EU und USA im Strudel der Sanktionen

Bild: EU

Wegen Nawalny haben EU und USA koordiniert weitere Sanktionen gegen Russland verhängt, die EU sanktionierte russische Amtsträger erstmals mit der globalen Sanktionsregelung im Bereich der Menschenrechte.

 

Die EU hat heute in Koordination mit den USA erstmals nach dem im Dezember beschlossenen neuen Global Human Rights Sanctions Regime – der Vorschlag fiel durch, dies in den Kontext der ausdrücklich gegen Russland gerichteten Magnitski- Gesetze zu stellen – Sanktionen gegen Russland verhängt. Damit sollen Menschen bestraft werden, die für Taten wie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, dazu gehören auch willkürliche Inhaftierungen und Verhaftungen. Sanktionierte dürfen nicht in die EU einreisen, ihre Vermögen werden eingefroren.

Man will es den USA nachmachen, die schnell mit Sanktionen als außenpolitisches Druckmittel agieren, um Interessen durchzusetzen. Dabei werden Menschenrechte sehr selektiv vorgeschoben, zumal die USA gegen den Internationalen Strafgerichtshof (ICC), der just dafür geschaffen wurde, Sturm gelaufen sind und ein Gesetz beschlossen haben, auch bei Bedarf mit militärischer Gewalt dagegen vorzugehen. Aber da müsste man sich einer ordentlichen Rechtsprechung unterordnen und kommt auch selbst theoretisch in Gefahr, sich vor dem Gerichtshof wegen Kriegsverbrechen und anderem verantworten zu müssen. Als der ICC Foltervorwürfen von US-Soldaten und Geheimdienstmitarbeitern in Afghanistan nachgehen wollte, verhängte Washington Sanktionen gegen die Richterin und den Staatsanwalt, gedrohte wurde allen mit Sanktionen, die es wagen, den Vorwürfen nachzugehen. Dem Vorgehen schloss sich nun auch die EU, deren Mitgliedsländer aber den ICC anerkennen, an. Vermieden werden lange sich hinziehende Prozesse, Sanktionen können jetzt eben beliebig und vage oder scheinheilig begründet angeordnet werden.

 

Die USA brachten es gerade fertig, den saudischen Kronprinzen durch einen Geheimdienstbericht für die Ermordung  des Journalisten Khashoggi verantwortlich zu machen, aber nur subalterne Personen zu sanktionieren. Der Kronprinz bleibt unbehelligt, man will ja weiter Geschäfte und Geopolitik mit Saudi-Arabien machen, man hat jetzt nur ein Druckmittel mehr, gegen die Führung des Landes besser die eigenen Interessen durchsetzen zu können.

Koordinierte Aktion

Bezeichnend ist, dass die ersten Sanktionen der EU nit dem neuen Instrument sich gegen Russland richten und dazu die Verurteilung von Alexei Nawalny bemühen, der nach seiner Vergiftung im Sommer vom transatlantischen Westen als Hauptgegner Putins aufgebaut wurde, in Deutschland mit einem Massenaufgebot an Sicherheitskräften geschützt wurde und dann wohlkalkuliert wieder nach Russland einreiste, wohl wissend, dass er dort verhaftet wird. Möglicherweise hatte er damit gerechnet, dass Moskau unter internationaler Aufmerksamkeit dann nicht die Bewährungsstrafe in eine Gefängnisstrafe umwandelt, aber vermutlich ist Nawalny eben nur Mittel, um Druck gegen Russland auszuüben und das Land zu isolieren. Da ist auch besser, er wird verurteilt.

 

Jetzt wurden von der EU vier Russen sanktioniert, die für „schwere Menschenrechtsverletzungen“, also für willkürliche Verhaftungen und systematische Repression der Freiheit friedlicher Versammlungen und Vereinigungen sowie der Meinungsfreiheit verantwortlich gemacht werden. Der Europäische Menschengerichtshof hatte die Verurteilung von Nawalny und dessen Bruder wegen Betrugs im Fall Rocher beanstandet, weil dies aufgrund eines Gesetzes geschah, das erst nach der Tat in Kraft trat. Tatsächlich sollte Nawalny wohl lahmgelegt werden, immerhin wurde die Gefängnisstrafe aber in eine Bewährungsstrafe umgewandelt, wodurch Nawalny seine Aktivitäten fortsetzen konnte, er musste sich nur regelmäßig beim russischen Föderalen Strafvollzugsdienst (FSIN) melden, was er 2020 nach FSIN weder vor seiner Vergiftung noch nach seiner Genesung machte. Ob etwa FSIN-Chef Alexander Kalashnikov als Behördenvertreter Nawalny willkürlich inhaftieren ließ, ist fragwürdig, zumal dieser die Möglichkeit nicht genutzt hat, gegen den Vorwurf der Verletzung der Auflagen von Deutschland aus vorzugehen. Das wollte man offensichtlich nicht, weil es nicht in die Eskalationsstrategie passt, die nach dem Abgang von Trump nun wieder die EU und die USA vereinen.

