Muscadet Sèvre et Maine

Der Wiederaufstieg eines längst verloren gegebenen Weinbaugebiets.

Während in Insider-Kreisen das Weinbaugebiet rund um die französische Stadt Nantes längst als neuer Hotspot für aufregende Terroirweine gefeiert wird, kämpfen Muscadet-Weine in der Wahrnehmung einer breiteren Öffentlichkeit noch immer gegen ihr Billig-Image.

Die interessantesten Weine des Gebietes sind unschlagbare Preis-Leistungs-Knüller. Wer bereit ist, zwischen 10 und 15 Euro zu investieren, bekommt sensationelle Erlebnisse ins Glas. Das könnte sich bald ändern, denn die aufregenden Qualitäten werden nicht lange im Verborgenen bleiben.

Noch ist die Gegend jedoch ein Eldorado für alle, die abseits eingetretener Pfade nach authentischen, ursprungstypischen Weinen Ausschau halten. Nie war es spannender und lohnenswerter, das Pays Nantais zu erkunden, dieses einzige bretonische Weinbaugebiet, dort gelegen, wo die Loire sich anschickt, das französische Festland zu verlassen und in den Atlantik zu tauchen.

Muscadet ist der Name des Weins, nicht der eines Orts oder einer Rebsorte. Bereitet wird er aus der Varietät Melone de Bourgogne, einer nahen Verwandten des Chardonnay. Rund 70 Prozent der Muscadet-Anbaufläche befindet sich in der Appellation Muscadet-Sèvre-et-Maine auf Gneis- und Granitböden. Die interessantesten Weine kommen aus insgesamt zehn Crus Communaux des Muscadet. Jede Gemeinde bringt – abhängig von den jeweiligen Böden, Lagen und mikroklimatischen Rahmen-bedingungen – Weine mit einer eigenen Stilistik, einer eigenen Persönlichkeit hervor.

Die führende Weinbaustadt in der Region ist Vallet. Sie gilt als „Hauptstadt des Muscadet“ und Quelle der kraftvollsten, ausdrucksstärksten Weine des Gebiets. Vallet befindet sich im Landesinneren und genießt ein Mikroklima, das zu einem sehr regelmäßigen – wenn auch späten – Wachstumszyklus führt. Die Rebanlagen stehen auf flachen bis mäßig tiefen Böden aus Sand und sandigem Lehm. Der Unterboden besteht hauptsächlich aus metamorphem Gestein, Granit und Glimmerschiefer.

In Vallet ist auch die Domaine Luneau-Papin zu Hause, deren Wein L d’Or ich mir heute eingeschenkt habe. Die gegenwärtig von Pierre-Marie und seiner Frau Marie geführte Domaine gehört zu den großen Erneuerern und Qualitätspionieren im Nantais und reüssiert Jahr für Jahr mit einem extrem spannenden Portfolio. Die beiden haben das große Potential der Rebsorte Melon de Bourgogne als Terroir-Übersetzer erkannt – immer vorausgesetzt die Anlagen sind gesund und vital, die Pflegemaßnahmen fürsorglich und die Erträge niedrig. Damit es Boden und Reben maximal gut geht, haben sich Pierre-Marie und Marie vor ein paar Jahren für den biodynamischen Anbau entschieden.

Wer ihre Weine aus den vergangenen Jahrgängen im Glas hat, dürfte leicht nachvollziehen, wie textur- und strukturstark Melon de Bourgogne sein kann, wie gut die Rebsorte reift und welche Fülle an Ausdrucksmöglichkeiten sie besitzt.

Im Glas habe ich den L d’Or des Jahrgangs 2018. Die von Hand gelesenen Trauben wurden spontan mit natürlichen Hefen vergoren. Der fertige durfte anschließend mehrere Monate auf der Hefe reifen, bevor er dann im April 2019 in die Flasche geschickt wurde.

Mir präsentiert er sich heute in einem wunderbar zarten Aromakleid mit Noten, die an Mirabellen, Honigmelone und reife Birnen erinnern, gepaart mit etwas Steinobst und Orangen. Auf einer Ebene darunter liegen kargere Noten, dezente Anklänge an grasig-kräutrige Elemente und Kieselsteine.

Der Gaumenauftritt changiert zwischen reifer Fruchtigkeit und lebendig frischer Mineralität. Dazwischen verbirgt sich jede Menge Tiefe und cremige Geschmeidigkeit. Ein super animierender und im wahrsten Sinne des Wortes leckerer Wein.

Wein:
Muscadet Sèvre-Et-Maine L d’Or 2018, Domaine Luneau-Papin (Loire/Frankreich)

 


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