherrscher war, kam es allein auf SEINE Sicht an. Was Geheimdienste mitteilten oder auch Leute von der “Roten Kapelle”, das musste IHN überzeugen. Und anscheinend konnte es ihn nicht überzeugen.
Meine persönliche Sicht ist diese: Stalin war im Gegensatz zu Hitler kein Hasardeur, er war im Gegenteil auf eine oft schon manische Weise sicherheitsfixiert. Dass jemand so riskant handeln konnte, so sehr va banque spielen könnte, wie es Hitler dann mit dem “Unternehmen Barbarossa” tat, indem er ohne Sieg im Westen eine zweite Front aufmachte, das war für ihn schlichtweg nicht vorstellbar. Nie hätte Stalin an Hitlers Stelle vermutlich etwas so Riskantes und Unsicheres gewagt.
“[…]Stimmen Sie mir im Hinblick auf die menschenverachtende Verheizung eigener Soldaten durch die Führung der Roten Armee nicht zu? Das ist in ihrem Kommentar für mich nicht ganz ersichtlich.
Wenn ja – glauben Sie mir, das ist keine neue Erkenntnis, sondern seit dem Zweiten Weltkrieg allgemein bekannt. Wirklich!
Ich gebe allerdings zu, dass diese Tatsache innerhalb des Ostblocks nach 1945 eher tabuisiert wurde.[…]”
Na ja, ich bin eher ein “Wessi” und der Film “Duell – Enemy at the Gates”, und die nachfolgende Diskussion darum hat mich geprägt, das mit dem sinnlosen Verheizen war wohl schon im 1. Kalten Krieg westlich-allierte Kriegspropaganda von Weltkriegszeiten an….
Wäre nämlich dem real so gewesen, dann müßte ja die ukrainische Armee, die ihre ersten Gehversuche in nachsowjetischer Zeit gemacht hat seit 2022 genau so drauf sein, und l die eigenen Soldaten/-innen sinnlos in die Schlacht jagen, da die ja aus der sowjetischen Armee stammt – und erst seit 1991 eigenständig agiert……
Nur mal so als Gedanke von mir dazu….meine Meinung, und das ganz ohne Wikipedia zu brauchen…..;-)
Im übrigen ich lehne den autoritären Staatskommunismus der UDSSR ebenso ab wie den Faschismus, nationalen Sozialismus, der Nazis – nur mal so als Klarstellung zum besseren Verständnis meiner Antwort.
Noch was – hat nicht die Wehrmacht tausende von Soldaten…..schließt da jemand spiegelbildlich von der eigenen Wehrmacht auf die Rote Armee????? Nur mal so ein Gedankenblitz von mir – zum darüber nachdenken 😉
Gruß
Bernie
@ Bernie
Diese Passage verstehe ich nicht:
“Noch was – hat nicht die Wehrmacht tausende von Soldaten…..schließt da jemand spiegelbildlich von der eigenen Wehrmacht auf die Rote Armee????? Nur mal so ein Gedankenblitz von mir – zum darüber nachdenken.”
,,,,ebenso sinnlos verheizt…..;-)
sorry, dieser Textzusatz fehlt wohl zum näheren Verständnis….
Gruß
Bernie
@ Bernie
Aha, jetzt verstehe ich.
Antwort: Ja und nein. Kommt drauf an.
Natürlich kann man zu recht sagen, dass allein schon die Fortführung des Krieges nach der erfolgreichen Invasion der Alliierten – also ab Sommer 1944 – ein noch sinnloseres Verheizen von Menschenleben war als vorher schon. Man denke auch an diverse unrealistische Haltebefehle oder das Ausrufen bestimmter Städte als “Festungen” (z.B. Breslau).
Angesichts der zunehmend knappen deutschen Ressourcen an Material und Soldaten versuchten in der zweiten Kriegshälfte aber zumindest einige Oberbefehlshaber (Hitler nicht) aus ihrer Sicht unnötige Verluste zu vermeiden. So z.B. Erich v. Manstein:
https://de.wikipedia.org/wiki/Erich_von_Manstein#1943/44_Konflikt_mit_Hitler_und_Entlassung
Für die verlustreiche und sinnlose Fortsetzung des Krieges dürfte die alliierte Festlegung vom Januar 1943 auf eine “bedingungslose deutsche Kapitulation” ein wichtiger Grund gewesen sein. Ohne diese Forderung wäre es vielleicht anders gekommen – vielleicht wie schon 1918.
Diese Forderung half Hitler, seine Macht bis zuletzt zu halten und brachte alle deutschen Patrioten – auch, wenn sie keineswegs Hitleranhänger waren – in eine sehr schwierige Situation. Aus ihrer Sicht unterschieden die Westalliierten viel zu wenig zwischen Deutschland und dem NS-Regime und zielten auf die Vernichtung Deutschlands als politisch souveränem Machtfaktor überhaupt. In der Tat soll es insbesondere von Churchill hierzu einige sehr offenherzige und zynische Äußerungen gegeben haben, die eben diese Sicht bestätigen – allerdings wird von manchen Leuten neuerdings die Echtheit dieser Zitate bezweifelt. Jeder, der Chrurchill und die britische Balance-of-powers-politik kennt, weiß jedoch, dass der britsche Premier in eben diese Richtung dachte. So ist ja etwa auch bekannt, wie desinteressiert die Westalliierten am Widerstand des 20. Juli waren.
Guten Abend nochmals,
klinke mich hier mal ein. (Auf Ihre längere Antwort unten, antworte ich nach Möglichkeit morgen @ Wolfgang Wirth.)
Da muss man sich aber fragen, was sie sonst hätten tun sollen. Das Deutsche Reich beruhte ja auf zwei Machtsäulen – dem NS-Apparat mit dem bekannten Führungszirkel und eben dem Militär (Wehrmacht). Die erste Säule war ideologisch auf die bedingungslose Kapitulation und Vernichtung eines der Alliierten, der als Untermenschen-Staat erachteten Sowjetunion, eingeschworen, hatte einem anderen Alliierten, den USA, eigenständig den Krieg erklärt und war auch ansonsten nicht bereit ihre kontinentaleuropäischen Interessen fallen zu lassen. Säule 1 war höchstselbst auf die Fortsetzung des Krieges um jeden Preis fixiert. Die hätte allenfalls mit den Westalliierten einen Waffenstillstand geschlossen, wenn man danach – wie etwa von Himmler kurz vor Kriegsende erhofft – zusammen gen Osten marschiert wäre. (Von einem Frieden ganz zu schweigen – wie hätte der auch aussehen sollen? Frankreich bleibt unter deutscher Kontrolle oder wird in Nord- und Südfrankreich geteilt?) Und Säule 2, das Militär, wiederum hat von sich aus, von einzelnen Episoden abgesehen, keinen Strich gegen die NS-Führung getan, sondern alle Unternehmungen und Kampagnen bis zum Ende mitgetragen, obwohl es qua seiner Kapazitäten und Ressourcen fähig gewesen wäre als eigenständiger Machtfaktor und Blockierer zu agieren, wie etwa Wolfram Wette bilanzierte. Und was den Widerstand betrifft – womöglich waren die Alliierten schlicht zu der Ansicht gelangt, dass dieser limitiert und in seinen Kapazitäten und Chancen allzu beschränkt war. Sie glaubten nicht, dass er viel zu bewirken vermochte.
Daher die Frage: Wie hätten die Alliierten mit so einem fanatisierten, zusammengeschweißten Gegner sonst umgehen sollen? Die Säulen mussten zum Einsturz gebracht werden, andere Möglichkeiten gab es nicht.
Mit Verluste zu vermeiden suchenden Befehlshabern meinten Sie wohl Personen wie Gotthard Heinrici? Der war u.a. Gegner des von mir in einem anderen Kommentar erwähnten Feste-Plätze-Konzepts. Die Verlustminimierung (wenn man das so nennen will, tue mir da bei Generälen immer schwer) bezog sich freilich nur auf die eigene Seite. In seinem Wirkungsbereich haben sich natürlich jede Menge Kriegs- und sonstige Verbrechen ereignet.
Allgemein: Der Krieg war für die Deutschen ab dem Herbst 1941 verloren und wurde mit den wachsenden sowjetischen Kapazitäten im Jahresverlauf 1942 sinnlos. 1943 hat die Rote Armee dann mit Kursk und Folgeoperationen für alle Welt unter Beweis gestellt, dass sie das Heft des Handelns in der Hand hatte. Operation Overlord und Co. dienten nur noch dazu die Sowjets aus West- und Mitteleuropa fernzuhalten.
