Die CO2-Emissionen des Militärs werden, wenn überhaupt, weit untertrieben. Nicht einberechnet werden etwa Kriege und die Folgen sowie die Rüstungsindustrie. Abrüstung und Friedenspolitik müssen zum Thema der Klimapolitik werden.
Es ist schon erstaunlich, dass beim Thema Klimaschutz und bei Klimagipfeln sorgsam vermieden wird, über die Rolle des Militärs und die Erreichung der Klimaneutralität der Streitkräfte zu sprechen. Das fiel auch im Sondierungspapier der Ampelkoalitionäre auf, unter denen ja auch die Grünen sind. Streitkräfte mit ihrer hochgerüsteten Technik verbrauchen für Produktion und Betrieb nicht nur Unmengen an Energie, vor allem fossile Brennstoffe, aber auch Strom, und müssen sich diese sichern. Bei Übungen und Einsätzen vervielfacht sich der Energieverbrauch und werden durch abgefeuerte Munition, Raketen, Explosionen und Brände etc. neben Giften für die Umwelt auch Unmengen an Emissionen in die Atmosphäre freigesetzt.
In aller Regel werden, wenn überhaupt, wie von der Bundeswehr die bei Gebäuden und Mobilität anfallenden Emissionen ausgewiesen, nicht aber diejenigen, die bei Truppenverlegungen ins Ausland, bei Einsätzen auch durch Abfeuern von Waffen und vor allem auch bei der Herstellung von Schiffen, Fahr- und Flugzeugen und anderem Material sowie Waffensystemen und deren Verschrottung/Zerstörung entstehen. Es müsste also auch die Rüstungsindustrie einbezogen werden. Ein Tornado verbraucht für eine Stunde Flug Flugstunde durchschnittlich 4000 kg Kerosin und stößt dabei etwa 13.000 Tonnen CO2 aus, ein Kampfpanzer Leopard II verbraucht auf 100 km etwa 530 Liter Diesel. Das Verteidigungsministerium gab 2019 an, dass die Bundeswehr 2018 1,7 Millionen CO2-Emissionen verursacht habe, 0,2 Prozent der deutschen Gesamtemissionen. Aber das ist eben Greenwashing, weil nur Gebäude-Infrastruktur und Mobilität, aber eben nicht Auslandeinsätze und Produktion.
Nach einer Studie ist das Pentagon weltweit der größte Konsument von Öl. Zwischen 2001 und 2017 soll das US-Militär 1,2 Milliarden Tonnen CO2 emittiert haben, davon 400 Millionen Tonnen, die direkt mit Kriegseinsätzen verbunden waren. 2017 sollen es 59 Millionen Tonnen CO2-Emissionen gewesen sein: “Im Jahr 2017 waren die gesamten Treibhausgasemissionen des Pentagon (Anlagen und Betrieb) größer als die Treibhausgasemissionen ganzer Industrieländer wie Schweden, Dänemark und Portugal und auch größer als die gesamten CO2-Emissionen der US-Eisen- und Stahlproduktion.” In Wirklichkeit, wenn man alles einbezieht, wären die Emissionen sehr viel höher anzusetzen. Weltweit könnte der Militärsektor, wie manche schätzen, 5 Prozent der gesamten Emissionen verursachen, bei größeren Kriegen entsprechend mehr.
Britische Wissenschaftler, die von einem militärischen Umwelt-Exzeptionalismus sprechen und die Website Militaryemissions.org betreiben, gehen davon aus, dass auch dann, wenn Streitkräfte über ihre CO2-Emissionen berichten, zu niedrige Werte angegeben und zahlreiche Tricks zum Verstecken angewendet werden. Die globalen Militärausgaben sind 2020 auf eine Rekordhöhe von 2 Billionen US-Dollar angestiegen. 2019 wurden von den global größten Rüstungsunternehmen alleine Waffenverkäufe in Höhe von 361 Milliarden US-Dollar getätigt. Was das für das Klima bedeutet, soll nicht interessieren.
