Wie die Ukraine den russischen Krieg und Russland den ukrainischen Krieg unterstützt

Bild: Naftogaz

Es ist schon seltsam, wenn die ukrainische Regierung immer wieder dazu auffordert, Russland weiter zu sanktionieren, und Unternehmen an den Pranger stellt, die noch Geschäfte mit Russland machen, während das Land vom „Terrorstaat“ Russland weiter Geld für den Transit von Gas nach Europa nimmt.

Der ukrainische Präsident Selenskij kritisierte bereits scharf, dass eine Ausnahmen von den Sanktionen gemacht wurde, um die in Kanada gewartete Siemens-Turbine für Nord Stream 1 wieder  nach Russland zu bringen: „Wenn ein terroristischer Staat eine solche Ausnahme bei den Sanktionen durchsetzen kann, welche Ausnahmen will er dann morgen oder übermorgen?“ Noch ist die Turbine nicht angekommen, Russland gibt an, es gebe noch rechtliche Probleme.

Nach Bloomberg hat Gazprom die Transitgebühren für den Juli ohne Probleme an Naftogaz gezahlt,  obgleich es mit Transitgebühren für Erdöl Probleme wegen der verhängten Sanktionen gegeben hatte. Am 4. August wurde die Durchleitung von Öl durch eine der Drushba-Pipeline nach Ungarn, die Tschechische Republik und die Slowakei vorübergehend gestoppt, nachdem die Zahlung aus Russland wegen der europäischen Sanktionen nicht geleistet werden konnte. Nach Intervention von Ungarn konnte das russische Öl und Geld wieder fließen. Mitunter werden die Folgen der verhängten Sanktionen als „friendly fire“! bezeichnet. Polen und Deutschland nehmen kein Öl mehr aus dem nördlichen Zweig der Druschba-Pipeline.

Am 11. August berichtete Naftogaz, dass Ukrtransnafta seit 10. August wieder Öl durch die Druschba-Pipeline nach Ungarn und in die Slowakei pumpt. In der Pressemitteilung heißt es allerdings nur, dass die Vorauszahlung der Transitgebühr von Transneft nicht geleistet wurde, dass dies deswegen nicht möglich war, weil europäische Sanktionen die Bezahlung in Rubel verbietet, wird nicht gesagt: „Da von PJSC Transneft keine Mittel eingegangen sind, ergriff die ungarische Ölgesellschaft MOL, die der Hauptverbraucher von Öl ist, das durch den südlichen Zweig der Hauptölpipeline Druschba transportiert wird, die Initiative, die Zahlung für den Transit von russischem Öl zu übernehmen.“ Ungarn erhält nach Verhandlungen mit Moskau überdies von Gazprom über Turkstream seit August über 2 Millionen Kubikmeter mehr Gas täglich als vertraglich festgelegt war.

Am 11. Mai hatte die Ukraine den Gastransport über Sokhranivka gestoppt, weil die Pipeline auf russisch besetztem Territorium liegt. Die Pipeline transportierte zuvor über 32 Millionen Kubikmeter täglich. Seitdem fließt nur noch über den Transitpunkt Sudzha russisches Gas nach Europa. Während die Ukraine fordert, hier den Gasdurchfluss zu erhöhen, erklärt Russland, dies gehen aus technischen Gründen nicht. 41,9 Millionen Kubikmeter fließen derzeit durch die Pipeline.

Die Ukraine, die monatlich 5-9 Milliarden US-Dollar an Finanzhilfen benötigt, die die westlichen Unterstützer nicht geben, weswegen das Land immer weiter in die Pleite rutscht. Die Ratingagenturen Fitch und S&P haben vor wenigen Tagen praktisch die Zahlungsunfähigkeit der Ukraine erklärt. Zuvor haben die internationalen Gläubiger der Auslandsschulden, also im wesentlichen die Nato-Länder, einem zweijährigen Zahlungsstopp , in Höhe von 20 Milliarden Dollar zugestimmt, was eben einem Zahlungsausfall gleichkommt.  Verständlich, dass Kiew unter diesen Bedingungen um jeden Dollar kämpft. Deswegen wäre auch die von Russland wohl geplante Abkopplung des AKW Saporischschja vom ukrainischen Netz fatal, weil damit nicht ein Teil der von Kiew kontrollierten Ukraine nicht mehr mit Strom versorgt werden kann, sondern auch der Plan gescheitert wäre, den aufgrund des Wirtschaftseinbruchs überschüssigen Strom nach Europa zu verkaufen. Auch darum geht der Konflikt um das AKW  (Gefährliches Spiel mit dem AKW Saporischschja).

