USA: 2020 stärkster Rückgang der Lebenserwartung seit dem Zweiten Weltkrieg

Lebenserwartung in den USA und in vergleichbaren Ländern. Bild: Peterson KFF/CC BY-SA-3.0

Hauptursache war Covid-19, aber der Trend geht nach unten, der Abstand zu den anderen Industriestaaten wächst.

2014 ging die Lebenserwartung in den USA nicht mehr weiter aufwärts wie in den anderen Industrieländern, sondern ausgehend von 78,9 Jahren leicht nach unten. Als Ursache wurden die Opioid-Schwemme in den USA und steigende Suizide betrachtet, es dürfte aber auch am Gesundheitssystem liegen, da  viele Amerikaner keine Krankenversicherung haben. In vergleichbaren Ländern lag die Lebenserwartung 2014 mit 82,2 Jahren deutlich höher, in Deutschland lag sie mit 81,2 auch unter dem Durchschnitt, aber 2 Jahre höher als in den USA.

Ab 2017 begann die Lebenserwartung zwar wieder leicht anzusteigen, 2019 wurden 78,8 Jahre erreicht, um dann 2020 nach der US-Gesundheitsbehörde CDC den unter den Industrieländern nach Russland tiefsten Sturz um 1,8 Jahre auf 77 Jahre zu erfahren. Für die USA ist das der stärkste Rückgang seit dem Zweiten Weltkrieg. Der Rückgang war bei den Männern mit 2,1 Jahren stärker als bei den Frauen mit 1,5 Jahren, wodurch sich die Kluft der Lebenserwartung zwischen Männern und Frauen auf 5,2 Jahre vergrößert hat.

In den meisten anderen mit den USA vergleichbaren Ländern ist die Lebenserwartung wegen Covid-19 2020 auch gesunken, aber nicht so stark wie in den USA. In Norwegen, Südkorea, Taiwan und Neuseeland ist sie sogar gestiegen

Die Übersterblichkeit betrug letztes Jahr 530.000 Tote, hauptsächlich verantwortlich für das Absinken der Lebenserwartung waren Todesfälle mit oder an Covid-19 in Höhe von 350.000 und damit auch die Politik von Donald Trump und den Republikanern. Den stärksten Rückgang der Lebenserwartung erfuhren die Latinos und die Schwarzen. Haupttodesursachen waren weiterhin Herzerkrankungen gefolgt von Krebs, an dritter Stelle liegt Covid-19. Ab einem Alter von 15 Jahren nahmen die Todesraten für alle Altersgruppen pro 100.000 zu.

Zur gesunkenen Lebenserwartung trägt vermutlich auch bei, dass das Bevölkerungswachstum praktisch zum Stillstand gekommen ist. Von Juli 2020 auf Juli 2021 wuchs die Bevölkerung nur um 0,1 Prozent oder um 392.665. Seit 1937 war es das erste Mal, dass die Bevölkerung um weniger als 1 Million wuchs. Davor wurde das geringste Wachstum 1918/1919 zum Ende des Zweiten Weltkriegs und der Spanischen Grippepandemie mit 0,5 Prozent verzeichnet. Eine Ursache des Rückgangs ist die Vergreisung der Gesellschaft und die sinkende Geburtenrate. Ein Abbruch des Bevölkerungswachstums setzte mit der Wahl von Donald Trump 2016 durch einen stetigen Rückgang der Zuwanderung von 2,5 auf 0,5 ein. Covid-19 verschärfte den Rückgang, die Zahl der Zuwanderer fiel von 2020 auf 2021 gleich um 50 Prozent.

Florian Rötzer

Florian Rötzer, geboren 1953, hat nach dem Studium der Philosophie als freier Autor und Publizist mit dem Schwerpunkt Medientheorie und -ästhetik in München und als Organisator zahlreicher internationaler Symposien gearbeitet. Von 1996 bis 2020 war er Chefredakteur des Online-Magazins Telepolis. Von ihm erschienen sind u.a. „Denken, das an der Zeit ist“ (Suhrkamp 1988), „Die Telepolis“ (1995), „Vom Wildwerden der Städte“ (Birkhäuser 2006), „Smart Cities im Cyberwar“ (Westend 2015), „Sein und Wohnen“ (Westend 2020) oder „Lesen im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“ (Bielefeld 2023)
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