Anderer Punkt noch: Der erste Tag der Sommeschlacht gilt in der Tat als einer – wenn nicht der – verlustreichste Tag in der (neueren) britischen Militärgeschichte mit fast 60 000 Mann Verlust, davon allein 19 000 Mann Gefallene.
Abschließend zu meinem anderen Brief – ich habe nicht ausdrücken wollen, dass meine Sicht des Eigenen universal oder für die Mehrheit gültig ist. Ich wollte nur illustrieren, dass nicht jeder von Kollektiv- oder Fremdidentitäten sein Eigenes zu konstruieren versucht. Mir ist natürlich bewusst, dass sich viele Leute über ethnische, politische, religiöse, nationale, geschlechtliche und sonstige Identitäten definieren (manche auch über Kombinationen der zuvor genannten). Marcus Aurelius fand ich lesenswert – er kam nicht im Schulunterricht vor, deswegen las ich seine Selbstbetrachtungen nach dem Abitur. Mir in Erinnerung geblieben ist immer der Beginn des 5. Buchs:
Zum Rest nach Möglichkeit morgen.
Gruß
Altlandrebell
@ Altlandrebell
Sie wechseln das Thema:
Die Frage war doch nicht, ob die Festlegung auf bedingungslose Kapitulation aus alliierter Sicht richtig oder falsch war.
Die Frage war, ob diese Forderung Hitler half und den deutschen Widerstand eher noch verbissener machte.
Dies ist zu bejahen.
Grüße Sie @ Wolfgang Wirth,
Was diese vielzitierte „russische Gleichgültigkeit gegen Verlusten“ betrifft – da muss man aufpassen. Das wird ja gerade jetzt im Kontext des Ukrainekrieges aufgewärmt und medial oder von „Experten“ dann behauptet, die Russen hätten unsäglich hohe Verluste, würden Truppen verheizen, seien inkompetent – so wie sie es immer schon gewesen seien. Das sind klassische Tropen der Kriegspropaganda und projizieren eigenes Tun auf den Gegner. Hier hat sich aktuell ein Konfliktbeobachter mit den Zahlen auseinandergesetzt. Fazit: Die aktuellen russischen Verluste sind wohl um ein deutliches niedriger als die ukrainischen.
Zumal – wie ich anmerken möchte – die vom Westen angeleiteten Kräfte des Post-Maidan-Regimes nach einer Taktik zu kämpfen scheinen, die Hitlers „Feste Plätze“-Konzept sehr nahekommt. Weswegen die enormen ukrainischen Verluste ja auch nicht verwundern. Die Russen wiederum haben vielfache Überlegenheit an Artillerie, Flugzeugen und anderen Waffen – oftmals im Faktor 1:5, 1:7, 1:10. Man kann es auch an der Zahl der Kriegsgefangenen ablesen – die Russen haben weitaus mehr Ukrainer gefangen genommen als umgekehrt. Auch hier im Faktor 1:4, 1:5, 1:x je nach Frontabschnitt. Dementsprechend sind die westlichen Aussagen oftmals Ablenkung, Propaganda oder kaum verhohlener Rassismus. (Das alles ist jetzt auch weniger an Sie gerichtet @ Wolfgang Wirth, da Sie das womöglich wissen, als an andere Mitleser, da Gegenteiliges selbst hier bei Overton kursiert).
Was das historische betrifft, sollte man aber auch etwas differenzieren und relativieren, im Sinne von in Bezug setzen. Sie erwähnten die Brussilow-Offensiven – als jemand mit österreichischen Vorfahren kann ich sagen, dass Verheizen, Gleichgültigkeit und sinnlose Frontalangriffe keine russischen Spezifika waren. Die k.u.k. Führung war da mitunter noch ausgeprägter und hemmungsloser unterwegs als die Stawka. Jene Brussilow-Offensiven waren übrigens der größte russische Schlachtensieg im Ersten Weltkrieg, allgemein unter (militärischen, sicher nicht unter menschlichen!) Gesichtspunkten eine der erfolgreichsten Bodenoffensiven des Ersten Weltkriegs und eine so erneute wie katastrophale Niederlage der Habsburger. Habsburgische Verluste: 1 bis 1,5 Millionen tot, verwundet, gefangen. Russische: 500 000 bis eine Million tot, verwundet, gefangen.
Die Russen hatten sich 1916 von ihren Niederlagen der beiden Vorjahre erholt, angepasst und Vorbereitungen getroffen bzw. Lehren gezogen. Auch wenn die Offensiven letztlich nicht den erhofften Durchbruch bzw. den Zusammenbruch Habsburgs erbrachten, waren sie durchaus nicht wirkungslos. Die Russen eroberten mit ihnen mehr Territorium als es jede andere Offensive der Alliierten an beiden Fronten vermochte. Habsburg sank endgültig in den Rang einer Marionette Berlins hinab und spielte bis zum Kriegsende kaum mehr eine (eigenständige) Rolle. Zudem waren die völlig überraschten Deutschen gezwungen Truppen an der Westfront zu reduzieren und Wien welche von der Italienfront zu verlegen, was die Alliierten dort stabilisierte / begünstigte. Eine Autorin kommt sogar zum Fazit „Fast ein Sieg“:
Was nichts daran ändert, dass das alles ein widerliches Menschenschlachthaus war. Ob nun Tiroler Kaiserjäger oder russische Bauernsöhne betroffen waren ändert nichts. Trakl hat ja schon kurz nach Beginn des Ganzen drüber gedichtet und ist an dem Erlebten zerbrochen.
Ansonsten:
Vor dem Hintergrund des massiven Verheizens westalliierter Soldaten in den Schützengräben der Westfront, kaum ein Vierteljahrhundert zuvor, bin ich da zurückhaltend. Zumal die Ausgangssituation der Fronten sehr unterschiedliche waren. Sie müssten dann auch die Westalliierten unter sowjetischen Bedingungen kämpfen lassen. Und auch die Schlachten an der Westfront waren sehr wohl extrem menschen- wie materialintensiv. Nur waren oftmals geringere Truppenstärken beteiligt. Es stimmt aber, dass die US-Amerikaner und Briten – bis heute – zuerst massive Bombenteppiche legen und dann angreifen. Russland zweifelt deren Nutzen an und nutzt seine Luftwaffe anders – es gab bekanntlich auch keine Flächenbombardements der Sowjets auf deutsche Großstädte, obwohl die durchaus technisch für sie machbar gewesen wären wie vereinzelte sowjetische Luftangriffe zeigen.
Aber mal zum Vergleich:
Beispiel 1: Schlacht im Hürtgenwald (1944, alle Zahlen auf die Schnelle der engl. / frz. Wikipedia entnommen – natürlich ist die Vergleichbarkeit tlw. schwierig, da bspw. im Schlachtverlauf weitere Truppen zugeführt wurden oder mit unterschiedlichen Daten hantiert wird):
Deutsche:
Eingesetzte Truppen: 80 000
Verluste [immer tot + verwundet + vermisst]: 28 000 (= 35 %)
Alliierte:
Eingesetzte Truppen: 120 000
Verluste: 33 000 – 55 000 (= 26,6 – 45,8 %)
Beispiel 2: Operation Market Garden (1944)
Deutsche:
Eingesetzte Truppen: (unbekannt, Wikipedias nennen 20 000 – 100 000)
Verluste: 8000 – 13 000 (13 – 40 %)
Alliierte:
Eingesetzte Truppen: 41 000 (Reynolds 2001), 85 000 (frz. Wikipedia)
Verluste: 17 000 (= 20 – 41 %)
Schlacht von Anzio (1944)
Deutsche:
Eingesetzte Truppen: 135 000
Verluste: 27 500 – 40 000 (20,3 – 29,6 %)
Alliierte:
Eingesetzte Truppen: 150 000 (bis Ende Mai)
Verluste: 31 800 – 43 000 (21,2 % – 28,6 %)
Beliebiger Vergleich I: Belgorod-Charkower Operation (1943)
Deutsche.
