Ein gewollter überflüssiger Krieg

Verteidigungsminister Yoav Gallant hat “die Fortsetzung der offensiven IDF-Aktivität” genehmigt. Bild: IDF

Israels Schlagabtausch mit der Hisbollah ist diese Woche eskaliert. Ein Krieg ist ausgebrochen. Ein notwendiger Krieg?

 

Nun ist er wieder da, der Krieg. Entsetzlich, wie salopp sich dieser Satz sagt. Ungleich entsetzlicher freilich die Realität, die ihn gezeitigt hat. Denn es ist zu diesem Zeitpunkt nicht ausgemacht, welche Dynamik die bereits eingetretene Gewalteskalation zwischen Israel und der Hisbollah annehmen wird (man weiß stets, wie man in einen Krieg einsteigt, selten aber von vornherein, wie er ausgehen wird); aber wie bzw. warum es zum Krieg gekommen ist, kann man sehr wohl wissen.

So besehen, geht es eigentlich weniger darum, wie man aus einem begonnenen Krieg wieder aussteigt, als darum, wie er hätte verhindert werden können. Das ist freilich keine leicht zu beantwortende Frage. Denn sie setzt implizit voraus, dass man den Krieg nicht gewollt hat. Und in der Tat mag man sich wundern, wie es möglich sei, dass nach all dem Horrenden an Tod, Verwüstung und menschlichem Elend, das man in den vergangenen zehn Monaten beim Gazakrieg gesehen und erlebt hat, man sich so schnell wieder zu einer Gewalteskalation im Libanon hinreißen lässt, die das Potential zu einem noch größeren Horror (auf beiden Seiten) in sich birgt. Das – so der common sense – kann man doch nicht gewollt haben.

Zu fragen gilt es, ob diese Grundannahme überhaupt stimmt. Von selbst versteht sich, dass man im nachhinein zumeist nur den Kopf schütteln kann über die menschengemachte Katastrophe. Dass man sich dabei eines Paradigmas von Good-guys-bad-guys bedient, bezeugt ja nur, dass man einer kognitiven Krücke bedarf, um “die Dinge” (mithin den schieren Ausbruch des Krieges) moralisch einordnen zu können. Aber “die Dinge” sind nie eindeutig, jedenfalls nicht einseitig bestimmbar.

Empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang die Lektüre von Christopher Clarks Buch Die Schlafwandler. Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog, in welchem nachgezeichnet und erörtert wird, wie die beteiligten Mächte selbst in jenen Krieg, der nicht von ungefähr als die erste große Katastrophe des 20. Jahrhunderts bezeichnet worden ist, gleichsam schlafwandlerisch hineingeschlittert sind. Es lassen sich entsprechend drei Positionen vertreten, die den Ausbruch eines Krieges begründen:

  1. Good guys standen bad guys gegenüber; man konnte dem Konflikt nicht ausweichen; um den Sieg der good guys zu erringen, war der Krieg notwendig gworden.
  2. Eine Dynamik von Kontingenzen hat zum Gewaltausbruch geführt; man war sich quasi gar nicht bewusst, sich auf dem Weg zur Katastrophe zu bewegen.
  3. Man hat den Krieg gewollt und seinen Ausbruch interessengeleitet bewusst herbeigeführt, wobei die Interessen und die Motivation zur Kriegsführung fremdbestimmt waren, mithin der offiziellen ideologischen Kriegsbegründung nicht entsprachen.

Wie steht es also mit dem in dieser Woche in eine neue, bedrohliche Phase eingetretenen Krieg im Libanon? Die Frage lässt sich nur im Kontext des Gazakrieges beantworten. Gewiss ist, dass die Hamas den 7. Oktober gewollt und initiiert hat. Nicht ausgemacht ist aber, dass Yahia Sinwar die Konsequenzen des von ihm geplanten Massakers tief genug durchdacht hat: Die Hisbollah hat die von ihm erhoffte Hilfe nur zögerlich geleistet; der im Hintergrund stehende Iran hat sich nicht zum vollen Krieg mit Israel bewegen lassen; die Auswirkungen für die Gazabewohner sind horrend. Denn Israel wollte Vergeltung für das am 7. Oktober erlittene Unglück, wollte die Hamas kriegerisch besiegen und Rache ausüben für “die schlimmste Katastrophe, die Juden seit der Shoah widerfahren ist” (wie man medial bald genug zu propagieren wusste).

