Glauben Sie nicht an das Narrativ über die Ukraine

Der russische Geschäftsmann, Ex-Duma-Abgeordnete und Oppositionspolitiket Gennady Gudkov veröffentlichte das Foto, das angeblich nach der Teilmobilmachung fliehende Russen an der mongolischen Grenze zeigen soll.

Die westliche Vorstellung über ein ums Überleben kämpfendes Russland und eine widerstandsfähige Ukraine geht an den harten Realitäten vorbei.

Reprinted with permission from www.TheAmericanConservative.com.  Copyright 2022.

Wladimir Putins Entscheidung, Reservisten für den Krieg in der Ukraine zu mobilisieren, hat weltweit die Gemüter erregt. Der ehemalige Politiker und russische Oppositionsführer Gennadi Gudkow postete ein Luftbild einer 15-spurigen Wüstenautobahn mit einem Stau, der sich bis zum Horizont hinzieht. „Mir wurde gesagt“, schrieb Gudkow, „dies ist die [russische] Grenze zur Mongolei am 22. September. Zoomen Sie auf jeden Fall hinein, um das Bild zu betrachten.“ Mehrere große Fahrzeuge, vielleicht Busse, befanden sich unter den Autos, was darauf schließen lässt, dass wir Zeugen einer Art Massenevakuierung von Russen werden, die nicht bereit sind, in der Ukraine ihren Wehrdienst zu leisten.

Einen Tag zuvor sah ich dasselbe Bild auf einem russischen Blue-Check-Account (ich habe vergessen, auf welchem), auf dem behauptet wurde, es handele sich um die Grenze zwischen Russland und Kasachstan. Aber wie jeder Bewohner des Westens der Vereinigten Staaten weiß, handelt es sich bei dem Foto, das zu diesem Zeitpunkt immer noch auf Twitter zu sehen ist, um keines von beiden. Es handelt sich um die Straße zum Burning Man Festival in der Wüste von Nevada, und die großen Fahrzeuge sind die Wohnmobile, in denen die Feiernden während der Veranstaltung übernachten wollen.

Ich kann nicht sagen, dass mich der Vorfall gegen Gudkow oder irgendjemand anderen aus der liberalen russischen Opposition aufbringt. Ich finde viele von ihnen gut informiert und sympathisch. Es ist nur so, dass gerade eine emotionale Zeit in Osteuropa herrscht und so ziemlich jeder Oppositionelle von Gefühlen überwältigt ist, weshalb ich ihre Medien meist nutzlos finde, wenn es um diesen speziellen Konflikt geht. Aus weit weniger offensichtlichen Gründen sind die westlichen Medien ebenso emotional in den Konflikt verwickelt und obendrein außerordentlich ahnungslos.

Ich habe den Eindruck, dass die Nachrichten von denselben Leuten geschrieben werden, die mir, einer Jüdin aus der sowjetischen Ukraine, jahrzehntelang erzählt haben, dass ich ein Russe sei. Jetzt, da sie die Ukraine auf der Landkarte gefunden haben, sind sie ebenso überzeugt von der Wohlfühlgeschichte, die sie aushecken. Das Narrativ, das von der Satirezeitschrift The Pacific aufgespießt wird, lautet: „Die Ukraine ist nur noch ein Hilfspaket vom Sieg entfernt.“ Dahinter verbirgt sich das Drama des demoralisierten Russlands und der widerstandsfähigen Ukraine. „Die Russen sind verängstigt und können sich nirgendwo hinwenden“, verkündet die New York Times selbstbewusst nach der Ankündigung der Mobilisierung. Das folgt auf eine weitere Schlagzeile der Gray Lady: „Proteste in Russland gegen Putins Mobilisierungspolitik gehen weiter“.

Zweifellos sind einige auf der Flucht. Bislang sind schätzungsweise 261.000 aus dem Land geflohen, und vielleicht werden noch mehr folgen. Die Tatsache der Wehrdienstverweigerung ist unbestritten. Aber es ist nicht klar, dass die Menschen, die sich auf den Weg zur Grenze machen, für die Anwerber von großem Interesse sind. Wahrscheinlich handelt es sich eher um gebildete, liberale Männer, manchmal mit Familie und ohne militärische Erfahrung.

