Die neue Variante hat nach Wissenschaftlern ein Genschnipsel eines gewöhnlichen Corona-Erkältungsvirus aufgenommen. Daher könnte es sich schnell verbreiten, aber harmloser sein. Russische Virologen sehen in Omikron den “Anfang vom Ende des Albtraums”.
Der Virologe Wolfgang Preiser, der in Südafrika die neue Variante Omikron entdeckt hatte, sagte der dpa, Omikron sei eigentlich älter als die Sars-CoV-2-Variante Alpha oder die jetzt noch vorherrschende Delta-Variante: “Nach derzeitigem Kenntnisstand hat sich eine frühe Form von Omikron schon vor der Entstehung von Alpha und Delta als eigener Virustyp entwickelt.”
Die Frage sei, warum Omikron (B.1.1.529) so lange verborgen geblieben ist. Möglicherweise fehlten noch Mutationen, um sich verbreiten zu können. Vielleicht, so eine Vermutung, die von Venky Soundararajan und Kollegen in einer Studie plausibel gemacht wird, könnte das Virus genetisches Material vom Spike-Protein (ins214EPE) von anderen gewöhnlichen Erkältungsviren aufgegriffen haben, das sich auch im menschlichen Genom findet, wodurch es leichter das Immunsystem überwinden kann. Es könnte sich also leichter und schneller verbreiten, würde aber vielleicht keine schweren Symptome verursachen. In allen anderen Sars-CoV-2-Varianten wurde ins214EPE nicht gefunden.
In Lungenzellen oder Zellen des Verdauungssystems können sich Sars-CoV-2-Viren gleichzeitig neben anderen Corona-Erkältungsviren halten, was zu viralen Rekombinationen führen kann, bei denen Genmaterial ausgetauscht wird. Eine Gensequenz, die im Erkältungscoronavirus HCoV-229E häufig vorkommt, findet sich etwa auch im HI-Virus, der das menschliche Immunsystem schwächt. Denkbar wäre, da in Südafrika AIDS verbreitet ist, dass hier die Rekombination stattgefunden hat.
Nach der Studie weist Omikron 26 Mutationen im Spike-Protein auf. Daher ist die Frage, wie gut die vorhandenen Impfstoffe greifen und wie gut Genesene geschützt sind. Biontech-Chef Uğur Şahin meinte kürzlich, es sei vermutlich ein neuer Impfstoff notwendig, weil Omikron Geimpfte und Genesene infizieren könnte. Aber das könnte natürlich auch eher eine Geschäftsidee sein.
Wladimir Nikoforow, Chefexperte für Infektionskrankheiten der Russischen Medizinisch-Biologischen Behörde FMBA (nationale Gesundheitsbeörde) und Lehrstuhlinhaber für Infektionskrankheiten an der Pirogov Medical University, ist optimistisch. Die neue Variante sei zwar ansteckender, aber es gebe Hinweise, dass sie zu weniger schweren Symptomen führe, d.h. sie verursache keine schweren Lungenschäden: “Ich denke, dass dies der Beginn des Endes dieses Albtraums sein könnte. Wahrscheinlich, so würde ich gerne denken, ist es das erste Zeichen dafür, dass das Virus begonnen hat, sich zurückzuziehen.” Omikron könnte einleiten, dass Sars-CoV-2 zu einem gewöhnlichen und harmlosen Erkältungsvirus wird.
Derselben Meinung oder Hoffnung ist der Virologe Anatoly Altshtein vom Gamaleya Center. Das Virus verbreite sich nach WHO-Angaben rasant weltweit, aber man müsse die Entwicklung erst einmal abwarten. Die Delta-Variante sei erstmals im November 2020 aufgetreten und hatte sich im Mai bis Juli weltweit verbreitet, es hat also 6 Monate gedauert. Es könnte sein, dass sich Omikron schneller verbreite, es gebe aber Hinweise, dass die Erkrankung weniger schwer ist. Bislang habe es noch keinen Todesfall gegeben, aber die alten Menschen seien noch nicht erreicht worden. Wenn Covid-19 die Mortalität einer Grippewelle erreiche, könne vom Ende der Pandemie gesprochen werden.
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