Es galt auch die Schmach aufzuwiegen, die man durch das Versagen der Armee, der Geheimdienste wie auch der Regierenden am Katastrophentag über sich hat ergehen lassen müssen. Wusste man, worauf man sich da (rein militärisch besehen) einließ? Wohl kaum: Der Krieg in Gaza zieht sich (für Israels Sicherheits- und Militärdoktrin ungewohnt) schon seit einem Jahr, und das dringliche Geiselproblem ist noch immer ungelöst. Und dennoch wollte man den Krieg, und zwar ungeachtet der Frage, ob man ihn wollen musste (Israel war ja in seinem Territorium angegriffen worden).

Was hat Yahia Sinwar (seine Misskalkulation mitbedacht) bewogen, einen Krieg mit Israel zu riskieren? Man kann davon ausgehen, dass es vor allem sein Bestreben war, sich gegenüber der im Widerstand gegen die israelische Besatzung in den letzten Jahren erlahmte PLO zu profilieren; der innerpalästinensische Machtkampf ist ja nie versiegt, wird mithin in verschiedenen Formen seit Jahren perpetuiert. Sinwar ist dabei nicht der einzige, der bereit ist, die große Opferzahl sowie die Not und das Elend der von ihm beherrschten Bevölkerung von vornherein in Kauf zu nehmen.

Wie kommt es, dass Netanjahu sich weigert, den Gazakrieg zu beenden? Haben doch inzwischen selbst die obersten Ränge der IDF sowie der Verteidigungsminister den von ihm proklamierten “totalen Sieg” gegen die Hamas für “baren Unsinn” erklärt und plädieren für eine Beendigung der Kampfhandlungen im Gazastreifen, vor allem, um im Rahmen eines Deals mit der Hamas die in ihrer Gefangenschaft verbliebenen Geiseln freizubekommen. Netanjahu hat es aber trotz der öffentlichen Demonstrationen für die Befreiung der Entführten geschafft, die Priorität der Geiselfrage de facto zu eliminieren; er hat jeder sich öffnenden Möglichkeit zum Deal durch Verzögerungstaktiken effektiv entgegengewirkt.

Dabei durfte er sich der Unterstützung durch seine Koalitionspartner sicher sein – diese wollen den Deal nicht (die gewichtigen unter ihnen, Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich, streben die Besetzung des Gazastreifens und womöglich seine jüdische Neubesiedlung an), und sie haben dieses Nichtwollen zu einem perfiden Erpressungsinstrument gerinnen lassen: Man werde die Koalition auflösen, wenn der Premier den Deal eingeht.

Netanjahu seinerseits kann diese Erpressung nur begrüßen: Er ist um nichts mehr bemüht, als um den persönlichen Macht- und Herrschaftserhalt, der ihm auch die Hinauszögerung seines seit Jahren laufenden Prozesses (wegen Korruption, Betrugs und Veruntreuung) garantiert. Ein regierender Premier ist zwar nicht immune, aber doch einigermaßen geschützt vor juristischer Verfolgung. Und um sich dessen zu versichern, darf eben seine Regierungskoalition nicht aufgelöst werden; und damit sie nicht aufgelöst werde, muss der Krieg weitergehen – und da der Krieg mit der Hamas ins Stocken geraten ist, bedurfte es eines “neuen” Krieges, und der bot sich nun durch die Gewalteskalation mit der Hisbollah an.

Nun ist es so, dass die Hisbollah durch Dauerbeschuss der Ortschaften an der nördlichen Grenze Israels ein reales Sicherheitsproblem erzeugt hat: rund 65.000 ihrer bedrohten BewohnerInnen mussten evakuiert werden. War da der Krieg nicht notwendig geworden? Nein, er war es nicht. Denn wäre ein Deal zwischen Israel und der Hamas zustande gekommen, wären die Kampfhandlungen im Gazastreifen beendet, die Geiseln befreit und auch der Beschuss Israels durch die Hisbollah wäre eingestellt worden.

Nicht nur der Krieg mit der Hamas hätte beendeten, sondern auch der aktuelle Krieg mit der Hisbollah verhindert werden können. Aber das hätte das Ende der Netanjahu-Regierung bedeutet – eine für ihn endzeitliche Vorstellung, deren Verwirklichung um jeden Preis im Keime erstickt werden muss. Netanjahu will den Krieg im Libanon. Er muss diesen mitnichten notwendigen Krieg wollen. Und die Geiseln? Die können geopfert werden. Will er das? Wahrscheinlich nicht. Aber was sein muss, muss eben sein.

