
Der Kanarienquex ist ahnungslos im Berliner Undergroundschuppen „Shivas Paradize“ unterwegs, während draußen die Welt im Chaos versinkt. Die linksradikale Transe „Donna Fauna“ versucht, ihn über den 11. September 2001 in Kenntnis zu setzen. Aber die Abwehrmechanismen des Kanarienquexes sind stark ausgebaut. In Partykreisen eine lebende Legende, hat er eben eine ganz spezielle Art, die Welt wahrzunehmen …
Direkt dem großen Feuer gegenüber bot sich neuerdings ein erhebender Anblick: Als eine der spektakulärsten Anschaffungen der jüngeren Zeit gab eine künstliche Berglandschaft den Shiva-Feiernden Gelegenheit, sich in luftiger Höhe zum Alleinsein zu verkrümeln. Es handelte sich um gängiges Spielgerät für Menschenkinder: ein Klettergerüst, verbunden mit fingerdickem Drahtseil, das sich um die zentralen Stützmasten zu einer komplexen Struktur spannte.
Die düsteren Prophezeiungen des Shiva-Schamanen fliehend, erkletterte KQ diese neue Spielebene.
»Stranger Mood an diesem Tag«, dachte der Kanarienquex, als er von diesem Drahtseilgebirge aus einige Zeit zugebracht hatte, das Treiben unter sich zu betrachten.
Inzwischen waren es schon wieder erstaunlich viele, die sich in Ermangelung geregelter Wochenarbeitszeiten in Shivas Paradize tummelten.
Der Quex schaute sich das acidverspulte Treiben vom Klettergerüst aus eine Weile an. Shivas Nachmittagsmeute war für ihre ausgesuchte Planlosigkeit berüchtigt. Dann verließ er seinen Aussichtsposten und begab sich herab auf die Tanzfläche.
Dort noch nicht angekommen, kündete der Vibrationsalarm vom Erhalt einer SMS.
KQ ging unauffällig ein paar Meter abseits, um nicht in Thom Willbroox’ Blickfeld zu geraten, der allen Ernstes ein Telefonierverbot im gesamten Kombinat durchsetzen wollte.
In einer Ecke stehend fingerte KQ das Telefon aus einem kleinen Seidenbeutel. Auf dem Display las er:
»Babylon on fire, Süßer … +++ What the fuck is going on?! +++ CALL ME NOW!!! +++ d. fauna«
Na was! Donna Fauna! Wenn es nach der ging, war die Welt schon des Öfteren im Chaos versunken, quer durchs vergangene Jahrzehnt.
Das arme Kind war friedensbewegungsgeschädigt. Von ihren Eltern in frühem Kindesalter über jedes vertretbare Maß hinaus shalom-haverimisiert, hatte Fauna die Neutronenbombenapokalyptik der Raketenkrise der Achtzigerjahre zu einem emotionalen Grundmuster ausgebaut.
Wer sie nicht kannte, fiel erfahrungsgemäß ein- bis zweimal auf Faunas charismatisch vorgetragene Panikattacken herein und ließ sich ein paar Meter in Richtung des vermeintlichen Weltuntergangs mitschleifen. Auf die Dauer reagierten die meisten gelassen, wenn Fauna mal wieder meinte, ihre depressive Todessehnsucht zur Grundlage weltpolitischer Analysen machen zu müssen.
KQ gehörte zu denen, die ihre Ausraster einschätzen konnten. Für Sekundenbruchteile irritiert, beschloss er umgehend, die hysterische Aufforderung bass zu ignorieren. Er dachte ja nicht daran, Fauna zurückzurufen. Und »NOW!!!« schon mal gar nicht. Nicht mit drei Ausrufezeichen.
Die Guteste hatte, das sagte sich der Kanarienquex bei aller Sympathie, echt einen ordentlichen Knacks im Hirn. Was für KQ, der seine scheinbar viel harmloseren Neurosen intern dramatischer einstufte, seit jeher die Geschäftsgrundlage freundschaftlicher Betätigung darstellte. Es waren immer die keineswegs nur harmlos Wahnsinnigen gewesen, bei denen das Quexometer heftig ausschlug.
