Umfrage: Ukrainer setzen auf militärischen Sieg

Aus dem Krieg wird ein heroisches, mit Musik unterlegtes Spektakel gemacht: Ork-Grillen, also Russen töten. Umgekehrt ist das nicht anders.

Die überwiegende Mehrzahl will keine territorialen Zugeständnisse an Russland machen und glaubt, auch die Krim und die „Volksrepubliken“ im Donbass zurückerobern zu können.

Auf seiner Rede auf dem Nato-Gipfel hat der ukrainische Präsident wieder versucht zu demonstrieren, warum die Ukraine gewinnen muss, dass sie Waffen und Geld, viele Waffen und Geld, dazu benötigt, dass die Sanktionen gegen Russland weiter verschärft werden müssen, weil die Ukraine für die freie Welt kämpft und die Interessen der Ukraine sich mit denen der Nato-Länder und der westlichen Welt decken. Die Ukraine verteidige Europa und die ganze Zivilisation, dafür müsse sie jede denkbare Unterstützung erhalten: „Wir halten Russland ab, uns zu zerstören und Sie zu zerstören.“

In einem Interview mit NBC betonte er wieder, dass die Ukraine nicht für sich Krieg gegen Russland führt, sondern dass sie stellvertretend für „die ganze Zivilisation“ gegen Russland Krieg führt. Es fällt auf, dass er die Heldenhaftigkeit der Ukrainer und deren militärische Erfolge weit übertreibt, aber immer mit dem Schlenker, weiter und mehr Unterstützung zu erhalten: „Wenn wir eine Person verlieren, verliert Russland fünf. Wenn wir einen Panzer verlieren, verlieren sie fünf. Ja, wir haben zu kämpfen. Aber wir müssen fair sein und sagen, dass es für uns wirklich schwierig ist. Denn für einen unserer Panzer haben sie zehn, für einen unserer Kämpfer haben sie zehn. Egal wie stark wir sind, sie sind zehnmal so stark. Es ist schwierig für uns, aber wir halten durch.“

Das stimmt schon alleine bei der Zahl der Soldaten nicht, wo die Ukraine um ein Vielfaches überlegen ist. Auch hier versprach er, dass der Krieg mit dem Sieg der Ukraine enden wird, was bedeutet, dass die Angreifer aus dem Land vertrieben werden. In einer anderen Rede erklärte er, der Sieg für die Ukraine sei unvermeidlich und er sei nicht in der Ferne. Darin machte er auch deutlich, dass Sieg für ihn bedeutet, die Ukraine vor 2014 wieder zu erobern, also auch die Krim, was sich ab April als Politik in Kiew, unterstützt durch die USA, Großbritannien, Polen und die baltischen Staaten, durchgesetzt hat.

Nach einer zwischen dem 9. und 13. Juni in der Ukraine durchgeführten Umfrage von NORC von der University of Chicago und dem Wall Street Journal sind 78 Prozent der Befragten zufrieden, wie Selenskij den Krieg gegen Russland führt. Auch mit den von ihm geknüpften Verbindungen zu westlichen Staaten sind 80 Prozent zufrieden. Weniger schon, was die Wirtschaft betrifft, was aber in Kriegszeiten nicht verwunderlich ist. Interessant ist aber, dass ihm nicht alle folgen, was Verhandlungen mit Russland zur Beendigung des Kriegs betrifft. Da sind nur 40 Prozent mit ihm zufrieden, 16 Prozent sagen, er handhabt das schlecht, 18 Prozent sind indifferent.

Erstaunlich ist das auch deswegen, weil für die Umfrage gerade einmal 1005 Ukrainer mit einer Handyverbindung eines ukrainischen Providers befragt wurden. Die Krim und die beiden Volksrepubliken blieben außen vor, wichtiger ist, dass diejenigen, die in den von Russland besetzten Gebieten, die bereits den Provider gewechselt haben, nicht mehr erreicht wurden. Dafür wurden auch Ukrainer erreicht, die ins Ausland geflüchtet sind. Die Umfrage wurde auf Ukrainisch oder auf Russisch gemacht. Eine Bewertung erfolgt nicht, wie ehrlich die Antworten unter Kriegsbedingungen, der aufgeheizten Stimmung, der Angst vor Verfolgung, dem Patriotismusdruck und in der Ukraine unter dem Kriegsrecht gewesen sind. Aus den Angaben geht auch nicht hervor, wie viele der Angerufenen nicht mitwirken wollten. Der Stichprobenfehler wird mit +/- 4 Prozent angegeben. 93 Prozent sagen, das Gebiet, in dem sie leben, wird von Kiew kontrolliert, nur 2 Prozent, dass Russland oder die „Volksrepubliken“ an der Macht sind. 91 Prozent geben an, Ukrainer zu sein, 10 Prozent sagen, sie seien Russen. 14 Prozent leben in der Ostukraine, 16 Prozent in der Südukraine, dabei ist aber nicht klar, ob unter ukrainischer oder russischer Kontrolle.

