„Jetzt geht das Jahr der Virologen zu Ende und kommt das Jahr der juristischen Überprüfungen“

Der Journalist und Jurist Heribert Prantl über die Pandemie und die Einschränkungen der Grundrechte, das geplante Infektionsschutzgesetz und den Präventionsstaat. Das Gespräch als Video hier.

Herr Prantl, sind Sie schon geimpft?

Heribert Prantl: Ja, einmal.

Mit Astra-Zeneca? Oder haben Sie Glück gehabt?

Heribert Prantl: Mit Biontech. Aber wir beide sind keine Mediziner und verlassen uns darauf, was die uns sagen.  Es gab einiges Her und Hin bei Astra-Zeneca, es gab Bedenken und Beruhigung. Die Medien stellen das ja alles umfänglich dar, und entsprechend groß ist die Unruhe bei den Menschen. Wenn man über das Impfen redet, sagt einem heute fast jeder: Hoffentlich nicht mit Astra-Zeneca. Aber die Kanzlerin, der Bundespräsident, auch Herr Spahn hat sich damit impfen lassen – was sagen soll, wenn wir es vertragen, vertragt ihr es auch.

Ich habe auch deswegen danach gefragt, weil im geplanten Infektionsschutzgesetz Erleichterungen der Coronabeschränkungen für Geimpfte oder anderweitig Immunisierte vorgesehen sind. Was halten Sie davon?

Heribert Prantl: Wenig. Natürlich will ich so schnell wie möglich zurück zu einem Zustand, der Jedem zu jeder Zeit die Grundrechte gewährleistet. Aber: Die Grundrechte sind kein Privileg, sie sind kein 13. Monatsgehalt, sie sind nicht etwas, was ich mir erst verdienen muss, auch nicht durch Impfung. Grundrechte hat ein Jeder, weil er Mensch, weil er Bürger ist. Diese Grundrechte habe ich unabhängig davon, dass ich etwas Bestimmtes tue oder leiste. Ich will möglichst schnell zurück zu einer grundrechtsstarken Gesellschaft.

Aber ich habe den Eindruck, dass mit diesem neuen Narrativ „Du kannst Dir Dine Grundrechte ja verdienen“ das Grundrechtsbewusstsein geschmälert wird. Ich bin der Meinung,  das Ziel aller Corona-Bekämpfungsmaßnahmen muss sein, diese möglichst schnell überflüssig zu machen. Bisweilen treibt mich die Sorge um,  dass die Politik die Maßnahmen oder jedenfalls einen Teil davon gar nicht überflüssig machen will. Mich treibt die Sorge um, dass man sagt, das ist Prävention, das sind die Mittel, um Katastrophen zu begegnen, um Pandemien und Notzeiten durchzustehen; diese Mittel brauchen wir.  Das ist nicht mein Grundrechtsverständnis.

Die Grundrechte sind als Leuchtturm auch und gerade wegen solcher Notzeiten gemacht worden. Wenn man sich in Notzeiten daran macht, Grundrechte kleiner zu machen und sie nur für den wieder größer macht,  der bestimmte Dinge vorweisen kann – das ist nicht das Grundrechtsverständnis des Grundgesetzes. Ich will mir die Grundrechte nicht wie ein Paket bei der Post gegen Vorlage eines Ausweises abholen müssen.

Das klingt jetzt fast so, als würden Sie sagen, so etwas wie ein Infektionsschutzgesetz, das einige Grundrechte einschränkt …

Heribert Prantl: Fast alle!. Die Bewegungsfreiheit, die Glaubens- und Religionsfreiheit, den Schutz der Familie, die Versammlungsfreiheit, die Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit, die Freizügigkeit, die Berufs- und Berufsausübungsfreiheit, die Gewerbefreiheit, den Schutz des Eigentums etc etc.

Dieses Infektionsschutzgesetz liegt mir wie ein Stein im Magen

Sind denn die bestehenden Infektionsschutzgesetze und das geplante im Rahmen des Grundgesetzes als angemessen zu bezeichnen oder sind sie schon überzogen?