Diese Sammelleidenschaft für Irrsinnige aller Provenienz war beim Quex berufsbedingt. Oder berufsvermeidungsbedingt – für die, denen eine Tätigkeit als reisender Partylöwe wenig handfest gilt.
Dabei war der Quex anerkannter Profi in seinem Geschäft. Der Lifestyle, den er sich auf diese Tour leisten konnte, durfte sich anschauen lassen.
Er verbrachte wilde Wochen auf den Partyinseln aller Meere, feierte tagelang mit Sven Väth auf einer Yacht vor Ibiza, jettete zu den Highlights der Goa-Bewegung in australischen Urwäldern und nordafrikanischen Wüsten – und immer fanden sich Leute, die bereitwillig für sein Kommen bezahlten.
Andere mussten sich dafür als Tresenhilfe verdingen, Lasershows veranstalten, als Cybermonster, DJs, VJs, MJs oder auf Stelzen das Feiervolk animieren oder sich sonstwie zum Kasperl machen.
Vom Kanarienquex wurde dergleichen nicht erwartet. KQ hatte geschafft, regelmäßig als er selbst engagiert zu werden. Er wurde eingeladen, auf Kosten des Hauses zu sein, wie er gerade sein wollte. Wenn er sich dann, was ständig vorkam, inmitten der Elite der Drogenkultur auf das Extremste aufführte, nahm ihm das niemand übel, im Gegenteil: Dann waren’s alle zufrieden, jaja, der kleine, orange-grüne Quex war sein Geld mal wieder wert gewesen. Was für ein Auftritt, grandios!
Wenn es nun doch so etwas Ähnliches wie eine Berufsbezeichnung geben sollte für das, was der Quex da machte, dann fühlte er sich den Dealern nahe. Immerhin vertickte KQ den begehrtesten Stoff, den diese karge Kugel zu bieten hatte. Und die Abenteuer, Skandale, Bewusstseinszustände und Illusionen, die er seinen Kunden verhökerte, waren mindestens so verboten und vor allem tausendmal wirkungsvoller als das bisschen Chemie-Dreck, für das die Kollegen von der Pillenfraktion zum Teil für Jahrzehnte ins Kittchen wanderten.
Die mit dem wirklich guten Zeug erwischen sie halt nie, lächelte der Quex zufrieden – und stolzierte wie der stiergehörnte König der Narren zurück Richtung Tanzfläche!
Was war los? Eine ganze Weile nachdem KQ den Dancefloor erreicht und Faunas SMS erfolgreich verdrängt hatte, erwischte ihn ein jäher Stimmungssturz. Mitten im wilden Tanz riss die Verbindung. Mattscheibe! Seine Beine fanden den Rhythmus nicht mehr, der Kopf begann zu rattern. Eine leichte Gänsehaut zog vom Nacken her den Rücken hinunter. KQ machte einige Anläufe, in den Sound zurückzufinden. Nichts zu machen.
Ortswechsel.
Der Kanarienquex ging nach draußen. Das hasste er wirklich an der Rave-Szene: Vor den Toren der Sanitäranlagen endete jeder Style! Darüber ärgerte sich KQ jedes Mal. Die Klos waren wie immer verschissen bis sonst wohin.
Drum ging er lieber vor die Tür, um sein Geschäft zu verrichten. Und die Umgebung von Shivas Paradize war jeden Ausflug wert. Man konnte fantastisch durch verlassenes Industriegut turnen. Von freier Natur, die sich das Land zurückeroberte, bis hin zu leeren Arbeitshallen ließ sich für jede Fäkalstimmung das richtige Ambiente finden.
Der Quex entschied sich für einen Schuttberg aus zerschmissenen roten Scherben, der sich malerisch im Innenhof der verwaisten Ziegelei erhob. KQ kraxelte nach oben und schaute sich um. Erhaben stand der Löwe da, zwei Meter nur vom Himmel weg und warf seine Augen im Kreis. King Leo checkt die Lage.