Was strittig sein sollte, ist die Berichterstattung. Ann Applebaum ist eine amerikanisch-polnische Journalistin und die Ehefrau des ehemaligen polnischen Außenministers und jetzigen Europaparlamentariers Radoslaw Sikorski, der sich zuletzt bei den USA für die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines bedankte, die russisches Gas nach Europa transportieren. Applebaum kommentierte den Unterschied zwischen der russischen und der ukrainischen Einberufung:

„Bei den Flüchtlingen aus der Ukraine im Februar und März handelte es sich fast ausschließlich um Frauen und Kinder; die Männer blieben, um zu kämpfen. Bei den neuen Flüchtlingen aus Russland in dieser Woche handelt es sich fast ausschließlich um Männer – weil sie nicht kämpfen wollen.“

 

Das ist das Bild, das wir von den Medien erhalten. Aber bedenken Sie, dass es sich bei den Flüchtlingen, die aus der Ukraine kamen, fast ausschließlich um Frauen und Kinder handelte, weil es Männern nicht erlaubt war, das Land offen zu verlassen (obwohl sich einige kluge Köpfe für diese Gelegenheit mit ausländischen Pässe und Behindertenpapieren vorbereitet hatten). Die Bilder, die in den ersten Tagen des Krieges aus dem Land kamen, beruhigten die westlichen Nachrichtenkonsumenten, dass die Ukraine kein Syrien werden würde und dass die ukrainischen Männer bereit seien zu kämpfen.

Doch die Männer, die die Ukraine verlassen wollten, mussten in der Regel geschmuggelt werden, so dass ihre „Flüchtlings“-Bilder nicht die Titelseite der westlichen Zeitungen zierten. Wenn sie erwischt wurden, landeten sie auf den hinteren Seiten der ukrainischen Medien. Hier einige Beispiele: Ein Inspektor des Grenzschutzes in Odessa verlangte 2500 Dollar für den Transport von Männern ins Ausland; ein Bewohner der westukrainischen Region Transkarpatien schaffte Bewohner der Region Charkiw illegal über die Grenze; in Odessa verlangten Rekrutierer 7000 Dollar für die Erstellung gefälschter medizinischer Entschuldigungspapiere, mit denen fünfzig Wehrpflichtige das Land verlassen konnten.

Es überrascht nicht, dass es in den ukrainischen Streitkräften Korruption gibt; es ist nur so, dass das westliche Publikum selten daran erinnert wird. Ich könnte die Berichterstattung über die ukrainische Mobilmachung leicht so gestalten, dass sie genau so aussieht wie die Darstellung der russischen Mobilmachung in unseren Medien. Tatsächlich haben die russischen Sender genau das erfolgreich getan. Sie verbreiteten zum Beispiel die Aufnahmen, die angeblich Frauen aus der Stadt Hust in der Region Transkarpatien zeigen, die vor dem Rekrutierungsbüro der Armee randalieren.

Gibt man bei Google und Duck Duck Go „Ukrainische Soldaten weigern sich zu kämpfen“ ein, erhält man eine Liste von Artikeln über russische Überläufer. Russische Quellen haben jedoch Videos in Umlauf gebracht, auf denen feindliche Kräfte, angeblich von der Front, Botschaften für Selenskij aufzeichnen, in denen sie sich weigern, weiter zu kämpfen, und fordern, vom Schlachtfeld abgezogen zu werden. Ich habe keine Möglichkeit, diese Videos zu überprüfen, und ich erinnere mich daran, dass 2014 in verschiedenen Regionen der Südostukraine Aufnahmen von scheinbar denselben korpulenten blonden Männern mittleren Alters gemacht wurden, die weinten und Putin um ein Eingreifen baten. Sind die Videos der ukrainischen Soldaten gefälscht? Keine Ahnung, aber es gibt eine Menge davon.

Es gibt auch viele Videos von Ukrainern, die vor den Rekrutierern flüchten (und manchmal auch wegschwimmen). Interessanterweise hat die New York Times einmal einen Artikel veröffentlicht, der diese Geschichten bestätigt. Er fand zwar nicht so viel Beachtung wie die Berichte über Omas, die russische Drohnen mit Gurkengläsern außer Gefecht setzen, aber der Artikel ist lesenswert. Wenn man dem Bericht Glauben schenken darf, ist die ukrainische Kampfbereitschaft nicht so groß wie bisher berichtet. Die Ukrainer beklagen sich darüber, dass sie von Regierungsbeamten auf öffentlichen Plätzen beiläufig angesprochen und ihnen Einberufungsunterlagen ausgehändigt werden.

