Ukraine: Steht Naftogaz wegen steigender Gaspreise und sinkender Gasdurchleitung vor der Pleite?

Bild: Naftogaz

Ab heute könnten die Gaslieferungen aus Russland über Nord Stream 1 beendet werden, über Polen fließt kein Gas mehr, über die Ukraine immer weniger, was die Einnahmen senkt und den Preis in die Höhe treibt. Möglicherweise könnte Naftogaz auch die Ukraine in die Pleite treiben.

 

Seitdem Gazprom die Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 angeblich wegen der fehlenden Siemens-Turbine, die zur Wartung in Kanada ist und bislang wegen der Sanktionen nicht zurückgeschickt wurde, auf jetzt 40 Prozent gesenkt hat, gehen in Deutschland die Alarmglocken los. Viele sind der Meinung, dass diese Absenkung des Durchflusses technisch nicht begründet sei. Uniper, der größte deutsche Gasimporteur, muss nun teuer Gas auf dem Spotmarkt einkaufen und sagt, man verliere deswegen täglich einen „zweistelligen Millionenbetrag“.

Heute beginnt die Wartung der Pipeline, dann fließt erst einmal 10 Tage kein Gas mehr – und unsicher ist, ob Gazprom dann noch weiter liefern wird. Uniper muss womöglich Gas aus den Speichern entnehmen, die für den Winter eigentlich aufgefüllt werden müssten. Die Gaspreise werden weiter steigen. Uniper hat bereits um Staatshilfe gebeten. Kanada will nun eine Ausnahme machen und die gewartete Turbine doch wieder nach Russland abgeben. Siemens will sie möglichst schnell wieder in Betrieb setzen, aus der Ukraine kommt Kritik. Auch das Energieministerium und das Außenministerium der Ukraine forderten Kanada auf, die Entscheidung rückgängig zu machen, die von Siemens Kanada reparierten Turbinen wieder nach Deutschland zu bringen. Die deutsch-kanadische Vereinbarung würde das Sanktionsregime an „Russlands Willkür“ anpassen.

Aber nicht nur Deutschland taumelt in eine Versorgungslücke, sondern auch die Ukraine. 80 Prozent der Haushalte sind auf Gas zum Heizen und für Warmwasser angewiesen. Ähnlich wie bei Kohle und Erdöl reicht auch beim Gas die Produktion im eigenen Land nicht aus. 70 Prozent des Gasverbrauchs können von Gas abgedeckt werden, das in der Ukraine gewonnen wird, die restlichen 30 Prozent müssen vom Ausland eingekauft werden, nach 2014 von Europa. Meist wurde und wird in Europa russisches Gas eingekauft und kommt dann via reverse flow (Rückfluss) in die Ukraine bzw. findet dieser beim „virtuellen Rückfluss“ nur in der Theorie statt. Allerdings hat die Ukraine europäischen Firmen damit eröffnet, die 31 Milliarden Kubikmetern Speicherkapazität in der Ukraine, die größte in der EU, mitzubenutzen. Damit lassen sich aber keine Geschäfte machen, wenn zu wenig Gas auf dem Markt ist. Und die Ukraine muss nun auch für den Rückfluss immer mehr bezahlen.

Ab 11. Mai hat der ukrainische Gasnetzbetreiber GTSOU die Durchleitung von russischem Gas durch die Pipeline in der Region Lugansk eingestellt. Wegen der russischen Besatzung könne man Punkt Sokhranovka und die Verdichterstation Nowopskow nicht mehr kontrollieren, hieß es. Bis Mai kamen über die durch die Ukraineführende Pipeline  110 Millionen Kubikmeter am Tag, was der Ukraine eine Milliarde Dollar im Jahr einspielt. Nach dem 11. Mai fiel der Transit auf 70 Millionen. Gazprom sah für die Einstellung keinen technischen Grund und erklärte, man könne technisch über den zweiten Punkt Sudzha nicht entsprechend erhöhen. Am 9. Juli kamen dann durch die Pipeline nur noch 40 Millionen Kubikmeter. Im Juni ist der Gasdurchfluss gegenüber Juni 2021 um Zweidrittel geschrumpft.