Dann öffnete er seine Hose und ging in die Hocke. In seinem Rücken war die Sonne schon wieder auf dem absteigenden Ast. Das untergehende Rot reflektierte auf der heruntergelassenen Silberhose und tauchte den scheißenden Quex in ein majestätisches Licht.
Der Quex-Magen hatte einiges an Krämpfen auszustehen, ehe es losging. Er hockte da, auf diesem Berg roter Dachziegel, würgte und presste, um den Schließmuskel zu lockern. Dann stöhnte der Quex genüsslich auf und seilte seine Exkremente ab.
Mit dem da hatte er nichts mehr zu tun.
Das Wurzelchakra flimmerte ein wenig.
Es konnte weitergehen.
Neuen Farben entgegen.
KQ hatte die Dauerparty zum Beruf gemacht und die Depressionen einigermaßen unter Kontrolle. Mit Fauna und dem Weazel hatte sich ein großartiges Team gefunden. Shivas Paradize war den Paradiesvögeln Burg und Heimat geworden. Zwischen allen Stühlen hatten sie hier ein großes, rotes Plüschsofa errichtet. Und es saß sich saugemütlich darin.
Wären nur diese Zeichen nicht gewesen.
Seit Tagen flog dem Quex zum Beispiel Asche um die Ohren. Das schwarze Porzellanschiffchen für die Räucherstäbe hatte am Boden gelegen, als er am Samstag heimgekehrt war. Damit fing es an. Es war nicht zerbrochen. Aber die Asche lag überall verstreut.
Tags drauf, beim nachmittäglichen Frühstück, schmiss erst Fauna den Aschenbecher um, dann noch mal das Weazel, schließlich KQ selber. Auch bei den diesen Tag begleitenden Joints war dem sonst so umsichtigen Quex die Asche konsequent auf die Klamotten gefallen.
Asche, Asche, Asche: alles voller Asche. So was registrierte der symbolerfahrene Quex. Und es gefiel ihm nicht.
Erst recht passten ihm diese zwei Fliegen nicht ins Konzept. Sie fielen KQs mit blauen Glassteinen besetztes Pentagramm-Amulett regelrecht an, als er mit Plastiktüten unterm Arm vom Einkaufen kam. Sie stürzten sich richtig drauf, genau auf das Zeichen, wie zielgerichtet.
Die vom Quex als komplett überflüssig empfundene Krönung des Alarmfeuerwerks folgte zwei Meter weiter: in Form einer toten Krähe, die halb skelettiert direkt neben seinem Hauseingang vor sich hin weste.
Alles das in kürzester Zeit und in völligem Kontrast zu der inneren Ausgeglichenheit und Zukunftsfreude, die den Kanarienquex seit Wochen beseelte. Was sollte das? Er konnte die Zeichen weder ignorieren noch einordnen. Ein Menetekel? Stand ein Unglücksfall bevor? Der überraschende Tod eines nahen Freundes? Oder nur dumme Zufälle?
Dabei war KQ gewarnt. Dieser Symboltick, das ging in letzter Zeit eindeutig übers Ziel hinaus.
Er kannte diese Typen doch: esoterisch verseuchte Mathecracks mit abgebrochenem Informatikstudium, die aus jedem Joghurtpreis die Quersumme errechneten, nach der siebten Quadratwurzel eine versteckte 23 entdeckten und damit die Welt erklären wollten.
KQ glaubte durchaus an die mystische Kraft von Orten und Symbolen. Er liebte ausgefeilte Rituale, Numerik, Tarot-Karten und Sterndeuterei. Er hatte keinerlei Berührungsängste mit fantastischen Realitäten. Sauber ausgearbeiteten Verschwörungstheorien brachte er jederzeit Respekt entgegen.
Aber als hauptberuflicher Illuminatenjäger wollte er lieber nicht enden. Asche hin, Fliegen her, Yoghurtbecher sonst wohin: Alles war gut, wurde besser und würde gut bleiben.
Die Phase seines Durchbruchs hatte begonnen.
Die Sterne standen mehr als günstig.