Die Ukrainer, die unter Kriegsrecht leben und deren Medien streng zensiert werden, haben dennoch Apps entwickelt, mit denen sie in Echtzeit den Standort von Rekrutierern anzeigen können, um sich gegenseitig zu helfen, die Einberufung zu umgehen. In Charkiw, der zweitgrößten Stadt des Landes und Hauptziel des russischen Beschusses, hat die App 67.000 Abonnenten. Eine ähnliche App gibt es in Lemberg, der Hochburg des ukrainischen Nationalsozialismus und der vorübergehenden Heimat der Flüchtlinge aus dem Osten.

Viele Männer haben sich für den Eintritt in die Territorialen Verteidigungskräfte entschieden, weil ihnen versprochen wurde, dass diese Einheiten nicht an die Front geschickt werden würden (was dennoch geschah). Einige sagten den Offizieren sogar ganz offen, dass sie nicht für die Ukraine kämpfen würden, weil sie kein richtiges Land sei. Im September verbot die Ukraine männlichen Studenten, das Land zu verlassen, um im Ausland zu studieren, weil zu viele von ihnen die Zulassungspapiere für Hochschulen gefälscht hatten. Auf die Nachricht von der Mobilisierung Russlands hin erklärte der ukrainische Präsidentenberater und häufige Gast in den Nachrichtensendungen der russischen Opposition, Alexej Arestowitsch, dass die Studenten, die derzeit von der Wehrpflicht befreit sind, möglicherweise mobilisiert werden müssten. Die Reaktionen in den sozialen Medien waren überwältigend negativ.

In jedem Krieg werden sich manche Männer der Einberufung entziehen. Ich kann das Ausmaß des Problems weder in Russland noch in der Ukraine abschätzen, aber wenn die Ukraine über 5,5 Millionen Männer im wehrfähigen Alter verfügt, kann ihr Nachbar wahrscheinlich mit einer noch größeren Streitmacht aufwarten. Russlands erklärtes Ziel ist die Mobilisierung von 300.000 Reservisten mit militärischer Erfahrung. Verteidigungsminister Sergej Schoigu zählt insgesamt 25 Millionen Reservisten. Vielleicht werden einige von ihnen ins Ausland oder in den Untergrund gehen, aber um den Kriegseinsatz zu sabotieren, müsste die überwältigende Mehrheit von ihnen dies tun.

Einige düster sarkastische Amerikaner sagen, die USA seien bereit, Russland bis zum letzten Ukrainer zu bekämpfen. Irgendwann gehen uns vielleicht einfach die kampfbereiten Ukrainer aus. Vielleicht geht uns auch die Munition aus. Seit Beginn des Krieges wird vorausgesagt, dass Russland bald die Waffen ausgehen werden. Vielleicht ist das auch so. Aber jetzt stellt sich heraus, dass die NATO ihre Vorräte von den Waffen, die wir in die Ukraine geschickt haben, aufgebraucht hat. Unsere derzeitigen Mittel werden voraussichtlich erst in drei Jahren in die Region geliefert werden.

Es sieht nicht so aus, als ob Putins Regime mit einem Hilfspaket für die Ukraine kurz vor dem Zusammenbruch steht. Andererseits könnte es angesichts der Bestrebungen der Ukraine, die NATO einzubeziehen, den Vereinigten Staaten zufallen, diesen osteuropäischen Grenzstreit zu schlichten. Wenn wir das immer noch vermeiden wollen, dann müssen wir den Erzählungen beider Seiten skeptisch gegenüberstehen und ehrlich zu uns selbst sein.

Der Beitrag erschien im englischen Original am 6. Oktober 2022 in The American Conservative. Wir danken, natürlich auch Katya Sedgwick, für die Möglichkeit, eine Übersetzung  zu veröffentlichen.

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25 Kommentare

  1. Ich bezweifle, dass die russische liberale Opposition gut informiert ist. Sie liegt den gleichen Illusionen auf, die in Osteuropa zu verzeichnen waren. Diese hatte allerdings danach ein böses Erwachen, die Überzahl krebst heute mit schlecht bezahlten Minijobs gerade so über die Zeit anstelle des erwarteten Geldsegens.
    Die Probe aufs Exempel war bei Thomas Röper zu erfahren. Eine Freundin aus dem liberalen Kreis begleitete ihn in die Ostukraine und kam völlig desillusioniert zurück. Auf die Frage, was sie ihren Freunden erzählen wird, antwortete sie: Nichts! Ihre Freunde würden sich dann von ihr abwenden, wenn sie ihre Erfahrungen schildern würde.

