Mehrheiten bei Demokraten und Republikanern in den USA denken an Separatismus

Präsidentschaftwahl 2020: rot (Trump), blau (Biden). Bild: EdDakhla/CC BY-SA-4.0

Eine Umfrage macht deutlich, wie tief die USA politisch gespalten sind. Die Demokraten und Republikaner trauen sich nicht mehr über den Weg und der Wunsch nach einem starken Mann wird stark.

Wie unterschiedlich doch die politische Stimmung in Deutschland und in den USA ist. Das hängt vermutlich auch mit dem demokratischen System zusammen. In Deutschland ergab die Bundestagswahl gerade, dass Linke und Rechte am Rand stehen und die überwältigende Mehrheit der Stimmen auf Parteien der Mitte gehen. Es ist letztlich nur die Entscheidung, ob eine ein wenig links getönte Koalition oder eine eher neoliberale zustandekommt. Selbst eine Koalition der beiden noch etwas größeren Parteien ist weiterhin denkbar, die Groko garantierte in den letzten 8 Jahren, dass sich wenig verändert. Das dürfte auch so bleiben, auch wenn Grüne und FDP das gerne anders verkaufen wollen.

In den USA mit ihrem Zweiparteiensystem wäre eine Groko nicht denkbar, vielmehr radikalisiert sich die Stimmung im Land, es fehlt die Mitte, die ist eine scharfe, immer unüberwindbarere Kluft. Joe Biden wollte angeblich die Amerikaner wieder einander näher bringen. Das wird nicht gelingen, auch weil es systemisch nicht möglich erscheint, dass sich die beiden großen Parteien aufspalten, um eien größeres und anderes politisches Spektrum zu eröffnen. Eine Umfrage des  Center for Politics und des Project Home Fire an der  University of Virginia macht die Abgründe deutlich, in die sich die Parteien hinein manövriert haben, beschleunigt natürlich durch die Präsidentschaft von Donald Trump, die mit dem Sturm auf das Kapitol und dem Schüren von Misstrauen in das Wahlsystem endete.

In den Köpfen der Amerikaner schwebt bereits der Wunsch nach einer Sezession – und das nicht nur bei den Trump-Wählern, sondern auch bei denen von Biden. Unter den Trump-Wählern würden 51 Prozent und unter den Biden-Wählern auch noch 41 Prozent favorisieren, dass sich die roten (republikanisch regierten) bzw. blauen (demokratisch regierten) Bundesstaaten abspalten, um eigene Länder zu bilden. Das bestätigt die Ergebnisse einer YouGov-Umfrage vom Juni, nach der Zweidrittel der Republikaner, aber auch 50 Prozent der Unabhängigen in den Südstaaten sowie 47 Prozent der Demokraten an der Westküste für eine Rezession sind. Die „Vereinigten Staaten“ sind also keine Selbstverständlichkeit mehr. Noch gibt es freilich keine separatistischen Bewegungen, aber das wachsende gegenseitige Misstrauen könnte die Grundlage dafür bieten.

Erschreckend für den Zustand der amerikanischen Nation und Demokratie ist, dass 80 Prozent der Biden-Wähler und 84 Prozent der Trump-Wähler die gewählten Volksvertreter der jeweils anderen Partei als „klare und gegenwärtige Gefahr für die amerikanische Demokratie“ betrachten. Auch die Wähler der abgelehnten Partei werden von mehr als 70 Prozent als Gefahr gesehen. Über die Hälfte beider Lager stimmt dem „stark“ zu. Ebenfalls jeweils 80 Prozent beider Lager fürchten, dass die Politik der jeweils anderen Partei in Zukunft zu persönlichen Schwierigkeiten führt. Jeweils mehr als 70 Prozent sagen, dass linksextreme oder rechtsextreme so viele Unwahrheiten verbreiten, dass man sie zensieren sollte. Die konservativen bzw. Mainstream-Medien werden von großen Mehrheiten als Verlängerungen der jeweils anderen Partei betrachtet.

Abgelehnt werden nicht nur die politischen Ziele der anderen Seite, sondern auch der Einfluss der traditionellen oder progressiven Werte in Kultur und Alltagsleben. 87 Prozent der Trump-Wähler und 78 Prozent der Biden-Wähler wollen die Werte der anderen eliminieren.

Und richtig gefährlich wird es, wenn 62 Prozent der Biden-Wähler und 82 Prozent der Trump-Wähler sagen, dass das Land „einen mächtigen Präsidenten“ brauche. „um die jetzt vorherrschenden radikalen und amoralischen Strömungen zu zerstören“. Mit 46 Prozent sagen sogar mehr Biden-Wähler als Trump-Wähler (44 Prozent), dass der Präsident auch Entscheidungen ohne Beschränkungen durch den Kongress oder Gerichte treffen können soll. Das nennt man für gewöhnlich eine Diktatur.

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