»Lass uns tanzen!« Die Springmaus, eine seiner besten Partyfreundinnen, nahm seine schwitzigen Hände und hievte den Quex aus dem Stimmungstief, in Richtung Boxentürme. Er ließ sich ziehen und erneut vibrierten die harten Beats durch seinen Körper. Ins Tanzen kam er nicht recht. Am Rande des Pulks die weiche Hüfte wiegend, hatte den Kanarienquex die Vernunft dennoch schnell zurück.
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😉
Bitte weiter.
Lustige Stilmischung und dabei am Puls der Zeit.
Frisch reingekommen aus der Tagesschau hier :
Also, habe ich das richtig verstanden? Ein Mann, der „Gay“ heißt, liegt „gut versteckt unter einem Tarnnetz“ und das „zusammen mit den Kameraden“? Okay. Ja. Eigentlich keine weiteren Fragen euer Ehren. Aber lassen Sie mich raten – es gab dann auch eine „Sanitäter-Einführung“ und ein „Rotarschritual“? Und dann fuhr der ganze Zug auch noch zufällig von Bückeburg nach Darmstadt, ja? Sind das neue Folgen von „Die Rekruten“ oder eher von „Fuck for Forest“?
Aber nein:
Mhmh. Türlich, Digger, türlich!
„Drohnen“ nennt man den Johannes heute also. Gut zu wissen. Passt auch irgendwie – das Wort bezog sich ursprünglich auf „das männliche Bienenexemplar, das für die Fortpflanzung zuständig ist“. Den Drohn. Und über den Johannes – pardon: den Drohn – die Kontrolle zu behalten, ist sehr wichtig. Nicht, dass er zu früh losschießt.
„Unter dem Tarnnetz kontrollieren“ hieß früher aber eigentlich bloß „Rudelwichsen“…
Mit Betonung auf „einzudringen“, äh „aufklären“. Sagen Sie das doch heute Abend mal zu Ihrer Frau – „Schatz, darf ich dich nachher vielleicht mal wieder etwas „aufklären“?“ Oder zu Ihrem Mann – „Hasi, magst du nachher wieder mein Gebiet aufklären? Da gibt es glaube ich einen Wasserschaden.“ Ergebnisse und Erfahrungsberichte bitte direkt an die Redaktion. Für den guten Start in die neue Woche.
Relax, don’t do it
When you want to go to it
Relax, don’t do it
When you want to come
Relax, don’t do it
When you want to suck it, chew it
Relax, don’t do it
When you want to come
When you want to come
Äh, sry, ich war gerade abgelenkt. Keine Ahnung, wieso ich bei dem Artikel auf „Frankie Goes to Hollywood“ komme. Oder die Forest äh Village People. Und hatten die nicht auch einen GI dabei? Aber natürlich – Alex Briley!
Young man there’s a place you can go
I said young man when you’re short on your dough
You can stay there and I′m sure you will find
Many ways to have a good time.
Ja, viele Wege eine gute Zeit zu haben für mindestens ein bis zwei Wochen im Jahr beim Drohnenkontrollieren unterm Tarnnetz im Wald.
Glaube ich auf’s Wort. Bei so viel verklemmten Rechten in Schandland, sollte es doch sicher genügend Jungs geben, die endlich in eine Uniform schlüpfen und zum zweiwöchigen Drohnenwedeln in den Wald ziehen wollen. Oder?
Oh, schade.
Vielleicht sollte man das Angebot KSK-mäßig aufpeppen? Mit Hitlergruß, fliegenden Schweinsköpfen und als Hauptpreis ein junges Escort / ein junger Gigolo für den Gewinner des Drohnen-Kontrollier-Wettbewerbs? „Erkenntnisse über sexuelle Handlungen“ liegen uns natürlich hinterher wie immer keine vor…
Das ist der Unterschied zum Puff, Pornokino oder Swingerclub. Da fällt keiner raus oder ihm allenfalls die Augen.
Die Bundeswehr muss da einfach mal lernen mit dem Zeitgeist zu gehen.
