Warum dürfen sich die „Verteidiger von Mariupol“ nicht ergeben?

Asow setzt jetzt auf Frauen und Kinder als Schutz. Wenn Zivilisten in Aovstal sein sollten, dürfte es sich vor allem um Familienmitglieder der Soldaten handeln.

Kiew plant weiter keinen militärischen Angriff, man setzt auf eine Evakuierung der Soldaten/Asow-Kämpfer und Zivilisten, die instrumentalisiert werden. Russland bietet immer wieder eine Evakuierung der Zivilisten an, fordert aber, dass die Bewaffneten sich ergeben.

 

Mariupol, wo sich ukrainische Asow-Milizen und Soldaten in dem massiv geschützten Tunnelsystem der Industrieanlage Asovstal verschanzt haben, ist schon längst zu einem Symbol geworden. Für die ukrainische Regierung für Heldentum und Verteidigung der Ukraine bis zum Tod, für Russland zu einem dringend benötigten Sieg mit der vollständigen Einnahme der strategisch wichtigen Hafenstadt und der Erwartung, dass die Ukrainer sehr Wichtiges beschützen könnten: nicht nur zahlreiche Kämpfer, sondern womöglich auch Berater und Ausbilder, aktive oder ehemalige Offiziere und Geheimdienstmitarbeiter aus Nato-Ländern.

Der russische Präsident Putin hatte, nachdem wiederholte Angebote nicht angenommen wurden, sich mit der Garantie auf Leben und faire Behandlung zu ergeben, vor kurzem angeordnet, das Tunnelsystem nicht zu erstürmen, wahrscheinlich um hohe Verluste zu vermeiden, sondern das Industriegebiet so einzukesseln, dass niemand entfliehen kann. Allerdings scheinen die Angriffe und Bombardierungen fortgesetzt zu werden.

Erst als die Lage für die Eingekesselten aussichtslos wurde, das Ausbruchsversuche scheiterten und Kiew zwar immer wieder Versprechungen machte, aber eine militärische Befreiung ausschloss und auch keinen Befehl zum Niederlegen der Waffen gab, behauptete Asow, dass auch viele Zivilisten bei ihnen Schutz gesucht hätten. Zu Hilfe kommen offenbar auch andere Asow-Einheiten nicht, die in den Gebieten in Charkiw, Dnipro, Saporischschja, Mykolajiw und Cherson stationiert sind uns kämpfen.

Seitdem werden vor allem Kinder und Frauen in Bildern und Videos gezeigt, die angeblich im Tunnelsystem leben und von den Soldaten versorgt werden. Am 18. April bat Serhiy Volyna, Kommandeur der 36. Marinebrigade dringend um Hilfe und sagte, dass die Zivilisten meist Familienmitglieder von Soldaten seien, was vermutlich zutreffen dürfte, aber womit dann nicht so gut Propaganda gemacht werden kann. Seitdem hört man das auch nicht mehr, sondern spricht nur noch von Zivilisten: „Von der Welt vergessen, aber nicht von Asow“.

Angebliche Asow-Kämpfer in Aovstal
Volyna hat am Sonntag einen weiteren verzweifelten Hilferuf über Facebook verbreitet. Die Lage sei sehr kritisch. Er ruft zu einem „globalen Widerstand“ auf und fordert von Regierungschefs, dass sie dafür sorgen sollen, dass die „Verteidiger“ in ein drittes Land abziehen können, das nicht am Krieg teilnimmt. Da scheint es auch ein Misstrauen gegenüber Kiew zu geben und/oder die Hoffnung, dass dem dann Russland eher zustimmen könnte. Und er veröffentlichte ein Bild von sich selbst, durch das er sich selbst verherrlicht, was aber nicht gut zum Hilferuf passt: „Welt, schau in diese Augen!!! So sieht der mächtigste Wille zum Siegen aus!!!“ Am 22. März hatte der Kommandeur noch guten Mutes ein Foto mit seinem kleinen Sohn mit einer Spielzeugmaschinenpistole gemacht.