Der gedrosselte Gasdurchfluss durch die Ukraine mindert auch die Einnahmen der Ukraine, zudem trägt dies dazu bei, dass dies zur Verteuerung von Gas beiträgt, was die Ukraine zusätzlich belastet.  Der staatliche Gaskonzern Naftogaz, seit kurzem praktisch Monopolist, meldete am 4. Juli den Investoren, dass aufgrund des Kriegs die Liquidität und die Betriebserfordernisse umfassend bewertet würden.

Man kann daraus schließen, dass Naftogaz bald Pleite gehen könnte, da der Konzern am 19. Juli eine Eurobond Coupon-Zahlung von über 300 Millionen Dollar nicht leisten könnte und im November steht eine 2,2 Milliarden Dollar Rückzahlung von Staatsanleihen an. Naftogaz ist das größte und wichtigste Staatsunternehmen, das zwischen Januar und Mai noch 1,5 Milliarden Dollar in den Staatshaushalt eingebracht hat. Eine Pleite von Naftogaz könnte, wenn westliche Unterstützer nicht einspringen, auch zu einer Pleite der Ukraine ausarten, deren Wirtschaft daniederliegt und die mindesten 5 Milliarden Dollar  benötigt, um die staatlichen Strukturen aufrechtzuerhalten. Die westlichen Staaten haben zwar viel versprochen, gezahlt wurde jedoch, abgesehen von Waffenlieferungen, nicht genügend. Seit dem Krieg erhielt nach Medienangaben die Ukraine 11 Milliarden, was bei weitem nicht ausreicht, weswegen das Land auf die internationalen Reserven zurückgreifen muss.

„Der Ukraine geht das Geld aus. Die Regierung verbrennt monatlich 8 Mrd. USD, um den Krieg zu finanzieren, und hat trotz internationaler Hilfe weniger als 5 Mrd. USD an Einnahmen pro Monat. Angesichts schrumpfender Exporte und steigender Militärausgaben schwillt das Haushaltsdefizit an und zwingt die Zentralbank zum Kauf von Staatsanleihen im Wert von 225 Mrd. UAH (7,6 Mrd. $).“ – bne Intellinews

Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) ist schon im Juni eingesprungen und gibt Naftogaz einen Kredit von 300 Millionen Dollar, um Gas zu kaufen. Die Regierung hat beschlossen, eine staatliche Garantie dafür zu geben. Insgesamt unterstützt die EBWE die Ukraine mit einer Milliarde, was nur ein Tropfen auf einem heißen Stein ist.

Naftogaz will ab Ende des Jahres, wenn es noch über Liquidität verfügt, Flüssiggas importieren. Das ist nicht nur teuer, die Ukraine hat dafür auch gar nicht die Infrastruktur. Der Unternehmenschef räumt ein, dass dazu viele technische Fragen gelöst werden müssten.

Ähnliche Beiträge:

12 Kommentare

  1. Der Westen hätte die Summen, die er heute in der Ukraine versenkt, besser 2014 dort hin schicken sollen; anstatt die Regierung weg zu putschen, nur weil die sich etwas störrisch hinsichtlich des EU Beitritts aufführte.
    Jetzt gleicht das Land einem Fass ohne Boden – und am Ende werden nur noch geschrottete Fragmente bleiben.

    In den Hinterzimmern der Macht macht man sich aber schon über die Aufteilung der Trümmer Gedanken.

    Bei uns sollte man nicht in neue Waffenlieferungen investieren, sondern in Strickmaschinen für dicke Pullover.

    1. „Was haben Sie denn da nicht verstanden. Der Westen schickt das Geld doch nicht in die Ukraine. Der Westen schickt Geld zur westlichen Waffenlobby und anderen westl. Kriegsgewinnern. Über den Umweg Ukraine beziehen ukrain. Elithen ihre zustehende Provission und das gleiche gilt für die westl. Politiker. Deshalb muss der Krieg so lang wie möglich gehen. Wer glaubt, Biden macht das umsonst, der kennt die Familiengeschichte der Bidens nicht.“

      So ungefährstelle ich es mir vor, wie RT.de darüber als FakeNews berichten würde, wenn dieser feindesender nicht bei uns verboten/ wegzensiert worden wäre. Und jeder versteht jetzt auch warum. Solche VT`s brauchen wir nicht in Europa/ Deutschland.