Jaja, beim Bund wird einfach jeder zum „vollwertigen Mann“ gemacht. In der ein oder anderen Form. Beim Drohnenwedeln kann man da auch wirklich schnell an die körperlichen Grenzen gelangen, gerade wenn der „Waldboden“ hart und die „Kuhle“ des Kameraden so tief ist… und erst die „Gewehrauflage“…
Frage: Gott, wie viel Anspielungen kann man in einen Artikel packen?
Tagesschau: JA!
Das sind die schlimmsten!
Biedere, verklemmte Subbadaddys aus dem Speckgürtel, die irgendeinen überbezahlten Bullshit-Job haben, in dem sie bloß alltäglich mit ihrer inneren Leere konfrontiert werden und wenn es gerade keine „Must-Haves“ zum Schnellkauf, keine Praktikantinnen zum Schnellvögeln und keine Untergebenen zum auf die Schnelle rundmachen gibt, in der Langeweile ihrer jämmerlichen Existenz festhängen. Viele ticken als Zeitbomben vor sich hin, andere schlagen im trauten Heim die Alte (nach Außen gibt man natürlich das Musterpaar), wieder andere kratzen die Wänd ab oder schikanieren den Hund. Und dann gibt es jene, die jetzt das Angebot haben „Drohnen zu kontrollieren“ beim Bund.
Ich für meinen Teil bleibe dabei: Dieses ostentative Interesse an „Kameradschaft“, im „Schlamm robben“, Schanzen, an Uniformen, gebellten Befehlen, Hierarchien oder Militaria und diese ganze pseudo-maskulinen Ästhetik mit HJ-Haarschnitt und Bart ist sehr oft nichts anderes als ein Ausdruck von unterdrückten Emotionen und beschissener Erziehung in der Kindheit. Ob autoritär (schwarze Pädagogik) oder anti-autoritär (Nudging etc.) spielt für mich überhaupt keine Rolle. Erziehung bleibt Zwang; Bildung und Aufklärung brächte die Kinder weiter, aber das ist ja nicht drin in Schandland.
Dieser ganze Fimmel ist für mich allzu oft nichts als ein Ausdruck von Unsicherheit, innerer Unruhe und verdrängter Sexualität. Der deutsche Mann muss hart sein, stark sein, zäh wie Leder und jetzt eben supertaff im Schlamm robben und „Kuhlen“ ausbuddeln. Der deutsche Mann heult nicht, der deutsche Mann zeigt keine Regung, der deutsche Mann ist „normal“ – und macht keinen Scheiß mit den Schnuckele oder im SM-Club. „Wenn du dich noch einmal bei den Schwuchteln rumtreibst, prügel ich dich windelweich, Jung! Dann haste auch Sado-Masa, aber so richtisch!“ Und dann treibt sich „der Jung“ eben 25 Jahre später bei den Schnuckele unterm Tarnnetz rum, aber immer „Pssst!“ und bloß nix nach außen dringen lassen.
Solche Familienväter aus dem fein gehegten Klinkerhäuschen fühlen sich von „Kameradschaft“ angezogen, weil sie ihnen – in ganz spezifischem Sinn – Verbindung und Zugehörigkeit offeriert. Verbindung, Zugehörigkeit und Sinn, die sie in ihrem Alltag weder in Familie noch auf der Arbeit oder im Hobby erfahren oder zumindest nicht ansatzweise in der gleichen Intensität. Bestätigung in einer Welt, in der sie das Gefühl haben nicht genug zu „leisten“, zu wenig zu „schaffen“ – sei es als Subbadaddy, Göttergatte oder Vor- / Nachgesetzter. Mit anderen echten Kerlen auf „hartem Waldboden“ zu schlafen, umgeben von Disziplin, Hierache und „Ordnung“, gibt Kontrolle. Schafft Sinn, Ziel, Nähe, Vertrautheit und Intimität, gerade für diejenigen, die stets daran gescheitert sind ihre eigenen inneren Bedürfnisse zu verstehen. Gerade wenn man dort im Wald Momente ausleben kann, die im eigentlichen Leben tabuisiert sind oder irgendwann einem Mal von einer höheren Macht (Vater, Mutter, Vater Staat, Mutter Kirche, wem auch immer) untersagt wurden.