Zur Zeit versucht Kiew immer noch, eine Evakuierung der Zivilisten zusammen mit den Soldaten und Verwundeten zu bewirken, beispielsweise durch Vermittlung des türkischen Präsidenten Erdogan. Dem wird absehbar Russland nicht zustimmen. Man bietet den Zivilisten immer wieder humanitäre Korridore an, zuletzt gestern mit der Aufforderung, dass Kiew Asow die Freilassung der Zivilisten befehligen sollte. Der Korridor wurde aber von der ukrainischen Regierung nicht akzeptiert, weil der Waffenstillstand nur einseitig von russischer Seite erklärt wurde, so die Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk. Das biete keine Sicherheit, sagte sie, was aber bedeuten würde, dass Gefahr bestünde, dass die Flüchtenden von ukrainischer Seite beschossen werden könnten, was von russischer Seite immer wieder behauptet wird. Das wiederum würde bestätigen, dass Asow und Co. sich tatsächlich hinter den Zivilisten schützen wollen und diese als Geiseln benutzen, um ihr eigenes Leben zu retten. Wereschtschuk fordert Garantien seitens der Vereinten Nationen oder des Internationalen Roten Kreuzes für die Evakuierung der Zivilisten aus Asovstal. Der ukrainische UN-Botschafter Valery Chaly ist gar der Meinung, dass UN-Generalsekretär Antonio Guterres zurücktreten müsste, wenn er bei seinem Besuch in Moskau bei Putin keinen humanitären Korridor durchsetzen kann – den freilich die Russen für die Zivilisten immer wieder angeboten haben.

Wereschtschuk erklärte, es seien über 1000 Frauen und KInder sowie 500 Verletzte in Asovstal. Das Militär werde nicht aufgeben, versicherte sie. Es sei nicht möglich, einen humanitären Korridor zu schaffen, weil Russland bombardiere und nicht verhandeln wolle, was ein Kriegsverbrechen sei. Offenbar schachern beide Seiten.

Soldaten, die sich ergeben, wird  zwar das Leben garantiert, aber sie werden erst einmal zu Kriegsgefangene. Vor allem aber sollen die Asow-Kämpfer identifiziert werden, was schon länger bei Kontrollen und in sogenannten Filtrierungslagern geschieht. Dazu müssen die Männer Brust und Rücken freimachen, um zu erkennen, ob typische Tätowierungen zu erkennen sind, die als Merkmal der als Neonazis geltenden Asow-Mitglieder gelten. Das scheint vielfach auch der Fall zu sein, was natürlich nicht gerade für die Kämpfer spricht, die sich mit den rechten Symbolen auf ihrer Haut leicht identifizieren lassen.  Den Asow-Kämpfern und solchen anderer Freiwilligenverbände soll dann ein Prozess gemacht werden, wenn sie Kriegsverbrechen begangen haben, sie gelten nicht als Kriegsgefangene.

Festgenommene Asow-Kämpfer zeigen am Körper ihre Gesinnung.

Pushilin, der Chef der Volksrepublik Donezk, die Russland als verantwortlich für den Vorstoß nach Mariupol und die Kontrolle und Verwaltung macht, geht davon aus, dass in Asovstal noch 1000 bis 2500 Soldaten, darunter 400 ausländische Kämpfer seien, die als Söldner bezeichnet werden. Es gebe keine belastbaren Beweise für die Anwesenheit von Zivilisten. Man biete weiterhin die Möglichkeit an, sich zu ergeben, ansonsten würde nur noch wenige Tage brauchen, bis die „Nationalisten“ eliminiert seien. Mittlerweile wird nicht mehr so oft von Nazis oder Neonazis im Hinblick auf Asow und andere Freiwilligenverbände gesprochen, sondern von Nationalisten.

Überdies wollen die Russen natürlich von den Kriegsgefangenen Berichte über das Vorgehen oder Kriegsverbrechen der ukrainischen Militärs und, falls es tatsächlich der Fall sein sollte, von den ausländischen Beratern. Mit hunderten gefangenen ausländischen Kämpfern würde  man weiter Trumpf in der Hand haben.

Ohne wirklich interessantes Angebot wird die russische Seite die Eingekesselten nicht gehen lassen, sondern abwarten, bis deren Vorräte ausgehen oder der Wille einbricht, weiter sich zu verteidigen, denn Mariupol verteidigt man sowieso schon länger nicht mehr. Die vielen Verletzten können kaum mehr versorgt werden, viele würden ohne Hilfe von außen einem qualvollen Tod überlassen.

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12 Kommentare

  1. Einmal mehr zeigt sich die Gewissenlosigkeit und Realitätsferne der Asow-Leute. Auf welchem Heldenfriedhof wollen sie denn beerdigt werden ? Einen russischen, Lugansker oder Donezker wird es für Geiselnehmer nicht geben. Ich wäre dafür, dass Verbrechern aus dem Nazipack öffentlich (unter Teilnahme der Weltöffentlichkeit) der Prozeß gemacht wird, ähnlich dem abgeschossenen Luftspion Powers aus den USA. Über das Treiben dieser Leute in den östlichen Republiken gibt es Aufzeichnungen und Zeugen.

    1. Weltöffentlichkeit? Die „Qualitätsmedien“ verklären doch vorsichtshalber schon mal alle Asovs & Co. zu ner Art Heimatverein mit Aufopferungsbereitschaft für das Gute… also die Übernahme der Ukraine durch den Westen.

