In Großbritannien bemüht sich Außenminister Lammy, den Vizepräsidneten Vance auf die europäische und ukrainische Seite zu ziehen. Hier mit Yermak, dem  Leiter des Präsidialamts der Ukraine, und dem ukrainischen Verteidigungsminister Umerov. Die Ukraine müsse an den Verhandlungen beteiligt werden. Trump sieht das wohl nicht so. Bild: Umerov

 

Am Freitag treffen sich der amerikanische Präsident Trump und der russische Präsident Putin in Sibirien, um erst einmal unter sich über ein Kriegsende in der Ukraine zu sprechen. Die USA sind dem ICC nicht beigetreten, Trump bekämpft ihn sogar, daher kann Putin bedenkenlos nach Sibirien reisen, was natürlich auch eine Geste gegenüber Trump ist. In der Ukraine und in den europäischen Nato-Ländern sieht man, dass man nicht einmal am Seitentisch sitzen wird. Wenn überhaupt etwas beim Treffen entschieden werden sollte, dürften dem Selenskij und die EU wenig entgegenzusetzen haben.

Was sicher zu sein scheint, ist das Thema Gebietsabtrennungen oder -tausch. Um den Krieg zu beenden, braucht Putin einen territorialen Gewinn, mindestens die Kontrolle über ganz Lugansk und Donezk, wo die russischen Truppen weiter vorrücken, und über die besetzten Gebiete in Cherson und Saporischschja. Der Kreml hatte sich selbst unter Zugzwang gesetzt, indem er neben Lugansk und Donezk auch die Oblaste Cherson und Saporischschja zum russischen Territorium erklärt hatte.

Für die Krim, aber auch für Lugansk und Donezk dürfte es keinen Spielraum von Moskau aus geben. Möglicherweise verzichtet die russische Seite auf die nicht besetzten Gebiete in Cherson und Saporischschja und „tauscht“ besetzte Gebiete in Sumy und Charkiw gegen Lugansk, das praktisch unter russischer Kontrolle steht, und Donezk. Das würde heißen, Rückzug der russischen Truppen aus Sumy und Charkiw und Rückzug der ukrainischen Truppen aus Lugansk und Donezk sowie Einfrieren der Frontlinie.

Selenskij hat schon abgewunken und will weiterhin über territoriale Abtretungen nicht verhandeln. Er sagt, die ukrainische Verfassung verbiete das. Bei Trump kam das nicht gut an. Trump: „Er hat also die Zustimmung, in den Krieg zu ziehen und alle zu töten, aber er braucht die Zustimmung, um Gebiete zu tauschen.“ Die Bemerkung macht schon klar, dass Trump mit Putin auf Gebietsabtretungen beharren wird, um ein Kriegsende zu bewirken. Trump hat auch deutlich gemacht, dass er die Idee, dass die Ukraine Russland besiegen könnte, als „dumm“ empfindet. Vermutlich wird Trump bei Kompromissen der russischen Seite Sanktionen beenden und vielleicht sogar die Krim als Teil Russlands anerkennen.

Das könnte man Realpolitik nennen, während Europa und Selenskij weiter auf Krieg setzen zu scheinen und daran festhalten, erst über Weiteres zu sprechen, wenn ein bedingungsloser Waffenstillstand vereinbart wird. Darauf wird sich Russland nicht einlassen, weil damit nichts gelöst wird und vor allem die zunehmend militärisch unterlegene Ukraine wieder aufrüsten könnte, während weitere russische Geländegewinne nicht mehr möglich wären.

Trump, der Dealer, der vom Völkerrecht nicht beeindruckt wird, könnte bei einem Scheitern der Verhandlungen seine Ankündigung wahr machen und sich zurückziehen. Das würde auch bedeuten, die Hilfe für die Ukraine einzustellen, auch wenn er Waffenkäufe der Europäer für die Ukraine zulassen würde. Finanzielle Unterstützung würde wohl eingestellt. Die Europäer müssten die gesamte finanzielle und militärische Hilfe schultern – ohne Aussicht auf einen Erfolg. Am Mittwoch wollen Selenskyj und die Europäer mit Trump telefonieren, um ihn noch umzustimmen und auf ihre Seite zu bringen. Das dürfte wenig Chancen auf Erfolg haben.

Putin wird Forderungen ablehnen, die nicht russische Interessen wahren, auch wenn Trump mit Zöllen und Waffenlieferungen drohen sollte. Wahrscheinlicher ist dann, dass sich Trump als Friedensstifter zurückziehen wird, um nicht ins drohende Fiasko von Bidens Krieg hineingezogen zu werden. Einigen sich Trump und Putin auf Gebietsabtretungen und stimmt die Ukraine mit Unterstützung der Europäer nicht zu, könnte sie Trump für das Scheitern verantwortlich machen und zu entsprechenden Druckmaßnahmen führen. Es wird vermutlich ein Ende mit Schrecken für die Ukraine und die EU geben, was allerdings besser sein könnte als ein Schrecken ohne Ende mit der Weiterführung des Kriegs.

