Zahl der Woche: 10,4

Mit 10,4 °C ist 2020 das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen

Ob heiter oder wolkig: seit 240 Jahren zeichnen wir das Wetter auf. Und dieses 2020 gehört mit 10,4 °C Durchschnittstemperatur wieder zu den wärmsten Jahren jemals in Deutschland. Tatsächlich lag das Rekordheißjahr 2018 auch nur ein Zehntel Grad darüber. Geschenkt. Denn das Muster ist nunmehr das immergleiche: der Winter zu „kurz“ und extrem mild, der Sommer heiß und extrem trocken, da die Niederschläge ausbleiben. Eigentlich kein Wunder, hat doch die Konzentration der atmosphärischen Treibhausgase ebenfalls einen neuen Rekordwert aufgestellt. Allein CO2 hat 2019 zügig die Marke von 410 ppm genommen und damit einen Wert erreicht wie zuletzt vor 3 bis 5 Millionen Jahren, meldet im November die World Meteorological Organization (WMO). Ihren Generalsekretär Petteri Taalas beunruhigt vor allem die Geschwindigkeit: „Solch eine Zuwachsrate haben wir in der Geschichte unserer Aufzeichnungen noch nicht gesehen.“ Corona mache sich in dieser Wachstumskurve nur als winzige Delle bemerkbar.

Da lohnt ein Blick auf einen der potentesten Treiber des Geschehens, den Verkehr. Die deutsche Automobilindustrie hat seit 2006 jährlich rund 4 Millionen Fahrzeuge exportiert, besonders China ist ein geschätzter Kunde. Und mit den Wagen exportieren wir deren Emissionen: Nimmt man auch nur niedrige 10.000 km Fahrleistung pro Jahr an (in Deutschland sind es eher 15.000 km) und rechnet mit dem – wieder gestiegenen! – Durchschnittsverbrauch der deutschen Autos von ca. 7,5 l/100 km, so verursachen deutsche „Premiumprodukte mit Spitzentechnologie“ jedes Jahr mindestens 690 Millionen Tonnen der ausländischen CO2-Emissionen. Man sei sich bewusst, „dass wir als großes Industrieland einen Anteil haben an den weltweiten CO2-Emissionen“ und daher „mit starkem Einsatz“ das Pariser Klimaabkommen unterstütze, sagt Steffen Seibert – der Sprecher einer Bundesregierung, die sich in Brüssel bei jeder Gelegenheit gegen strengere Grenzwerte und für eine Autoindustrie von gestern einsetzt.

 


www.br.de/nachrichten/wissen/2020-zweitwaermstes-jahr-seit-beginn-der-aufzeichnungen,SKdwMHZ

https://news.un.org/en/story/2020/11/1078322

www.dw.com/de/deutsche-autohersteller-zu-abh%C3%A4ngig-von-china/a-55369882

www.lobbycontrol.de/2020/11/autolobby-und-bundesregierung-blasen-zum-angriff-auf-geplante-eu-abgasnorm

 

Andreas Schlumberger

Andreas Schlumberger, geboren 1967, hat das Studium der Biologie absolviert und in Wien, London und Berlin geforscht, bevor er sich ganz dem Umweltjournalismus zuwandte und als Berater für Kommunikationskonzepte zur nachhaltigen Entwicklung tätig wurde. Als Chefredakteur leitete er eine Fachzeitschrift über die Umweltpraxis. Ihm liegt besonders daran, komplexe ökologische Zusammenhänge anschaulich zu vermitteln und somit eine Brücke von der Theorie in die Praxis des Alltags zu schlagen.
Mehr Beiträge von Andreas Schlumberger →

Ähnliche Beiträge: