Wer hat Angst vor den Schwedendemokraten?

Jimmie Åkesson
Jimmie Åkesson, der smarte Chef der rechtsnationalen Schwedendemokraten. Bild: Pressefoto Sverigedemokraterna

 

Wie in den Umfragen vorhergesagt, erfuhren die rechten Schwedendemokraten mit dem Thema Sicherheit bei den Wahlen in Schweden am Sonntag  mit über drei Prozent den größten Zuwachs. Wie viel Einfluss sie haben werden, ist noch unsicher. Doch sie scheinen die Hauptdarsteller zu sein.

Angst haben wohl alle Parteien. Die einen befürchten, jene könnten die Demokratie im Königreich gefährden, die anderen fürchten um ihre Handlungsfähigkeit als künftige Regierende. Zu den letzteren zählen die Moderaten und die Christdemokraten.

Diese sollen eine Regierungskoalition unter dem Moderaten-Chef Ulf Kristersson bilden. Der „blaue Block“, zu dem sie gehören, hat bislang eine knappe Mehrheit, 175 Sitze gegenüber 174 Sitze des „roten Blocks“ unter Magdalena Andersson.

Die Liberalen und die Schwedendemokraten, die ebenfalls zu den „Blauen“ gehören,  sollen als außenstehende Parteien die Minderheitskonstellation von Kristersson „tolerieren“, allerdings werden vor allem die Rechten auch Forderung stellen.

Der Vorteil der Schwedendemokraten: ihr Monothema. Die Kritik an der Ausländerpolitik  war mehr oder weniger das Thema Nummer eins im Wahlkampf, zusammen mit den Kämpfen von Banden mit Mitgliedern, welche vornehmlich ausländische Wurzeln haben.

Die Wurzeln der Partei liegen ihm rechtsradikalen Milieu der Siebziger und Neunziger Jahre. Als Reaktion auf die großzügige Asylpolitik der Sozialdemokraten gründeten Personen aus dem rechten wie Neonazi-Milieu die Initiative „Schweden soll schwedisch bleiben“, im Jahr 1988 wurde schließlich die Partei „Schwedendemokraten“ daraus.

Mit der Zeit versuchte sie ihr radikales Äußeres abzustreifen, um mehr Wählerstimmen zu erreichen. Dies ist jedoch vor allem der bürgerlich aufgewachsene Jimmie Akesson, der sich seit seiner Jugend der Parteiarbeit widmete, kein Studium zu Ende führen konnte und aus Protest gegen den EU-Beitritt Schwedens sich nach rechts orientierte.

Schon seit 2005 wirkt er als Parteivorsitzender, damals schmiess er einige Extremisten raus, entsorgte die Fackel als Parteizeichen und führte das Leberblümchen als Logo ein. Der leidenschaftliche Golf- und Klavierspieler hat etwas von einem netten Schwiegersohn, in den Talk-Shows schaltet er oft auf als gestrenger Anwalt des schwedischen Volkes und hält im Schnellsprech den Parteien ihre Verfehlungen vor, viele solcher Auftritte gewinnt er, das bescheinigen ihm auch die liberalen Medien.  Schwedens sozialdemokratische Regierungschefin Magdalena Andersson weigerte sich wohl darum, eine direkte TV-Auseinandersetzung mit ihm auszutragen.

Da alle Parteien die Rechten lange mieden, welche 2010 ins Parlament gelangten, mieden sie auch deren Leib-und-Magen-Thema – die Probleme mit Einwanderung und Integration. Akesson und Co konnten so argumentieren, dass aufgrund der Politischen Korrektheit die Sorgen der Schweden nicht ernst genommen werden, allein die Schwedendemokraten würden die Probleme ansprechen. Dies zog Wähler von vielen Parteien ab.

„Jimmie-Moment“

Beim diesjährigen Wahlkampf konnte dann keine Partei auf das Versprechen von „Sicherheit“ auf den Plakaten verzichten.

Anhänger der Schwedendemokraten wie auch Parteimitglieder sprechen vom „Jimmie-Moment“, einen Augenblick der Einsicht, dass etwas in Schweden etwas schief läuft und Akesson mit seiner Kritik Recht hat.

Die Versprechungen der Partei sind groß – Asylstopp und Abschiebung in der Ausländerpolitik, Benzin- und Strompreise drastisch senken, mehr Wohlfahrt.

Dies versprach Akesson auf den „Volksfesten“, Wahlauftritten  mit einer patriotischen Band und der Europaabgeordneten Jessica Stegrud, welche ihren Jimmie-Moment hatte, als eine muslimische Pflegekraft ihrer Mutter über keine Schwedischkenntnisse verfügte.

Das Geld sei da, die Sozialdemokraten würden schließlich Staatsgelder an andere Länder für humanitäre Projekte vergeben, die Schwedendemokraten würden dies unterbinden – „Schweden zuerst“.

Gerade für Jungwähler und Frauen war das Thema Sicherheit wichtig und unter ihnen gewannen die Schwedendemokraten großen Zuwachs.