Heribert Prantl: Einen Teil der Maßnahmen wird man nicht vermeiden können. Aber: Dieses Infektionsschutzgesetz liegt mir wie ein Stein im Magen. Ich habe große Zweifel daran, dass ein Rechtsstaat das verdauen kann. Einerseits ist es gut, dass das Gesetz endlich genauer und detaillierter wird, weil das Parlament sich darauf besinnt, was seine Aufgabe ist, nämlich die grundlegenden Dinge selber grundlegend zu regeln und nicht den Löffel an die Exekutive, also an die Regierungen und die Verwaltungen, abzugeben. Das Parlament muss über die wesentlichen Dinge und auch über die Grundrechtseinschränkungen entscheiden. Das beginnt bei den Masken und setzt sich fort mit der Schließung der Gewerbe. Das ist ja ein unglaublicher Eingriff, sämtliche Gast-, Kultur- und Sportstätten zu schließen, was sich niemand vor zwei Jahren hätte vorstellen können. Und wer hätte sich vor zwei Jahren vorstellen können, dass Ausgangssperren verhängt werden.

Das war ein Wort, das Sie und ich nur von Erzählungen aus der Kriegs- und Nachkriegszeit kannten.  Eine Ausgangssperre ist das Signal für etwas ganz Gefährliches, es ist ein ständiges Ausrufe- und Warnzeichen – wie auch die Masken, denen man überall begegnet und man die man tragen muss, Ausrufe- und Warnzeichen sind.  Diese Warnzeichen sollen auch Gefahr bewusst machen – und sie machen das auch. Als geeignet und verhältnismäßig betrachte ich die Ausgangssperren nicht.  Wenn ich höre, wie in der Politik oder der Virologie darüber gesprochen wird – es ist wohl auch ein Mittel zur Verstärkung der Angst.

Angst ist kein guter Ratgeber und auch schon vor der Pandemie war Angst eine Autobahn für Sicherheitsgesetze, die hatten schon in der RAF-Zeit oder nach 9/11 freie Fahrt. Auch die Coronagesetze sind Sicherheitsgesetze, sind die Multiplizierung und Potenzierung der Sicherheitsgesetze aus den genannten Zeiten.

Ich habe eine  Reihe von Bedenken an den Infektionsschutzparagrafen: Ich bin weiterhin der Meinung, dass die Parlamente immer noch zu wenig entscheiden, dass sie immer noch zu viel der Exekutive überlassen. Warum werbe ich für die Befassung der Parlamente? Den  parlamentarischen Entscheidungen gehen Diskussionen voraus, die angesichts der Grundrechtseinschränkungen intensiv  geführt werden müssten. Solche Diskussion sorgt für Transparenz, das gesamte parlamentarische Procedere – Erste, zweite, dritte Lesung; Sachverständigenanhörungen – auch.

Man könnte doch sagen, jetzt wird gerade im Bundestag kurz über das neue Infektionsschutzgesetz diskutiert. Heute, am Freitag, fand eine Diskussion statt, am Montag soll es dann aber schon verabschiedet werden. Das findet unter einem wahnsinnigen Druck statt, aber das Parlament wird im Prinzip nicht ausgehebelt, es könnte ja auch eine Verschiebung verlangen.

Heribert Prantl: Es könnte natürlich, es müsste auch, weil es um so wahnsinnig wichtige Dinge geht. Wir alle wissen,  dass diese Grundrechtseinschränkungen die weitreichendsten, die am Tiefsten greifenden und am längsten dauernden sind, die wir in der Geschichte dieser Republik erlebt haben. Angesichts dessen ist die Zahl der Stunden, die man im Parlament mit der Debatte verbracht hat geradezu lächerlich. Das ist der Dimension nicht angemessen. Wenn dann die Debatte wieder darauf hinausläuft, dass man der Exekutive das große Handeln einräumt, ist das einfach ungenügend und  unzureichend.

Kritisch anzumerken habe ich zur Neufassung des Infektionsschutzgesetzes auch, dass die Grundrechtseinschränkungen viel zu sehr von den Inzidenzen abhängig gemacht werden. Das neue Gesetz macht diese zu den ausschlaggebenden Kriterien für Grundrechtseinschränkungen, es setzt einen  Automatismus in Kraft.

