Werden in Mariupol Chemiewaffen eingesetzt?

Bild von Asow

 

Mariupol steht kurz vor der Einnahme durch russische Truppen und  Milizen der Volksrepubliken. Jetzt wird nach verschiedenen Rufen nach militärischer Unterstützung behauptet, die russischen Truppen hätten Chemiewaffen eingesetzt.

 

Die Verteidigung der Hafenstadt haben vor allem Freiwilligen-Bataillone geleistet, allen voran das Asow-Regiment. Der ukrainische Präsident Selenskij, der immer wieder versucht, ein Friedensabkommen mit Russland zu erreichen, aber unter Druck der über 100.000 Mann starken rechtsnationalistischen steht, hatte angeboten, dass die ukrainischen Soldaten Mariupol verlassen können. Das aber wollte Asow nicht, man vermutet auch, dass ausländische Berater noch bei ihnen sind. Die Milizen und die hinter stehenden politischen Kräfte haben alle Versuche torpediert, zu einer friedlichen Lösung mit Russland zu kommen.

Jetzt heißt es von russischer Seite, dass der Hafen der Stadt erobert wurde. Kern des Widerstands ist das Firmengelände von Azovstal. Man bereite, so die „Volksrepublik Donezk“ (DNR), einen Angriff mit Flammenwerfern vor, um die Stellungen zu zerstören. Das Problem scheint zu sein, dass es auf dem Industriegelände viele unterirdische Geschosse gibt, in denen sich die verbliebenen Asow-Kämpfer verschanzt haben. Was unter Flammenwerfer verstanden wird, ist natürlich eine offene Frage. Möglicherweise könnten auch thermobarische Waffen eingesetzt werden. Der Militärchef der DNR, Eduard Basurin, meinte, es seien noch einige tausend Kämpfer in den unterirdischen Geschossen vorhanden und man müsse sich an die russischen Chemiewaffenverbände halten.

Das Szenario scheint bekannt zu sein. Die USA und in deren Gefolge die Nato-Staaten haben den Einsatz von Chemiewaffen wie in Syrien zur roten Linie erklärt (Gefährliches Spiel mit Chemiewaffen). Dass kurz vor der Niederlage des Widerstands in Mariupol, den Selenskij noch schnell zum zum Kern der Verteidigung für die Ukraine erklärt hat, wohl wissend, dass die Verteidiger zum Untergang verdammt sind, jetzt der Einsatz von Chemiewaffen behauptet wird, verwundert nicht, weil damit die Nato zur Kriegsbeteiligung aufgefordert wird: „Vor etwa einer Stunde setzten russische Besatzungstruppen in der Stadt Mariupol eine giftige Substanz unbekannter Herkunft gegen ukrainisches Militär und Zivilisten ein, die von einer feindlichen Drohne abgeworfen wurde.“

Das verbreitete Asow am Montagnacht. Das ukrainische Verteidigungsministerium zog mit, ein Vertreter erklärte, dass die „russischen Faschisten“ Chemiewaffen einsetzen.


Update: In einer Video-Ansprache sagte Asow-Kommandeur Andriy Biletsky: „Die Russen haben in Mariupol im Werk Azovstal mit chemischen Waffen zugeschlagen. Wenn wir über die praktische Seite des Angriffs sprechen – so ist sie klein. Drei Personen haben deutliche Anzeichen einer Vergiftung durch Militärchemikalien, jedoch ohne katastrophale Folgen. Der chemische Angriff auf Mariupol bedeutet nur eines: Die Russen können Mariupol und die ukrainischen Verteidiger nicht einnehmen. Sie haben keine andere Wahl, als wahllos verbotene Waffen einzusetzen.“

Die Hilferufe aus Mariupol klingen allerdings anders. Die Verbreitung des angeblichen Chemiewaffeneinsatzes durch Asow hat, wie gewünscht, bereits die britische Regierung aufgeweckt. Die britische Außenministerin Liz Truss erklärte, man werde den angeblichen Angriff untersuchen: „Jeder Einsatz solcher Waffen wäre eine Eskalation in diesem Konflikt und wir werden Putin und sein Regime zur Verantwortung ziehen.“ Pentagon-Sprecher John Kirby meinte, man habe die Berichte vernommen, aber könne sie derzeit nicht bestätigen.“

Asow versucht weiterhin, mit dem behaupteten Chemiewaffeneinsatz, der sich nicht unabhängig prüfen lässt, weil die Kämpfer eingeschlossen sind, militärische Unterstützung zu fordern.


Die Verteidigung von Mariupol, beschränkt mittlerweile vorwiegend auf zwei Industriestandorte, wird zur „heroischen“ Anstrengung erklärt. Wenn Mariupol eingenommen sein wird, dürfte die Offensive auf die seit 2014 stark befestigten Stellungen der ukrainischen Armee, vor allem aus Freiwilligenverbänden bestehend, beginnen. Wenn Mariupol gefallen ist, hat die Ukraine auch bei Verhandlungen mit Russland schlechtere Karten, denn Moskau wird eine Beendigung des Krieges vermutlich nur mit einer Vergrößerung des Gebiets der Volksrepubliken und der Landverbindung über Mariupol mit der Krim zugestehen.

Verzweifelt scheinen die Verteidiger von Mariupol auch zu sein, weil sie von Kiew nicht wirklich unterstützt werden. Selenskij hatte schon mal gegenüber Foxnews erklärt, Asow sei halt, was es ist. Beklagt wird von Asow in Mariupol, dass niemand in Kiew mehr seit zwei Wochen ansprechbar sei, aber die Munition sowie die Lebensmitteln ausgingen. Es sei die letzte Schlacht.

Es tut sich wieder einmal eine Kluft zwischen den nationalistischen Milizen und der Regierung auf, denn Selenskij weiß, dass er mit Russland verhandeln und Kompromisse eingehen muss, um das Leben der Ukrainer zu schützen und sie nicht in einem Vernichtungskampf zu opfern. Gleichzeitig muss er die Verteidigung unterstützen, auch wenn das den Krieg verlängert. Die Versprechungen, gegen Russland zu siegen, wird er nicht glauben, muss sie aber äußern, um die Unterstützung des Westens weiter zu beziehen, der propagandistisch auf militärischen Sieg setzt. Selenkij weiß, dass er dann, wenn er zur Beendigung des Kriegs Kompromisse eingehen muss, die auch territoriale Verluste bedeuten werden, unter massiven Druck gerät. Auch wenn die Präsidentschaftswahlen wegen des Kriegs verschoben werden müssen, ist unklar, ob Friedensabmachungen mit Russland länger Bestand haben.

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6 Kommentare

  1. Wie vorhergesagt!
    Aller 4 bis 5 Tage wird nun Russland ein weiteres schweres Kriegsverbrechen begehen!
    Aus Syrien wissen wir: Gifteinsatz ist fast schon Pflicht!
    Extrem effektiv!
    Die russische Armee setzt Giftgas ein und zwingt 3 Nazis zum Husten!
    Mehr schafft Russland nicht mehr! So kann Putins Entnazifizierung aber nicht gelingen!
    Aber ein paar ZUSÄTZLICHE PANZER von der deutschen Regierung könnte man einfordern!
    Oder ein paar FFP2 Masken, die wären wesentlich als die medizinischen!
    https://twitter.com/ticcitacca/status/1513816027636932609
    Die Filter durch ihre mittlere elektrostatische Schicht sogar Giftgasteilchen aus der Luft heraus, die gar nicht!
    Und die haben wir von Jens Spahn noch auf Lager!

  2. Das fällt irgendwie schon auf.

    In einem militärischen Konflikt steht die Seite, mit der der Westen verbunden ist, mit dem Rücken an der Wand. Der Westen erklärt „Chemiewaffen“ zur roten Linie und prompt soll die überlegene Seite darauf zurück gegriffen haben – obwohl sie es die ganze vorherige Zeit nicht gemacht hat. Klingt total glaubwürdig.

    Ansonsten zeigt der Text Selenskyis prekäre Handlungsoptionen. Und das als Präsident.

  3. Ja, klar, die fiesen Russen mit ihren Giftgaswaffen. Bekannt. Die sind so blöd, diese immer dann einzusetzen, wenn sie sowieso im Vorteil sind und zusätzlich alle außerhalb darauf starren.
    +++
    Dass Selenski dass Asow-Regiment in Mariupol „verheizt“, könnte ihm einige „Beinfreiheit“ in den Verhandlungen mit Russland verschaffen. (Ja, das ist eine zynische Überlegung – weil auch Zivilisten abknallende Nazi-Hools Menschen sind. Dennoch: „Haben Ukrainer oder Russen auf Euch geschossen?“ „Die Ukrainer, blöde Frage.“ — „Die schiessen auf alle, Frauen, Kinder, auf alle; sehe ich etwa aus wie ein Soldat?..“ (https://invidious.snopyta.org/watch?v=lRtLFT2sbBg)

    -Sch..ß-Krieg! Sch..ß-EU/US-Waffenlieferungen!
    STOP IT & END WAR!

  4. „Verzweifelt scheinen die Verteidiger von Mariupol auch zu sein, weil sie von Kiew nicht wirklich unterstützt werden.“
    Ja, weil das gar nicht möglich ist. Dafür hat die russische Armee längst gesorgt.

    Inzwischen ist es wieder stiller um den ‚Chemieangriff‘ geworden. Einen solchen kann man nicht behaupten, ohne nachher selbst eingreifen zu müssen. Schliesslich sind die Standards gesetzt. Aber das wollen die meisten im Westen aus guten Gründen nicht.

    Nun scheint es in Mariupol ohnehin zu Ende zu gehen. Ein Ausbruchsversuch ist gescheitert. Wer sich nicht ergibt, wird sterben. Darunter offensichtlich auch ziemlich viele Nicht-Ukrainer. Etwa ein Brite, dessen Angehörige seine Lage publik gemacht haben.

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