Und Schwedendemokraten-Chef Jimmie Akesson verlangt bereits selbstbewusst nach Einfluss. „Kommt es zum Machtwechsel, werden wir einen zentrale Position haben. Unser Ambition ist es, in der Regierung zu sein.“ Auch will der 43-Jährige das Amt des Regierungschefs diskutieren.

Mit der gewachsenen Erwartungshaltung der Akesson-Fans, dem deutlichen Selbstbewusstsein dieser Partei müssen Ulf Kristersson und Ebba Busch, die Vorsitzende der konservativen Christdemokraten, erst einmal zurechtkommen.

Sozialdemokraten: „Wir brauchen kein Somalitown“

Zusammen kommen die beiden Parteien auf gerade einmal 86 Sitze von 349, noch weniger als die bislang regierenden Sozialdemokraten, welche seit Dezember mit 100 Sitzen regierten und im Spannungsfeld der sie unterstützenden Linkspartei und der wirtschaftsliberalen „Zentrumspartei“ stand. Letztere gehörte eigentlich zum bürgerlichen Lager, deren Vorsitzende Annie Lööf gilt jedoch als Intimfeindin von Akesson und wollte ein Mitmischen der Rechten auch um den Preis der inhaltlichen Verwässerung ihrer Partei verhindern.

Die Stimmenverluste dieser Partei und der Grünen wurden durch den Zuwachs der Sozialdemokraten um zwei Prozent wieder ausgeglichen. Die Traditionspartei erreichte immerhin über 30 Prozent der Wahlberechtigten. Viele Schweden überzeugte das energische Vorantreiben des NATO-Beitritts von der Führungsqualität  Anderssons, wenn auch die Umfragen im Frühjahr teils nur eine knappe Befürwortung feststellten.

Die Sozialdemokraten waren jedoch acht Jahre lange für die innere Sicherheit verantwortlich, zwei Mal wurde ihr Justizminister beinahe durch ein Misstrauensvotum aus dem Amt gekippt. Das Problem der Regierungspartei war nicht, dass sie angesichts der wachsenden Kriminalität in den Vororten untätig waren, sondern dass die Maßnahmen nicht griffen.

Die Gefängnisse füllten sich zwar, der Polizei wurde mehr Gehör geschenkt, geschossen wurde dennoch. Die Segretation, das isolierte Wohnen der Migranten wollte Andersson anpacken, eventuell mit Umsiedlungen wie in Dänemark geplant und auch mit Sprüchen unterfüttert – „Wir brauchen kein Somalitown“.

Anlehnungen an den Populismus, die bei den Wählern mit Migrationshintergrund nicht gut ankommen, welche bevorzugt die Partei wählten, die die großzügige Einwanderungspolitik ins Leben rief.

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7 Kommentare

  1. Wenn es in Deutschland eine Partei gäbe die sagt: Es gibt genug Geringverdiener und kleine Rentner und das sind unsere Klientel, könnte die LINKE UND die SPD Konkurs anmelden. Aber unser zersetzungserprobter BfV wird so etwas Schlimmes zu verhindern wissen… .

    1. Die größte Klientel könnte eine echte Linke bei den Anhängern einer konsequenten Friedenspolitik abfischen.
      Wie sie ursprünglich bei der SPD zu suchen war (Willy Brandt). Ich sehe mich nicht als Linken, aber unter diesen Vorzeichen würde ich die wählen. Bin sicher nicht der Einzige.

  2. Leider wird wenig über das außenpolitische Selbstverständnis der Schwedendemokraten gesagt. Die wollen nämlich schon lange in die Nato und haben ein ähnliches Russlandbild wie unsere Braunen und Grünen. Mit der AfD haben die NICHTS gemein. Das neutrale, blockfreie Schweden mit Persönlichkeiten wie Olof Palme, das in der ganzen Welt gehört wurde, ist Geschichte. Palme wurde praktischerweise ermordet. Heute ist Schweden ein fast ebenso gesichtsloser Staat und Vasall wie die übrigen Europäer.

  3. Die letzten drei Jahre war nur die ‚innere Sicherheit‘ ein Thema?
    Kein Abspritzen, Energie oder Russen oder anderes Problem vorhanden, da kann man wirklich auf die Neutralität verzichten. Solange alle Fraktionen dabei mir spielen, lebt es sich gut, nicht wahr?
    Jeder normale Wahlbericht gibt Informationen zur Wahlbeteiligung, liest sich a weng irritierend…

    1. Interessant ist es auch das eine Westliche Demokratie drei Tage braucht um ein Endergebnis bekannt zu geben. Was eigentlich immerhalb von Stunden nach der Wahl feststeht.

      1. Die letzte BT Wahl und die gravierenden Manipulationen liegen immer noch beimnBundestag zur Behandlung?
        Das letzte mal als ich danach suchte, sind über 2000 Wahlbeschwerden beim Wahlleiter eingegangen und nach dem Wahlrecht liegt die finale Entscheidung beim Bundestag. Das zum Thema Demokratie…

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