Eingesetzte Truppen: 200 000
Verluste: 25 000 (12,5 %)
Sowjets:
Eingesetzte Truppen: 1,144,000
Verluste: 177 000 – 255 000 (15,5 % – 22,3 %)
Beliebiger Vergleich II: Schlacht um Kursk (1943)
Deutsche:
Eingesetzte Truppen (gesamter Zeitraum): 780 900
Verluste: 203 000 (= 25,3 %)
Sowjets:
Eingesetzte Truppen (gesamter Zeitraum): 1,910,361
Verluste: 863 000 (45,1 %)
(Wie gesagt – die Vergleichbarkeit bei allen hier ad hoc versammelten Fällen ist durchaus schwierig und die Quellen gehen wild durcheinander, was die Zusammenstellung und Berechnung weiter erschwert. Trotzdem ist die Darstellung für einen Überblick vielleicht ganz brauchbar.)
Fazit des MDR zu Kursk (aber auch auf andere Frontabschnitte m.E. durchaus übertragbar):
So ist es ja auch heute in der Ukraine. Während die Russen ihre Verluste auch weiterhin ersetzen können, sind die Ukrainer zu immer ausgefeilteren Methoden der Rekrutierung für ihre Knochenmühle gezwungen. Und es ist eben nicht auszuschließen, dass dann auch Westler an den Dnepr geschickt werden, wenn die Ukraine „weißgeblutet“ worden ist.
Zu dem sollte bedacht werden, dass die damaligen Kämpfe im Osten gerade von deutscher Seite extrem ideologisiert geführt wurden, während man im Westen ja nicht gegen „Untermenschen“ kämpfte, sondern einen „normalen“ Krieg zu führen gedachte (was auch nicht stimmt – siehe die diversen Kriegsverbrechen, etwa im Gefolge der Ardennen-Offensive – aber es wurde zumindest behauptet und der Gegner eben nicht als „Untermensch“ erachtet, von seinen schwarzen und aus Kolonien stammenden Truppenteilen abgesehen).
Da wäre es hilfreich zu wissen, was Sie mit „militärischem Vorbereitetsein“ meinen. Ich habe gestern einen Blogger verlinkt, der in seinen Beiträgen diverse Aufsätze und Fachbücher verarbeitet. Quellen finden Sie dort.
Die UdSSR war demnach militärisch durchaus gerüstet, wenngleich Stalin und seine Truppe natürlich den Krieg nicht für den 22.06. erwarteten und vielmehr gehofft hatten seinen Eintritt hinauszögern zu können. Stalin soll aber eben aufgrund der Rüstungsanstrengungen der Vorjahre geglaubt haben, dass man im Falle eines früheren Eintritts zumindest wehrfähig sei. Er glaubte sich bereit für einen solchen Fall, wenn auch nicht vielleicht für den Krieg im Gesamtsinne – und war es dann auch nicht für den Krieg, in der Form wie Deutschland ihn entfesselte.
Die von Ihnen korrekt erwähnten „Revisionisten“ sind als Vertreter der „Präventivkriegsthese“ bekannt geworden – bei Fischer gab es in der „Schwarzen Reihe“ auch dazu einen Beitrag, der deren krude Annahmen auseinandergenommen hat. Womöglich kennen Sie das Buch?
Dass die UdSSR ein „Imperium“ war, teile ich nicht, da hat Losurdo klar herausgearbeitet, warum dem nicht so war und inwiefern diese Bezeichnungen westliche Verdrehungen darstellen. Sie werden dessen ungeachtet in den letzten Jahren wieder ad nauseam vorgebracht, auch hier aus / zu genuin propagandistischen und politischen Zwecken, verbunden denn auch mit der Forderung Russland zu „entkolonisieren“ und sein „Imperium“ aufzulösen. Also unterm Strich die Fortsetzung des alten westlichen und gerade auch deutschen Wunsches einer Zerstückelung und Kolonisierung Russlands!
Gruß
Altlandrebell
Hallo Altlandrebell,
Sie kennen sich ja auch in der Geschichte ganz gut aus. Schön!
Wir sind hier im Hinblick auf die Kriegsführung im Wesentlichen einer Meinung.
Die von Ihnen aufgeführten Verluste der Roten Armee – sogar in Prozent – sind sehr eindrucksvoll.
Und ja, rein militärisch war Brussilow nicht erfolglos.
Hinsichtlich der heutigen russischen Armee sehe ich ausdrücklich keine Fortsetzung der genannten historischen Opferbereitschaft (widerliches Wort) für eigene Soldaten.
Sie schreiben “Die aktuellen russischen Verluste sind wohl um ein deutliches niedriger als die ukrainischen.” Sehe uich auch so.
Man erfährt insbesondere in diesen Wochen und Monaten zwar nur sehr wenig über die aktuelle Situation (zumindest geht es mir so), doch habe ich schon den Eindruck, dass die heutige russische Führung nicht im früheren Maße eigene Soldaten verheizt. Natürlich fallen trotzdem viele, aber im Zweiten Weltkrieg war die Bereitschaft, eigene Verluste zu akzeptieren, ungleich größer.
vgl. Richard Overy: Russlands Krieg (2011)
https://www.rowohlt.de/buch/richard-overy-russlands-krieg-9783499627156
https://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article140655354/Wie-die-hohen-Verluste-der-Roten-Armee-entstanden.html
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Bei Ihren Beispielen für verlustreiche Offensiven der Westmächte haben Sie nun allerdings wirklich gerade jene Kämpfe herausgesucht, die – wie z.B. im Hürtgenwald, in Italien oder bei der missglückten Luftlandeoperation “Market Garden” – wirklich ganz besonders verbissen und verlustreich waren. Das waren Ausnahmen, die nicht unbedingt repräsentativ waren und bei Engländern und Amerikanern danach auch teils zu kontroversen Debatten führten, ob das zu verantworten war. Gerade die Kämpfe im Hürtgenwald haben aus US-Sicht etwas Traumatisches an sich, da sie wohl nirgends sonst in Europa so hohe Verluste hatten.
Die Frage ist, ob das Briten und Amerikaner in dieser Form auf Dauer durchgehalten hätten. Offene Frage.
Allerdings weiß man aus dem Ersten Weltkrieg, dass die Briten bei der Schlacht an der Somme (1916) – ähnlich wie Brussilow – zum grauenvollen Verheizen von Hunderttausenden eigener Soldaten bereit waren. Insofern unterscheiden sich hier Russen und Westmächte wahrscheinlich doch weniger als ich anfangs unterstellt hatte.
Ich glaube mich zu erinnern gelesen zu haben, dass ein bestimmter Tag jener Sommeschlacht mit etwa 50.000 Mann Tagesverlust(!), der verlustreichste Tag war, den die Briten überhaupt jemals erlebt haben. Allerdings sind hier auch Verwundete und Gefangene mit gemeint, es waren nicht 50.000 Tote.
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Sie fragen:
” Da wäre es hilfreich zu wissen, was Sie mit „militärischem Vorbereitetsein“ meinen. ”
Wenn eine Armeeführung (bei der damaligen technischen Entwicklung) einen Angriff auf das eigene Land für möglich hält oder regelrecht erwartet, dann wird sie natürlich versuchen, die eigenen Kräfte in geeignete Verteidigungsstellungen zu bringen (Flüsse, befestigte Linien, Höhenzüge, Bunkerketten), die halbwegs geschützt sind.
Da davon ausgegangen werden müsste, dass der Angreifer materiell nicht unterlegen ist und gerade am Anfang mit dem Vorteil der Überraschung und einer gewissen Wucht angreift, wäre es klug, die befestigten Stellungen und Truppenquartiere etwas im Hinterland unterzubringen – vielleicht (je nach Gelände) 50 bis 250 km hinter der Grenze.
Sofern Zeit bleibt, hätte man in jener Zeit den Bau von befestigten Stellungen angestrebt, was die SU mit der sog. Molotowlinie (in Ostpolen) ja auch versucht hatte, damit allerdings nicht fertig geworden war. Weiterhin hätte man versucht, die mögliche Frontlinie zu verkürzen, indem man vorgeschobene Bereiche teilweise unverteidigt gelassen hätte.
Ganz allgemein wäre es unklug, die eigenen Truppen gleichmäßig entlang der Grenze zu verteilen und wichtige Orte wie z.B. Flugplätze mit abgestellten Flugzeuge, wichtige Fabriken sowie Munitions- und Treibstoffdepots so nahe an der Staatsgrenze zu positionieren, dass sie für den Angreifer bereits bei einem Überraschungsschlag erreichbar wären.
