
Es gibt nicht einmal wirkliche Akzente in einzelnen Bereichen, durchgesetzt hat sich der kleinste gemeinsame Nenner, eine Große Koalition wäre nicht viel anders.
Natürlich haben sich alle Beteiligten bei der Vorstellung der Sondierungsergebnisse (PDF) gefreut, auf deren Grundlage nun Koalitionsgespräche stattfinden werden. SPD, Grüne und FDP bezeichnen sich als die „Fortschrittskoalition“. Man will „die Weichen für ein Jahrzehnt der sozialen, ökologischen, wirtschaftlichen, digitalen und gesellschaftlichen Erneuerung stellen“. Nach Christian Lindner hat sich mit den drei Parteien der „Möglichkeitsraum“ Deutschlands erweitert, Annalena Baerbock feiert, dass „die großen Fragen unserer Zeit mutig“ angegangen worden sind. Jedenfalls gibt es viel „Aufbruch“, „Veränderung“, „Fortschritt“ und „umfassende Erneuerung“.
Betont wird die große Einheit, die Innovation durch Unterschiede, die Gleichberechtigung: „Wir sehen keine kleinen und großen Parteien, sondern gleichberechtigte Partner auf Augenhöhe.“ Man darf natürlich nicht erwarten, dass bei den Sondierungen viel Konkretes herausgekommen ist. Es bleibt bei vielen „Wir wollen“ und sehr allgemeinen Positionen mit vielen Buzzwords, die noch wenig verraten. So heißt es etwa: „Es geht darum, das Leben einfacher zu machen.“ Gemeint ist, Bürokratie abbauen und Genehmigungsverfahren beschleunigen. Das ist zwar nicht sonderlich neu, aber bislang nicht umgesetzt worden. Es könnte natürlich auch bedeuten, Umweltschutz, Bürgerbeteiligung und Einspruchsmöglichkeiten zurückzufahren. Es soll alles digitaler und schneller werden. Direkte Demokratie soll nicht wirklich erweitert werden, man will das Parlament stärken und „neue Formen des Bürgerdialogs“ einführen.
Beim Klimaschutz setzt man auf FDP-Kapitalismus: „Neue Geschäftsmodelle und Technologien können klimaneutralen Wohlstand und gute Arbeit schaffen.“ Wehtun soll es niemand. Was die Grünen wollten, Solaranlagen auf alle Dächer von Neubauten, ist schon mal eingeschränkt: „Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden.“ Verkauft wird das als „Konjunkturprogramm für Mittelstand und Handwerk“. Immerhin, es soll bis 2030 aus der Kohle ausgestiegen werden, dafür sollen nicht nur die Erneuerbaren Energien gefördert, sondern auch „moderne Gaskraftwerke“ gebaut werden. Da ist dann doch vielleicht gut, dass es die von den Grünen bekämpfte Pipeline Nordstream 2 gibt? Verbote gibt es auch, allerdings nach EU-Vorgabe sollen ab 2035 keine Spritfresser mehr auf den Markt kommen. Tempolimit aber gibt es im Autoland weiterhin nicht. Sonderlich durchgesetzt haben sich die Grünen hier nicht.
Irgendwie sollen „flexible Arbeitszeitmodelle“ natürlich „gute Arbeit“ gestalten, um ein „kreatives Klima für Innovationen“ zu ermöglichen. Man will auch „Experimentierräume“ durch Arbeitszeitverlängerungen schaffen. Das klingt alles nicht sonderlich arbeitnehmerfreundlich. Erkauft wahrscheinlich mit der geplanten Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro.
SPD-Respekt kommt bei der Rente zur Geltung: Das Mindestrentenniveau soll bei 48 Prozent bleiben, das Renteneintrittsalter soll nicht erhöht werden. Aber die Rentenversicherung soll auch Reserven am Kapitalmarkt anlegen und für die private Altersversorgung soll ein öffentlicher Fonds geschaffen werden. Aber es wird vermieden, jeden Bürger einzahlen zu lassen. Dass grundsätzliche Veränderungen nur verbal gemacht werden, zeigt sich auch daran, dass die Grundsicherung (Hartz IV) zu einem Bürgergeld umgetauft wird, dass man etwas leichter erhalten soll. Und erwartbar war auch gewesen, dass es keine Bürgerversicherung geben wird: „Die gesetzliche und die private Kranken-und Pflegeversicherung bleiben erhalten.“
Hauptidee zur Innovation ist die Förderung von Forschung und vor allem von Start-Ups. Dazu soll der Datenschutz aufgeweicht werden: „Wir streben einen besseren Zugang zu Daten an, insbesondere um StartUps sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen neue innovative Geschäftsmodelle in der Digitalisierung zu ermöglichen.“ Die innovative Vorstellung für bezahlbares Wohnen ist mehr bauen, ansonsten will man sich nur die bestehenden Mieterschutzregelungen anschauen.
