Studie: „Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 müssen saisonal oder jährlich aktualisiert werden“

Bild:HakanGERMAN/Pixabay.com

Impfschutz ist gegenüber der Delta-Variante hoch, Genesene sind etwas anhaltender vor Covid-19 geschützt. Hohe Mutationsrate und schnell sinkende Immunabwehr könnten regelmäßige Impfungen erforderlich machen.

In Deutschland sterben auch Menschen an oder mit Covid-19 in Krankenhäusern, die zweimalig geimpft sind. Das Risiko des sogenannten Impfdurchbruchs betrifft vor allem Über-60-Jährige. In den Kalenderwochen 37-40 waren von 441 Verstorbenen dieser Altersgruppe immerhin 34,7 Prozent „vollständig geimpft“. Das RKI berichtet allerdings nicht, welchen Impfstoff die Verstorbenen erhalten hatten. Allgemein gibt es eine Zunahme der Impfdurchbrüche, was das RKI allerdings als erwartbar bezeichnet, da die Impfung nicht hundertprozentig schützt und eben immer mehr geimpft sind (Warum häufen sich die Impfdurchbrüche?)

Eine gerade im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studie von Wissenschaftlern der University of Edinburgh untersuchte die Wirksamkeit der Impfstoffe von Pfizer/Biontech und AstraZeneca anhand von  5,4 Millionen Menschen, fast der ganzen Bevölkerung von Schottland, von denen Impfstatus, Testergebnisse, Krankenhausaufenthalte und Mortalität erfasst  sind. Untersucht wurde der Zeitraum vom 1. April bis 27. September 2021. Getestet wurden in dem Zeitraum 1.563.818 Menschen, von denen 114.706 Erwachsene positiv waren. Die Delta-Variante war für praktisch alle Infektionen verantwortlich.

In dem Zeitraum starben 201 positiv getestete Menschen an oder mit Sars-CoV-2. Unter den 16-39-Jährigen, die positiv getestet waren, gab es bei den zweimal Geimpften einen Todesfall, bei den Ungeimpften 17. Der Schutz vor dem Sterben lag bei allen positiv auf die Delta-Variante Getesteten 14 Tage und mehr nach der Impfung bei dem Pfizer/Biontech-Vakzin BNT162b2 bei 90 Prozent, beim AstraZeneca-Vakzin ChAdOx1 nCoV-19 bei 91 Prozent, bei den 40-59-Jährigen bei 95 bzw. 88 Prozent und bei den Über-60-Jährigen bei 87 bzw. 90 Prozent.

In Zahlen: Von den 380 mit der Delta-Variante infizierten und ungeimpften Über-60-Jährigen starben 24 (29.49 auf 100.000 Personenjahre), von den 5.262 zweimal mit ChAdOx1 nCoV-19 Geimpften waren es 73 (7,5 auf 100.000 Personenjahre) und von den 1.952 zweimal mit BNT162b2 Geimpften 24 (6.84 auf 100.000 Personenjahre).

Die Wissenschaftler schreiben, ihre Ergebnisse belegen, dass beide Impfstoffe „substantiellen Schutz gegen das durch die Delta-Variante verursachte Sterben an Covid-19 bieten“. Aus der Studie geht aber nicht hervor, ob und wie schnell der Impfschutz abnimmt. Andere Studien haben gezeigt, dass der Impfschutz bzw. die Immunität 6 Monate nach der zweiten Impfung stark zurückgeht. In dieser Studie wurden die zwischen 1. April und 16. August positive Infizierten untersucht und bis 27. September verfolgt. Die Mortalität wurde nur insgesamt, aber nicht abhängig von der Zeit nach der Impfung erfasst.

Booster-Impfung nach einem halben Jahr erforderlich?

In The Lancet schreiben Daniel M Altmann und Rosemary Boyton in einem Kommentar zu einer neuen Metastudie über die Immunität durch Impfung oder durch Erkrankung: „Daten von Personen, die den mRNA-Impfstoff BNT162b2 von Pfizer-BioNTech erhalten haben, insbesondere von Personen über 60 Jahren, die früh im Programm geimpft wurden, zeigen eine Anfälligkeit für Durchbruchsinfektionen durch die Delta-Variante. Durchbruchsinfektionen korrelieren mit verminderten Antikörpertitern, insbesondere 6 Monate oder mehr nach der zweiten Impfstoffdosis.“ Es würde also eine Booster-Impfung nach einem halben Jahr notwendig werden, auch hier weiß man zunächst noch nicht, wie lange der Schutz dann anhält.

Die Reaktion auf eine SARS-CoV-2-Infektion variiert, so die Metastudie, stark nach Alter und Schweregrad der Erkrankung, ein Schutz ist bis zu einem Jahr danach nachweisbar, Gedächtnis-B-Zellen bleiben „viele Monate“ häufig und können bei einer erneuten Infektion neutralisierende Antikörper bilden. Neuinfektionen treten aber auch schon ab 5 Monaten auf.

Die durch eine Impfung ausgelöste Immunreaktion gegen das Spike des Virus wirkt zwar spezifischer und stärker, aber die Wirksamkeit sinkt bei manchen neuen Varianten. Weil die Mutationsrate des Virus hoch ist, gehen die Autoren davon aus, „dass die Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 saisonal oder jährlich aktualisiert werden müssen, um die schützende Immunität auf Bevölkerungsebene aufrechtzuerhalten, wie dies auch bei anderen endemischen Atemwegsviren der Fall ist; es könnten auch andere Maßnahmen erforderlich sein, um das Auftreten weiterer signifikanter Ausbrüche zu verhindern und die Krankheitsinzidenz zu verringern.“

Aber die Mutationsrate ist nur ein Grund, der andere ist, dass die durch die Impfung hochgefahrene Immunabwehr schnell zurückzugehen scheint. Es wird sich die Frage stellen, ob und welche Bevölkerungsgruppen durch regelmäßige Impfungen geschützt werden müssen. Mit zunehmender Durchseuchung dürfte die Gefährlichkeit von Covid-19 zurückgehen.

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