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Ob die SU ein Imperium war? Das ist natürlich Definitionssache.
Für mich und die bürgerliche Geschichtsschreibung war sie NATÜRLICH ein Imperium! Schon das Zarenreich war ein Imperium gewesen und die SU als Nachfolgestaat war dies insbesondere nach 1945 ebenfalls.
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Ich habe keine Revisionisten gelesen.
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Ihre große lange Abhandlung unter jenem anderen Artikel habe ich gelesen. Vielen Dank. Darauf gehe ich jetzt und hier aber nicht ein. Später mal.
Nur so viel: Beeindruckt hat mich Ihre Sicht des Eigenen, die sich ganz auf das Individuum und dessen geistige Reife bezieht. Man merkt hier, dass Sie Marc Aurel gelesen haben. Allerdings kann man so etwas nicht von allen Menschen erwarten oder gar fordern, sondern immer nur von einer echten Elite, von einer kleinen Minderheit. Aber ich will hier meiner späteren Antwort nicht vorweggreifen.
Gruß
Wolfgang Wirth
Guten Abend Herr Wirth,
nun möchte ich auf Ihre gestrigen Zeilen antworten.
Hängt m.E. von den Quellen ab. Ich lese viele englischsprachige Seiten, da wird das weiterhin umfänglich behandelt, gerade bei spezialisierten Portalen oder Bloggern. Bei der „Tagesschau“ o.Ä. gibt es allenfalls eine (stark gefärbte) Tageszusammenfassung oder Berichten, wenn es sich um ein „verkaufbares“ Ereignis handelt. Auch hier natürlich wieder gefärbt, wie beim gestrigen Angriff auf den Krimer Badestrand.
Ob die Kämpfe im Hürtgenwald die höchsten US-Verluste zeitigten, kann ich ad hoc nicht sagen. Sie zählten aber sicher zu den schwersten Kämpfen, in die die US-Amerikaner auf europäischen Boden verwickelt waren. Ich denke eher, dass der Faktor Trauma auch sehr stark mit den dortigen Wetter- und Terrainbedingungen zusammenhing, denn Kämpfe im Wald (explodierende Bäume, Nässe, allgemeine Unheimlichkeit des Ortes [von klein auf wird man ja gewarnt nicht im Wald zu spielen oder zumindest nicht zu tief], unsichtbare Gegner) sind häufig für die aktiv Beteiligten sehr brutal und traumatisierend. Das hat die Ardennenschlacht, die zeitlich knapp zweieinhalb Monate später begann, nochmals unterstrichen.
Ob meine gestrigen Beispiele Ausnahmen waren, weiß ich auch nicht. Ich sehe Ähnlichkeiten bei anderen Operationen. Vielleicht sind das aber schlicht immer nur die markantesten Beispiele und nicht das „Tagesgeschäft“. Ich möchte aber nochmals darauf verweisen, dass an der Ostfront weitaus größere Truppenkontingente unterwegs waren und man deshalb vielleicht weniger die absoluten als die relativen Zahlen betrachten sollte. Also, noch ein paar Beispielrechnungen:
1) Schlacht von Sedan (1940)
Alliierte:
Eingesetzt: 20 000
Verluste: 5000 + (= mind. 25 %)
Deutsche:
Eingesetzt: 60 000
Verluste: 5067 (= 8,4 %)
2) Unternehmen Merkur (1941)
Alliierte:
Eingesetzt: 42 547
Verluste: 23 000 (54 %, davon 4000 – 6000 Gefallene, Mittelwert 5000 = 11,7 %)
Deutsche:
Eingesetzt: 22 040
Verluste: 5678 (25,8 %)
3) Schlacht am Kasserinpass (1943)
Alliierte:
Eingesetzt: 30 000
Verluste: 6300 – 10 000 (= 21 – 33 %)
Deutsche:
Eingesetzt: 22 000
Verluste: 1597 – 2000 (= 7,25 – 9 %)
4) Operation Dragoon (1944)
Alliierte:
Eingesetzt: 151 000 (zu Beginn; später. 576 833 ges. + 75 000 Résistance)
Verluste: 25 574 (16,9 % bzw. 3,9 % wenn Gesamtzahl)
Deutsche:
Eingesetzt: 85 000 – 100 000 (zu Beginn, später: bis zu 300 000 ges.)
Verluste: 28 000 (nur Tote und Verwundete = 30,3 % bzw. 9 % wenn Gesamtzahl, zudem 131 250 Gefangene (43,75 % der Gesamtstärke!))
Das sind ja trotzdem ziemliche Hausnummern, wenn sie jedes Mal ein Fünftel bis ein Drittel aller eingesetzten Truppen durch Tod, Verwundung, Gefangenschaft verlieren.
Bei Waterloo haben Wellington und Blücher ja auch 30 % ihrer eingesetzten Kräfte verloren – und die Schlacht galt als ausgesprochen blutig. Zumal Wellington als ein Feldherr galt, der darum bemüht war „truppenschonend“ zu kämpfen.
Interessant wird es auch, wenn man mal die Luftkämpfe heranzieht. Da hieß es ja immer der Himmel über Deutschland sei „voller alliierter Flugzeuge“ gewesen. Nun, das mag für die letzten Kriegsmonate gelten, aber davor waren das keine „lustigen Unternehmungen“. Und das, obwohl extrem große Teile der deutschen Luftfahrtproduktion und viele Flakbatterien an die Ostfront verlegt worden waren, die eben die größte und wichtigste Front war. Und selbst wenn auf dem Papier die Westalliierten „nur“ 5 – 10 % der Bomber pro Einsatz verloren, war das kein Pappenstiel. Zwei der bekanntesten Unternehmungen seien hier erwähnt:
5) Operation Double Strike (1943)
376 B-17 eingesetzt, 60 abgeschossen (= 16 %), weitere bis zu 95 in unterschiedlichen Graden beschädigt (= 25 %)
Die Deutschen verloren von ca. 400 Jagdfliegern 25-27, nehmen wir die Mitte = 6,5 %. Schweinfurt war natürlich die so ziemlich am besten gegen Luftangriffe verteidigte deutsche Stadt. Ist ja auch heute noch wirtschaftlich nicht ganz unbedeutsam.
Resultat:
Dann:
6) „Big Week“ (Februar 1944)
Eingesetzte Bomber: 6000
Verloren im Wochenverlauf: 357 (= 5,95 %). Wobei das eine Durchschnittszahl ist, denn:
Wie gesagt „nur“ 19 bzw. 6,6 %. Und wie lautete hier das Ergebnis?
Sowie:
Dezentral fertigen lassen die Ukrainer heute übrigens ebenfalls, gerade was den Bau von Drohnen betrifft. Deswegen die russischen Angriffe auf die Stromversorgung, weil auch bei dezentraler Arbeit immer noch Strom benötigt wird. Womöglich sogar mehr als wenn man zentral an einem Ort arbeitet.
Der von Ihnen zitierte Overy hat in einem anderen Buch („The bombing war“) ja übrigens mit der Effektivität wie anderen Aspekten der westalliierten Bombardements abgerechnet. Die nur im Internet zu sehende Serie „Masters of the Air“ hat das Grauen dieser Kriegsform jetzt mal auf die (Bezahl-)Leinwand zurückgebracht und zum Glück nicht allzu hollywoodmäßig wie man es sonst kennt (zumindest die paar Ausschnitte, die ich bei YouTube war, schienen recht angemessen in der Darstellung). Die Westalliierten verloren in der Luft letztlich eine ähnlich hohe Zahl Männer wie die deutsche U-Boot-Waffe. In ähnlich grauenhaften Bedingungen, wobei ich da gar nicht vergleichen will. Ob Ertrinken oder Verbrennen und Abstürzen sind jetzt beides so widerliche wie grässliche Todesformen…
Es gab also neben Hürtgenwald und Anzio noch andere sehr einprägsam Schlachtfelder.
Sie schrieben dann:
Nun, zumindest was die Luftangriffe betraf, gab es da ja eine Antwort. Nach Schweinfurt / Regensburg erfolgte die oben zitierte Unterbrechung. Was wenn die deutschen quantitativ den P-51 etwas entgegenzusetzen vermocht hätten? Oder Operation Overlord zu einer zweiten Operation Jubilee geworden wäre? Tja, kontrafaktisches Überlegen, aber ich denke, dass man ihre Frage beantworten kann.