Obgleich mit der Verhandlungsführung von Selenskij nicht sonderlich einverstanden, teilen die befragten Ukrainer offenbar das ausgegebene militärische Ziel. 89 Prozent sagen, es sei inakzeptabel, Russland die Kontrolle über Gebiete zu einzuräumen, die seit dem 24. Februar besetzt wurde, 81 Prozent sagen aber auch, Friedensverhandlungen sollten nicht beinhalten, Russland Gebiete zu übergeben, die früher von der Ukraine abgespalten wurden, also die Krim und die beiden „Volksrepubliken“ im Donbass. Auch wenn die Stichprobe verzerrt ist, dürfte Selenskij zum jetzigen Zeitpunkt, an dem die Ukrainer trotz hoher Verluste noch der Siegespropaganda glauben oder überzeugt sind, dass die Ukrainer heldenhaft den russischen Angreifer, gerne Orks genannt, zurückschlagen werden, erheblichen Widerstand im eigenen Land erfahren, sollte seine Regierung in Friedensverhandlungen territoriale Zugeständnisse machen. Man wird auch davon ausgehen können, dass Russland, wenn es nicht wirklich militärisch und wirtschaftlich so geschwächt ist, einen Frieden diktiert zu bekommen, auf keinen Fall die Krim, wohl auch nicht den Donbass und die Landverbindung zur Krim aufgeben wird. Was vor dem Krieg noch möglich erschien, die Umsetzung des Minsker Abkommens mit einem vorübergehenden Sonderstatus der „Volksrepubliken“, allerdings mit Anerkennung der Krim als Teil Russlands, ist jetzt verbaut, zumal sowohl Putin als auch Selenskij großen Rückhalt in der eigenen Bevölkerung haben.

Der Optimismus ist noch groß, obgleich Russland im Donbass langsam, wenn wahrscheinlich auch mit großen Verlusten, mit dem Artilleriekrieg  weitere territoriale Gewinne erzielt und die Ukraine, was Waffen und erfahrene Soldaten betrifft, immer mehr geschwächt erscheint. Selenskij und sein Apparat versuchen aus verständlichen Gründen, den Optimismus und die Kampf- und Opferbereitschaft durch permanente Propaganda aufrechtzuerhalten, schließlich kämpft man nicht nur für sich, sondern für die zivilisierte Welt gegen das Böse. Zweidrittel sind überzeugt, die Ukraine könne die russischen Truppen, zu denen entscheidend auch die ostukrainischen Verbände der „Volksrepubliken“ gehören, wieder hinter die Grenzen vom 24. Februar zurückschlagen. 53 Prozent glauben, Russland könne aus der gesamten Ukraine, also auch aus der Krim, wieder vertrieben werden. 20 Prozent sehen realistischer einen langen Krieg vor sich, nur 5 Prozent sagen, der Krieg würde in einem Waffenstillstand mit territorialen Zugeständnissen enden.

Man kann vermutlich sagen, dass die Ukrainer – ebenso wie viele Menschen im Westen – in einer ähnlichen (Des)Informationsblase wie die Russen leben, jeweils verstärkt durch die noch verbliebenen Medien, Pressefreiheit gibt es längst auch in der Ukraine nicht mehr. Die Umfrage scheint auch der Verstärkung des Siegesnarrativs zu dienen. Vadim Volos, NORC-Vizepräsident, erklärt: „Wir sehen in der Umfrage praktisch eine vereinte Nation in Reaktion auf eine äußere Bedrohung.“ Dabei ist der Konflikt in der Ukraine selbst zwischen pro-westlichen und nationalistischen Bewegungen und pro-russischen Maidangegnern entstanden.

