Stillstand zwischen Russland und den USA

Bild: Russisches Außenministerium

Das Telefongespräch der Außenminister Lawrow und Blinken zeigte, dass der Showdown um die Ukraine weitergeht. Die USA sind nicht bereit, auf die zentralen Forderungen Russlands einzugehen.

Es war nicht anders zu erwarten. Das Telefongespräch zwischen den russischen Außenminister Lawrow und seinem amerikanischen Kollegen Blinken führte zu keinem Fortschritt, sondern demonstrierte den Stillstand. Zuvor waren Russland und die USA im UN-Sicherheitsrat unversöhnlich aneinandergeraten. Noch hat Moskau nicht auf die schriftliche Antwort der US-Regierung auf die schriftlich vorgelegten Entwürfe mit den Sicherheitsanforderungen Russlands an Washington und die Nato geantwortet.

Man lässt sich Zeit und wird mindestens so lange brauchen wie die USA, es geht um Gesichtswahrung und darum, wer den ersten Schritt macht oder wer den Dialog aufkündigt. Washington hat die zentralen Forderungen Russlands an Washington von vorneherein als unmöglich abgewiesen: Ende mit der Osterweiterung der Nato, keine Atomwaffen außerhalb des nationalen Territoriums, Abbau der Kurz- und Mittelstreckenraketensysteme in Osteuropa und keine Stützpunkte in ehemaligen Sowjetstaaten, die noch nicht der Nato beigetreten sind.

Der Text der amerikanischen Antwort bleibt auf Wunsch von Washington vertraulich, Lawrow ist der Überzeugung, wie er vor kurzem sagte, dass er bald geleakt werde. Die USA, so Lawrow, sind nicht auf die zentralen Forderungen – „Unzulässigkeit einer weiteren Erweiterung der NATO nach Osten und des Einsatzes von Schlagwaffen, die das Territorium der Russischen Föderation bedrohen könnten“ – eingegangen, sondern würden versuchen, den Dialog auf „zweitrangige Themen“ zu schieben.

Lawrow weist darauf hin, dass man nun schriftliche Vereinbarungen verlange, nachdem die mündlichen Zusagen einer Nichterweiterung der Nato nach Osten nach der Wiedervereinigung Deutschlands und dem Zerfall der Sowjetunion nicht eingehalten wurden. Russland beharrt darauf, dass Staaten zwar Militärallianzen frei wählen können, dass dies aber nicht auf Kosten der Sicherheit anderer Staaten erfolgen könne. Das gehe aus der „unteilbaren Sicherheit“ hervor, die von der OSZE 1999 in Istanbul und 2000 in Astama beschlossen und 2010 noch einmal bestätigt wurde. Das würde freilich auch bedeuten, dass Russland keine Truppen und Raketen in Weißrussland stationieren dürfte.

Was das Telefongespräch Lawrow-Blinken angeht, spricht das russische Außenministerium nur von einem Meinungsaustausch, der fortgesetzt wurde. Die zentralen Forderungen Russlands würden zwingend bleiben. Lawrow hat Blinken aufgefordert, bezüglich der Ukraine die aggressive Rhetorik und die Lieferung von Waffen einzustellen, stattdessen sollte die USA Kiew dazu zwingen, das Minsker Abkommen umzusetzen. Lawrow sagte nach dem Gespräch, er habe Briefe an alle Außenminister der OSZE geschrieben, um nach der abschlägigen Antwort der USA auf die eingegangen Verpflichtungen der unteilbaren Sicherheit hinzuweisen.

Nach der Darstellung des US-Außenministeriums habe Blinken den Willen betont, in Absprache mit den Partnern und Alliierten substantielle Gespräche über wechselseitige Sicherheitsprobleme zu führen.  Er versicherte wieder einmal, dass die USA hinter der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine stehen und dass alle Staaten ihre Allianzen selbst beschließen können. Die von Russland angeführte OSZE-Verpflichtung wird hingegen nicht erwähnt. Russland müsse sofort deeskalieren und die Truppen und Ausrüstung von der Grenze der Ukraine zurückziehen. Und er drohte zum x-ten Mal, dass eine „weitere Invasion“ der Ukraine schwere Folgen haben würde. Da hört man nicht einmal andeutungsweise einen anderen Ton heraus. Es geht um die Unterwerfung Russlands nach amerikanischen Vorstellungen der Machtverteilung.