Ansonsten:
Man sollte hier nicht vergessen, dass in jener Schlacht der von mir gestern Abend erwähnte Heinrici Befehlshaber war, der als so ziemlich der Experte für Defensivunternehmungen auf deutscher Seite galt. Kluge Verteidigung kann auch bei deutlicher Überlegenheit des Angreifers des Unternehmung extrem kostspielig machen.
Das ist im Grunde analoges Vorgehen zur sowjetische Verteidigung in der Tiefe und es ist dementsprechend aufwendig und verlustreich eine solche Verteidigungsformation zu durchbrechen. Sie könnten nun natürlich mit Infiltration und Zermürbung vorgehen wie es die russische Armee heute tut – aber Stalin und die sowjetische Führung hatten nicht deren Zeitpuffer. Sie schreiben, dass Stalin die Westalliierten beeindrucken und ihnen zuvorkommen wollte – nun, ich denke ein anderes Motiv ist, dass die sowjetische Führung auch nie ganz sicher wissen konnte, wie lange das Bündnis mit den Westalliierten denn hielt und ob nicht im letzten Moment doch ein Bruch geschähe und um Ende vielleicht die Deutschen einen Waffenstillstand mit USA + GB schlossen, um eine „Operation Unthinkable“ durchzuziehen. Selbst wenn es objektiv keine Anzeichen dafür gegeben haben mochte, spukte dieser Gedanke sicher in so manchen sowjetischen Köpfen herum. Zumal die Westler auch ein ideologischer Gegner waren und man gerade dreieinhalb Jahre lang den Vernichtungskrieg eines ideologischen Gegners, mit dem man zuvor ein Abkommen geschlossen hatte, unter höchstem Aufwand abwehren musste – man wollte da wirklich nicht in die nächste Runde gehen, sondern so schnell wie möglich zum Abschluss kommen und vollendete Tatsachen schaffen.
Da zeigt sich aber bloß die mangelnde Lernfähigkeit der Deutschen, denn dieser Topos kursierte ja seit 1941 – angesichts der Kesselschlachten mit ihren riesigen Gefangenenzahlen und sonstigen Verlusten auf sowjetischer Seite war man sich im Spätsommer sicher, dass der Gegner nicht lange mehr durchhalten konnte. Die Tagebücher von Goebbels und Co. zeigen dieses Denken eindrücklich, auch auf militärischer Seite war es gegeben. 1942 war man sicher, dass die Sowjets bald erschöpft wären, da man bei Rschew standgehalten hatte und Charkow zurückeroberte. 1943 war man sich trotz Stalingrads sicher… 1944…
Da bin ich nicht unbedingt Ihrer Meinung, Herr Wirth. Welches Material, welche Quelle, im Einzelfall wertvoller ist, muss immer fallbezogen entschieden werden. Zumal Feldpostbriefe und Tagebücher nicht minder – oder vielmehr oft sogar stärker subjektiv – gefärbt sein können als trockene Akten (die natürlich manipuliert sein können, etwa solche zu Opferzahlen). Ich fand beispielsweise (wieder aufgelegte) Werke wie „Hineingeworfen“ (Osburg) und „Schönheit und Schrecken“ (Englund) sehr lesenswert, um mich in die Gedankenwelt und das Erleben von Teilnehmern und Betroffenen des Ersten Weltkriegs hineinzuversetzen. Aber man muss bei Individualquellen wie bei jeder anderen Quelle aufpassen.
Werke von Tacitus und Co. lehrten mich, dass man (offiziöse) Geschichtsbücher immer mit Handschuhen anfassen sollte, weil sie durch die Normen, Vorgaben und Motivationen der jeweiligen Zeit(geister), Auftraggeber und sonstigen Einflussfaktoren gefärbt sind. Ob das kaiserliche oder heutige systemische Auftraggeber sind, ist letztlich egal. Man denke an die Darstellung der Varusschlacht, wo von „dicht beieinander stehenden Baumriesen“ und „undurchdringlichen Wäldern“ die Rede war. Ersteres ist aber schon biologisch nicht möglich – Baumriesen beanspruchen Platz, andernfalls könnten sie keine Baumriesen werden, ergo können sie nicht dicht beieinander stehen. Der Autor versucht somit eindeutig einen (Groß)Teil der Verantwortung für den militärischen Lapsus seiner Seite auf ungünstige Umstände, ungünstige Geografie und ungünstiges Wetter abzuschieben. Natürlich ist der Faktor Geografie / Wetter wichtig – aber man versucht eben zu verbergen, dass es am Führungspersonal, der Aufklärung oder eigenen Schwächen gelegen haben könnte. Kennt man ja vom Fußball – der Platz war schlecht, es regnete so stark und viele Spieler waren verletzt. An Taktik oder Trainer kann es nicht gelegen haben. Ich für meinen Teil denke, dass die Varusschlacht auch anders abgelaufen sein könnte, als gemeinhin vorgestellt.
Und ähnlich rasch die Handschuhe überstreifen sollte man sich bei Individualquellen – gerade bei kontroversen Ereignissen. Man denke an Zeitungsschilderungen von Augenzeugen zum Untergang der Titanic oder den offiziösen Untersuchungsberichten von US-Senat und Lord-Mersey-Kommission. Vieles von dem, was damals geschah, wird ebenfalls für immer im Dunkeln bleiben – aber es gibt Hinweise, dass auch hier einiges anders abgelaufen sein könnte wie allgemein gedacht. Das etwa der Kapitän zum Zeitpunkt der Kollision auf der Brücke gestanden haben oder sich später die überlebenden Offiziere auf ein bestimmtes Narrativ zum Untergang und seinen Abläufen geeinigt haben könnten.
Oder man denke an Briefe und Berichte über Ereignisse (zu Beginn) des Ersten Weltkriegs wie die Goldauto- oder Franktireur-Mythen…
Was Ihre Punkte zum „Vorbereitsein“ betrifft, gehe ich d’accord. Da möchte ich bloß anmerken, dass Stalin kein Militär war, auch wenn er an Schlachten des Öfteren beteiligt war. Und dementsprechend ein anderes Verständnis von „Vorbereitung“ gehabt haben könnte. Gleichwohl war er lernfähig und hat auf seine Generäle zu hören begonnen, was man von anderen historischen Persönlichkeiten ja nicht sagen kann.
Aus bürgerlicher Perspektive war die UdSSR natürlich ein Imperium, da gebe ich Ihnen recht.
Danke für Ihre Ausführungen und einen guten Abend!
Gruß
Altlandrebell
Hallo Altlandrebell,
ich habe Ihren obigen Kommentar vom 24. 6., 22.31 Uhr erst jetzt entdeckt.
Du meine Güte, wie sehr Sie sich in dieses Thema reinknien …
Warum eigentlich? Ist es das wert?
An und für sich wollte ich dazu gar nichts Weiteres schreiben, zumal die Sache auch nicht wirklich bedeutend ist. Da ich nun aber Ihre Gedanken gelesen habe, doch noch ein paar Worte.
—
Abschließend nur noch mal so viel:
Ihr Ziel ist es nachzuweisen, dass die Kriegsführung der Westallierten im Zweiten Weltkrieg keineswegs so sehr viel mehr auf die Schonung eigener Soldaten ausgelegt war wie ich behaupte und dass insofern im Hinblick auf die Hinnahme eigener militärischer Verluste zwischen dem Verhalten der sowjetischen Führung einerseits und dem der amerikanischen und britischen Führung andererseits gar kein so großer Unterschied bestanden hätte.
Das halte ich nach wie vor für einen Irrtum.
Vermutlich scheint Ihnen die Vorstellung unsyspathisch, dass die Behauptungen auf westlicher und auch deutscher Seite stimmen könnten – dass die Sowjets ihre eigene Leute wenig schonten. @ Aquadraht erwähnt sogar antirussische bzw. antisojetische “Vorurteile”.
Und wenn es eben doch so war?!
Und ja, es war so!
Wann hat Stalin die eigene Bevölkerung je geschont??