      Und: da wird dann auch behauptet werden, „der Russe“ sei sich nicht mal zu schade, PoW (Prisoners of War) zwangsweise Tattoos zu stechen, nur um die armen Seelen dann als „Nazis“ vorführen zu können. Ganz klar für den Mainstream. Ein weiteres Kriegsverbrechen Putins.

  2. @ „Quer und mehr“

    „Freiwilligenverbände?
    Männer dürfen das Land nicht verlassen, sondern müssen kämpfen. Was ist daran freiwillig?“

    So sieht nun mal die „Freiheit“ aus, die dort – gerade auch für „uns“ – bis zum letzten „Freiwilligen“ heldenhaft verteidigt wird. Wenn nun unter den „Freiwilligen“ auch zahlreiche genötigte Unfreiwillige sind, dann ist das eben so.
    Ohne natürlich nun „Äpfel“ mit „Birnen“ zu vergleichen: diese „Freiwilligkeit“ lässt sich auch in unserem „Wertewesten“ auf so vieles übertragen. Ganz freiwillig nimmt man am Hartz-4-System teil („Fordern und Fordern“). Ganz freiwillig reitet man ein totes Pferd (ganz freiwillige Unterstützung eines Wirtschaftssystems, welches unsere Lebensgrundlage zerstört. Wie logisch….). Fazit: Freiheit? Ja! Für „Die 1 %“, die über Berge von Geld (und dadurch politische Macht) verfügen. Und die „99 %“? Haben die nicht in erster Linie „die Freiheit“ sich in die von „den 1 %“ gegossenen Formen pressen zu lassen? Eine schöne Freiheit! Dafür lohnt sich in der Tat ein alles vernichtender Weltkrieg. Schleierhaft ist mir jedoch, was „die 1 %“ in Nord, Süd, Ost und West damit erreichen wollen. Verlieren diese Kreise damit nicht nur ihre schönen Formen, sondern – im schlechtesten Falle – auch sich selbst………
    Herr, lass Hirn………

    1. We’re understanding just now that the woeld is divided between intelligent people and stupid, don’t care what religion or culture do they come from, in every country you go now, you can find this discrepancy. Who believe in the mainstream and dosen’t meditate on anything and who don’t believe in and have the perception of how things really go.

  3. „Warum dürfen sich die „Verteidiger von Mariupol“ nicht ergeben?“

    Alles sehr undurchsichtig.

    Es gibt ja auch Mutmassungen, dass sich in Azovstal ein Atomsprengkopf oder ein Biowaffenlabor befinden könnte. Dies behauptet jedenfalls der „Militärexperte“ Alexander Artamonov, der von Experimenten an Menschen spricht und über eine Biowaffe mit dem Erreger der Lungenpest spekuliert, aber es ist nicht ganz klar, auf welchen Informationen seine Mutmassungen beruhen, und ob er sich nicht vielleicht nur wichtig machen will.
    https://ukraina.ru/interview/20220425/1033845338.html

    Andererseits, welcher Platz wäre besser geeignet für ein geheimes Biowaffenlabor, als die Katakomben von Azovstal?

    Für den politico-militärisch-industriellen Komplex des Westen ist der ganze Krieg und speziell der Kampf um Mariupol jedenfalls bisher ein Fest der Propaganda, speziell jungen Menschen in den westlichen Ländern Russenhass, Glaube an die eigene rassische Überlegenheit, Heldenmythos, Todesverachtung, Lust am Töten und Kriegsverherrlichung nahezubringen und gleichzeitig Waffenverkäufe zu steigern und alte Waffen in der Ukraine quasi heiss zu verschrotten.
    Auch die extreme Rechte, die ja auch in höheren Kreisen ihre Anhängerschaft besitzt und keineswegs nur aus tätowierten Stiernacken in rechten Jugendclubs besteht, dürfte innerlich jubilieren und ihre Chance sehen, gewaltbereite Bewegungen anzustossen, die die von ihnen verhassten Migranten aus dem Land jagen. Ausserdem brauchen viele Unternehmen Führungskräfte, die bereit und in der Lage sind, in politisch instabilen Ländern die Tochterfirmen zu vertreten und das Eigentum dabei auch gegen militärische Angriffe von Rebellengruppen, Aufstände, etc. zu schützen. Dabei hilft militärische Erfahrung und eine Ideologie, die eigene Nation als zur Führung bestimmt und die eigene Rasse als überlegen anzusehen.
    Nicht zuletzt zeigt das ukrainische Modell, wie die gewaltbereiten Rechtsextremen/Nationalisten es geschafft haben, in der Politik und der eigenen Bevölkerung Angst zu erzeugen und die Linke zu marginalisieren.