Sie verweisen darauf, dass die Emissionen von globalen Lieferketten, wie sie das US-Militär mit den vielen Stützpunkten auf der ganzen Welt betreibt, über fünfmal höher sein können, als die operativen Betriebsemissionen einer Organisation selbst: “Untersuchungen des britischen und des EU-Militärs zeigen, dass der Großteil der Emissionen auf die Beschaffung von militärischem Gerät und andere Lieferketten entfällt.” Und dann kommen eben noch die Emissionen von Kriegseinsätzen und militärischen Interventionen mitsamt der Zerstörung von Infrastruktur, Landschaft, Wäldern und Wiederaufbau dazu. Krieg sei halt ein “dreckiges Geschäft”. Konflikte ändern auch die CO2-Emissionen der Bevölkerung. Sie beeinflussen auch Entwicklungen nach Beendigung des Konflikts, beispielsweise ist in Gebieten mit Tropenwald die Entwaldung im Zusammenhang mit dem Übergang zum Frieden die Norm: “Im Jahr 2020 war die Entwaldung in einer Auswahl von aktiven und Post-Konflikt-Ländern für den Ausstoß von 1,1 MtCO2e verantwortlich – fast das Vierfache der Gesamtemissionen des Vereinigten Königreichs im Jahr 2020.”
Nun könnte man fordern, dass die Streitkräfte auf der Welt eben auch klimaneutral werden und Kriege grün ausgefochten werden sollen. Ein klimaneutraler Krieg ist natürlich absurd, auch wenn Flugzeuge und Panzer nicht mehr mit fossilen Brennstoffen angetrieben werden sollten. Wie sollte die Zerstörung durch Munition grün werden können? Werden Stellungen, Fahrzeuge, Gebäude etc. bombardiert, würden selbst dann, wenn biologisch abbaubare Munition verwendet wird und keine Brände ausbrechen, Emissionen frei, zuletzt einfach durch Wiederaufbau. Destruktion ist hochenergetisch.
Abrüstung und friedliche Konfliktlösung wären jedenfalls ein wesentlicher Beitrag zum Klima- und Umweltschutz. Daran könnte man auch messen, wie ernst Staaten Klimaschutz und das Leben von künftigen Generationen nehmen. Aber da ist wohl nichts zu erwarten – auch nicht in Deutschland, wenn es etwas mit der Ampel-Regierung werden sollte, die schon am ideologischen Tempolimit scheiterte, obwohl das global die Norm ist. Der Militär- oder Rüstungs-Exzeptionalismus ist ein Tabu.
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Florian Rötzer hat einen schier unerträglichen Widerspruch am Wickel: All die klimabewegten Gutmenschen sorgen sich um das Leben zukünftiger Generationen, aber dem Leben der aktuellen Generation schenken sie scheinbar nur sehr selektiv Beachtung. Vom Krieg betroffene Menschen bekommen allenfalls Aufmerksamkeit oder sogar Mitgefühl, wenn sie als Geflüchtete in den Medien auftauchen. Die Toten der gegenwärtigen Kriege, die Hungernden, die Verstümmelten, die durch Vergiftung ihrer Umwelt mit Uranmunition mit schweren Behinderungen geborenen Menschen, und deren Angehörige, all die durch das unvorstellbare Leid und die Ungerechtigkeit und die Zerstörung ihrer Heimat und Kulturgüter traumatisierten Menschen, – sollte uns das nicht viel eher betroffen machen und auf die Straße treiben? Die sich vor einigen Jahren formierende Friedensbewegung wurde als “rechts” ausgegrenzt, warum? Weil sie die Friedensforderung mit einer Kritik an der Federal Reserve Bank in Verbindung gebracht hat. Dies sei antisemitisch, so der Vorwurf vieler Linker. Anstatt die Bewegung einfach abzuwürgen, hätte man auch eine Debatte führen könne. Kapital, Banken und Krieg, wie hängt das zusammen? Wer verdient auch hier zu Lande an den mörderischen Materialschlachten?
Muss man tatsächlich erst vorrechnen, dass das Töten durch Kriege auch noch Unmengen an CO2 produziert? Eine ernsthafte und ernstzunehmende Klimabewegung müsste zu aller erst eine Friedens- und Abrüstungsbewegung sein!
Ihr Whataboutism kann nicht überzeugen. Ist lediglich ein Versuch Klimaschutz zu tabuisieren, denn dieser ist hier das Thema. Nichts weiter als das typische Geschwurbel aus den Reihen der Fraktion der Ewiggestrigen. (Jetzt mit 20% mehr Opferrolle!)