Solange die Ukraine allerdings Transitgebühren für das russische Gas und Öl einstreicht und mit russischem Gas aus Europa versorgt wird, finanziert die Ukraine zwar mit dem Gazprom-Geld den Widerstand gegen die Russen, aber auch den russischen Krieg gegen die Ukraine. Die Verhältnisse sind eben kompliziert, nicht so schön einfach wie die Einteilung der Welt in gut und böse, die der ukrainische Präsident Selenskij mitsamt seinen ausländischen Unterstützern oder der russische Präsident mit dem Kreml verbreitet, wo man angeblich einen Befreiungskrieg, also eine militärische Spezialoperation, durchführt, aber auch stillschweigend  den Krieg der Ukraine gegen die eigenen Truppen mitfianziert.

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14 Kommentare

  1. Naja, so ganz sehe ich das Argument nicht, jedenfalls soweit es Russland betrifft. Russland hält einfach Verträge ein, auch Transitabkommen. Die Ukrainische Junta agiert ohnehin irrational. Sie hat den Gastransit seit Juni auf ein Drittel reduziert, mit der widersinnigen Begründung, die Übergabestation befinde sich auf „russisch besetztem Gebiet“. Tatsächlich ist das Gebiet der Lugansker Volksrepublik, seit 2015. Die könnten also zwei Drittel mehr einnehmen. Aber ich denke, denen ist das egal, das Land ist pleite und Selensky und Konsorten haben ihrer Konten eh im Ausland.

    1. „Tatsächlich ist das Gebiet der Lugansker Volksrepublik“.
      Richtig. Der man mit der Verhinderung des Gastransports über Sokhranivka nebenbei das Gas abstellt und das war m.E. ein weiteres rationales Ziel.
      Es handelt sich um eine vergleichbare Maßnahme, wie nach 2014 der Krim das Wasser abzustellen, indem der Nord-Krim-Kanal dicht gemacht wurde. Dass darüber 85% des Wasserbedarfs der Bevölkerung gedeckt worden ist, war ihnen völlig egal.
      Die Russen haben nun die Dreistigkeit besessen, ein Revanche-Foul zu begehen – so würde ich das einschätzen. Der Autor hat die zweifachen Auswirkungen richtig erkannt: 1. „Abkopplung des AKW Saporischschja vom ukrainischen Netz“ und damit „ein Teil der von Kiew kontrollierten Ukraine nicht mehr mit Strom versorgt werden kann“ sowie 2. „der Plan gescheitert wäre, den aufgrund des Wirtschaftseinbruchs überschüssigen Strom nach Europa zu verkaufen.“

      1. 1. „Abkopplung des AKW Saporischschja vom ukrainischen Netz“ und damit „ein Teil der von Kiew kontrollierten Ukraine nicht mehr mit Strom versorgt werden kann“ sowie 2. „der Plan gescheitert wäre, den aufgrund des Wirtschaftseinbruchs überschüssigen Strom nach Europa zu verkaufen.

        Ich frage mich, ob im umgekehrten Fall, sich dieses Forum hier, mit dem Vorwurf des Diebstahls (Strom und AKW) nicht überschlagen würde.

        Manchmal hab ich komische Ideen.

        1. Deshalb schrieb ich auch von einem „Revanche-Foul“.
          Aber in der Tat finde ich abschneiden von der Wasserversorgung erheblich schwerwiegender.
          Denn die Restukraine hat noch Kraftwerke, während die Krim zu 85% vom Wasser des Nord-Krim-Kanals abhängig war. Da wäge ich nicht einmal Kerzenlicht gegen verdursten ab.
          In Kiev gibt es Strom, Gas, Wasser, Internet und alle Regierungsgebäude stehen – so what?

          1. Und nach dem Revanche-Foul kommt was? Genau, das nächste Revanche-Foul.
            Man bedient sich an den russischen Guthaben im Westen und entschädigt die Eigentümer.
            Dann geht das Forum hier aber durch die Decke.
            BTW: Wie wollen Sie Wasser irgendwo hin pumpen ohne Strom?

            1. Zur Klärung:
              1. Die russischen Guthaben im Ausland sind bereits vorher beschlagnahmt worden und haben mit dem aktuellen Anlass nichts zu tun. Auch die Verwendung für den „Wiederaufbau der Ukraine“ wurde bereits vorher diskutiert.
              2. Die ukrainische Infrastruktur in Donezk und Lugansk wird seit 2014 (bis heute) zerstört – durch die ukrainische Armee und gewisse ukrainische Bataillone. Von einer Entschädigung der Eigentümer (auch der toten) oder einem „Wiederaufbau“ habe ich bisher nichts vernommen.
              3. Das AKW in Saporischschja ist nicht das einzige Kraftwerk in der Ukraine, noch nicht einmal das einzige AKW. Wenn die Russen es gewollt hätten, dann wären erst einmal ein paar hundert Marschflugköper o.ä. in Richtung Kiev geflogen.