Wo tatsächlich in die Zukunft geschaut wird, ist die Anerkennung von Deutschland als Einwanderungsland. Hier soll auch das Staatsangehörigkeitsrecht modernisiert und das Fachkräfteeinwanderungsgesetz verbessert sowie die Integration erleichtert werden. Auch das Familienrecht soll verändert werden. Konservative und Rechte wird die Minderheitenpolitik auf die Palme bringen: „Wir werden in allen Bereichen entschlossen gegen Antisemitismus, Rassismus, Rechtsextremismus, Islamismus, Linksextremismus, Queer-Feindlichkeit und jede andere Form der Menschenfeindlichkeit vorgehen, damit Vielfalt auch in gleicher Sicherheit für jede und jeden möglich ist.“ Die Benachteiligung von Frauen soll auch bekämpft werden. Zudem soll das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt werden. Das sind allerdings alles Bestrebungen, die nichts am kapitalistischen System ändern.
Auch die Schuldenbremse soll bleiben, trotzdem sollen „Zukunftsinvestitionen“ gemacht werden. Aber zur Finanzierung wird es keine Vermögenssteuer und auch keine Steuererhöhungen geben. Dafür aber „Superabschreibungen für Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung“, die aber auch Geld kosten.
Ja, und dann hat Deutschland auch Verantwortung für die Welt. Die „strategische Souveränität Europas“ soll irgendwie erhöht und die EU gestärkt werden. Die Nato ist sakrosankt (ein „unverzichtbarerer Teil unserer Sicherheit“), wozu die Aufrüstung der Bundeswehr gehört, andererseits will man aber auch eine „abrüstungspolitische Offensive“ befördern. Und dann ist man auch der Meinung, die dummen Bürger vor Informationen schützen zu müssen: „Wir befähigen die liberalen Demokratien Europas dazu, Desinformation, Fake-News-Kampagnen, Propaganda sowie Manipulationen aus dem In- und Ausland besser abwehren zu können.“
Die Sondierungsergebnisse entsprechen den Befürchtungen, die man gegenüber einer Ampelkoalition von vorneherein hegen konnte (Bundestagswahl: Deutschland ohne Zukunft). Ein großer Wurf bleibt aus, es gibt keine Zukunftsvision, wenig von einer Fortschrittskoalition. Es sind Kompromisse nach unten, vor allem scheint sich die FDP durchgesetzt zu haben. Man kann sich schon fragen, ob etwa eine weitere Große Koalition ein ganz anderes Programm erstellt hätte. Vor allem scheint die Ampel sich nicht von Jamaika zu unterscheiden. Die Zukunft ist mal wieder verbaut, es wird ein Weiter-so mit kleinen Veränderungen geben. Aber so wollten es ja auch die Wähler.
Zitat:
Es soll alles digitaler und schneller werden. Direkte Demokratie soll nicht wirklich erweitert werden, man will das Parlament stärken und “neue Formen des Bürgerdialogs” einführen.
:Zitat Ende
Meinung:
Das Einzige, was in den letzten 16 Jahren innenpolitisch digital beschleunigt wurde, ist die planmäßige Korruption, organisierter Renten- und Sozialbetrug, Totalüberwachung auf allen Ebenen, Entsorgung jedweden Existenzrechtes, das von AlG2 kapitalerträglich angefressen wurde und mehr oder weniger absehbar auf seine absehbare Vernichtung wartet.
Ehrlich gesagt bin ich nur sehr begrenzt in die Lage, mich in die Gedankengänge der Top-200 Konzernlobbyisten hineinzudenken, die an diesen Drehtürgeschäften beteiligt sind und es ist für Normalsterbliche der eigenen Lebenserwartung auf die Dauer wahrscheinlich eher abträglich, sich mit derart komplexen Zusammenhängen auseinanderzusetzen.
Allen Einflussagenten ist hingegen gemein, dass sie mehr oder weniger von ihrem Engagement profitieren und und Florian macht bisher nicht den Eindruck, als würde er stärker vom Niedergang der Bundesrepublik zu profitieren, als er mit substantieller Basisarbeit ausgleichen kann.
Falls sich jetzt jemand verletzt fühlen sollte – wir werden diesen korrupten Wildwuchs von nun an gemeinsam bekämpfen!