Da weder Moskau noch Washington den Dialog abbrechen wollen, wird sich der Showdown noch weiter hinziehen. Die Frage wird sein, wer die erste Karte zieht. Vermutlich wird sie weder Washington noch Moskau und auch nicht die Nato ziehen, sondern wahrscheinlich Kräfte aus der Ukraine, aus Weißrussland, aus den Volksrepubliken oder vielleicht auch Großbritannien, das sich mit der Achse Großbritannien-Polen-Ukraine an die Spitze der Auseinandersetzung bringen will. Jeder Zwischenfall ist hochgefährlich, einen Konflikt der Großmächte auslösen zu können. Eigentlich ruht die Hoffnung auf dem Normandieformat, um das Minsker Abkommen umzusetzen. Man kann nicht einmal die Separatisten des Unwillens beschuldigen, da Kiew keinen Schritt in Richtung  der Vereinbarung macht, also einen Sonderstatus der „Volksrepubliken“ anzuerkennen, eine Amnestie zu beschließen und eine Dezentralisierung einzuleiten.

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3 Kommentare

  1. Blinken fordert den Abzug der russischen Truppen „vom eigenen Territorium“. Die USA hat es schon vorgemacht, sie stehen in Europa.
    Heuchlerische Politik.

  2. Herr Lawrow versteht mE sehr gut, was in Osteuropa abgeht. Die Russen haben ja mit den Sicherheitsforderungen genau ins Schwarze getroffen. Das ist es, was sie umtreibt. Wirklich nicht schwer nachvollziehbar. Das nützt ihnen aber nichts. USA/NATO/EU haben längst beschlossen, der russischen Seite zu zeigen, wo der Hammer hängt. Souveräne Staaten können selbst beschließen, was sie tun wollen. Ja, das gilt für die Ukraine solange, wie sie US-Vorgaben gehorcht. Interessenwahrung auf russisch löst da gleich mal eine ernsthafte Kriegsdrohung aus. Denn russische Interessen sind qua Weltmachtdefinition von Haus aus gegen dieselbe gerichtet, egal was Lawrow/Putin an Argumenten ins Feld führen. So sieht der Dialog ja auch aus: Wir setzen die Bedingungen und wenn die Nato-Osterweiterung heissen, dann ist das so. Schöne Welt der Gewalt und des Fertigmachens, auch wenn mal wieder über allem der Banner freiheitlich gesinnter Demokraten schwebt.

    1. UweF. Na klar ist Lawrow alles bekannt. Die sind doch nicht auf der Brennsuppe daher geschwommen. Ich bin mir nicht sicher, ob es ein Lernprozess der Russen ist, dass sie jetzt erst die Forderungen stellen oder ob ihnen „der Arsch auf Grundeis“ geht. Die Vorwarnzeiten sind wirklich so kurz, dass die Geschichten über Verhinderung versehentliche Fehlalarme nicht mehr möglich sind. Das sollten die Amerikaner auch bedenken. (Deren denken ist noch auf einer anderen Ebene) Bin mir fast sicher, dass vor den Küsten der USA schon längst U-Boote mit Flotten Raketen liegen. Das Volk ist da schon weiter und will das alles nicht.
      Mit dem gehorchen hast du sehr recht, allerdings drücken die Widersprüche, das Kriegs-klingeln verschreckt das „scheue Reh“ sprich die Investitionen und somit die Korruption in der Ukraine. Von daher sagt das „angegriffene“ Land, dass es keinen Angriff gibt, das interessiert aber keinen helfenden Freund. Vor allem nicht die gehässigen Zwerge im Baltikum nicht.
      Die Osterweiterung ist perfide gewesen, gegen Iran sollte es gehen und wenn wir schon mal da sind dann können wir auch gegen Russland agieren, dazu alle Vereinbarungen zur Waffenbegrenzung kündigen und los. Demokratie ist hier nur ein Viehekel, mit dem die Menschen verbrämt werden sollen.

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