Es tritt eine Veralltäglichung der als Ausnahme eingeführten Notgesetze ein

Es ist ja der Versuch, die Politik hinter der scheinbar objektiven 7-Tage-Inzidenz zu verstecken. Man beruft sich zur Legitimation auf Wissenschaft, während der Wert selbst zum Politikum wird, weil er ja nur einen Aspekt beschreibt.

Heribert Prantl: „Die“  Wissenschaft gibt es ja auch so nicht. Sie ist ja kein monolithischer Block. Wir haben in den letzten Monaten auch gelernt, dass auch die Virologen und Epidemiologen nicht alle einer Meinung sind. Es sind die einer Meinung, die zum Beratergremium der Bundesregierung gehören, aber gerade wenn es um die Bedeutung der Inzidenz geht, gibt es auch andere Stimmen, die fordern, dass man einbeziehen muss, wie die Zahlen auf den Intensivstationen aussehen und wie sie sich verändern.

Es geht bei den Anti-Corona-Maßnahmen darum, dass das Gesundheitssystem nicht überfordert wird. Wenn die Anti-Corona-Maßnahmen des Staates auch die Gesundheit jedes Einzelnen garantieren soll, überdehnt man die staatlichen Schutzpflichten. Es gibt Grenzen des rechtlich Regelbaren. Ein Gesetzgeber, der in diesem Fall der Verordnungsgeber ist, weil das Parlament die Entscheidungen an die Verwaltung delegiert hat, kann nicht quasi auf Millimeterpapier und haarklein vorschreiben, wen man wann außerhalb seines Hausstands treffen darf – und diese Regeln dann noch alle paar Tage ändern.  Recht, das man nicht mehr verstehbar ist, das man nicht mehr nachvollziehen kann, ist kein gutes Recht. Von solchem Recht bleibt noch ein diffuses Gefühl übrig:  Alles ist gefährlich, mach möglichst wenig, bleib Zuhause.

Aber gerade diese Forderung, Zuhause zu bleiben, die mit der Ausgangssperre durchgesetzt werden soll, halten andere Wissenschaftler, die sich mit Aerosolen beschäftigen, für gefährlich. Im Freien sei man einigermaßen sicher, sagen sie; aber auch noch beim Joggen in der Nacht eine Maske zu tragen, sei,  einfach lächerlich.  Der wirkliche gefährliche Ort, sagen diese Wissenschaftler, sei in den vier Wänden.

Wenn ich das höre und dann das neue Infektionsschutzgesetz lese … dann kann ich nicht zufrieden sein.  Und die Inzidenzen – nichts als Inzidenzen … sie sollten nicht das ausschlaggebende Kriterium für die grundrechtseinschränkenden Maßnahmen sein. Die Inzidenz ist keine Krankheit.

Es wird immer gesagt, Prantl, haben Sie sich nicht so, die Gesetze gelten doch nur für eine bestimmte Zeit. Meine Erfahrung nach über dreißig Jahren journalistischer Begleitung  von Sicherheitsgesetzen ist aber, dass diese Zeitgesetze verlängert werden, dass die Verlängerung verlängert wird, und die Verlängerung wird wieder verlängert. Es tritt eine Veralltäglichung der als Ausnahme eingeführten Notgesetze ein.

Die Lust an möglichst viel Prävention ist schon vorhanden

Das Parlament muss ja immer mitspielen. Warum werden einmal eingeführte Sicherheitsgesetze immer wieder verlängert, anstatt sie nach dem Ende der Bedrohung zu stoppen?

Heribert Prantl: Die Lust an möglichst viel Prävention ist schon vorhanden. Man sagt, es ist doch gut, präventiv zu arbeiten und nicht erst zu warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist. Mit dieser Begründung kann ich fast alles machen. Der Umbau des Staates, den ich als Rechtsstaat erlebt habe, in einen Präventionsstaat, ist gefährlich. Es wird ja heute schon mehr zur Prävention gemacht als zur Repression. Repression: da geht es um Strafe, wenn jemand etwas Gesetzwidriges gemacht hat, aber wenn ich die Prävention so wie in den letzten Jahrzehnten auf das Podest hebe, dann werden die Zugriffsmöglichkeiten des Staates uferlos.

