„Wir müssen Sci-Fi werden oder wir werden Geschichte“

Die U-2 Dragon Lady bei der Landung nach der KI-Versuch. Bild: USAF

Die US-Luftwaffe (USAF) berichtet, erstmals seien militärische Systeme in einem Flugzeug von einem KI-System gesteuert worden. Ein weiterer Schritt zu autonomen Systemen

Das sei ein großer Schritt, so das Pentagon, da es vergangenen Dienstag eine Premiere in der Geschichte des Pentagon gewesen sei, dass eine Künstliche Intelligenz als Co-Pilot Sensoren und taktische Navigationssysteme gesteuert habe. Es handelte sich um ein Aufklärungsflugzeug des Typs U-2 Dragon Lady, das in einer Höhe von 20 km fliegt. Geflogen wurde die U-2 allerdings weiter vom menschlichen Piloten.

Will Roper von der Beschaffungsstelle der USAF erklärte, damit würde man in das „neue Zeitalter von Mensch-Maschine-Teams und des algorithmischen Wettkampfs“ eintreten, man müsste eher davon sprechen, dass militärisch das Wettrüsten einen Schritt weitergeht und auf die Entwicklung von autonomen Kampfsystemen zusteuert. Das macht seine weitergehende Aussage deutlich: „Scheitert man an der Realisierung des vollen Potentials der KI, dann bedeutet dies, unseren Gegnern einen Entscheidungsvorteil zu überlassen.“ Die amerikanischen Streitkräfte, so Luftwaffengeneral Charles Brown, müssten einen „entscheidenden digitalen Vorteil“ haben. Provokativ sagte Roper: „Wir müssen Sci-Fi werden oder wir werden Geschichte.“

KI-Systeme sind weitaus schneller, Situationen aufgrund vieler Daten zu beurteilen und daraus Entscheidungen abzuleiten, als dies Menschen mit ihrem biologischen Gehirn vermögen. Das wird im Zeitalter von auch nuklear bewaffneten Hyperschallraketen und -drohnen unumgänglich werden. Das Gleichgewicht des Schreckens wird ohne human in the loop von konkurrierenden und sich austricksenden KI-Systemen aufrechterhalten oder beendet werden.

Das KI-System wird in Anspielung auf den Droiden R2-D2 („Artoo-Detoo“) aus Star Wars ARTUµ genannt. Zusammen mit einem Piloten wurde eine Aufklärungsmission mit einem simulierten Raketenangriff durchgespielt. ARTUµ, schon an einer halben Million Simulationen mit den Sensoren trainiert, übernahm die Sensoren, um feindliche Raketensysteme aufzuspüren, während der menschliche Pilot nach Flugzeugen suchte. Beide verwendeten dazu  das vorhandene Radarsystem. Überdies musste  ARTUµ während des Flugs gegen einen „dynamischen Algorithmus“ antreten, was deutlich macht, dass in Zukunft KI-Systeme gegen KI-Systeme kämpfen werden.

Im ersten Schritt ging es darum, einem KI-System vor allem das digitale Radar zu überlassen und zu testen, wie Mensch und Maschine kooperieren. Verkauft wird dies als Verbindung der menschlichen Erfahrung eines Piloten mit Maschinellem Lernen und als ein Schritt hin auf die Entwicklung von autonomen Systemen.

Florian Rötzer

Florian Rötzer, geboren 1953, hat nach dem Studium der Philosophie als freier Autor und Publizist mit dem Schwerpunkt Medientheorie und -ästhetik in München und als Organisator zahlreicher internationaler Symposien gearbeitet. Von 1996 bis 2020 war er Chefredakteur des Online-Magazins Telepolis. Von ihm erschienen sind u.a. „Denken, das an der Zeit ist“ (Suhrkamp 1988), „Die Telepolis“ (1995), „Vom Wildwerden der Städte“ (Birkhäuser 2006), „Smart Cities im Cyberwar“ (Westend 2015), „Sein und Wohnen“ (Westend 2020) oder „Lesen im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“ (Bielefeld 2023)
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