    1. Angeblich Liberale sind doch nur Scheinliberale, welche Propaganda für spezielle Anliegen mit der Realität verwechseln. Wer aber nicht reif für die Akzeptanz der Realität ist, entmündigt sich selbst.
      Anscheinend kann man nach Marx nicht mehr viel in der Liberalen Liste aufzählen.

      1. Scheinliberale.

        Interessant dazu die russische Journalistin Margarita Simonyan, Chefredakteurin des internationalen Fernsehsenders Russia Today und der Nachrichtenagenturen Sputnik, teilte ihre Gedanken zum Liberalismus in Russland und darüber hinaus live im Fernsehen mit.

        Der Chefredakteur von RT sagte in der Sendung „Rote Ecke“, dass von Liberalismus in Russland keine Rede sein kann, auch nicht über liberale Medien, da es in der Russischen Föderation keine einzige liberale Publikation oder Nachrichtenagentur gebe. Im Großen und Ganzen gibt es auch nicht so viele von ihnen auf der ganzen Welt. Laut Simonyan kann derzeit nur The Nation von Katrina van den Heuvel als solche eingestuft werden. In Russland hingegen gibt es nur oppositionelle Medien, und das sei ein gravierender Unterschied.

        Simonyan erklärte, dass ein Liberaler eine Person ist, die sich zu bestimmten liberalen Werten bekennt. So glauben liberale Politiker beispielsweise an Meinungspluralismus und Toleranz, lehnen Aggression und Gewalt ab und glauben an die Unschuldsvermutung. Die Liberalen in Russland halten sich jedoch nicht an diese Werte. Nach Ansicht der Journalistin ist dies leicht zu erkennen, wenn man die Meinungen vieler „liberaler Medien“ über ihre Aktivitäten liest. Oft finden sich neben Simonyans Namen in deren Artikeln Begriffe wie „Bestie“ oder „Tier“. Die RT-Chefredakteurin ist daher der Meinung, dass Publikationen wie Dozhd oder Echo Moskow nicht als liberal eingestuft werden können. Sie betonte, dass in den Artikeln von „liberalen Autoren“ oft entsetzliche Gewaltaufrufe zu finden seien.

        „Jetzt fordern sie unter anderem, dass Simonyan vor ihrem Haus abgeschlachtet gehöre“, so der RT-Chefredakteur ironisch.

        Nach Ansicht der Journalistin können solche Leute grundsätzlich nicht als Liberale bezeichnet werden, da dies an Lächerlichkeit grenze. Es handele sich vielmehr um Faschisten, die den Liberalismus aus als Fassade benutzen, was man nicht tun sollte. Viele liberale russische Journalisten verstoßen gegen die Unschuldsvermutung und beschuldigen vehement alle und jeden verschiedener Taten, ohne irgendwelche Beweise zu verwenden. Die Ablehnung der Unschuldsvermutung deutet auf einen totalitären Ansatz in den Vorstellungen dieser Autoren hin, aber sicher nicht auf einen liberalen.

        So gilt zum Beispiel Alexej Nawalny als eine Art Führer der s.g. „Liberalen Opposition“ in Russland.
        Dieser Mann bezeichnete auf seinem YouTube Kanal Migranten als Kakerlaken, posierte mit Schusswaffen und ruft zur Gewalt gegen sie auf. Was sind das bitteschön für Liberale?

        Simonyan betonte auch, dass es in der Russischen Föderation keine liberalen Medien und keine Liberalen als Solche gibt. Es wird erst dann möglich sein, über ihre Existenz zu sprechen, wenn es Publikationen gibt, die in der Lage sind, die Sichtweise anderer zu akzeptieren, Situationen zu verstehen und die Menschenrechte und Freiheiten zu verteidigen. In diesem Fall würde die Journalistin grundsätzlich zustimmen, sich solchen Medien anzuschließen, da sie sich selbst als Anhängerin liberaler Ansichten betrachtet. Die RT-Chefredakteurin kam zu dem Schluss, dass es in den Ländern, welche die ganze Welt belehren wie man leben soll, d.h. in den USA und im Vereinigten Königreich, ebenfalls keinen politischen Liberalismus gibt.

  2. Zweifellos sind einige auf der Flucht. Bislang sind schätzungsweise 261.000 aus dem Land geflohen, und vielleicht werden noch mehr folgen.

