Nawalny: Vor neuen Protesten in Russland

Aus dem Magnitski-Film

Der russische Filmemacher und Autor Andrei Nekrasov im Gespräch über die Vergleichbarkeit der Fälle von Magnitski und Nawalny, Ungereimtheiten, fehlende Fakten und Nawalnys Ansehen in Russland.

 

Andrei Nekrasov hat sich zuletzt intensiv mit dem Magnitski-Fall beschäftigt und darüber den Dokumentarfilm The Magnitsky Act gedreht, der zeigt, wie er allmählich ins Zweifeln über das im Westen von dessen Arbeitgeber, dem Fondsmanager und Millionär Bill Browder, verbreitete Narrativ vom Whistleblower kommt, der angeblich schuldlos im russischen Gefängnis 2009 totgeschlagen wurde. Nekrasov, der zunächst Browders Narrativ verfilmen wollte, hat mit diesem, Familienangehörigen und Politikern gesprochen, ist Dokumenten nachgegangen und kam zum Schluss, dass Magnitski, der des Steuerbetrugs für Browder verdächtigt wurde, im Untersuchungsgefängnis aufgrund mangelnder medizinischer Versorgung gestorben war. Eigentlich hätte der Film von Arte gesendet werden sollen, wurde aber auf Betreiben von Browder aus dem Programm genommen.

Das Narrativ vom russischen Unrechtsstaat im Westen eingeschlagen. Es wurden in vielen Ländern Magnitski-Gesetze verabschiedet, um Menschenrechtsverletzungen und Korruption zu sanktionieren. Die EU hat vor kurzem auch eine solches „Instrument“ eingeführt, verzichtete aber auf den Namen Magnitiski, wendete es aber zuerst auch  gegen russische Behördenvertreter an, die für die Inhaftierung Nawalnys verantwortlich gemacht werden.

Nekrasov, der neben anderen kremlkritischen Filmen bereits einen Film über den tödlichen Anschlag auf Litvinenko gedreht hat, stellt auch seine Zweifel an der Geschichte von Nawalny heraus, macht aber auch klar, dass spätestens seitdem Skripal-Fall die Faktenaufklärung kaum mehr möglich sei, wie dies noch bei Magnitski möglich war, weil beide Seiten den Zugang zu Informationen verhindern.

 

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Florian Rötzer

Florian Rötzer, geboren 1953, hat nach dem Studium der Philosophie als freier Autor und Publizist mit dem Schwerpunkt Medientheorie und -ästhetik in München und als Organisator zahlreicher internationaler Symposien gearbeitet. Von 1996 bis 2020 war er Chefredakteur des Online-Magazins Telepolis. Von ihm erschienen sind u.a. „Denken, das an der Zeit ist“ (Suhrkamp 1988), „Die Telepolis“ (1995), „Vom Wildwerden der Städte“ (Birkhäuser 2006), „Smart Cities im Cyberwar“ (Westend 2015), „Sein und Wohnen“ (Westend 2020) oder „Lesen im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“ (Bielefeld 2023)
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