Umfrage: Mehrheit der Franzosen unterstützt Putschdrohung der Militärs

Bild: fdecomite/CC BY-2.0

In Frankreich grassiert die Angst vor den Vorstädten und ihren Bewohnern, vor Gewalt und Zerfall des Staates, der Wunsch nach der starken Hand wächst, die die alte Ordnung wiederherstellt.

 

In Frankreich haben Ex-Generäle einen offenen Brief veröffentlicht, der von vielen Soldaten, auch einigen noch aktiven, unterzeichnet wurde. Darin drohen sie der Regierung ein Eingreifen an, wenn diese nicht schnell für Ordnung und Sicherheit sorgt. Die Militärs sehen das Land ins Chaos und in einen Bürgerkrieg versinken, man könne dem Untergang „unseres schönen Landes“ nicht länger passiv zusehen (Französische Militärs sehen die Nation vor einem Bürgerkrieg und kündigen Eingreifen an).

Als Hauptbedrohung werden „Islamismus und die Horden aus den Vorstädten“ mit ihren Parallelgesellschaften genannt. Man findet auch Antirassismus und die Kritik an der Kolonialzeit unpassend, das teils brutale Vorgehen der Polizei gegen Proteste wie die der Gelbwesten wird hingegen verteidigt. Bezeichnenderweise wurde der Brief genau 60 Jahre nach Beginn des Putsches von ebenfalls meist Ex-Generälen in Algerien veröffentlicht, der sich gegen den Rückzug Frankreichs aus Algerien wendete.

Das Verteidigungsministerium und die Führung der Streitkräfte haben ein scharfes Vorgehen gegen die Unterzeichner angekündigt. Die rechten Militärs wissen aber sehr wohl, dass ein guter der Bevölkerung antimuslimisch, rassistisch und rechtsnationalistisch ist. Marie Le Pen ist in Umfragen die Hauptkonkurrentin von Macron und könnte ihn bis zu den Wahlen überrunden. Le Pen hat sich auch gleich hinter die Militärs gestellt und sie aufgefordert, sich im Wahlkampf ihr anzuschließen, um Frankreich zu verändern.

Dass die Militärs eine Stimmung in der Bevölkerung treffen, zeigt eine Umfrage von Harris Interactive für den Fernsehsender LCI. 58 Prozent unterstützen die Drohung der Militärs. Das ist auch deswegen viel, weil 64 Prozent von dem offenen Brief gehört haben, davon wissen 38 Prozent um was es Genauer geht.

49 Prozent, also fast die Hälfte der Befragten, sind der Meinung, dass das Militär auch ohne Anweisung der Regierung eingreifen sollte, um die Ordnung wiederherzustellen. Damit hat sich die Hälfte der Franzosen von der Demokratie verabschiedet und sieht offenbar einen Notstand. Für 84 Prozent nimmt die Gewalt zu und 73 Prozent sagen, dass das Land auseinanderfällt, also das, was die Militärs auch erklärten. Die Anhänger der rechten Republikaner glauben zu 93 Prozent und die von Le Pens Rassemblement National zu 94 Prozent, dass die Gesetze des Staates in manchen Städten nicht mehr gelten. Zweidrittel der Befragten sind der Meinung, dass auch die aktiven Soldaten, die den offenen Brief unterzeichnet haben, nicht bestraft werden sollen.

Nach der Umfrage gewinnt man den Eindruck, dass ein Großteil der Franzosen Angst hat und das Land womöglich, wie die Militärs warnten, in einen Bürgerkrieg stürzen könnte. Aber Angst ist wahrscheinlich nur die halbe Erklärung, denn es geht vermutlich um Machterhaltung der französischen Mittelschicht, die sich von Migranten und französischen Bürgern mit Migrationshintergrund, in aller Regel mit Kolonialhintergrund, und den islamistischen Radikalen in den Vororten bedroht sieht. Die fehlende Integration, die nicht geleistet wurde, wird nun zum Argument für eine noch stärkere Repression, letztlich für den Einsatz des Militärs im Inneren und für einen völkisch-kulturellen Nationalismus. Zudem wächst die Kluft zwisschen Arm und Reich und damit die Unzufriedenheit, die politisch derzeit eher von den Rechten eingefangen wird.

In Frankreich, unserem Nachbarstaat, könnte es gefährlich werden, die Militärs haben offen die Lunte gelegt, die zur Explosion führen könnte. Das wird Le Pen stärken und Macron dazu bringen, selbst weiter nach rechts zu rücken. Und die Aufstandsdrohung dürfte auch in anderen europäischen Ländern die Rechtsnationalisten befeuern, die wie in Deutschland auch in der Bundeswehr und in der Polizei von einem Aufstand träumen.

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