Und ich habe mich jetzt über die Zweideutigkeiten des Artikels beömmelt, aber an sich ist so ein Reservistenkurs natürlich auch schlicht eine Möglichkeit das nicht gestillt zu bekommende Bedürfnis nach Stärke und Rache auszuleben. Ganz ohne sich den sexuellen und sonstigen Konflikten in seinem Innern stellen zu müssen. Aggression nach außen (mitunter auch heute noch in demonstrativer Homophobie ausgedrückt) als Abwehrmechanismus, um die eigene, unbewusste sexuelle Orientierung oder einfach das ganze kaputte Innere zu verdrängen oder gleich offen zu verleugnen. Gerade im Tötenlernen. Später, beim Töten des verdammten Russen, tötet man symbolisch wieder und wieder den Vater – oder welche Autorität auch immer – die einen einst schikanierte und gegen die man damals nichts tun konnte. Wegen der man bloß heulend in der Ecke saß. Denn gegen seinen Vati – oder eben Vater Staat – erhebt man seine Hand nicht, das ist verboten, zumal er ja auch allzu mächtig ist und hart zurückschlagen könnte. Verdammt, war man machtlos! Aber jetzt hat man die Möglichkeit zu 15 Minuten Hass. 15 Minuten Ersatztöten. Weiter kommt man damit zwar nicht, man braucht auch immer mehr von dieser Droge, aber für den Moment hilft es die Scheiße um einen herum zu überbrücken.
Ne, Alter, wirklich – schon dieser Fetisch auf Gewehre, die „Blei ausspucken“. Diese Dinger sind doch nichts als reiner Phallusersatz, Prothesen. Oder eher: Phallus-Umkehrung. Das Glied spendet Leben, das Gewehr spendet Tod. Weil dem verkrüppelten Einzelnen das Leben so oft verwehrt worden ist, er nie frei sein konnte, kann er allenfalls temporär als Lebensspender fungieren – und Kinder oft bloß zum Zweck des Konsums oder als Statussymbol hervorbringen. Kinder, die dann natürlich auch „erzogen“ werden müssen, so wie er dareinst. Liebe ist da nicht, da ist nur Kälte. Und so verrohrt und entleert wie diese Typen sind, bleibt für sie oft nur die Flucht ins Destruktive. Sie müssen Lebensnehmer sein und ihre Ersatzphalli kräftig Blei spucken lassen. Und wer keinen Ersatzphallus zur Verfügung hat, oder untauglich ist, nimmt sich ne Karre oder was auch immer gerade da ist. Oder schikaniert den Hund – der Kosmos des Destruktiven ist groß und facettenreich.
Und was ist dieser Gay (so er überhaupt existiert) eigentlich für ein Typ?
Danke, sagt alles, Akte geschlossen.
Doch eins noch: Kriege passieren nicht, das sollte er vielleicht mal lernen. Die brechen auch nicht aus, die werden gemacht. Und „wir / uns“ ist dafür maßgeblich verantwortlich, gerade in Bezug auf die Ukraine. Sollte Herr Gay vielleicht mal weniger bei Staatsmedien surfen, Propaganda konsumieren oder zum Palme wedeln mit den Kameraden in den Wald gehen, sondern sich lieber mal mit den Verhältnissen auseinander setzen. Im Land und in seiner Seele. Dann könnte er wieder menschlich werden – statt sich nachträglich zum Mörder ausbilden zu lassen.
Ich. Brauch. Nen. Eimer! Steckt euch eure Militär- und Vaterlandsfetische in den Arsch! Von mir aus beim Buddeln im Wald.
Die Anfangs Szene von ZARDOZ sagt alles : https://youtu.be/cDz5bS9HvJY?si=A3qY4sF1xbc1QVf1 der arme Gay hat vier Frauen zu Hause, davor ist verstecken mit den Jungs im Waldloch angesagt.