P.S. – Kurz nach Beendigung der Niederschrift dieser Zeilen, wird berichtet, dass ein Waffenstillstand für 21 Tage ausgehandelt worden ist. An der Kernaussage des hier Erörterten ändert dies nichts. Bezeichnend gleichwohl, dass die kahanistische Partei Itamar Ben-Gvirs, des israelischen Polizeiminister, die den Fortbestand der Koalition Netanjahus garantiert und zugleich erpresserisch bedroht, sogleich eine dringende Sitzung einberufen hat (die Unterbrechung des Krieges ist für sie inakzeptabel).

Netanjahu fliegt heute in die USA, um eine Rede in der UN zu halten. Mitten im Krieg leistet sich der Premierminister eine Luxusreise mit seiner Frau, und der großmäulige Koalitionspartner befleißigt sich derweil einer Drohgebärde. Diese Farce ist symptomatisch für Israels Politrealität. Es gilt abzuwarten, wie der Premier und sein Polizeiminister aufeinander reagieren werden.

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104 Kommentare

  1. Warum aufhören? Die Waffen werden pünktlich geliefert, die Unterstützung seitens des Westens ist nahezu ungebrochen, von USA und Deutschland völlig kritiklos und verrecken tun meist massenhaft die Nicht-Israelis. Die Geschäfte laufen bestens.

  2. Was sich Sinwar gedacht hat, ist recht einfach: er dachte, er könne Israel wieder mal zum Einlenken zwingen, indem er weltweit seine Brüllaffen mobilisiert. Was dann eine tausendjährige Terrorherrschaft über den Gaza gesichert hätte. Hat aber nicht sollen sein: die Hamas militärisch total vernichtet, die Hisbollah weitgehend. Und die Brüllaffen schweigen. Dumm gelaufen.
    Ist ja nett, dass Moshe die Flüchtlinge in Nordisrael erwähnt. Die Hisbollah hat die Beschießung sofort nach dem 7. Oktober begonnen, als Israel nichts anderes tat, als die Luftangriffe der Hamas abzuwehren. Voll drauf auf die Zivilbevölkerung, rund um die Uhr. Was hier kaum jemand weiß. Jüdische Opfer sind uninteressant. Während die Lügenweiber der Hamas in Dauerschleife laufen.
    Die Hisbollah ist laut UNO-Beschluss von 2006 zu entwaffnen und hat sich hinter den Litanifluss zurückzuziehen. Was UNO-Truppen beaufsichtigen. Die Hisbollah hat keine Patrone abgegeben, am Litanifluss tut sie so, als ob die UNO garnicht da wäre. Damit nicht genug: es wurden 150.000 Raketen aus dem Iran im Südlibanon aufgestellt. Mitten in die Wohngebiete hinein. Wer hat da protestiert? Niemand. Es war ja viel wichtiger, sich über Israel aufzuregen.
    Generalsekretär Guterres hat einen Neustart der UNO angekündigt. Es wäre vielleicht ein Anfang, wenn seine UNO nicht immer auf Seiten und zugunsten der Terroristen agieren würde.
    150.000 Raketen aus dem Iran, das hat irrsinnige Geldbeträge verschlungen, in einem Land, in dem bitterste Armut herrscht. Und natürlich dienen diese Raketen zur Auslöschung Israels und seiner Bewohner. Das sind die Vollstrecker Adolf Hitlers, sie bestreiten es nicht einmal. Gibt es noch einen letzten Depp, der das nicht begriffen hat?

    Könnten wir mal die Operettendebatte beenden und und darum kümmern, wo in diesem Konflikt tatsächlich die Arschlöcher sitzen? Ich bitte darum.

    1. Die Arschlöcher sitzen da, wo die zweistaatliche Koexistenz von Israelis und Palästinensern sabotiert wird. Also in der israelischen Regierung und ihren westlichen Waffenlieferanten und Propaganda-Brüllaffen.

    2. Eigentlich tust du mir ja leid. Dermassen vom Hass zerfressen zu sein kann nicht gesund sein.

      Aber dass du das alles immer stramm hier ins Forum kotzen musst, müsste eigentlich nicht sein.