Vermutlich versteifen Sie sich außerdem deshalb so in die Sache, weil Sie angesichts Ihrer verständlichen Ablehnung der angelsächsischen Kriegspolitik und des liberal-kapitalistischen Systems überhaupt ganz einfach nicht “möchten”, dass die Westalliierten bei der Kriegsführung moralisch besser dastehen könnten als die Sowjetunion. Ihnen – wie auch @ Aquadraht – scheint die Vorstellung zuwider, dass die kapitalistischen und womöglich auch imperialistischen Hauptmächte des Westens der SU hier etwas voraushaben könnten.
Nun bin auch ich keineswegs jemand, der den Westalliierten allzu große Skrupel zubilligen mag – Hamburg, Dresden, Hiroshima und überhaupt der gegen die Haager Landkriegsordnung verstoßende Luftkrieg gegen die Zivilbevölkerung sprechen eindrucksvoll dagegen – andererseits zeigten sie sich aber im Hinblick auf die EIGENEN Soldaten doch von einer Haltung, die sich von der der Sowjets, später auch der NS-Führung, unterschied.
Die westlichen Mächte waren ja – im Gegensatz zur Dikatatur Stalins und Hitlers – als bürgerliche Demokratien doch ein Stück weit von der öffentlichen Meinung abhängig. Wir wissen, dass sie sich darüber sehr wohl dann und wann hinwegsetzten, doch war es nicht so, dass ihnen die öffentliche Meinung egal sein konnte. Deshalb ja auch die bekannte Hinnahme des japanischen Angriffs auf Pearl Harbour, um die öffentliche Meinung im Hinblick auf Akzeptanz des Kriegseintritts zu bewegen.
—
Um nachzuweisen, dass die Westmächte doch nicht so skrupulös bzw. “rücksichtsvoll” waren, listen Sie nun die Opferzahlen einiger Schlachten und Unternehmungen mit bewundernswürdiger Mühe und Geduld auf und berechnen sogar die jeweiligen Verluste in Prozent der eingesetzten Truppen.
Diese Zahlen dürften (trotz Wikipedia) durchaus korrekt sein.
Dennoch halte ich diese Herangehensweise für nicht zielführend, denn sie unterschlägt die ganz gewaltigen Unterschiede in der GESAMTZAHL der gefallenen Soldaten.
Dazu …
https://de.wikipedia.org/wiki/Tote_des_Zweiten_Weltkrieges#Kriegstote_nach_Staatsangeh%C3%B6rigkeit
Hinzu kommt, dass die jeweils bei einzelnen Kämpfen eingesetzten amerikanischen Truppen nur vergleichsweise eher kleinere Verbände darstellten – meist nur in der Größenordnung von Zehntausenden. Bei diesen echten Kampftruppen kam es natürlich auch zu hohen Verlusten, die aus Sicht der Führung unvermeidbar waren, doch versuchten die Amerikaner solche Aktionen nach Möglichkeit zu minimieren. Die einzige große Ausnahme ist die eigentliche Invasion an den Stränden der Normandie.
Das entscheidende Mittel zur Minimierung eigener Verluste war die Luftherrschaft und ein großes Übergewicht an Material – im Grunde eine ähnliche Vorgehensweise wie auch von 1946 bis heute.
Wo selbst das nichte reichte, wie etwa 1944/45 in Westdeutschland, da waren die Westmächte gewiss auch bereit, eigene Leute zu opfern. Trotzdem sind die Opferzahlen, wie zu sehen, in der Gesamtheit vergleichsweise gering.
Die gut 400.000 gefallenen Amerikaner – übrigens verteilt auf ZWEI (!) Kriegsschauplätze – haben ja nicht mal annähernd die gewaltige Dimension der sowjetischen und deutschen Verluste an Gefallenen.
Da auf dem pazifischen Kriegsschauplatz etwa 160.000 Amerikaner fielen, waren es dann auf dem westlichen Kriegsschauplatz an allen Fronten zusammen “nur” etwa 240.000. Immer noch viel – und doch viel weniger als bei anderen.
Auch wurde der Atombombeneinsatz gegen Japan – zumindest offiziell – damit begründet, dass man eine Invasion der japanischen Hauptinseln mit vielen eigenen toten Soldaten vermeiden wollte.
—
So, das solls nun aber gewesen sein.
Werde demnächst ohnehin hier bei Overton etwas kürzer treten, da allerlei Arbeiten anstehen. Und ob wir hier dies oder das schreiben, bewegt ja letztlich nichts. Hat Hobbycharakter.
Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit.
Grüße
@Wolfgang Wirth 23. Juni 2024 um 11:29 Uhr
Was die “sehr hohen sowjetischen Kriegsverluste” angeht, sollte man differenzieren, und mir scheint hier sehr viel vom üblichen antikommunistischen und antirussischen Vorurteil geleitet. Das ist kein persönlicher Vorwurf, diese Vorurteile sind so tief in der Gesellschaft verwurzelt, dass es gewissenhafter Beschäftigung mit der Materie bedarf, um nicht auf sie hereinzufallen.
Soweit es um die Verluste in der Zivilbevölkerung ging, wird wohl auch Herr Wirth nicht widersprechen, dass diese Folge der Vernichtungspolitik des NS-Regimes und der Wehrmacht und SS waren. Und sie waren planvoll vorbereitet. Der deutsche Publizist Ralph Giordano nannte den Generalplan Ost “den zweiten, dank der Roten Armee nicht zu Ende geführten Holocaust”, mit ca. 150 Millionen geplanten Morden. Der Historiker Christian Gerlach hat in seiner Dissertation “Kalkulierte Morde. Die deutsche Wirtschafts- und Vernichtungspolitik in Weissrussland 1941 bis 1944” (Hamburg 1999, ISBN 3-930908-63-8, 1231 S.) diesen Aspekt am Beispiel der Teilrepublik, die ein Drittel ihrer Bevölkerung verlor, eindrucksvoll dokumentiert (was natürlich keine Sau hier kratzt). An den Verbrechen eifrig beteiligt der “Held der Ukraine” Roman Schuchtjewitsch mit einer Reihe seiner Spiessgesellen. Massenmorde wie die Leningrader Blockade, die als Genozid anzuerkennen die BRD-Regierungen sich stets geweigert haben, und noch weigern, gehören dazu. Der Generalplan Ost sah die Zerstörung fast aller sowjetischen Grosstädte vor, die Bevölkerung sollte vertrieben und dem Hungertod ausgeliefert werden.
Was die militärischen Verluste angeht, stehen sowjetischen Verlusten von 8,668 Millionen (G.F. Krivosheev et alii, Soviet Casualties and Combat Losses in the Twentieth Century, London, Mechanicksburg PA 1997, S.85) Verluste der Wehrmacht und der anderen militärischen Formationen des NS-Regimes von 5,3 Millionen gegenüber, davon über 4,1 Millionen an der Ostfront.
Die Diskrepanz wird aber deutlich geringer, wenn man die 3,396 Millionen in deutscher Kriegsgefangenschaft gestorbenen (in der Mehrzahl planvoll vernichteten) sowjetischen Kriegsgefangenen berücksichtigt, denen 363.000 in sowjetischer Kriegsgefangenschaft gestorbene deutsche Soldaten gegenüberstehen (Zahlen von Krivosheev ebd. und Rüdiger Overmans, Deutsche militärische Verluste im 2. Weltkrieg, Schriftenreihe des militärgeschichtlichen Forschungsamts Bd. 46, München 2000, S. 272, 279,284ff.)
Die Zahlen der vermissten bzw. verschollenen Militärangehörigen sind mit 1,363 bei der Roten Armee und 1,536 Millionen bei der Wehrmacht etc (OvermansS.288) in ähnlicher Grössenordnung. Die “Maschke-Kommission” hat rund die Hälfte dieser Verschollenen pauschal den in Gefangenschaft gestorbenen Soldaten zugeschlagen, was man für richtig halten kann oder nicht (mein Eindruck ist, man wollte auf jeden Fall die furchtbare Mordrate bei den sowjetischen Gefangenen etwas relativieren). Wie viele der 1,363 Millionen vermissten sowjetischen Soldaten erst in deutschen Gewahrsam gerieten oder pauschal abgeschlachtet wurden (wofür es zahllose Dokumente gibt), darauf geht das Werk von Krivosheev, eine ursprünglich geheime Aufstellung, nicht ein.
Die Rote Armee hatte aus einer Vielzahl von Gründen höhere Verluste als die Naziinvasoren. Aber das Stereotyp von den rücksichtslosen Massenschlächtern hält der historischen Überprüfung nicht stand.