    Für die Politiker wiederum ist der Krieg eine willkommene Ablenkung von der von Regierungskritikern geforderten Aufarbeitung der Corona-Massnahmen und im Hintergrund laufenden Massnahmen zur Stärkung der Überwachung unter dem Vorwand der Seuchenbekämpfung auf Ebene der EU und WHO.

    1. Laut russischem und türkischen Geheimdienst sind in Azovstal ca 400 ausländische Militärs eingeschlossen – darunter 50 Franzosen.
      Das erklärt Macrons hektische diplomatische Bemühungen…
      Wenn das vor den Wahlen in Frankreich rausgekommen wäre hätte das seinen politischen Exitus bedeutet!
      https://eprimefeed.com/latest-news/turkey-is-aware-of-50-french-officers-blocked-in-mariupol/67687/?fbclid=IwAR15ijZy98UdQB0M4bJMAkM8JBnwQ6JD9wxme1Dqm19ba6_Un7lQEKjulWE

  4. Laut DNR-Chef Puschilin nehmen die Kämpfer aus dem Azovstalwerk über Funk Kontakt zum russischen Militär und zur Nationalen Front der DNR auf und versuchen, Verhandlungen zu vereinbaren. Denis Puschilin stellt fest, dass der Feind versucht, eine akzeptable Kapitulation zu verhandeln.

    Die Kämpfer hätten erklärt, dass sie nicht in das von den Kiewer Behörden kontrollierte Gebiet evakuiert werden wollten. Der Führer der DNR berichtet, dass sie lieber in die Türkei evakuiert werden wollen. Sie planen, sich mit Waffen auf den Weg zu machen, um eines der Schiffe zuerreichen, die sich von der türkischen Küste aus nähern könnten.

    xhttps://topwar.ru/195487-glava-dnr-boeviki-na-zavode-azovstal-cherez-radiojefir-peredajut-o-svoem-zhelanii-jevakuirovatsja-s-oruzhiem-v-turciju.html

    Sie scheinen sich immer noch Illusionen über ihre Lage zu machen.

  5. Die Gefahr, dass in den Katakomben eine militärische Provokation lauert, ist real und erklärt wahrscheinlich Putins Zurückhaltungsbefehl.

    Nichts tun ist im Moment wahrscheinlich die beste Lösung. Kommt Zeit kommt Kapitulation.

  6. Aushungern, auch wenn es nach mehreren Wochen vielleicht zu Kannibalismus kommen könnte. Es interessiert niemanden, „was sie WOLLEN“, kommt mir genauso vor, wie die fanatisierten Nazis 1945, die auch noch immer an „Wunderwaffen und Endsieg“ glaubten.

  7. Seit etwa 10 Tagen hat D. Prokopenko, der Leiter von Azow, kein Video aus dem Werk Azovstal aufgenommen. Dies hat Gerüchte genährt, dass Prokopenko entweder unter den Verwundeten sein könnte oder möglicherweise aus dem Gebiet des Stahlwerks geflohen ist.

    Anstelle von Prokopenko wurde ein Video von Sergei Volyn bekannt, der zugab, dass er nicht der Kommandeur ist, sondern ein Mann, der vorübergehend dessen Aufgaben wahrnimmt.

    https://www.youtube.com/watch?v=t1UvXYdR5DY&t=21s

    Volyn bestätigt die Tatsache, dass die Zahl der verwundeten Kämpfer in Azovstal zunimmt. Nach seinen Angaben gibt es mehr als 600 verwundete Mitglieder bewaffneter Gruppen auf dem Gelände des Werks.
    Es gibt keine Medikamente und kein Personal, das ihnen hilft.
    Er bestätigt die Anwesenheit von Zivilisten in Azovstal, sagte aber nichts über die Tatsache, dass die Kämpfer selbst sie in den Kellern der Anlage als Geiseln halten.

    Die Situation ist sehr schwierig. Es gibt Probleme mit Lebensmitteln, Wasser, verschiedenen Vorräten, Munition, Waffen – ganz zu schweigen davon…

    Volyn beschloss daraufhin, erneut zu einer so genannten „Befreiung“ aufzurufen. Gleichzeitig beruft er sich damit auf ein angeblich „ähnlichen Verfahren mit den britischen und französischen Truppen im Jahr 1940“ berichtet.

    Man hat den Eindruck, dass Volyn von westlichen Söldnern, die sich in Bunkern aufhalten, aufgefordert wird, den Begriff „Extraktion“ zu verwenden. Warum sonst sollte er plötzlich auf Anglizismen zurückgreifen, die für den postsowjetischen Militärbereich unüblich sind…? Und über das Ereignis von 1940 erzählt Volyn so, daß man merkt: er hat keine Ahnung, wovon er spricht.

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