Das geht natürlich auch mit der Digitalisierung einher, die jetzt mit den Corona-Einschränkungen noch einmal einen Schub erhalten hat und Kontrolle und Überwachung erweitert. Eine günstige Umgebung für Sicherheitsgesetze.

Heribert Prantl: Es ist ein neues Bewusstsein erforderlich. Der Zeitgeist für ein solch sensibles Bewusstsein ist nicht sehr stark. In den letzten Monaten wurde immer moniert, dass der Datenschutz zu stark sei, ohne diesen könnte man die Pandemie viel besser bekämpfen. Ich kenne noch die Äußerungen des früheren Innenministers Friedrich Zimmermann von der CSU, dass Datenschutz Täterschutz sei. Jetzt heißt es, wer den Datenschutz betone, leiste dem Virus Vorschub. Es werden aber nicht Daten geschützt, sondern es werden die Persönlichkeit und die Intimität geschützt.

Aber dazu heißt es dann, man müsse doch nur ins Netz schauen, was da die Menschen von sich alles preisgeben – die Gesellschaft habe sich, so lautet das Argument, der Privatsphäre sozusagen begeben. Wieso kann es dazu führen, dass ich auf meinen Persönlichkeitsschutz verzichten soll, wenn Millionen sich so verhalten? Das ist eine Argumentation, die mir nicht einleuchtet. Vielleicht muss man mal mit einem großen Preisausschreiben ein anderes Wort für Datenschutz finden.

Stimmt, das ist nicht gerade sexy. Wir haben viel von der Exekutive und vom Parlament gesprochen, aber noch nicht von den Medien. Sie äußern als Journalist Kritisches, aber insgesamt unterstützen die großen Medien ja den Kurs der Regierung zum Präventivstaat. Eigentlich sollten die Medien ja superkritisch sein, aber sie begleiten die Regierung oft, indem sie mitlaufen.

Heribert Prantl: Ja, das bekümmert mich. Ich denke manchmal, Mensch Prantl, du  wirbst jetzt seit drei Jahrzehnten für die Achtung und Beachtung der Grundrechte. Jetzt greift der Virus nicht nur Menschen und ihre Gesundheit an, sondern auch das Verständnis für Grundrechte. Mein Gott, guter Mann, heißt es dann, das Grundrecht auf Leben ist doch das wichtigste, alle anderen könne man dann vergessen. Das Wichtigste aber ist: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Entscheidend ist also, wie ich mit Menschen umgehe, wie und mit welchen Mitteln und Methoden ich Menschen, ihr Leben und ihre Gesundheit schütze.

Aber warum waren die Journalisten zu Zeiten der Terrorgesetze noch einigermaßen kritisch und warum ist diese rechtsstaatliche Sensibilität so weit verloren gegangen? Man muss sich heute schon fragen lassen, wenn man die Grundrechte verteidigt, ob man schon ein Querdenker geworden ist. Solches Gerede gibt mir jedes Mal einen Stich. Was ist da passiert, dass das Verfassungs- und Grundrechteverständnis so porös geworden ist.

Das liegt wohl daran, dass anders als der Terror, auch wenn er medial sehr präsent war, den Bürgern nicht so nahe war;  das Virus rückt den Menschen ganz nahe. Die Masken, die überall getragen werden, zeigen auf Schritt und Tritt, dass da etwas Gefährliches ist. Vor dem kann ich mich, so ist die allgemeine Meinung, schützen und selbst etwas dazu beitragen, was auch, teilweise jedenfalls, stimmt. Und dann sagen die Menschen sich, gut, dann mache ich es halt.

Erst wenn der Verdruss über die Maßnahmen steigt, wenn klar wird, dass die angeordneten Maßnahmen nicht helfen, wird die Kritik stärker werden. Die Kanzlerin hat soeben wieder so schön gesagt, dass alle Maßnahmen geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein sollen. Ich habe schon vor einem Jahr gesagt, dass die Verhältnismäßigkeit zu wahren sei. Jetzt sagt es die Kanzlerin in jeder Rede, weil sie weiß, dass jetzt das Jahr der Virologen zu Ende geht und das Jahr der juristischen Überprüfungen kommen wird. Die Gerichte werden die Maßnahmen, den Shutdown der Gewerbe, die Schließung aller Geschäfte, Restaurants, Sportstätten und Kultureinrichtungen  überprüfen und entscheiden, ob sie geeignet, erforderlich und verhältnismäßig waren und sind. Es stehen gegebenenfalls gewaltige Entschädigungsforderungen im Raum.