Natürlich wird das keine Sau interessieren. Ausserhalb dieser Blase jedenfalls.
Ja, wird es nicht. Selbst in meinem einstmals sehr linken Westdeutschen Umfeld nicht. Ich habe das sehr bewusst einige Male zum Thema gemacht. Habe vom Überfall auf die SU, dem Rassen- und Vernichtungskrieg, als dem größten Verbrechen der Geschichte gesprochen. Das hatte man aber für die Shoa reserviert und man giftete mich an, als ob ich die leugnen wollte. Mir ging es natürlich nicht um ein dummes Opferranking, sondern darum, die Dimensionen begreiflich zu machen. Die Zahlen hatten alle mal gehört, begriffen wurde nichts und erzählt wurde dann irgendwas mit Stalin und Bezug auf irgendwelche Artikel schmieriger konkret -Autoren, die den russischen Nationalismus und seine Wurzeln in WKII kritisiert haben sollen. Da war ich mal die Sau, die das nicht interessierte, diese infame Scheiße.
Ich sehe in dieser bundesdeutschen Gesellschaft, jedenfalls in deren evident Mehrheit, auch nichts mehr, was Anlass zu Hoffnung gibt. Klar, sind wir hier in einer Blase. Aber ich denke, dass die meisten von uns und natürlich der Autoren, wahrnehmen, was draußen läuft. Aber stimmt schon, ich mag zunehmend weniger mit blutrünstige, irren Primaten kommunizieren.
Danke für die Lektürehinweise @ aquadraht! Sie scheinen eine schöne und reichhaltige Bibliothek zu haben, wenn ich mir das zu schreiben erlauben darf.
Christian Hartmann setzte die Verluste hier übrigens bei knapp elfeinhalb Millionen gefallenen Rotarmisten an, davon drei Millionen Gefangene. Ergo etwas geringer als Ihre Quelle. Koslow kam auf 15 bis 20 Millionen, Michaljow auf knapp elf Millionen (exklusive Gefangene).
Welche Zahl der Wirklichkeit letztlich auch am nächsten kommt – man sollte hier stark die (ideologischen, materiellen, geografischen…) Bedingungen des Konfliktraums und die Art der Kampfführung miteinbeziehen, die eben andere als auf den italienischen Schauplätzen oder an der Westfront waren. Es sei auch daran erinnert, dass die deutsche Seite ebenfalls gut im „Verheizen“ war. Als Beispiel sei die Schlacht um Rschew erwähnt, die im Grunde hierzulande vergessen ist, wie auch der Autor dieses Artikels hier schreibt. Er bilanziert zwar, dass „eigene Verluste (…) den Kreml bis zur Schlacht um Berlin kaum [interessierten]“ und schreibt auch sonst viel über sowjetische Inkompetenz, hält aber immerhin gegen Ende fest:
Mehr kann (und sollte) man von einem deutschen Leidmedium nicht erwarten. Der Journalismus findet sich immer ganz unten.
Ansonsten:
Gut, dass das mal festgehalten wurde.
Und es ist wichtig zu beachten, dass jenes Vorurteil inzwischen tief in den Russland-zentrierten Feindbildkomplex eingewoben worden ist – der Menschenleben nicht achtende asiatische, barbarische Unhold-Ork aus dem Osten. Das ist ja eine gängige Schlüsselannahme, die unhinterfragt wieder und wieder vorgebracht wird und längst eingeschliffen ist. Es sei an die französische „Expertin“ erinnert, die das vor zwei Jahren bei Lanz vorbrachte. Jenes Geschwätz hat ganz tiefe Wurzeln und gehört eben zu den gängigen Propagandatropen – „Wir erleiden geringe Verluste, die Verluste des Feindes sind erheblich“.
Abschließend:
Gut, dass Sie später noch schrieben:
Denn hier im Forum scheinen mir nämlich durchaus viele darüber informiert und auch an der Sache interessiert.
Meanwhile bei der SPD: SPD-“Linke” will Russland besiegen
Da kann man dann nur noch sagen: q.e.d.
Gruß
Altlandrebell
@ aquadraht
Was Sie schreiben, ist historisch verbürgt. Furchtbare Dinge. Kann Ihnen weitgehend zustimmen.
Sie schreiben außerdem ebenfalls:
“Die Rote Armee hatte aus einer Vielzahl von Gründen höhere Verluste als die Naziinvasoren. ”
Zu diesen Gründen gehörte aber eben auch – und das ist ja historisch belegt – die Bereitschaft, immer wieder in sehr verlustreichen Frontalangriffen anzugreifen (z.B. bei den sog. “Autobahnschlachten” vom Herbst 1943 in Weißrussland). https://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article189344253/Ostfront-Autobahnschlachten-kosteten-die-Rote-Armee-500-000-Mann.html
Auch bei der Schacht um die Seelower Höhen waren die sowjetischen Verluste erneut sehr hoch – und das, obwohl bei Mannschaften schon eine Überlegenheit von 5:1 und bei schwerem Material eine Überlegenheit von teils 7:1 bestand.
Der Grund war bekanntlich, dass die SU bzw. Stalin darauf setzte, bestimmte operative Ziele möglichst schnell und auf jeden Fall zu erreichen.
Militärisch gesehen wäre ja beim sowjetischen Angriff oft auch eine vorsichtigere Zermürbungs- und Ermüdungstaktik möglich gewesen, da die Wehrmacht angesichts ihrer viel geringeren Ressourcen auch auf diese Weise besiegt worden wäre. Nur eben langsamer. Indem Stalin die Westalliierten unbedingt beeindrucken wollte und ihnen teils zuvor kommen wollte, zuletzt noch bei der Einnahme Berlins, führte dieses rein politische und wohl auch persönliche Ziel zu im Grunde vermeidbaren zusätzlichen Verlusten.
Vermutlich kommt noch hinzu, dass die SU angesichts ihres enormen Bedarfs an neuen Rekruten auch oft Soldaten mit unzureichender Ausbildung/Vorbereitung einsetzte.
Die riesigen sowjetischen Verluste blieben auch der Wehrmachtführung nicht verborgen und ließen dort 1944/45 die Vorstellung einer baldigen Erschöpfung der Roten Armee aufkommen. Wir wissen, dass dies ein Irrtum war – aber eben erkauft mit sehr hohen Verlusten trotz haushoher materieller Überlegenheit.
Aber wir sollten uns nicht zu sehr in diese entsetzlichen Dinge verrennen. Sie sind Geschichte, und dass sich nicht manches wiederholt, darum kann man im Grunde nur beten.
—
Ganz allgemein und ohne Ihre Belege kritisieren zu wollen:
Wenn man sich über diese Dinge informieren will, so ist es natürlich sinnvoll, sich viel mit möglichst zeitnahen Quellen zu beschäftigen, also mit solchen, die von Zeitzeugen und direkten Teilnehmern sowie unmittelbaren Beobachtern stammen: Interviews mit Beteiligten, Feldpostbriefe, Tagebücher, Stabsprotokolle usw. Davon gab und gibt es natürlich Unmengen! Teils mehr als ein Historiker durcharbeiten mag und kann. Manches davon ist auch schon wieder verloren gegangen, z.B. bei Wohnungsauflösungen.
Solch ein Material ist wertvoller und eben zeitnäher als jenes Material, das in Archiven ruht und erst recht als Überblicksdarstellungen ohne umfangreichen Quellenbezug.
Ich weiß nicht, ob diese Geschichte durch den Stand der Forschung belegt ist, aber es hieß, dass so viele sowjetische Soldaten in Frontalangriffen gehen die Seelower Höhen verheizt wurden, weil man Stalin den Sieg gegen die Nazis zum 1. Mai schenken wollte. Das klingt nicht ganz unplausibel und ich habe zwar keine Ahnung von Kriegsführung, kenne aber die Gegend gut und es erschließt sich nicht sofort, dass man an den Höhen nicht vorbeigekommen wäre. Es hätte aber sicher mehr Zeit gekostet. Vielleicht doch wegen des 1. Mais?
