Selenskij will angeblich mit Moskau über einen Neutralitätsstatus verhandeln

Auch Wohngebäude wie hier in Kiew werden bombardiert.

Die Frage ist, ob Putin überhaupt mit Selenskij verhandeln will und nicht erst mit einer neuen Regierung nach Abschluss des Krieges.

Noch immer ist nicht klar, wo die russische Invasion militärisch enden soll und was Wladimir Putin damit langfristig erreichen will. Aber die ukrainische Regierung scheint unter dem Druck der übermächtigen Gewalt nun bereit zu sein, doch mit Russland über einen neutralen Status zu verhandeln und die Aufgabe des Strebens nach einer Nato-Mitgliedschaft zu verhandeln. Bedingung seien aber Sicherheitsgarantien, die nun gerade Russland eigentlich nicht verwehren dürfte, dass diese ja geltend gemacht hat und mit dem Angriff durchsetzen will.

Ob Putin allerdings noch verhandlungsbereit ist und nicht die Ukraine zerschlagen will, muss man noch absehen. Im Augenblick werden militärische Erfolge verbreitet, die darauf hindeuten, dass die Demilitarisierung, die Putin als ein Ziel der Intervention angekündigt hat, Schritt für Schritt realisiert wird. Im Augenblick finden heftige Kämpfe um Kiew statt, das offenbar doch eingenommen werden soll, obgleich die russische Militärführung versprach, dass der Krieg nicht in die Städte getragen werden soll.

Gesprächsangeboten mit dem ukrainischen Präsident ist Putin zuletzt aus dem Weg gegangen. Gestern rief der französische Präsident Macron, der den Dialog offenbar offen halten will und dafür Kritik aus dem Westen riskiert, noch einmal bei Putin an, angeblich auf Bitten Selenskijs. Dabei scheint aber nichts herausgekommen zu sein, liest man die kurze Wiedergabe auf der Kreml-Webseite.

Michail Podolyak, Berater des Leiters des Büros des Präsidenten der Ukraine, erklärte heute, das Ziel der russischen Spezialoperation sei klar: „Das einzige Ziel ist der Einmarsch in Kiew und die Vernichtung der Führung der Ukraine, Wolodymyr Selenskij persönlich. Selenskij bleibt in Kiew, er muss zeigen, was Resilienz des ukrainischen Volkes meint.“ Selenskij sei Ziel Nummer 1, seine Familie Ziel Nr. 2.

Wie der russische Sender RBC mitteilt, hat Podolyak angeblich in einer Erklärung mitgeteilt, dass die Ukraine trotz der groß angelegten Invasion nun zu Verhandlungen über einen neutralen Status bereit sei, obgleich Kiew die diplomatischen Beziehungen zu Russland abgebrochen hat: „Dieser Krieg muss beendet werden.“ Das geht mit Kritik und Enttäuschung über europäische Länder einher, die „nicht mit uns kämpfen und die Ukraine in der Nato sehen“ wollen. Das bedeute, dass sie Angst haben. Die Ukraine habe hingegen keine Angst, auch keine Angst, mit Russland über einen neutralen Status und über Garantien zu sprechen: „Die Frage ist nur, wer als Bürge die Sicherheit der Ukraine und die Umsetzung der Vereinbarungen gewährleisten kann.“

Aleksey Arestovich, Berater des Leiters des Büros des Präsidenten der Ukraine, widersprach, das sei eine Fälschung russischer Medien, aber ließ das Angebot dann doch irgendwie bestehen: „Podolyak sagte bei der Besprechung, dass die Ukraine immer noch bereit ist, die Situation friedlich zu lösen und alle Fragen zu erörtern, insbesondere den neutralen Status, der die Russische Föderation so sehr beunruhigt. Wenn sie Verhandlungen wollen, dann sind wir bereit zu reden.“ Er besteht jedoch darauf: „Wir haben ihnen kein Angebot geschickt. Wir haben nur laut gesagt und die Frage beantwortet, ob wir zu Verhandlungen bereit sind.“

Von 1990 bis 2014 war die Ukraine neutral. Gerade haben Schweden und Finnland bekräftigt, dass sie in nächster Zeit nicht in die Nato eintreten wollen. Die Ukraine könnte als neutraler Staat als Brücke zwischen der Nato und Russland fungieren und dabei durchaus wirtschaftlich profitieren. Das Beharren der ukrainischen Führung auf die Nato-Mitgliedschaft, die die USA und die Nato zwar nicht schnell gewähren, aber als Option unbedingt offen halten und darüber auch gar nicht sprechen wollten, hat vermutlich neben der Weigerung,m das Minsker Abkommen umzusetzen, entscheidend zu dem lange vorbereiten russischen Angriff geführt. Moskau hatte schon klar gemacht, dass man nicht ewig warten wollte, bis oder ob die USA und die Nato sich auf Gespräche über die Kernpunkte der vorgebrachten russischen Sicherheitsinteressen einlassen würden.

Denkbar wäre jetzt schon, dass Selenskij angesichts des Kriegs auf eine „Finnlandisierung“ setzt, um so weiteres Blutvergießen und die Zerstörung der Infrastruktur sowie eine weitere Teilung des Landes zu verhindern. Man darf annehmen, dass Moskau, das die Sanktionen nicht mehr abwenden kann und will, erst einmal versuchen wird, die militärische Kontrolle über das Land zu etablieren und dann mit Kiew aus der Position des Siegers verhandelt. Es könnte allerdings auch sein, dass Selenskij, sollte er wirklich über die Neutralität verhandeln wollen, damit zu lange gewartet hat. Putin könnte dies gar nicht mit ihm verhandeln wollen, sondern anstreben, nach dem Sturz der existierenden Regierung mit einer Moskau genehmen Marionettenregierung die russischen Interessen durchzusetzen. Allerdings mehren sich auch die Bilder von toten russischen Soldaten und zerstörten Panzern und Fahrzeugen.

