Japans Regierung erwägt Gefängnisstrafen für renitente Covid-19-Infizierte

Bild: Jérémy Stenuit/Unsplash.com

Die Inzidenz wächst, das Krankenhaussystem ist überlastet, die Menschen und Unternehmen halten die verordneten Maßnahmen des verhängten Ausnahmezustands nicht ein, die bislang äußerst lax waren.

Japans Regierung hat Anfang Januar angesichts einer neuen Infektionswelle und der steigenden Gefahr der Überlastung der Krankenhäuser den bis 7. Februar terminierten Ausnahmezustand auf 11 Präfekturen, einschließlich Tokio und Osaka, erweitert. Der Ausnahmezustand ist kein wirklicher Lockdown, eigentlich ist alles offen von Kindergärten und Schulen bis hin zu allen Geschäften oder Friseuren, Kultur- oder Sportveranstaltungen mit bis zu 5000 Zuschauern sind möglich, nur Bars und Restaurants sollen ab 20 Uhr schließen, Übertretungen werden nicht geahndet. Die Menschen werden aufgefordert, Zuhause zu bleiben, die Unternehmen sollen mehr Homeoffice ermöglichen, um den Nahverkehr zu entlasten. Man müsse sich auf gemeinsames Essen und Trinken außer Haus konzentrieren, sagt die Regierung, weil hier die meisten Ansteckungen erfolgen sollen.

Das Problem ist nur, dass bei einem solchen Ausnahmezustand, der praktisch Normalität ist, nicht nur die Infektionszahlen weiter ansteigen, sondern auch die Menschen sich nicht daran halten, es dauert schon alles zu lange. Zwar werden Masken getragen, aber auf den Straßen ist so viel los wie immer.

Die Menschen haben weniger Angst oder nehmen Infektionen in Kauf. Und die Regierung hatte noch bis Ende Dezember ein Förderprogramm für den Inlandstourismus (Go To Travel)  laufen, was vermutlich zur Verbreitung von Covid-19 beigetragen hat. Wie ernst der Ausnahmezustand genommen wird, haben schließlich auch hohe Funktionäre der Regierungspartei LDP demonstriert, die sich abends in Bars vergnügt haben, die eigentlich geschlossen sein sollten.

Regierungschef Yoshihide Suga entschuldigte sich dafür, nachdem er im Dezember selbst an größeren Essen am Abend teilgenommen hatte, während die Menschen aufgefordert wurden, am Abend nicht mehr auszugehen. Vermutlich wird der Ausnahmezustand verlängert – und die Regierungskoaltion aus LDP und Komeito hat schärfere Gesetzesvorhaben geschmiedet, um die Pandemie einzudämmen. Jetzt schon stehen Tausende auf Wartelisten, um in die überfüllten Krankenhäuser zur Behandlung eingewiesen zu werden, mehr Menschen sterben Zuhause. Die Regierung entschuldigte sich und räumte ein, dass das medizinische System nicht auf die zweite Welle vorbereitet war.

Der Plan der Regierung sah vor, harte Geld- und Haftstrafen zu verhängen, wenn  Schutzmaßnehmen von Unternehmen und infizierte Personen nicht eingehalten werden. So sollen Betriebe, die nicht schließen oder die Öffnungszeiten entsprechend der Vorschriften begrenzen, mit einer Geldstrafe von bis zu 500.000 Yen (4000 Euro) belegt werden können. Gouverneure sollen die Öffnungszeiten anordnen können. Überdies sollen Gouverneure der Präfekturen auch sechs Monate lang Corona-Maßnahmen ergreifen können, ohne dass die Zentralregierung einen Ausnahmezustand ausruft. Auch hier würden Geldstrafen bei Überschreitung fällig.

Und gegen positiv Getestete, die sich den Auflagen widersetzen, will man besonders hart vorgehen. Wer nicht mit den Behörden bei der Rückverfolgung der Kontakte kooperiert, kann mit einer Strafe von 4000 Euro belegt werden. Infizierte, die nicht in ein Krankenhaus gehen wollen und  gegen den Willen der Ärzte ein Krankenhaus verlassen, müssten mit einer Geldstrafe von 8000 Euro oder bis zu einem Jahr Gefängnis rechnen.

Das Kabinett nahm die Verschärfungen an, im Parlament wird am 29. Januar darüber diskutiert. Die Opposition läuft Sturm, weil die Maßnahmen mit den vorgesehenen Gefängnisstrafen zu weit gingen und in die Bürgerrechte eingriffen.  Sie verlangt eine Abmilderung der vorhergesehenen Strafen. Die LDP überlegt, auf die Gefängnisstrafe zu verzichten oder die Höchststrafe von 8000 auf 4000 Euro zu reduzieren. Auch Verbände aus dem Gesundheitsbereich kritisierten die Strafen, die Bekämpfung der Pandemie könne nur durch Vertrauen, nicht durch Strafen realisiert werden.

Und dann sind da auch noch die auf dieses Jahr verschobenen Olympischen Spiele, die Japan abhalten will. Sicherheitshalber hatte Japan über 300 Millionen Impfdosen von Moderna, Pfizer und AstraZeneca bestellt, mehr als genug für die 126 Millionen Einwohner. Selbst wenn alles klappt, ist unwahrscheinlich, dass bis zum Sommer durch das Impfen eine Herdenimmunität erreicht werden kann. Zudem ist das Impfprogramm ins Stocken geraten und vermutlich erhält Japan nicht rechtzeitig die bestellten Impfdosen. Vor allem nicht den von Pfizer, da hier die Biden-Regierung erheblichen Druck ausübt, mehr für die amerikanische Bevölkerung zu erhalten, um sein Projekt durchzuführen, in 100 Tagen 100 Millionen Amerikaner zu impfen. Wie schon am Angang der Panemie bei Schutzausrüstung ist nun schon längst der Nationalismus bei den Impfstoffen ausgebrochen. Auch national ist sich jeder selbst der Nächste.

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