Es wäre höchste Zeit, dass die EU eine eigenständige Initiative für die Beendigung des Kriegs entwickelt, wenn sie nicht am Katzentisch weiter sitzen will. Die Unbeweglichkeit verdankt sich dem Bemühen, die Einheit zu wahren, was gegenüber einem Feind immer schon einfacher war. Aber die transatlantische Einheit ist schon am Bröckeln, mit der zunehmenden finanziellen Belastung ohne Aussicht auf eine Lösung werden die Spannungen innerhalb der EU und in den europäischen Nato-Mitgliedsstaaten zunehmen. Aber Macron, Starmer, Merz und Kallas scheinen zu Veränderungen nicht imstande zu sein.

Florian Rötzer

Florian Rötzer, geboren 1953, hat nach dem Studium der Philosophie als freier Autor und Publizist mit dem Schwerpunkt Medientheorie und -ästhetik in München und als Organisator zahlreicher internationaler Symposien gearbeitet. Von 1996 bis 2020 war er Chefredakteur des Online-Magazins Telepolis. Von ihm erschienen sind u.a. „Denken, das an der Zeit ist“ (Suhrkamp 1988), „Die Telepolis“ (1995), „Vom Wildwerden der Städte“ (Birkhäuser 2006), „Smart Cities im Cyberwar“ (Westend 2015), „Sein und Wohnen“ (Westend 2020) oder „Lesen im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“ (Bielefeld 2023)
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6 Kommentare

  1. Alle Zeichen stehen auf Krieg. Wird uns von der Qualitätspresse jedenfalls so aufgetischt.

    Ist ja schön das die „quatschen“. Was auch immer das bedeuten mag, mich macht es nervös.

    BTW ist das Foto euer ernst?

  2. Great Gugglimuggli? Was ist da los? Jetzt verlegt Rötzer das Treffen nicht nur nach Sibirien sondern auch ein leicht verwirrt wirkender Trump hält irgendwie Alaska für russisches Territorium… Vollmond war doch Samstag??? 🤔

    https://freedert.online/kurzclips/video/253007-unerwartete-zugestaendnisse-trump-erklaert-alaska/

    Bei einer Pressekonferenz am Montag sprach der US-Präsident über den schlechten Zustand, in dem sich die Hauptstadt Washington derzeit befinde. Es sei „beschämend“, so Trump, der gleich darauf anmerkte, dass er sich am Freitag mit Russlands Präsident Wladimir Putin treffe – in Russland. „Wissen Sie, ich werde Putin treffen, ich gehe nach Russland am Freitag“, so Trump wörtlich.

    Das Treffen der beiden Staatschefs am Freitag soll im US-Bundesstaat Alaska stattfinden, der bis zum Jahr 1867 zu Russland gehörte.

    Verstehe wer will…

  3. Das ist aber verwirrend….Sibirien oder doch Alaska?
    Wie dem auch sei, Putin hat den Tagungsort klug gewählt, kein lästiges Überfliegen über Natostaaten, kein Risiko einer erzwungenen Landung…
    Trump und Putin können ganz entspannt, ohne nervige EUropäer und Bettler Selenski plaudern.
    Über die Sicherheitsinteressen Russlands, vielleicht noch entspannt über Pipelines von Sibirien nach Alaska….. 😇

  4. Oh je, Herr Rötzer, ich habe es ja jüngst schon angedeutet:

    Das offenbar ausschließliche Studieren von „Informationen“ aus Propagandaquellen des Westblocks und darauf aufbauend dann die Spekulation was denn nun weiter passieren könnte und warum führt nicht gerade zu einem belastbaren Artikel, von dem der Leser auch einen Nutzen hat, der über die „Arbeit des Mainstreams“ von dem sich Overton doch eigentlich absetzen möchte hinausgeht, ganz egal ob Sie das geplante Treffen nun nach Australien, Abchasien, Kamerun oder Krasnodar verlegen.

    Hier haben Sie ein Beispiel wie unabhängiger Journalismus im Jahre 2025 aussieht: https://tkp.at/2025/08/10/was-kann-beim-alaska-treffen-trump-putin-herauskommen. Mainstreampropaganda und Einschätzungen unabhängiger Fachleute und Journalisten werden nebeneinandergestellt und darauf baut dann der Autor seine Argumentation auf.

    Sie dagegen fixieren sich auf die eher nebensächlichen Territorialangelegenheiten, offenbar weil die Propagandanarrative im Westblock das so vorgeben…

  5. Macron, Starmer, Merz und VdL vertreten nicht die Interessen Europas. Der Stellvertreterkrieg in der Ukraine liegt ausschließlich im US Interesse.
    Nachdem sämtliche Wirtschaftsbeziehungen mit Russland gekappt wurden, Europa nun von überteuerten US Energielieferungen abhängig ist und die EU-Vasallen zu Tributzahlungen verpflichtet wurden, ist dieser Krieg für die USA unnötig geworden.
    Die zusammenbrechende Front in der Ukraine machen es nötig das Ziel, die Zerschlagung Russlands, einstweilig aufzuschieben.

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