👍😂 🤣
@ Altlandrebell
Gibt es noch den Lösungsweg für die Schachaufgabe?
Ohje, das hatte ich ganz vergessen, sry! 😅
Muss ich erst meinen Nachbarn fragen, der hat das Rätsel ja aufgestellt… mal schauen, vielleicht morgen oder so. 🙂
👌🏻👍
Aber ein Eimer reicht bei mir nicht.
Hab mir gerade den Bob Dylan Film im Kino gegönnt. Der Bob ist ja zur Zeit der Kubakrise gestartet, der Film ist mit faszinierenden Zeitdokumenten angereichert, Parallelen zur Gegenwart drängen sich auf, dazu die Musik. Aber ich mach hier keine Schleichwerbung.
Ich denk mal, die Sehnsucht nach militärischer Betätigung ist für den freiwilligen Muschkoten nichts anderes als das Streben nach Macht: wer die Knarre hat, kann die anderen ohne Knarre springen lassen oder eben auch töten. Es ist nicht einfach nur Schwanzvergleich. Diese Machtgeilheit konnte ich schon öfter live und in Farbe bewundern, gerade auch im Zivilleben, wenn solche Leute von ihrer Dienstzeit schwärmten. Wenn ein System auf solchen kranken Typen aufbaut, kann es selbst nur krank sein. Leider gibt es davon viele, sie werden ja gezüchtet (auch mit solchen Artikelchen wie dem in der Tagesschau…).
Da haben Sie auch wieder recht. Mir reicht einer eigentlich auch nicht. *Badewann herbeiwucht* 🛁
Jep, da habe ich das vielleicht auch etwas zu verengt dargestellt.
Das gesellschaftliche System ist so bellizistisch wie es normopathisch ist (Maaz). Ein krankes System gebiert eben kranke Typen, die wiederum das kranke System nähren, aufbauen und erweitern…
„Das gesellschaftliche System ist so bellizistisch wie es normopathisch ist (Maaz). Ein krankes System gebiert eben kranke Typen, die wiederum das kranke System nähren, aufbauen und erweitern…“
Ein System, dessen Motivation auf gesellschaftlicher Distinktion aufbaut, kann auch keine gesunden, friedlichen Menschen hervor bringen, die des kooperativen, gemeinschaftlich orientieren Denkens fähig sind.
Das ist natürlich ein spieltheoretisches Problem, aber nicht ausschließlich. Denn irgendwer hat dieses System „geschaffen“, nämlich die Profiteure des Systems. Der Fisch stinkt vom Kopfe her.
Da sind wir dann wieder bei der Scheidung von lebensbejahenden und lebensverneinenden Gesellschaften (Fromm) – und die kapitalistisch-imperialistische ist so ziemlich in der Spitzengruppe der letzteren, sicherlich mindestens auf einem UEFA-Cup-Platz in der Liga des Destruktiven…
Das hier…
… sehe ich freilich etwas anders, denn das System wurde ja nicht ex cathedra implantiert oder institutionalisiert, sondern ist durch diverse Interaktionen über Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte, ausgeformt worden. Das war keine kleine Clique – und schon gar keine „drei Schmuels von der Ostküste“, wie mancherorts gerne geraunt wird – die das unter der Teufelseiche beim Blutschwur im Mondenschein kreierten.
Aber gewisse Ausbauschritte und gerade heutige Modifikationen und Erweiterungen sind natürlich intentional erfolgt, von jenen Profiteuren wie ihren Wasserträgern und Speichelleckern. Graeber hat da in „Bullshit Jobs“ ein paar schöne Gedanken zu gehabt…
Zwar nicht ‚ex cathedra implantiert oder institutionalisiert‘, aber doch immer wieder vorangetrieben und umgestaltet von eben den ‚Profiteuren des Systems‘. Und ihr Sieg ist verheerend, am Ende auch für sie selbst. Wenn’s so weiter geht…
Ja, durchaus.
Aber zu den Anfängen, im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert, stand da doch keine kleine Gruppe und sagte: „So und so wollen wir das jetzt mal machen“.