Auf jeden Fall, war die Grundlage aller späteren sowjetischen, vermutlich auch russischen Militärstrategien, dass es nie wieder einen Krieg in der Heimat geben darf. Den Krieg auf das Territorium des Gegners tragen, hieß es immer. Wer auch nur einen Hauch von Ahnung von der barbarischen Kriegsführung der Nazis in Osten hat, wird das verstehen. Ich fürchte, man hat versäumt der Außenlena zu erklären, was ihr verdammter Naziopa mit seinen vertierten Rassekriegern da veranstaltete.
Ich grübele seit zwei Jahren ständig, ob der Krieg hätte vermieden werden können. Nicht von der NATO, die wollte ihn haben und will ihn noch immer, sondern von den Russen. Ich komme zu keinem klugen Ergebnis. Ich fürchte, wenn sie noch weiter zurückgewischen wären, hätte es den Scheiß nur verzögert, nicht verhindert.
Das Problem an den Seelower Höhen war eher, dass die Stavka den Erfolg der Weichsel-Oder-Operation wiederholen wollte. Damals hat man mit einer Artilleriekonzentration von 1000 Geschützen je Frontkilometer einen vernichtenden Erfolg gegen die Stellungen der Naziwehrmacht erzielt.
Nun waren Hitlers (und später Adenauers und der NATO) Generäle durchaus lernfähig. Sie hatten an den Seelower Höhen die Verteidigung tiefer gestaffelt und vor allem die ersten Linien eher dünn besetzt und dick vermint. Ein weiteres Problem war, dass der Angriff als Nachtangriff geplant war, bei dem der Gegner durch eine Vielzahl starker Scheinwerfer geblendet werden sollte.
Der Denkfehler dabei war, dass es seit apätestens Ende März ziemlich trocken gewesen war. Der auch hier wieder massive Artilleriebeschuss verursachte gewaltige Staubwolken, so dass die Scheinwerfer eher die Angreifer blendeten und den verteilten Verteidigern bessere Ziele boten. Auf die Scheinwerfer wurde dann verzichtet. Die Rote Armee schaffte den endgültigen Durchbruch erst am 3. Tag der Offensive. Erhofft war ein Durchbruch in den ersten Stunden. Stattdessen gab es schwere Kämpfe gegen die tief gestaffelte Verteidigung.
Um die Höhe der Verluste gibt es Dispute. Die Gedenkstätte Seelower Höhen gibt nach dem “nach der Wende neu gestalteten Konzept” (Wikipedia) die Zahl der sowjetischen Gefallenen mit 70.000 an, zusätzlich 2000 polnische Verluste der 1. polnischen Armee (unter Zygmunt Berling). Die Zahlen sind unglaubwürdig, die sowjetischen Angaben von 33.000 Gefallenen, immerhin rund 41% der Gesamtverluste der Berliner Operation, erscheinen dagegen solide.
Krivosheev (S.138) gibt die Gesamtverluste an Gefallenen der 1. und 2. polnischen Armee in der Berliner Operation mit 2.875 an, die der 1. und 2. Bjelorussischen Front mit 13.070 und 37.610. Wenn man berücksichtigt, dass diese Zahlen bis 1993 Verschlusssache waren, gibt es keinen Grund, warum sich die Stavka da selbst belogen haben soll (so geht Quellenkritik, nebenbei gesagt).
Für die Angabe von “nur” 12.000 Gefallenen der Wehrmacht gibt es keine soliden Belege, Wikipedia beruft sich auf einen Spiegelartikel. Wie Overmans beschreibt, gibt es für die Endkämpfe keine seriösen Verluststatistiken. Die sowjetischen Angaben von 80.000 getöteten Deutschen schliessen wohl auch die vom 2. und 3. Tag der Schlacht herangezogenen Volkssturmeinheiten ein. Für die gibt es zahlreiche Zeitzeugenbelege.
@ aquadraht
Kommt m.E. mehr auf den General und den Persönlichkeitstyp an. Der deutsche Befehlshaber bei der Schlacht um die Seelower Höhen war – wie ich weiter oben in einem anderen Kommentar vermerkte – Gotthard Heinrici, ein Spezialist des Verteidigungskampfes. Der hatte das nicht erst gelernt, der war so geprägt. Auf die Schnelle aus der Wikipedia:
Tja, von diesen Defensivspezialisten hatten die Deutschen zum Glück für die Nachwelt nicht so viele. Hitler konnte zudem mit Heinricis Vorschlägen, etwa hinsichtlich einer Frontverkürzung, nichts anfangen. Er operierte – wie die Ukronazis von heute – ja nach dem “Konzept der festen Plätze”. Darum meldete sich Heinrici Ende Mai 44 krank – einen Monat vor Bagration. Später, im März 1945, wurde er dann Kommandeur der „Heeresgruppe Weichsel“ und ließ bei den Seelower Höhen den von Ihnen erwähnten Verteidigungsgürtel anlegen, der durchaus an sowjetische „Verteidigung in der Tiefe“ erinnerte. Und wie ich @ Wolfgang Wirth bereits schrieb ist die Überwindung eines solchen Verteidigungsgürtel immer extrem kostenintensiv – ob Mensch oder Material betreffend. Ein „General vorwärts“ hätte womöglich anders gehandelt als Heinrici und dann wäre die Geschichte jener Schlacht anders verlaufen (nämlich noch ungünstiger für die Deutschen).
Was die Verluste betrifft, nehme ich einfach mal frech die Zahlen aus den deutschen und englischen Wikipedias:
Sowjets
Eingesetzt: 1 000 000
Verloren (nur Tote): 5000 (Isajew) / 33 000 (Hastings und Beevor) / 70 000 (Gedenkstätte)
Prozentual: 0,5 % / 3,3 % / 7 %
Deutsche
Eingesetzt: 112 143 – 190 000
Verloren (nur Tote): 12 000 – 80 000
Prozentual: 10,7 – 71,3 % bzw. 6,3 – 42,1 %
So und dann schaut man sich einfach die von mir oben in den anderen Kommentaren gelisteten Schlachten zum Vergleich an. Wenn man berücksichtigt, dass bei Großoperationen an den West- und Kolonialfronten in absoluten Zahlen in der Regel weniger Truppen beteiligt waren als im Osten und wenn man darum relative Werte heranzieht, sieht die Welt schon anders aus. Stichworte Hürtgenwald, Kasserine…
Model war auch irgendwie ein Verteidigungsspezialist.
Aber eigentlich müsste dies jeder Generalsstäbler können und gekonnt haben.
Und wenn dann ein Ex-Gefreiter Gröfaz meint, dass es anders geht, dann hätte jeder fähige Offizier diesem die Fresse poliert und aufgezeigt, dass man es durchaus noch eskalierender geht.
Jeder Offizier, der sich an ein Luft-“Eidchen” gebunden fühlt, ist eine klassische Fehlbesetzung.
Wer Angriff in der Tiefe beherrscht, beherrscht auch deren Ergänzung: Die Verteidigung in der Tiefe.
Was da Uniformträger für Verbalergüsse absondern zu meinen glauben, interessiert nicht und im Zweifel auch keine Befehlsstruktur.
Der Vernünftige entscheidet, wenn es die Verantwoetlichen nicht drauf haben.
Wer das Kriegshandwerk erlernt hat und nicht als “death man fighting” zu agieren vermag, sollte wohl besser einem Hausfrauen-Sportverein beitreten.
Wenn jemand beweglich wie ein Materialist vorgeht, kann auch die Einzelteile einer Operation differenziert bewerten und entsprechend abstimmen.
Aber wenn das Leben und die Gesundheit von Soldaten hauptsächlich Manövriermasse der Obersten Kriegsleitung sind, ist auch offensiver Massenmord damit gedeckt.
Und das Verheizen von Soldaten ist Massenmord und verbessert die Wehrkraft in keinster Weise.
Eine der Hauptursachen für die höheren sowjetischen Verluste waren die grossen Kesselschlachten im Jahr 1941, in geringerem Mass 1942 während der “Operation Blau”. Die über 2 Millionen Gefangenen der ersten Monate wurden fast sämtlich ermordet.
Was die “zeitnahen Quellen” angeht, so ist es genau das, womit sich Militärhistoriker, wie Historiker allgemein, beschäftigen. Quellenerschliessung, Quellenstudium und Quellenkritik (z.B. Triangulation) sind dabei die Hauptarbeit. Laienhafte Quellennutzung führt dabei zu Fehlleistungen wie Bacques “missing million” oder de Zayas’ “Die Wehrmachtuntersuchungsstelle”.