Für Amnesty ist Nawalny kein „politischer Gefangener“ mehr

 

Nawalny im Gerichtssaal. Bild: Nawalny-Instagram

Die Organisation fordert weiterhin seine Freilassung, distanziert sich aber von Nawalnys rechten und rasstischen Äußerungen, was der antirussischen Kampagne in Politik und Medien, die Nawalny zur Lichtgestalt aufbaute, einen Dämpfer versetzt.

Einen Rückschlag gibt es für Alexei Nawalny und seine politischen Unterstützer in der EU und den USA, die seinen Fall politisch benutzen, um weitere Sanktionen gegen Russland zu legitimieren und den Konflikt zu eskalieren. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte Nawalny als politischen Gefangenen bezeichnet, als er bei seiner Ankunft in Russland verhaftet wurde, wie dies zu erwarten war.

Die Organisation hatte die Mitteilung, in der eine sofortige Freilassung gefordert wurde, daher auch schon fertig und veröffentlichte sie Minuten nach seiner Verhaftung am Flughafen.  Der „prominente Kremlkritiker“ solle durch seine Inhaftierung zum Schweigen gebracht werden. Er sei wegen „seines friedlichen politischen Aktivismus und der Ausübung der Meinungsfreiheit“ seiner Freiheit beraubt worden.

Offenbar kam man nun zu der Einsicht, dass der vom Nato-Westen gefeierte „Kremlkritiker“ nicht nur eine Lichtgestalt ist, sondern auch seine Schattenseiten hat. Die sind zwar lange bekannt, wurden aber bislang immer gerne als unwichtig oder als vergangen bezeichnet. Wer darauf verwies, kam in den Geruch einer vom Kreml gesteuerten Schmierenkampagne, wie das häufig bei Kritikern der im Westen politisch und medial herrschenden politischen Agenda gegen Russland als Land des Bösen geschieht.

Gegenüber RFE/RL bestätigte Denis Krivosheev, der stellvertretende Leiter des europäischen und zentralasiatischen Büros von Amnesty, dass die Organisation ihn nicht mehr als „politischen Gefangenen“ („prisoner of conscience“) wegen seiner Befürwortung von Gewalt und Diskriminierung sowie von Äußerungen bezeichnen, die auch Hassrede einschließen. Wenn von Verteidigern der antirussischen Kampagne und Unterstützern von Nawalny als angeblich wichtigsten Oppositionspolitiker gesagt wird, dass diese Äußerungen Jahre zurückliegen, so ist doch auffällig, dass er damit weiter kokettiert und sich nicht von ihnen distanziert, wahrscheinlich auch um weiter am rechtsnationalistischen Rand Punkte zu sammeln.

„Einige dieser Äußerungen, die Nawalny öffentlich nicht widerrufen hat“, so Denis Krivosheev, „gehen an die Schwelle einer Verteidigung von Hass, und das liegt im Widerstreit zu Amnestys Definition eines politischen Gefangenen.“ Aleksandr Artemyev, der Medienmanager für Russland von Amnesty, sagte gegenüber Mediazone, man habe die Bezeichnung „im Licht neuer Informationen“ zurückgezogen, die von „alten Videos und Postings in Sozialen Medien stammen, in denen Nawalny umstrittene Äußerungen machte“. Die hätte man bei den Unterstützern gerne im Dunklen gelassen, obgleich sie bekannt waren. Artemyev spielte sie auch gleich wieder herunter, wenn er sagt, dass das Wiederauftauchen der Äußerungen eine weitere Taktik sei, Nawalnys Arbeit und Kritik zu delegitimieren und den öffentlichen Aufschrei über seine Verhaftung zu schwächen“. Dahinter soll eine russische Kampagne stecken, heißt es bei Mediazone. Dann müsste er freilich auch seine Organisation als Teil der Taktik sehen.

Bekannt ist etwa ein Video aus dem Jahr 2007, in dem Nawalny für das Recht auf Schusswaffen eintritt und Immigranten und Muslime als Kakerlaken bezeichnet. Später nahm er einige Jahre lang an den „Russischen Märschen“ von Rechtsextremisten teil und biederte sich rechtsnationalistischen und ausländerfeindlichen Bewegungen an. Von der Jabloko-Partei war er bereits 2007 wegen seines Hangs nach rechts ausgeschlossen. Im Georgien-Krieg unterstützte er Russland. Auch jetzt sucht der Populist mit seiner Strategie des intelligenten Wählens eine Art Querfront bei Wahlen zu bilden, bei der es egal ist, aus welcher Partei ein Politiker kommt, wenn er nur gegen „Einiges Russland“, die Partei Putins, ist und deren Macht schmälern kann.

Allerdings habe er, so Amnesty, derartiges in den letzten Jahren nicht mehr gesagt und halte Amnesty weiter an der Forderung fest, dass er wegen seiner politischen Verfolgung freigelassen werden müsse. Ein Verbrechen habe er nicht begangen, er sei nur eingesperrt worden „wegen seiner friedlichen Antikorruptions-Untersuchungen und -Kampagnen, seinem politischen Aktivismus und seiner Kritik an Putins Regierung“.

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