Es verweben sich da Prozessdynamiken, Strukturen und weiteres – darunter selbstredend auch Intention. Aber der Kapitalismus ist doch kein Kommandounternehmen, das bald seinen 500. im Schlosshotel „Zum Rössle“ feiert…
Oha. Daran sieht man mal wieder, wie wohltuend es ist, keinen Fernseher zu besitzen und sich auch ansonsten von solchen ‚Machwerken‘ fernzuhalten. Jedem anzuraten, der sich seine seelische Gesundheit bewahren will.
Wie sind Sie denn darauf gestoßen ? Wohl nicht freiwillig, oder ?
Bei diesem geistesgestörten Propagandastück (ekeln sich die ‚Autoren‘ eigentlich nicht vor sich selbst ?) kommt einem zwangsläufig eine Kreuzung aus dem bekannten Ausspruch von Max Liebermann und der Szene mit dem „hauchdünnen Pfefferminz-Plätzchen“ aus Monty Pythons‘ „Sinn des Lebens“ in den Sinn…
Doch, in der Tat freiwillig. Ich scrolle auch durch die Beiträge auf tagesschau.de – ebenso auch bei Tichys Eintopf. SPON, ZON, sz.de habe ich mir freilich abgewöhnt, die haben immer wieder Adblocker-Blocker, die sich mit meinem Adblocker beißen und einfach nur nerven. Ein Leser weniger. 🤷♂️
Seit meinen seligen Tagen als Praktikant bei einem SPD-Abgeordneten habe ich mir die sogenannten „Feindschau“ angewöhnt (so nannte sein Büroleiter das). Also auch Zeitungen und Seiten zu konsumieren, mit denen man 90 % aufwärts nicht d’accord geht. Und sei es um sich zu beömmeln. Hier wollte ich eigentlich nur schauen, was das für ein Propagandamachwerk ist, aber dann lag ich nach der Hälfte des Artikels vor Lachen unterm Tisch. Bei den ganzen Anspielungen dachte ich einfach, da will mich einer verarschen… 😂 🤣
Vielleicht hatten sie ja auch Spaß beim Schreiben? Vielleicht nehmen sie ihre Rolle gar nicht ernst und so ein Artikel ist auch eine Spitze nach innen?
Ich erinnere mich an einen Text des Assange-Unterstützers Craig Murray, der von einem Kumpel im Foreign Office berichtete. Es war zur Zeit des Dritten Golfkriegs um 2003 und er sprach seinen Kumpel darauf an, dass doch keiner mit ein bisschen Hirn glauben könne, dass die „Beweise“ echt seien. „Natürlich sind die nicht echt“, meinte seine Kumpel und fügte an, jeder wisse das im Hause auch. „Aber wie kannst du dann dort arbeiten?“, fragte Murray. Da zuckte sein Kumpel mit den Schultern und meinte er spiele gerne FIFA-Fußballmanager, wenn er heimkomme. Murray, irritiert, wollte wissen, was das mit dem Thema zu tun habe. „Naja“, meinte der Kumpel. „Weißt du, nach Feierabend, ziehe ich meinen Jogginganzug an und bin dann ein, zwei Stunden Teammanager von Arsenal London. Dann kaufe ich Luís Figo, Raúl und sonst wen und gewinne die Champions League. Es ist nur ein Spiel, für das ich in eine gewisse Rolle schlüpfe, bis ich ins Bett muss. Und morgens, stehe ich auf, ziehe meinen Anzug an und bin dann sieben, acht Stunden Beamter im Foreign Office. Da schlüpfe ich auch in eine gewisse Rolle, die nicht echt ist, bis eben Dienstschluss ist.“ (So ungefähr ging die Geschichte, finde gerade den Link nicht.) Auf jeden Fall wusste der Typ genau, was er tat und er teilte auch nicht was er machte, aber er war nun einmal dort gelandet und fand – anders als im Spiel, wo man irgendwann den Stecker ziehen kann – wohl den Absprung nicht. Oder konnte einfach nicht abspringen (Schulden, Familie, was auch immer).