    Weniger als 0,2 %
    Ich möchte wetten, wenn es in Deutschland zu einer Teilmobilisierung für einen Krieg gegen Russland gäbe, würden sehr viel mehr davon laufen.

    Die Tatsache der Wehrdienstverweigerung ist unbestritten.

    Wenn mir jemand einen Beweis zeigt, dass unter den fliehenden wenigstens ein einziger tatsächlich einen Einberufungsbescheid erhalten hat oder wenigstens unter die Kriterien der Mobilisierung fällt. Mobilisiert werden Reservisten des 1. Grades. Das sind Leute mit militärischer Berufsausbildung. Panzerfahrer, Artilleristen, Offiziere usw… mit Kampferfahrung. Ich möchte wetten, dass unter den Flüchtenden kein einziger aus dieser Gruppe dabei ist.

    Die Fliehenden das ist vor Allem die „Putin muss weg“ Fraktion aus den Reihen der Nawalny Fans. Denen würde ohnehin Niemand eine Waffe anvertrauen. Sollen sie ruhig gehen wohin sie wollen.

  3. Abgesehen von einer Bemerkung im letzten Absatz diesmal ein wertvoller Text, der die Übersetzung wert war. Die Berichterstattung in den westlichen Medien entfernt sich täglich weiter von den realen Fundamentals. die jedem, der eines logischen Gedankens fähig ist unmittelbar sagen, dass die Ukraine gegen Russland auch mit noch so grosser Hilfe aus dem Westen keine Chance hat. Der Verzehr russischer Kräfte, auf den etwa Austin setzt, wird kein nachhaltiger sein, dafür sorgt das unermessliche russische Substrat, wird zudem aufgewogen durch den Zugewinn an militärischen Erfahrungen. Wie im Zweiten Weltkrieg werden die Fehler zu Anfang gemacht und nach und nach korrigiert.

    Die Zunahme an Schlagkraft, die zusätzliche 300’000 Soldaten bedeuten, wird von westlichen Medien komplett ausgeblendet, dafür die Wiedereroberung vorwiegend schwer verteidigbarer und eben aufgrund ihrer Charakteristik strategisch unerheblicher, platter Felder und kleiner Ortschaften zur Ankündigung eines russischen Zusammenbruchs hochstilisiert. Völlig die menschlichen und materiellen Kosten dieser Pyrrhus-Siege der nato-Vertragstruppe ausser Acht lassend. Gut möglich, dass es für die Russen noch weitere Rückschläge geben wird, aber am Endergebnis wirds nichts ändern, sie haben den längeren Schnauf. Daran ändern auch Kamikaze-Aktionen wie in Belgorod oder auf der Kertsch-Brücke nichts. Im Gegenteil weisen diese deutlich aus, welches die schwache Seite ist, denn nur diese greift zu solchen Mitteln.

    1. > wird von westlichen Medien komplett ausgeblendet

      In meinem Umfeld gibt es fast ausschließlich Akademiker. Während der Coronazeit musste ich feststellen, dass diese Leute offensichtlich denkunfähig sind. Und zwar gerade die Akademiker. Selbst im Jahr drei nach Corona gibt es Leute in meinem privaten Umfeld, die einen auf Lauterbach machen und versuchen mir zu erklären, ich würde bald sterben. Und absolut nicht verstehen, warum sie als mehrfach Gespritze Corona bekommen (teilweise mehrfach Corona hatten), während ich als Ungespritzer noch nie einen positiven Test hatte.

      Und weil das noch nicht reicht: Ich habe in meinem Umfeld studierte Reservisten, also Leute mit militärischer Ausbildung, teilweise Offiziere der Reserve, die den offensichtlich Wahnsinn der Ukraine nicht sehen und verstehen wollen. Leute die wirklich glauben, die Ukraine hätte eine Chance. Deutsche Militärs, die von ukrainischen Brandflaschen überzeugt waren, von Javlins und 777ern, von Geparaden oder Himars.

      Ich wünschte mir, so zu sein, wie alle anderen. Abends Tagesschau zu gucken, über die augenblicklich richtige Meinung informiert werden (meine Zwei-Minuten-Hass abholen) und ansonsten zufrieden ein biederes, langweiliges Leben zu führen.

      1. @ Tuka Ram
        ich befürchte zwischen der Meinung und der sozialen „Schichtung“ besteht ein Zusammenhang.