          2. „Aber in der Tat finde ich abschneiden von der Wasserversorgung erheblich schwerwiegender.“
            Ja, ich stimme mit Ihnen überein: Nach den Regeln des Völkerrechts war das ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Aber wen juckte das im „Werte-Westen“?

  2. „Deswegen wäre auch die von Russland wohl geplante Abkopplung des AKW Saporischschja vom ukrainischen Netz fatal, weil damit nicht ein Teil der von Kiew kontrollierten Ukraine nicht mehr mit Strom versorgt werden kann,…“
    Herr Rötzer benutzt das Konjunktiv, genau, denn wir wissen es nicht. Aber was wir Wissen ist, das Russland nicht unschuldige Menschen in ‚Mithaft‘ nimmt und die Ukrainer auch als Brüder und Schwestern betrachtet.

    John Helmer schrieb über ‚Übergriffe durch kanadisches Militär‘
    http://johnhelmer.net/mutiny-in-the-canadian-general-staff-how-political-ambition-ukraine-russia-war-aims-are-being-covered-up-in-ottawa/
    In den vergangenen Wochen wurde auch über britische Soldaten und deren tun in Afrika berichtet. Die außerordentlichen ‚Erfolge durch US Militär‘ sind bekannt. Dann besitzt die NATO diverse MIK’s die jegliche Wettbewerbsfähigkeit abhanden gekommen ist. Und das Leerfegen der Vorräte könnte ein politisches Mittel sein deren Machtstrukturen zu brechen.

  3. Das Problem, dass hier angesprochen wird, nennt sich Pfadabhängigkeit. Dies ist ja auch das Problem der Deutschen, nachdem sie die wunderbar wirkungsvollen Sanktionen erlassen haben, weil diese sich als eher stumpf nach aussen, aber scharf nach innen erweisen und wirklich potente Ersatzlieferanten nicht in Sicht sind.

    Das gleiche gilt für die Russen und in besonderer Weise für die Ukrainer. Darüber macht sich die Welt allerdings keine Sorgen, denn die Ukrainer sind ja bloss unsere Bauern auf dem Schlachtfeld. Gordon Hahn. amerikanischer Geostratege, hat über die Stabilität der ukrainischen Regierung nachgedacht und auch die Energieversorgung im kommenden Winter als innerukrainisches Konfliktpotential identifiziert.

    Er schreibt: „Es wird viel über die Energiekrise in Europa und Amerika geschrieben, während der Sommer in den Herbst übergeht und die Temperaturen zu fallen beginnen. Weniger Aufmerksamkeit wurde den Folgen der Energiedefizite in der Ukraine selbst gewidmet. Das vom Krieg zerrissene Land wird mit Sicherheit von russischem Gas, Öl und Kohle abgeschnitten sein, und seine eigene Kohle im Donbass ist unter russischer Kontrolle. Der Energiesektor des Landes steht kurz vor der Zahlungsunfähigkeit, da Privat- und Geschäftskunden nicht in der Lage sind, ihre Rechnungen zu bezahlen.“
    https://globalbridge.ch/ukraine-selenskyj-und-seine-regierung-sind-alles-andere-als-stabil/

    Stellt sich die Frage, wie viel vom bestellten ungarischen Öl oder Gas dann wohl dort eintreffen wird.

  4. „Code of Conduct“
    Der ganze Ukraine Konflikt/Krieg ist sowas von abgesprochen. Die Russischen Energie Lieferungen durch die Ukraine sind doch Korrupt wie nur möglich. Die Gewinne machen die Eigentümern und die Händler auf beiden Seiten des Konflikts.

    Ich frage mich schon von Anfang an, daß die Ukrainer und die Russen überhaupt bereit sind sich für solche Absprachen Töten zu lassen. Ewigerkrieg!

    1. Und wir lassen uns ruinieren, verarmen und frieren.

      Das die Russen ihren russischsprachigen Brüdern mittelfristig wenigstens eine bessere Zukunft anbieten können, glaube ich dabei schon. Trotzdem ist Krieg Sch…e!

      Aber wer Rand Corporation 2019 und das Video von G.Friedman kennt, weiß das RF keine Chance hatte.

      1. Also die Schwestern und Brüder in Neuruppin lassen sich nicht Emotional beeinflussen. Die zeigen den Scholz bei einem Bürgerdialog was eine Turbine ist. Die Bevölkerung möchte nicht Hungern und Frieren für ein Politischen-Wohlstand-Verlust.

        Ganz einfach Nord Stream 2 in den Lieferbetrieb nehmen.

  5. Manchmal – nein, sehr oft – habe auch ich ganz komische Ideen. Freilich, ins Blaue geträumt und ob technisch möglich, keine Ahnung.

    Aber da ja da AKW unter Beschuss steht, würde ich das zum Vorwand nehmen, die ganze Kiste kontrolliert runterfahren. Dann erleben die Ukrainer das, was uns eventuell droht: „Finster“!

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