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4 Kommentare

  1. Ja, da kann viel spekuliert werden, was Russland will. Ist ja beliebt.
    Putin ist gar nichts aus dem Weg gegangen, es ab einfach nichts zu bereden und Putin musste auch nicht in die Falle gehen, dass er bei der Sache Partei ist.
    Es ist auch wohlfeil zu sagen, der Krieg muss beendet werden, es sind aber nur Worte. Selbst der die sagt verfolgt damit eine Ansicht und nicht die das es dem Volk besser geht. Da hätte nur einmal vor dem Krieg in die unteren Schichten geschaut werden müssen.
    Es ist doch definiert worden, wann der Krieg vorbei ist. Wenn das erreicht ist, dann spätesten ist Schluss. Die Amerikaner könne jedenfalls mal wieder 5 Milliarden bereitstellen.
    Ich denke, dass trotz mangelnder Alternative es eine schwere Entscheidung war einzumarschieren. Da werden die nicht auf halbem Weg stoppen. Auch ist es wichtig, dass es mit der USA verhandelt werden muss.
    Es mag ja gehofft werden, dass die Russen zusammenbrechen, werden sie nicht, aber der Westen, mit seinen ökonomischen Leuchttürmen werden bluten.
    Dan kommt hinzu und es ist bei den Mainstreammedien zu lesen, dass es keine wirklich große Friedensdemonstration gibt.
    Und es jaulen die auf, die in Südamerika System Chance betreiben wollten, weil sie Angst haben, dass Putin es in der Ukraine einfädelt.
    Es ist auch nicht zu vergessen, dass es lange geredet wurde, nicht dabei herausgekommen.
    Ich fand es im Übrigen erstaunlich, dass es ist gestern 40 Tote und 300 Verletzte bei den Ukrainer gegeben hat. Bei dem massiven Beschuss wäre anzunehmen, dass es weit mehr Tote sein müssten. Auch die Propaganda, wenn junge Russen in Deutschland befragt werden und die dann heulend Russland verurteilen. Ja, was sollen die sonst machen, wenn die sagen, das könnten sie verstehen, dann wäre Richter Lynch wieder unterwegs. Siehe Corona.
    Ich denke, wenn die Sanktionen zurückgenommen werden bis zu einem festgelegten Termin und dann verhandelt wird. Was spricht dagegen das die Ukraine Neutral wird, in die Nato kommt sie eh nicht. Auf alle Fälle muss es eine Lösung geben und eine, die alle Interessen berücksichtigt. Da ist Selenskij nicht der zuverlässigste gegenüber.

  2. Aus russischer Sicht begann dieser Krieg mit der Kapitulation des letzten bei halbwegs freien Wahlen gewählten Präsidenten vor der bei diesen Wahlen unterlegenen Opposition und den westlichen Mächten dahinter. Die Massaker von Odessa (2.5.14) und Mariupol (9.5.14) gehören dazu sowie die Belagerung und Einnahme von Städten des Donezker und des Lugansker Gebietes (April bis Juni 2014) sowie die versuchte Einzingelung von Donezk und Lugansk (Aug.-Sept.2014), die für die Ukraine vrlustreichen Kämpfe um Ilowaisk, den Flughafen von Donezk und Debalzewo – dann kurz vor der Einnahme von Mariupol durch die Separatisten kam der Waffenstillstand, dessen Bedingungen aber erst mal durch Verchleppung nicht erfüllt wurden und dann offen abgelehnt wurden. Kiew hatte Zeit gewonnen für die Aufrüstung und noch intensivere Kollaboration mit der NATO. Am 1.1.22 erklärte Präsident Selenski, gewählt mit dem Versprechen von Frieden und Wohlstand, dass der Donbass und die Krim in diesem Jahr zurückerobert würden. Der von der CIA prognostizierte russische Einmarsch fand dann am 16.2. nicht statt, woraufhin am 17. die ukrainische Armee den Beschuss von Donezk und Lugansk dramatisch verstärkte, die politischen Führer der beiden Gebiete dringend um Anerkennung ihrer Volksrepubliken baten und das Parlament, dir Duma, unter maßgeblicher Rolle der KPRF-Abgeordneten, den Präsidenten darum ersuchte. Nachdem das – nach 8 Jahren (OK, bei Texas´Abnabelung von Mexiko dauerte es sogar 9 Jahre) – erfolgt war und diese „LVR und DVR“ die Russsiche Föderation um militärische Beistand baten, war das Minsker Vertragswerk ganz offensichtlich tot. Aber im Koma lag es runde 7 Jahre! Inzwischen hatten NATO- und EU- Mitgliedschaft, Abkehr von der Neutralität usw. in der Nach-Maidan-Ukraine schon Verfassungsrang bekommen! Und der Russenhass und die Banderaverherrlichung quasi Staatsdoktrin! Wer nun schuld ist an diesem Krieg ? Das kann sich jeder selbst beantworten.

  3. „Der von der CIA prognostizierte russische Einmarsch fand dann am 16.2. nicht statt, woraufhin am 17. die ukrainische Armee den Beschuss von Donezk und Lugansk dramatisch verstärkte….“

    Was in diesem Fall passieren würde, hatte Putin schon im letzten Frühjahr angekündigt, als auch so ein Angriff auf die DLNR bevorstand: Es wird das Ende der Staatlichkeit der Ukraine in ihrer jetzigen Form sein.

    Was daran ist nicht verständlich? Kann keiner sagen, er habe es nicht kommen sehen. Man könnte eher meinen, er sei durch den zunehmenden Beschuß des Donbass regelrecht provoziert worden zum Einmarsch.

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