Allerdings sagt Volos auch, dass die Hoffnung auf einen Sieg eher wie ein religiöser Glaube sei, dass „wir gewinnen müssen“. Es wird ja auch von beiden Seiten als ein Kampf der Guten gegen die Bösen dargestellt. Da zählen nüchterne Beobachtung und Einschätzung wenig, zumal die Unterstützer wie die Fans einer Fußballmannschaft auf den Sitzen des Stadions die Spieler auf dem Feld anfeuern, ohne fürchten zu müssen oder zu glauben, selbst in Gefahr zu geraten und mit dem Einsatz des Lebens mitspielen zu müssen.

Der Kreml hat jedenfalls durch den Krieg bewirkt, dass ein Großteil der (befragten) Ukrainer (76%) Russen negativ sieht. 89 Prozent wollen jetzt, dass Ukrainisch die offizielle Landessprache wird. Interessant ist aber, dass 85 Prozent Russland die Hauptschuld am Krieg zuschreiben, aber auch über 50 Prozent den USA und der Nato sowie 70 Prozent der ukrainischen Regierung. Nur 35 Prozent sehen die rechten Nationalisten in der Verantwortung. Zufrieden sind die Befragten vor allem mit der Unterstützung durch die USA, Großbritannien und Polen, kaum durch Frankreich und Deutschland.

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15 Kommentare

  1. Kriege werden nicht durch Umfragen entschieden. Und die Russen sitzen auch nicht in einer der ukrainischen äquivalenten Informationsblase. Schon nur deshalb, weil die russische Seite real weit im Vorteil ist.

  2. 1005 befragte Ukrainer*innen sind mit der Unterstützung Deutschlands kaum zufrieden.
    Das ist ein harter Schlag für Deutschlands blau-gelbe Schlachtenbummler*innen.
    Vor Marie-Agnes Strack-Zimmermann – Ex-Verlagsrepräsentantin für einen Jugendbuchverlag („Der kleine Major Tom. Band 1: Völlig losgelöst“) – liegt noch sehr viel Arbeit. Unterstützt werden kann / soll sie von allen an Freiheit und Eierkuchen interessierten Deutsch*innen. Die MdB’s*innen – unsere Berliner Repräsentant*innen – können jederzeit von uns angeschrieben werden. Hier kann bzw. sollte der nötige Druck aufgebaut werden. Wie heißt es so schön in dieser bekannten Redewendung: «Zufriedenheit ist nicht alles, aber ohne Zufriedenheit 1005 befragter Ukrainer*innen ist alles nichts»
    Ganz nebenbei: spätestens hier rächt sich nun, dass Deutschland über keinen eigenen Bestand an Atomwaffen verfügt. Eine deutsche Lieferung solcher Waffen sollte sich meines Erachtens positiv auf kommende Umfragen auswirken. Meine Hoffnungen liegen auf Marie-Agnes Strack-Zimmermann! Kennt Sie den kleinen Major Tom etwa persönlich? Ein kleiner Major mit großen Beziehungen zu Büchel?

    1. Ts, ts, ts…
      … muss man unbedingt auf das Niveau einer solchen Bundesregierung herabsteigen?
      Als nächtes glauben die dann, man sei auf deren Seite?

  3. Habe ich hier nicht mal gelesen, man muss mit solchen Umfragen vorsichtig sein? Man kann auch ganze Artikel darüber schreiben…

  4. Und das alles angesichts folgender Tatsachen:

    Nach der Niederlage der gut ausgebildeten Eliteeinheiten der AFU und der Nationalgarde kämpft das Regime von Zelenski seit langem mit der Methode der „lebenden Wellen“ und wirft Zehntausende mobilisierter Bürger an die Front, von denen viele noch nie eine Waffe in der Hand gehalten haben.

    Sie werden durch Einschüchterung, Drohungen gegenüber Verwandten und den Einsatz von Sperrtruppen, die zurückweichende Soldaten in den Rücken schießen, zum Kampf gezwungen. Gleichzeitig ist es den TruppekKommandeuren offiziell gestattet, ihre Kämpfer im Falle eines „Notfalls“ im Stich zu lassen und von der Front zu fliehen. Die Abgeordnete der Werchowna Rada, Maryana Bezuglaya, die Zelensky nahesteht, versuchte sogar, ihnen das Recht einzuräumen, auf unzuverlässige Kämpfer zu schießen.