        Was uns dahin führt, dass es zu vielen in der Bevölkerung (ich mag so kraftmeierisches Gerede eigentlich gar nicht) finanziell immer noch zu gut geht.

        Die haben Corona durchgemacht. Die machen auch sonstige Knappheiten durch. Und die anderen halten den Kopf unten.

        Wie hoch die Toleranzgrenze zu sein scheint, sieht man in GB.
        Eine Klassengesellschaft noch viel stärker als wir hier.

        Trotzdem stürmt keiner die Londoner City. Oder den Parteitag von Labour.

  4. Die Russen (russische Regierung) hat ihre Narrative. Die sind falsch.
    Die Deutschen haben ihre Narrative. Die sind genauso falsch.
    Davon redet aber keiner (außer Küppersbusch https://www.youtube.com/watch?v=BwReQ7WgACA ).

    Der Applebaum glaub ich kein Wort. Wer vom Holodomor schwätzt tut so als wären die Ukrainer die einzigen Opfer (und die Bauern des Kazan ungeschoren).

    Insofern ist Frau Katya Sedgwick zu danken. Wie in jedem Krieg sterben die Söhne der Armen für die Reichen.
    Was nur verwundert ist dieser Glaube und Anspruch aus den Medien wahrheitsgemäß unterrichtet zu werden.
    Unterstellt wird die Verblendung, Kapitalismus sei ein Gemeinschaftswerk wo der eine auf den anderen verpflichtet wär und Kapital+Proletariat müßten gegen ausländische feindliche Mächte zusammenstehen.

  5. Ach, und in der Ukraine, da gab es noch nicht einmal einen Einberufungsbefehl oder eine Mobilmachung. Dort wurde gleich jeder von 18-64 unter Ausreiseverbot gestellt, das scheinbar ok. Wieso gab es damals nicht so putzige Fotos, und , hey, war nicht das Geschrei bei den hiesigen Spediteuren groß, keine Fahrer mehr? Im März und April, da ist Ruhe seitdem. Frage wäre hier mal, wer denn nun unter miesesten Bedingungen fährt und die Autobahnen verstopft, sind ja nicht weniger geworden. Die Berichterstattung im allg. ist schon das hinterletzte, aber hinterfragen, nachfragen … gleich Schelle. Oder Lumpenpazifist

  6. Die Fotos von Daily Beast sind alles Fakes. An der russisch-mongolischen Grenze war ich schon mal. da sieht es am Übergang immer so aus, wenn Leute aus den -stans und der Mongolei Besuche zu Hause machen, oder chinesische Kaufleute auf dem Heimweg sind. Die Kontrollen dauern immer, daher auch solche (moderaten) Staus wie auf dem Bild. Es ist auch über hunderte Kilometer der einzige Übergang Richtung Ulan Bator. Dass das mit der Mobilisierung zu tun haben soll, ist an den Haaren herbeigezogen.

    Bei Nishny Lars ist die Fälschung noch frecher. Der Übergang war wegen Überschwemmung und Erdrutschen wochenlang gesperrt, und ist der einzige Übergang nach Georgien. Seit die Strasse wieder teilweise offen ist, fahren vor allem Georgier, die wochenlang nicht nach Hause fahren konnten, auf dieser Strasse. Die jungen Frauen auf dem Bild sind wohl kaum russische Reservisten.

    Wo sind denn die Lager für die „261.000 Flüchtlinge“? Das ist ukrainische Lügenpropaganda, auf die die Autorin reingefallen ist.

    Sicher mögen sich ein paar Leute abgesetzt haben, die meisten zu Beginn des Krieges. Von denen sind viele schon wieder zurück, unter ätzendem Spott patriotischer Blogger.

  7. Diese Woche gab es eine Meldung über eine Anfrage der AFD an die Bundesregeirung, wieviel Männer unter den ukrainischen Flüchtlignen in Deutschland seien.
    Immerhin: 28%

  8. Das Ukrainische Außenministerium auf Twitter: Ukraine traf die Entscheidung der EU beizutreten im Jahr 988 n.Chr.

    #Ukraine and Europe were always friends. In 988 Prince Volodymyr converted #Kyiv Rus to Christianity and decided we need to join the EU. We stand for this idea today and defend Europe from Russian cruelty.

    twitter.com/mfa_ukraine/status/1580925126597484544

  9. Der Westen habe keine Vorstellung von den Folgen eines Sieges der Ukraine im Konflikt mit Russland und wolle daher ein solches Ergebnis nicht, sagte die amerikanisch-britische Journalistin Anne Applebaum auf dem PGS22-Gipfel in Deutschland. Ein Video der Veranstaltung wurde auf dem YouTube-Kanal der Denkfabrik Progressives Zentrum veröffentlicht.

    „Ich bin jetzt seit ein paar Tagen in Deutschland, und es stimmt, dass das Thema Panzer immer wieder auftaucht. Und ich habe mich gefragt, warum sie nicht geliefert werden“, begann sie.

    Applebaum zufolge sei der Grund dafür die Frustration, weil der Westen nicht weiß, wie ein Sieg der Ukraine aussehen müsse. Und dieses Gefühl sei nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Vereinigten Staaten und anderen Ländern zu spüren.

    Die Journalistin fragte sich, ob der Westen einen Sieg der Ukraine wünscht und ob er auf einen solchen Ausgang und seine Folgen überhaupt vorbereitet sei.

    „Wie wird sie Europa verändern, wie wird sie Russland verändern, wie wird sie das Gleichgewicht der Kräfte verändern? Ich glaube, die Panzersituation hat genau damit zu tun“, fasst Applebaum zusammen.

    youtube.com/watch?v=flCue1UrNu4&t=3619s

    1. Noch jemand aus dem „Tal der Ahnungslosen“.
      Zunächst einmal wird in einem Leopard 2 die Munition manuell nachgeladen und die Funktion des Ladeschützen gibt es in keinem modernerem russischen Panzer, denn dort erfolgt das automatisch. Es muss eine Rolle trainiert werden, die es vorher nicht gab und die Zusammenarbeit der Besatzung. Die Nato-Munition hat ein Kaliber von 120 mm, das russische Kaliber ist 125 mm – die muss also mit- und nachgeliefert werden.
      Es gibt keine ausgebildeten Spezialisten für die Wartung und keine Ersatzteile. D.h. die müssen zur Front gekarrt und zur Reparatur wieder zurück (nach Polen?).

      Damit zum nächsten Problem: Deutsche und US-amerikanische Kampfpanzer sind viel schwerer als russische. Gefechtsbereit ist das ein Unterschied von ca. 20 Tonnen. Man braucht also entsprechende Bergepanzer und Tieflader zum Transport. Dann sollte man sich vorher vergewissern, ob die ukrainischen Brücken überhaupt für das Gewicht ausgelegt worden sind. Dito die Pontonbrücken. Weiter: Ein Leo 2A4 ist ein Produkt aus den frühen 90er Jahren – die Idee, er wäre weniger anfällig gegen Javelin und Co. ist falsch. Politisch und symbolisch wären irreparabel auf ukrainischen Feldern herumstehende Leos schlecht, als deutsche (!) Beutepanzer in Moskau ausgestellt ein Super-Gau. Für die amerikanischen M1 Abrams gilt das eben aufgeführte ebenfalls, zuzüglich hohen Kraftstoffverbrauch durch die Gasturbine für den Antrieb. Logistisch ist das insgesamt ein Albtraum.
      Die Vorstellung, es handle sich um kriegsentscheidende „westliche Wunderwaffen“ ist absurd.

      1. Danke für die interessanten Infos.
        Dazu passt ja auch die Sache mit den PZH2000, die ja ein „wunderwerk der Militärtechnik“ sein sollen.
        Die Ukraine wollte im Juni 100 stück bestellen.
        Geliefert wurden 15, nach wenigen Wochen war nur noch ein Drittel einsatzfähig, weil sie im Dauerfeuer genutzt wurden, wofür sie nicht geeignet sind.
        (Meldung der Berliner Zeitung vom 10.8.

      2. Schon richtig, mir ging es aber vielmehr darum, dass Applebaum eine interessante These aufwirft.
        In der Tat, der Westen hat keine klare Vorstellung von einem „Sieg der Ukraine“. Ob eine Kapitulation Russlands ohne die nukleare Apokalypse überhaupt erreichbar sei. Ob die Ukraine nach dem Sieg über Russland nicht selbst zu einer noch größeren exestentiellen Gefahr für den Westen werden würde. Letztendlich ob ein Sieg der Ukraine es wirklich wert ist für den Westen etwaige exestentielle Risiken in Kauf zu nehmen.

        1. Der Auslöser sitzt in Washington und die sind auch für die Aufrechterhaltung bzw. irgendwann für die Beendigung zuständig. Das weiß die russische Regierung auch, weshalb sie im letzten Dezember mit der US-Regierung und nicht mit der Ukraine oder mit irgend welchenBüttelstaaten aus Europa verhndeln wollte. Es ist allen Beteidigten klar, dass sagen wie es weiter geht, hat Moskau und Washington.

          Dein letzter Satz, lieber Russische Hacker, “ Letztendlich ob ein Sieg der Ukraine es wirklich wert ist für den Westen etwaige exestentielle Risiken in Kauf zu nehmen.“, ist in Europa bedeutungslos weil wir darüber nicht mehr bestimmen, denn unsere gewählten US-Marionetten haben sich von den westlichen Bürgern abgekoppelt.

          Und ein neues 1989 wird es friedlich nicht geben und zu einer Revolution ist diese deutsche Bevölkerung (mich wohl eingeschlossen) nicht fähig.

        2. Der Wertewesten hat keine Vorstellung eines „sieges der Ukraine“, weil das zu keinem Zeitpunkt ein eingeplantes Szenario war. Derart dumm, etwas derart Unrealistisches einzuplanen, waren nicht mal die Brandstifter von der NATO.

          Deren erklärtes Ziel war ja schon vor (!) 2014 vielmehr, aus der Ukraine eine Tretmine zu machen, an der die RF ausblutet: „Overextending and unbalancing Russia“, wie es dann in der später ausformulierten RAND-Denkschrift hiess. Oder wie davor auch schon mal schon etwas direkter unter der Hand formuliert wurde von US-„Strategen“: den Russen ein 2tes Afghanistan bereiten.

          Eine Sieg-Option der Ukraine war nie Bestandteil irgendeiner US/NATO/EU-Strategie.

  10. Die Lüge ist Bestandteil des Krieges. Wird allerdings gegen die Interessen seines eigenen Landes gelogen, dann nennt sich das Verrat.

    1. aber Vorsicht. Ist so eine Definition für Verrat einmal in der Welt, kommt der Mißbrauch in Mode.
      siehe Assange and Company
      Und sobald von „Interessen eines Landes“ die Rede ist, geht es höchstwahrscheinlich nicht wirklich um die „Interessen“ dieses Landes.

      1. … und ich bezweifele _sehr_ dass meine persoenlichen Interessen irgendwas mit den Interessen diverser Interessengruppen zu tun haben.
        Oder die Interessen gewisser grosser Teile der Bevoelkerung. Selbst die Interessen der Interessengruppen der politischen Eliten werden abweichen.
        „Gegen die Interessen meines Landes“ – wer legt denn sowas fest?

        Ich suche noch nach der Quelle eines Zitats von Helmut Schmidt, sinngemaess: „Bei der Explosion des ersten Atomsprengkopfes befehle ich die Einstellung der Kampfhandlungen. Europa ist zu dicht besiedelt fuer sowas.“

  11. Ich denke, solange die Russen nicht mehr als 500.000 Soldaten einsetzen, kann die Ukraine dagegen halten.
    Was die Militärtechnik betrifft, so ist das nicht aus der Ferne einzuschätzen. Ich sehe die Meldungen beider Seiten eher kritisch. Natürlich zerstören die Russen viel Infrastruktur. Kriegsentscheidend ist das aber nicht und dort, wo gekämpft wird, ist recht wenig Bewegung.
    Die Kommentatoren, auch die hier oft wieder kehrenden, sind gut beraten, sich das auch mal durchzulesen, was sie so vor 4 Monaten geschrieben haben.
    Ja, im Krieg bleibt die Wahrheit oft auf der Strecke. Aber nur, wer realistisch ist, kann gewinnen. Mir scheint, aktuell haben wir ein Patt. Damit hat der Angreifer wie beim Schach seinen Vorteil eingebüßt.

    1. Die Vernichtung von kritischer (!) Infrastruktur ist nicht kriegsentscheidend ?

      Wie kommen denn dann Soldaten und Rüstungsgüter und die Front ? Zu Fuß oder wie weiland die Wehrmacht per Pferdewagen ? Und wie koordinieren die sich ohne Funk ? Per Kradmelder wie in WK2 ? Wie kommen die an Zielkoordinaten ohne Strom ? Nahrung ? Wasser ? Medizinische Versorgung ?

      Wenn die Grundlagen der einen Seite nur noch auf WK1-Niveau vorhanden sind, während die Gegenseite aus dem Vollen schöpft… das ist nicht kriegsentscheidend ?

      Wie kommt man auf sowas ?

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