Dazu wurden Alexander Bastrykin, Leiter des Ermittlungskomitees der Russischen Föderation, Igor Krasnov, Generalstaatsanwalt der Russischen Föderation, und Viktor Zolotov, Chef der Nationalgarde, sanktioniert. Ein Grund ist das Vorgehen gegen Versammlungen und Demonstrationen von Anhängern Nawalnys. Dessen Mitarbeiter hatten wohl auch bewusst die Versammlungen in Corona-Zeiten nicht angemeldet, um polizeiliches Vorgehen auch für die internationale Öffentlichkeit zu provozieren. Unangemeldete oder verbotene Versammlungen werden auch in den westlichen Staaten aufgelöst, zumal wenn sie gegen Corona-Regeln verstoßen.

 

Die USA unter Biden/Harris überboten die EU und verhängten Sanktionen wegen der Vergiftung und der Inhaftierung von Nawalny. Neben Kalashnikov und Krasnov sind FSB-Firektor Aleksandr Bortnikov, Andrei Yarin, der Leiter des Politischen Direktorats des Präsidenten, Sergei Kiriyenko, der stellvertretenden Leiter der Präsidialverwaltung, die stellvertretende Verteidigungsminister Aleksey Krivoruchko ) und Pavel Popov betroffen. Der Geheimdienst FSB, GosNIIOKhT, das 33rd TsNIII, das 27th Scientific Center, der Geheimdienst GRU und GRU-Offiziere Alexander Yevgeniyevich Mishkin und Anatoliy Vladimirovich Chepiga wurden ebenfalls vom Außenministerium mit Sanktionen wegen des angeblichen Einsatzes von Chemischen Waffen gegen Nawalny durch den Countering America’s Adversaries Through Sanctions Act (CAATSA) bedacht. Über wurden neben russischen Firmen auch die deutschen Unternehmen Chimconnect Gmbh, Pharmcontract Gmbh, Riol-Chemie und die schweizerische Chimconnect AG

Unterstellt wird dabei, dass in Russland weiterhin Chemische Waffen, also Nowitschok, hergestellt werden und dass der Anschlag vom FSB ausgeführt und vom Kreml genehmigt wurde. Dafür liegen allerdings bislang keine Beweise, sondern nur Vermutungen vor. Wie so oft war Bellingcat im Verein mit einigen Medien der Beschaffer der „Beweise“.

Maria Sacharova, die Sprecherin des russischen Außenministeriums, erklärte, die brüchige Partnerschaft von EU und den USA beruhe auf Russophobie und einem endlosen Kampf gegen Windmühlen. Kremlsprecher Peskow drohte mit Gegenmaßnahmen.

RSF stellt Anzeige nach dem Weltrechtsprinzip gegen saudischen Kronprinz

Kaum denkbar ist, dass Deutschland nach dem Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) und dem Weltrechtsprinzip gerichtlich gegen Saudi-Arabien vorgehen wird, nachdem nun ein ehemaliger syrischer Geheimdienstmitarbeiter, der nach Deutschland geflüchtet war, wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Form von Folter und schwerwiegender Freiheitsberaubung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden ist. Reporter ohne Grenzen hat jetzt Strafanzeige gegen Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman und anderen Vertretern der Monarchie wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Fall des ermordeten Jamal Khashoggi und der willkürlichen Inhaftierung von 34 Journalistinnen und Journalisten erstattet.

 

Der Anzeige nicht nachzukommen, bietet die Möglichkeit, dass Beschuldigte im Land sein sollten. Hier wird also nichts geschehen. Es wäre auch ein Fall für das Global Human Rights Sanctions Regime, aber auch das wird Deutschland wegen der guten Geschäfte in der EU nicht durchsetzen können und wollen. Überdies gibt es willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen auch in der EU (katalanische Politiker) und in Großbritannien (Assange) oder Anklagen wegen Kriegsverbrechen gegen die USA, was zudem die Einseitigkeit der europäischen Menschenrechtswahrer bezeugt, die sich lediglich unter dem Deckmantel der Menschenrechte ein Mittel geschaffen haben, um Interessen durchzusetzen.

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