      1. Das war schon zu Griechenland so. Dem Kredit für Griechenland hat Frau Merkel erst zugestimmt als sie das Geld für die Uboote gleich einbehalten durfte.

      2. Du fragst mich: „Was haben Sie denn da nicht verstanden.“ – Das Gleiche kann ich dich fragen, was du an meinem Text nicht verstehen konntest.
        Ich weiß, dass denken für viele eine Arbeit ist, vor der sie sich gerne drücken, und daher lieber Stereotypen nachplappern.

        1. Hi Eckart,
          in meinem Kommentar war ganz viel „Ironie“ und Null „persönliche Agression“ gegen Sie

          Entschuldigung. Ich wollte Sie nicht persönlich angreifen.

          1. Sogenannte >Ironie< ist eine Sache, die man anwendet, wenn einem keine einfachen Argumente mehr einfallen – also sollte man damit sehr sorgsam umgehen – Missverständnisse sind da vorprogrammiert.

  2. „Seitdem Gazprom die Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 angeblich wegen der fehlenden Siemens-Turbine, die zur Wartung in Kanada ist und bislang wegen der Sanktionen nicht zurückgeschickt wurde, auf jetzt 40 Prozent gesenkt hat, gehen in Deutschland die Alarmglocken los. Viele sind der Meinung, dass diese Absenkung des Durchflusses technisch nicht begründet sei. Uniper, der größte deutsche Gasimporteur, muss nun teuer Gas auf dem Spotmarkt einkaufen und sagt, man verliere deswegen täglich einen „zweistelligen Millionenbetrag“.

    Frage 1: wieso angeblich? Die Geschichte wurde genauso von Siemens bestätigt.
    Frage 2: Wer hat diesen Spotmarkt so eingerichtet wie er ist? Die EU, man nannte das Liberalisierung.

    Soviel Wahrheit sollte sein.

    1. Sehr richtig, warum angeblich?
      Kein Angeblich übrigen bei der Meldung das Kanada die Turbine nach Deutschland schickt.
      Wenn Kanada nach Deutschland liefert, verletzen sie die Sanktionen doch nicht, aber Deutschland wenn die nach Russland liefern?

  3. Es kann ja immer wieder auf das klein, klein eingegangen werden, aber darum geht es doch nicht. Unbestritten ist doch, dass mit allen Mitteln der „Gegner“ geschädigt werden soll. Da ist es unerheblich, ob mit Haubitzen oder Sanktionen. In jedem Fall wird der Gegner antworten.
    Bei der wirtschaftlichen Frage hat Russland sehr starke Partner China und Indien. Da steht zu befürchten, dass der Westen so handelt wie Habeck und somit alles in die Grütze fährt. Na klar werden sie jede Möglichkeit suchen und sei es mit Wortverdrehungen um Moralisch einen Sieg davon zu tragen, es geht aber um Interessen. Da wäre es doch mal gut zu analysieren, wessen Interessen.
    Geht mal davon aus das die Russen die Gaslieferungen einstellen, so wie Deutschland die Zertifizierung von Nord Stream2 oder den Impfstoff. Soweit alles Fair.
    https://www.youtube.com/watch?v=7bxvAqiMl1I&t=857s

  4. Wenn der Donbas das ökonomische Herzstück der Ukraine ist, das für 80-85% des BIP in der Ukraine steht, welche ökonomische Überlebensfähigkeit kann man von der Restukraine erwarten, wenn die Russen genau diesen Teil abspalten?

    Und welche Unterstützung darf sich die Restukraine aus den Wohlstandsregionen in Westeuropa erhoffen, wenn deren ökonomischen Stärken, die, wie selbst Habeck erkannte, auf der Nutzung billiger russischer Roh- und Energiestoffe beruh(t)en. Wo endet der Ausweg, der uns aus der Energieabhängigkeit führen soll, wenn für Wind- und Solarenergie genau diese Rohstoffe fehlen.?

  5. Ist der Text eine Automatik-Übersetzung oder hat den wirklich der abzeichnende Autor geschrieben. So viele Schnitzer wie hier lese ich ja meistens nicht mal in der bürgerlichen Presse, bei der Korrekturlesen ja schon lange abgeschafft wurde.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert