Michael Hartmann: „Die Situation der Armen kann nur durch Umverteilung verbessert werden“

Bild: Itrytohelp32/CC BY-SA-4.0

Die soziale Frage vor der Wahl:  Reichtumsforscher Prof. Michael Hartmann im Interview über Klassismus, die SPD, Linkspartei, Identitätspolitik, die Ungerechtigkeit des Erbens und das unermessliche Leid der Armut.

„Armut gehört zwingend zum Kapitalismus“, konstatiert im krass&konkret-Interview realpessimistisch einer der renommiertesten deutschen Soziologen, Professor Dr. Michael Hartmann. Er ist Reichtums- und Armutsforscher und bekennender Sozialist, obgleich er selber aus einer eher wohlhabenden Familie stammt. Hartmann, der auch regelmäßig in den TV-Politiktalks als Experte zu Gast ist und dem die Fachzeitschrift „Soziologische Revue“ einmal „soziologische Aufklärung im besten Sinne“ attestierte, ist im wissenschaftlichen Beirat von Attac. Seine Forschungsschwerpunkte an der TU Darmstadt waren unter anderem Management- und Organisationssoziologie, Elitenforschung und nationale Wirtschaftskulturen. Er veröffentlicht Gastbeiträge unter anderem in der taz, der Zeit und im ARD-Deutschlandfunk. Zu seinen Büchern gehören unter anderem „Die Abgehobenen“ und „Der Mythos von den Leistungseliten“.

 

„Die Hartz IV-Erhöhung um nur 3 Euro ist zynisch“

Das Kabinett beschloss gerade eine Hartz IV-Erhöhung um 3 Euro. Das könnte auf viele Betroffene sehr zynisch wirken … Was sagen Sie dazu?

Michael Hartmann: Das wirkt nicht nur, das ist zynisch, weil es de facto eine Kürzung bedeutet. Bei einer Inflationsrate von aktuell fast vier Prozent und vermutlich zwei bis drei Prozent in den nächsten Jahren ist eine nominale Anhebung um nicht einmal ein Prozent ein Hohn. Sie wird zu einer weiteren Verfestigung der Armut führen. Schon in den letzten drei Jahrzehnten hat sich der Anteil derjenigen, die binnen eines Jahrzehnts der Armut entfliehen konnten, halbiert. Schafften bis in die 1990er Jahre hinein noch 60 Prozent der Armen den Aufstieg, wenn auch zumeist nicht weiter als bis in die untere Mittelschicht, so gelingt das seit Mitte der Nullerjahre nur noch 30 Prozent. Die Armut verfestigt sich und die Distanz zum Rest der Bevölkerung wächst. Das sieht man auch bei der Entwicklung der Armutsquote und der verfügbaren Einkommen, d.h. vereinfacht der Nettoeinkommen.

Die Armutsquote ist seit 1999 kontinuierlich von gut zehn auf inzwischen knapp 16 Prozent gestiegen. Die Nettoeinkommen sind seither real im Schnitt zwar um ungefähr zehn Prozent gewachsen. Beim oberen Zehntel der Bevölkerung betrug der Zuwachs allerdings fast 25 Prozent. Beim unteren Zehntel gibt es dagegen ein Minus von acht Prozent. Die Kluft ist also um ein Drittel größer geworden. In der Tendenz trifft diese Aussage auch auf größere Bevölkerungsteile zu. So hat das untere Viertel insgesamt verloren, wenn auch nur leicht, das obere Viertel hat dagegen um nahezu 15 Prozent zugelegt.

Ist das schon die ganze Wahrheit?

Michael Hartmann: Nein. In Wirklichkeit sieht es noch düsterer aus. Die Nettoeinkommen bilden die Realität nämlich nur unvollkommen ab. Weder eine Erhöhung der Lebenshaltungskosten oder der Verbrauchssteuern noch eine Verteuerung der Mieten ändern etwas an der statistischen Einkommensverteilung, weil sie erst bei der Ausgabe des Einkommens wirksam werden. Sie treffen die unterschiedlichen Bevölkerungsteile aber sehr ungleich.

Nach einer aktuellen Studie lag die Inflationsrate für das untere Zehntel der Bevölkerung zwischen 2001 und 2015 um 4,5 Prozentpunkte höher als für das obere. Das sind pro Jahr 0,3 Prozentpunkte. Hier machen sich vor allem die überproportionalen Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Mieten bemerkbar. So ist der Anteil der Wohnkosten am Einkommen für das untere Fünftel zwischen 1993 und 2013 drastisch von 27 auf 39 Prozent gestiegen, während er für das obere Fünftel im gleichen Zeitraum von 16 auf 14 Prozent gesunken ist. Durch die niedrigen Immobilienkredite und die rasant in die Höhe geschossenen Mieten – in Berlin eine Verdoppelung in den letzten zehn Jahren – dürfte diese Entwicklung noch beschleunigt weiter gegangen sein. Inzwischen bleibt in den Großstädten gut jedem achten Mieter nach der Mietzahlung weniger als das offizielle Existenzminimum.

„Die Armen fallen bei den Wahlen hinten runter“

Und wie ist es bei den Vermögen? Die Ungleichheit dort gilt ja als noch größer.

Michael Hartmann: Bei den Vermögen sieht es in der Tat noch weit schlimmer aus. Für die untere Hälfte der Bevölkerung hat sich da in den letzten vierzig Jahren überhaupt nichts geändert. Sie verfügen (inflationsbereinigt) heute genauso wie schon Ende der 1970er Jahre im Durchschnitt über ein Vermögen von gerade einmal 20.000 €. Das dürfte vor allem das eigene Auto sein. Das untere Fünftel hat sogar mehr Schulden als Vermögen. Die oberen zehn Prozent dagegen haben ihr Vermögen von durchschnittlich 700.000 auf 1,4 Millionen € steigern können und das oberste Prozent sogar von 4,1 auf 11,1 Millionen. Auf dieses Prozent entfällt ein Drittel des Gesamtvermögens.

Die Corona-Pandemie hat sich dieses krasse Missverhältnis noch einmal verschärft. Das zeigt nicht nur der jährlich veröffentlichte „World Wealth Report“ der Unternehmensberatung Cap Gemini. Ihm zufolge hat sich die Zahl der Dollarmillionäre hierzulande  trotz Corona im letzten Jahr um weitere 70.000 auf insgesamt 1,535 Millionen erhöht. Ganz oben sieht es sogar noch viel krasser aus, wie die Forbes-Liste der Milliardäre belegt. Die zehn reichsten Deutschen besaßen vor der Pandemie Mitte 2019 ein Vermögen von gut 150 Milliarden €. Heute sind es fast 210 Milliarden €, eine Steigerung um 40 Prozent binnen zweier Jahre. Diese zehn Personen verfügen damit über mehr Vermögen als die gesamte untere Hälfte der Bevölkerung.

Das ist eigentlich ein Skandal, aber öffentliche Empörung bleibt aus? Warum?

Michael Hartmann: Warum das so ist, da kann ich auch nur Vermutungen anstellen. Ich glaube, dass die meisten das Problem einfach verdrängen. Da ihre Einkommenssituation, wenn auch in sehr unterschiedlichem Maße, in den letzten zehn Jahren besser geworden ist, hoffen sie, dass alles in etwa so bleibt. Man erkennt zwar an, dass die Verteilung von Einkommen und Vermögen immer ungleicher wird – in fast jeder Umfrage landet dieses Problem auf Platz eins –, man glaubt aber nicht mehr daran, das wirklich verändern zu können, oder ist insgeheim sogar froh, zu den Gewinnern zu zählen. Durch die gewachsenen Einkommensunterschiede und die daraus resultierende Entmischung der Wohnquartiere hat man im Alltag mit den Armen zudem immer weniger zu tun.

All das erklärt meines Erachtens auch die überraschende Popularität von Olaf Scholz. Er wird von vielen als der eigentliche Erbe von Angela Merkel wahrgenommen und sie hoffen, dass er am ehesten ein „Weiter so“ garantieren kann. Die Angst, dass die massiv gestiegenen Inflationsraten erstmals seit längerem wieder zu Reallohnverlusten führen werden, ist verbreitet und auch berechtigt. Die Jahre der Reallohnsteigerungen für den Durchschnittsverdiener, wie es sie nach dem Ende der Finanzkrise gegeben hat, sind vorbei. Das ahnen viele, wollen es aber lieber nicht so genau wissen und hoffen, dass es vielleicht doch anders kommt.

Macht die Politik denn Wahlgeschenke immer nur für die Bürger, die eh schon etwas haben? Sind die anderen schon längst abgeschrieben?

Michael Hartmann: Die Wahlstrategen der Parteien sehen sehr genau, dass die Wahlbeteiligung umso niedriger liegt, je ärmer die Menschen sind. Bei der letzten Bundestagswahl betrug die Differenz zwischen den armen Wahlbezirken und den wohlhabenden bis zu knapp 100 Prozent. In Köln beispielsweise wählten im Villenviertel „Am Hahnwald“ wie gewohnt 88,5 Prozent, im durch RTL bundesweit bekannt gewordenen sozialen Brennpunktviertel Chorweiler dagegen nur 45,8 Prozent. Im Hochhauskomplex Kölnberg waren es sogar nur ca. 25 Prozent. Da liegt es für die Parteien nahe, den Schwerpunkt der Wahlaktivitäten dort zu setzen, wo man mit eher hohen Wahlbeteiligungen rechnen kann. Die Armen fallen dann weitgehend hinten runter.

„Die Klasse sollte wieder ein Thema werden“

Warum sollten ärmere Menschen denn überhaupt noch zur Wahl gehen? Eigentlich gibt es keinerlei Grund dafür, auch in allen großen TV-Debatten kam das Thema Armut nicht einmal vor.

Michael Hartmann: Es ist verständlich, dass die ärmeren Menschen aus Frustration und Resignation immer seltener wählen gehen, weil sie sich davon nichts mehr versprechen. Ich erinnere mich noch gut an die Aussagen von Jugendlichen aus einem Hochhausblock in Mainz, mit denen ich lange Jahre Fußball gespielt habe. Sie charakterisierten ihr Verhältnis zu Politikern kurz und knapp so: „Die interessieren sich sowieso nicht für uns. Warum sollten wir uns dann für die interessieren.“ Es ist nichtsdestotrotz falsch, weil sie sich damit einer der wenigen, zugegebenermaßen nicht überwältigend wirksamen Möglichkeiten berauben, überhaupt Einfluss zu nehmen.

Und was ist mit der Linkspartei los? Deren Hauptthemen sind Rassismus und Sexismus, aber nicht mehr Klassismus …

Michael Hartmann: Die Entwicklung der Linkspartei erinnert mich in einigen Punkten stark an das, was in der SPD in den 1970ern passiert ist. Damals strömten zahlreiche, von der 68er Bewegung politisierte Menschen während des Studiums oder danach in die Partei. Sie veränderten sowohl den Diskussionsstil als auch die Themenschwerpunkte. Alles wurde in der Sprache und bei den Themen immer stärker akademisch geprägt. Das schreckte die traditionellen Sozialdemokraten aus den Gewerkschaften mehr und mehr ab, so dass viele dann zuhause blieben.

Etwas Ähnliches beobachte ich derzeit bei der Linkspartei. Ihre Basis wird jünger, was eindeutig positiv ist, sie wird zugleich aber auch immer akademischer, mit den gleichen Folgen wie damals. Bei der Sprache wird sehr auf politische Korrektheit geachtet, was für Menschen vor allem aus der unteren Hälfte der Bevölkerung oft schon allein sprachlich ein großes Hindernis darstellt, und bei den Themen geraten diejenigen immer stärker in den Hintergrund, die für diese Menschen vorrangig sind.

Im baden-württembergischen Landtagswahlkampf hingen z.B. hier in meinem Wohnort Plakate der Linkspartei mit dem Slogan „Für die Frauen“ oder „Jeder Tag ist Frauentag“. Das hätte auch fast jede andere Partei, von den Grünen bis zur FDP, plakatieren können, so inhaltsleer war es. Jetzt im Bundestagswahlkampf ist das zwar besser geworden, aber die veränderte Mitgliederstruktur macht sich dennoch durchweg bemerkbar. Dazu kommt dann noch die Konzentration der hauptamtlichen Funktionäre in Berlin mit seinem in puncto Sprach- und Identitätspolitik ganz besonders empfindlichen akademischen Milieu.