Natürlich will ich nicht siebengescheit behaupten, ich hätte alles von vorneherein alles anders gemacht. Bei der ersten Welle war das Wissen noch nicht sehr groß, jetzt ist das Wissen gestiegen und das Wissen um geeignete und erforderliche Maßnahmen auch. Man hat dazu gelernt – aber mit dem Lernen hat man die im Frühjahr 2020 getroffenen Maßnahmen nicht wieder abgeschaltet, sondern sie akkumuliert. Es wurde immer neu dazu gelegt, es wird nichts abgebaut.

Und zu den Lockdowns:  Die Gesellschaft ist keine Ziehharmonika. Wenn man die zusammenzieht und auseinander bewegt, kann man ordentliche Töne herauskriegen; eine Gesellschaft geht bei einem solchen Verhalten kaputt. Entscheidende Fortschritte in der Pandemiebekämpfung erzielen wir durch die Impfungen, die möglichst schnell und möglichst unbürokratisch ablaufen müssen.

Wir hatten von den Medien gesprochen.  Es findet eine Polarisierung statt, man ist entweder dafür oder dagegen. Das Mittelfeld, was nicht nur bei Corona der Fall ist, schrumpft, die Grauzone, in der die Öffentlichkeit stattfindet und in der die Medien arbeiten müssten, wird immer kleiner.

Heribert Prantl: Vielleicht sprechen wir nicht von der Grauzone, sondern von dem großen Zwischenraum der Diskussion, den es heute zu wenig gibt.

Der war doch vor 30 Jahren noch sehr viel breiter als jetzt …

Heribert Prantl: Ja, der schrumpft. Wir sind auch in den Medien dafür da, dass eine Diskussion differenziert geführt wird. Wir haben in dieser Pandemie ein binäres Denken, Schwarz und Weiß. Der Zwischenraum ist groß. Ich sehe mich in diesem Zwischenraum. Es gibt Maßnahmen, die ich befürworte, gegen andere sträube ich mich, weil ich sie weder für geeignet noch für erforderlich und verhältnismäßig halte.  Das muss man sagen dürfen. Wenn ich sage, dass wir im Detail kritisch sein müssen und den Rechtsstaat dem Virus nicht opfern dürfen, dann will ich nicht in grobe Raster eingeordnet werden, sondern beitragen zu einer hoffentlich offenen Diskussion. Die sollten die Medien offensiver würden, da waren wir nicht so gut.  Mit angeblichen Alternativlosigkeiten sollte man nicht argumentieren.

Ich habe mal in das geplante Infektionsschutzgesetz hineingeschaut. Da steht: „Alternativen: keine“. Das ist nun nichts Besonders, sondern schon allgemeiner Stil, aber es ist dennoch symbolisch.

Heribert Prantl: Das ist ein Teil des neuen autoritären Denkens. Das kann man beobachten in Personaldebatten, auch in der Debatte um die Kanzlerkandidatur merkt man eine neue Lust an der Autorität und am Autoritären. Diese Lust merke ich auch im Infektionsschutzrecht, wie es diskutiert wird.

Es ist wichtig, die richtigen Wege zur Pandemiebekämpfung zu suchen, aber das darf nicht autoritär sein, sondern muss unter der Bedingung geschehen, dass es Alternativen gibt und dass der Weg des demokratischen Aushandelns wichtig ist. Man darf nicht sagen, dass es dafür keine Zeit gibt. Mit dem Aushandeln wird die Qualität der Entscheidung verbessert. Zudem haben wir jetzt 13 Monate eines fast nur exekutiven Handelns hinter uns. Man kann doch nicht sagen, das sei die Stunde der Exekutive. Dass eine Stunde 13 Monate dauert, ist mir neu. Und wer sagt, man müsse jetzt mehr Diktatur wagen, der tut mir leid. Da sieht und hört man, was das Virus für Schäden anrichtet.

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