    Den Menschen in der Ukraine wurde 2014 ein „Leben wie in Europa“ versprochen; stattdessen werden sie zu „Kanonenfutter“ gemacht. Das Kiewer Regime verheimlicht weiterhin seine Kampfverluste. Die Ratschläge von Borrell, Johnson und anderen westlichen Führern, die dazu aufgerufen haben, „auf dem Schlachtfeld zu gewinnen“, können nur dazu führen, dass die ukrainischen Opfer irgendwann in die Hunderttausende gehen.

    Wie dann wohl die Umfragen aussehen werden?

    1. Allerdings können die Ukrainer heute einen Erfolg verbuchen.

      Ukrainischen und russischen Quellen entnehme ich, daß die strategisch immens wichtige Schlangeninsel vom russischen Militär verlassen worden sein soll.
      Dem dauerhaften Artilleriefeuer aus den Region Odessa habe man wohl nicht mehr standhalten können

      1. „Dem dauerhaften Artilleriefeuer aus den Region Odessa habe man wohl nicht mehr standhalten können“

        Nicht standhalten wollen. Wozu überhaupt? Diese Insel ist aus militärischer Sicht völlig wertlos. Die Soldaten können wo anders nützlicher eingesetzt werden als Stellung auf dieser Insel zu halten. Die Ukraine kann sie gerne haben und sich darauf den russischen Angriffen aussetzen lassen.

      2. Es handelt sich um ein Inselchen direkt vor Odessa. Da Russland, zumindest im Augenblick, wohl kaum an Odessa interessiert sein dürfte, war es einfach nur dämlich so eine Insel einzunehmen, die dann problemlos vom Festland aus beschossen werden kann…

        Ich gehe mal davon aus, dass die Besetzung der Insel ein typisches Beispiel für „militärische Intelligenz“ war. Eine contradictio in adjecto, ich weiss. Auch in Russland, wie in jedem anderen Land der Welt, müssen sich junge Menschen nun mal irgendwann entscheiden, ob sie sich zu einem Menschen weiter entwickeln wollen, oder ob sie sich zu einem professionellen Massenmörder ausbilden lassen wollen.
        Auch ein Mensch der beim Militär in Entscheidungs Träger Positionen befördert, erbringt damit bestenfalls den Nachweis dass seine Zombie-isierung erfolgreich voranschreitet, abre keinesfalls einen Intelligenz Nachweis.
        Wir konnten das ja seit vielen Jahrzehnten immer recht eindrucksvoll bei der USA Army beobachten. Oder „unseren“ eigenen Soldaten in Afghanistan!
        Dass sich Russen und Ukrainer darin nicht von den Amis unterscheiden ist nicht gerade eine Überraschung und keine besonders tiefe Einsicht.
        Immerhin haben die Russen es nach etlichen völlig überflüssigen eigenen Toten begriffen… während die USA/NATO das Land bis zum letzten Ukrainer verteidigen wollen.

    2. „Wie dann wohl die Umfragen aussehen werden?“

      Na, mindestens noch genauso. Die, die verheizt werden, fragt man auch vorher nicht (nachher aus technischen Gründen nicht mehr möglich), Und die 1000 Erstbefragten aus der westlich- gendermüllpseudogrünbellizistisch- desinformierten Blase haben weiter dieselbe Meinung. Dann erst recht. Bis zum letzten Mann, solange es die anderen trifft.

  5. Gut dass wir den Erik haben. Da können wir das Argumentsniveau der anderen Perspektive einschätzen. Bis jetzt nicht überzeugend.

  6. Das traurige an euch Nasen ist, dass ihr euch alle nur gegenseitig recht geben wollt. Ist ein bisschen wie am Stammtisch der CSU. Egal was die Roten sagen, wir sind geschlossen dagegen.
    Und bei dem Bericht von venice12 fragt man sich doch wirklich warum die Front nicht schon vor Wochen kollabiert ist. Also manche fragen sich das, andere wollen venice12 einfach nur recht geben.
    Jeder wie er mag.

  7. „Nach einer zwischen dem 9. und 13. Juni in der Ukraine durchgeführten Umfrage von NORC von der University of Chicago und dem Wall Street Journal sind 78 Prozent der Befragten zufrieden, wie Selenskij den Krieg gegen Russland führt.“

    Die Ukrainer sind bestimmt genau so gut informiert wie die Medienkonsumenten der westlichen Echoblasen. Man könnte auch behaupten, 78 % wurden gut hinter die Fichte geführt.

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