Ob der Wechsel von Rassismus und Sexismus zu Klassismus allerdings die richtige Antwort darauf ist, da habe ich meine Zweifel. Zwar ist es wichtig, dass jetzt endlich auch die Klasse wieder zu einem zentralen Thema wird, aber alle drei, auch der Klassismus, weisen in der Form, in der sie aktuell diskutiert werden, denselben Mangel auf. Sie thematisieren die Diskriminierung nach Geschlecht, Rasse oder Klasse in erster Linie auf der individuellen Ebene als Hindernisse für den beruflichen Aufstieg. Die Problemschilderungen sind zwar zutreffend, sie verfehlen aber in der Regel den Kern des Problems.

Es müsste weniger um die Anerkennung derjenigen, die in Armut aufgewachsen sind, und die damit verbundenen habituellen Probleme gehen, sondern vielmehr in erster Linie um eine materielle Verbesserung der Lage. Die Forderungen nach Quoten für die betroffenen Bevölkerungsteile sind zwar nicht falsch – ich verlange das in Interviews oder Vorträgen auch oft –, sie verändern die Situation der großen Mehrheit der Betroffenen aber nicht wirklich.

Es ist zwar richtig, mehr Arbeiterkindern oder Migranten oder Frauen den Zugang zu höheren Positionen beispielsweise in den Medien zu ermöglichen, für die lesbische Kassiererin beim Netto, den schwarzen Wachmann auf Flughafen oder den Langzeitarbeitslosen ist das aber erst einmal völlig nebensächlich. Sie benötigen eine grundlegende Verbesserung ihrer Einkommens-, Arbeits- und Wohnsituation, was letztlich nur durch eine Umverteilung von oben nach unten erreicht werden kann.

Es muss daher weniger um Probleme des individuellen Aufstiegs gehen als um Veränderungen auf der kollektiven Ebene. Wenn heute von Anhängern der Identitätslogik Kritikern entgegen gehalten wird, auch die klassische Arbeiterklasse habe eine solche Identität geboten, so wird der entscheidende Unterschied übersehen. Die Identität der Arbeiterklasse, so wie sie die alte Sozialdemokratie entwickelt und geprägt hat, war immer eine kollektive und sie beinhaltete die Forderung nach gleichberechtigter kollektiver Teilhabe an gesellschaftlichem Reichtum und politischer Macht.

„Die Wohnsituation wird auch als Erwachsener vom Glück der „richtigen“ Geburt bestimmt“

Leben wir denn eigentlich wirklich in einer Leistungsgesellschaft, nicht vielmehr in einer Herkunftsgesellschaft? Hat nicht derjenige, der die falschen Eltern hat, schon von Geburt an verloren? Oder wie es Naomi Watts als Betroffene in David Cronenbergs faszinierend realistischem Mafia- und Geheimdienst-Thriller „Eastern Promises“ über die russische Gemeinde in London so richtig beschreibt: „Da, wo ich herkomme, ist  man so arm, dort ist man schon begraben, wenn man nur geboren wird.“

Michael Hartmann: Der Zufall der Geburt in eine bestimmte Familie spielt für den Rest des Lebens tatsächlich eine entscheidende Rolle. Er legt den späteren Lebensweg zwar nicht im Detail fest und lässt sozialen Auf- oder Abstieg auch immer mal wieder zu. Er bestimmt aber den Rahmen, innerhalb dessen sich die meisten in ihrem weiteren Leben dann bewegen. Die Geburt in eine arme Familie hinein macht es sehr viel wahrscheinlicher, dass man selbst später auch arm ist, als die Geburt in eine durchschnittliche Familie oder gar in eine wohlhabende. Umgekehrt gilt das noch stärker. Wer in eine reiche Familie hinein geboren wird, der bleibt in den meisten Fällen sein Leben lang auch reich oder zumindest wohlhabend.

Sind nicht Erbschaften das Grundübel? Hajo Schumacher kritisiert, dass „viele mit dem goldenen Löffel in allen Körperöffnungen geboren werden“ …

Michael Hartmann: Die Erbschaften sorgen in erster Linie dafür, dass reich Geborene auch reich bleiben. Von den 100 reichsten Deutschen haben fast vier Fünftel schon zwei- bis dreistellige Millionenvermögen oder gar Milliardenvermögen geerbt, die sie dann in der Regel weiter vermehrt haben. In abgeschwächter Form gilt das auch für die anderen Kinder der oberen zehn Prozent. Von den 300 bis 400 Milliarden €, die jedes Jahr vererbt werden, erhalten sie den Löwenanteil. Ein Drittel des gesamten Erbvolumens entfällt, so eine aktuelle Studie, allein auf die oberen zwei Prozent der Bevölkerung. Der Nachwuchs des oberen Zehntels erbt zumeist so viel Vermögen, dass er berufliche Risiken eher eingehen und Rückschläge besser wegstecken kann. Das verschafft ihm Vorteile in der beruflichen Konkurrenz, aber nicht nur dort.

In den Ballungsgebieten sieht es inzwischen so aus, dass der Kauf eines Eigenheims oft nur noch mit erheblicher finanzieller Unterstützung seitens der Eltern möglich ist. Die Wohnsituation wird somit auch als Erwachsener immer noch stark vom Glück der „richtigen“ Geburt bestimmt. Dazu kommt, dass man nicht nur Vermögen erbt. Man „erbt“ auch Bildung, was den Weg durch Schule und Hochschule enorm erleichtert, und den Habitus der besseren Kreise, der für Karrieren vielfach unerlässlich ist. Es herrscht das bekannte Matthäus-Prinzip: „Wer hat, dem wird gegeben.“

Armut macht krank und Krankheit macht arm. Ist das nicht ein Kreislauf, der im Kapitalismus gar nicht zu durchbrechen ist … denn Menschen sind nur etwas wert, wenn das System und die Mehrheitsgesellschaft sie verwerten kann?

Michael Hartmann: Armut gehört zwingend zum Kapitalismus. Nur so kann der Druck auf den Arbeitsmarkt hoch genug gehalten werden, um die Verwertung des Kapitals zu garantieren. Allerdings zeigt gerade die Entwicklung der letzten Jahrzehnte, dass es hinsichtlich des Umfangs der Armut und seiner Ausprägung auch im Kapitalismus große Unterschiede geben kann. Beides hängt nämlich davon ab, wie sich die Kräfteverhältnisse in der Gesellschaft, vor allem das zwischen Kapital und Arbeit, konkret darstellen.

So haben der Untergang des „real existierenden Sozialismus“ und der Niedergang der Gewerkschaften wie der linken Parteien die Kräfteverhältnisse in den letzten drei Jahrzehnten massiv zugunsten des Kapitals verändert. Die Armen sind dadurch sowohl zahlreicher als auch noch ärmer geworden. Armut ist heute ein weit gravierenderes Problem als etwa in den 1960er oder 1970er Jahren. Deshalb stimmt zwar die Aussage, dass es den Kapitalismus ohne Armut nicht geben kann. Wie groß und umfassend die Armut ist, lässt sich aber durchaus beeinflussen. Die Agenda 2010 hat das im negativen Sinne gezeigt. Sie hat die Zunahme der Armut massiv forciert. Würde die Agenda vollständig abgeschafft, würde das dementsprechend auch die Armut wieder spürbar reduzieren. Es gibt also nicht unerhebliche politische Handlungsspielräume, auch innerhalb des Kapitalismus.

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2 Kommentare

  1. Der Matthäus-Effekt lautet, ich zit. für den Herrn Professor aussm Kopp und die eine Variante aus dem Ev. des Matthäus: „Wer hat, dem wird gegen, daß er Fülle habe; wer aber nicht hat, dem wird genommen, was er hat.“
    Gruß, Harry

  2. „Armut gehört zwingend zum Kapitalismus. Nur so kann der Druck auf den Arbeitsmarkt hoch genug gehalten werden, um die Verwertung des Kapitals zu garantieren.“ Den Druck auf den Arbeitsmarkt hoch genug zu halten dient ebenso die Migration. Und es ist die politische Linke mit ihrer Migrationspolitik der „Offenen Grenzen“, die die Migrationsinteressen des Kapitals fördern und absichern. Dieser Verrat der politischen Linken (die damit die emotionalen Bedürfnisse der akademisch Gebildeten bedient) an den Lohnabhängigen ist der Hauptgrund für den Erfolg der Rechtspopulisten.

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