Staatliche Regulierung der von Online-Konzernen eingesetzten Algorithmen?

Bild: Markus Spiske/Unsplash.com

Mit Algorithmen, die steuern, was Nutzer von Amazon, Facebook, Google und Co. sehen, werden Menschen manipuliert, Trends verstärkt und Profit maximiert. US-Abgeordnete wollen Konzerne für Folgen verantwortlich machen, britische Wettbewerbsbehörde untersucht Möglichkeiten der Regulierung.

In den USA haben die demokratischen Abgeordneten Tom Malinowski  und Anna G. Eshoo im Repräsentantenhaus im vergangenen Oktober einen interessanten Gesetzesvorschlag eingebracht. Donald Trump wollte zwar die Reichweite der Sozialen Netzwerke nutzen, aber deren Freiheit einschränken, nachdem Twitter im Frühjahr erstmals einen Tweet von ihm als irreführende Information gekennzeichnet hatte, weil er gegen Briefwahl wetterte. Trump wollte, weswegen er sogar ein Veto gegen das Pentagon-Haushaltsgesetz einlegte, für Online-Plattformen  wie Google, Facebook oder Twitter den Haftungsschutz für Nutzer-Content durch Sector 230 des Communications Decency Act  einschränken, um zu verhindern, dass sie „Online-Zensur“ ausüben.

Das Veto von Trump wurde überstimmt, allerdings ist nach der Schließung der Twitter- und Facebook-Accounts von Trump Kritik an der Macht der Online-Plattformen aufgekommen, Inhalte von Nutzern bis hin zu Regierungen nach eigenen Kriterien sperren zu können. Auf der anderen Seite wird ihnen vorgeworfen, nicht ausreichend gegen Hass und andere unerwünschte Inhalte vorzugehen.

Auf dem Hintergrund ist der Vorschlag von Malinowski und Eshoo ein bedenkenswerter Versuch, die Beeinflussungsmacht der Online-Plattformen zu beschränken. Alle nutzen Algorithmen, um den Nutzern eine nach Kategorien ausgewählte Timeline zu offerieren, um diese bei der Stange zu halten, indem etwa populäre Inhalte bevorzugt oder andere in den Hintergrund gedrängt werden. Meist kann man allerdings auf eine chronologische Timeline umschalten. Aber die Beeinflussung der Nutzer durch Algorithmen, die entscheiden, was ein Nutzer zu sehen bekommt, ist natürlich eine Manipulation, zumal in der Regel eine, die man nicht durchschauen soll.

Die Abgeordneten haben den Protecting Americans from Dangerous Algorithms Act eingeführt, der die Online-Plattformen für die „algorithmische Verbreitung von gefährlichen, radikalisierenden Inhalten, die zu Offline-Gewalt führen“, verantwortlich machen soll. Mit den Algorithmen werde festgelegt, was die Nutzer sehen, um die Aktivität auf den Plattformen und die hier verbrachte Zeit sowie den Profit zu maximieren. Auch hier geht es um Section 230, aber genauer um Verstärkung oder Empfehlung von Inhalten, die konkret in einem Fall mit Bürgerrechten kollidieren, die eine Verletzung von Bürgerrechten nicht verhindern, die mit Terrorismus oder Gewalt verbunden sind.

Nachweise für „absichtlichen oder unbeabsichtigten Missbrauch von Algorithmen“ erwünscht

Jetzt ist auch die britische Wettbewerbsbehörde Competition and Markets Authority (CMA)  aufgesprungen. Sie hat eine Untersuchung in die Algorithmen von Google, Facebook und Amazon gestartet, weil sie manipulieren und verwendet werden können, um durch Auswahl dessen, was Nutzer sehen, „künstlich Wahrnehmungen zu verändern“, beispielsweise durch Informationen, dass ein Angebot angeblich nur noch knapp vorhanden ist. Mit den Algorithmen können das Leben und die Lebensweise der Menschen durch Beschränkung der Auswahl, Verteuerung der Preise und Erfassung der Aufnahme von aktuellen Ereignissen beeinträchtigt werden. Suchergebnisse können zugunsten der eigenen Produkte gelistet werden oder Inhalte personalisiert werden, ohne dass die Menschen sich dessen gewahr sind. Da die großen Plattformen Algorithmen zur Maximierung des Profits nutzen und diese unkontrolliert weiterentwickeln und optimieren, können andere Firmen benachteiligt und das Verhalten von Konsumenten manipuliert werden.

Da immer mehr online geschieht, spielen Algorithmen, oft in Form von Künstlicher Intelligenz, eine immer wichtigere Rolle. Obgleich sie eine enorme Macht ausüben können, werden die Algorithmen bislang kaum staatlich reguliert. Insbesondere interessiert die Behörde, wie Algorithmen benutzt werden, um zu entscheiden, welche Neuigkeiten Nutzer sehen, und ob der Online-Werbemarkt, dominiert von Google, manipuliert wird.

Die Wettbewerbsbehörde erbittet nun von Wissenschaftler und Marktexperten Beweise für mögliche Beeinträchtigungen des Wettbewerbs und Schäden für den Konsumenten durch „absichtlichen oder unbeabsichtigten Missbrauch von Algorithmen“.  Das benötige man für die künftige Arbeit über digitale Märkte und das Programm zur Analyse von Algorithmen, um digitale Märkte zu regulieren.

Ab April 2021 soll die Digital Markets Unit ihre Arbeit aufnehmen, um den digitalen Markt zu regulieren. Sie soll von Firmen verlangen können, Information über Algorithmen zu geben und beim Testen und Inspizieren zu kooperieren, Risikobewertungen für künftige Veränderungen und Bewertungen für bestehende Algorithmen durchzuführen und zu veröffentlichen. Firmen könnten auch angewiesen werden, bestimmte Veränderungen von wichtigen Algorithmen vorzunehmen. Das wäre auch für Deutschland wichtiger als ein Netzwerkdurchsetzungsgesetz für Hasskriminalität und andere strafbare Inhalte.

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