        1. @ Artur
          sind Sie etwa der Meinung, Netanjahu
          und seine rechtsradikalen Brüder lösen das Problem, in dem sie wie wild in der Gegend rumbomben und dabei wahllos töten???
          Das Problem wird nur in die nächste Generation verschoben, dann gibt es
          neue Hamas- und Hisbollah Kämpfer.
          Der Lieblingsfeind Iran wird nicht in die ausgelegten Fallen Israels tappen.
          Israel muss seine Zionisten loswerden, und den Traum von
          Erez Israel begraben, das biblische Grundbuch ist im 21. Jahrhundert
          tödlich!

    3. Netanjahu hat jedenfalls seine zionistischen Brüllaffen mobilisiert, sogar hier im Forum (zionistischer Brüllaffe Arthur_C).

      Klar, die Hamas ist ist eine Terrormiliz.

      Israel hat auch mal so angefangen.

      Und bis heute nicht aufgehört.

      1. Nur das Terrormilizen keine Apache oder F-22 haben.
        Und keine impotente UNO, die denen letztendlich alles erlaubt. Schein Kritik und Resolutionen ohne irgendeine Konsequenz.
        Mittlerweile sogar eine Kriminalisierung von Kritikern.
        Wow

    4. Sie sollten sich mal untersuchen lassen. Soviel Einseitigkeit verursacht schwere Haltungsschäden, physische wie psychische. Im übrigen sind mir Brüllaffen ein Quäntchen lieber als hinterfotzige Schleimsch…er und feige Meuchelmörder, die es dann nicht gewesen sein wollen.

    5. So ist es. Traurig ist allerdings auch, dass hier die von Ideologie zerfressenen Linksgrünen
      und die ins Land eingesickerten Israelhasser lieber in Palestinensertüchern herumlaufen, statt ihr Gehirn zum denken zu benutzen.

  3. Hier wird vom Krieg der Hamas gesprochen. Falsch, das ist ein Ausbruch aus einem Konzentrationslager. Das die Hamas damit bewußt die Abraham Accords sabotieren wollte – was das Ende einer Lösung für die Palästinenser impliziert hätte – mag zutreffen. Wo sich die Hamas wirklich verrechnet hat: Anders als beim Fall Gilad Shahid (Austausch gegen rund 1000 Palästinenser) ist dem Netanyahu-Regime das Leben der israelischen Geiseln egal. Das beweist ja schon die Hannibal-Direktive am 7. Oktober 2023.

  4. Ich denke nach wie vor, dass die israelische Regierung auch den Krieg mit dem Iran möchte. Und sie möchte die USA (und möglichst viele weitere Staaten) mit hineinziehen. Was bisher nicht gelungen ist.
    Diese Regierung ist furchtbar. Man riskiert einen Flächenbrand, der den gesamten Nahen und Mittleren Osten erfassen könnte. Und das alles, um einem korrupten PM mitsamt blutdurstigen rechtsradikalen Mordbrennern in der Regierungskoalition an der Macht zu halten? Kaum zu glauben.
    Noch schwerer zu glauben ist aber, dass genau diese Regierung von “uns” (dem kollektiven Westen, der ja angeblich wertegeleitet ist) weiterhin mit Waffen und Geld beliefert wird und auf diese Weise dieser Krieg noch weiterhin befeuert wird.

    1. “Noch schwerer zu glauben ist aber, dass genau diese Regierung von “uns” (dem kollektiven Westen, der ja angeblich wertegeleitet ist) weiterhin mit Waffen und Geld beliefert wird und auf diese Weise dieser Krieg noch weiterhin befeuert wird.”

      Wirklich? Wird aber Zeit, daß wir das jetzt endlich mal “glauben”.
      Das mit den Werten bezieht sich rein auf Bodenschätze und so, wird oft falsch verstanden…);
      Mal was Anderes: was hat Netanjahu über Biden in der Hand, daß der sich wieder und wieder so abwatschen lässt?
      Oder ist das wirklich nur die Prinzipientreue eines verkalkten Hirns?

      There’s something happening here
      But what it is ain’t exactly clear
      There’s a man with a gun over there
      Telling me I got to beware

      1. @ “dem kollektiven Westen, der ja angeblich wertegeleitet ist”

        Es kommt halt auf die Werte an.
        Wenn man Wert auf Krieg und Unterdrückung legt ist das auch wertebasiert.
        Wertebasiert setzt ja nichts Positives voraus, auch wenn die Grünen es so darstellen.

    2. “Ich denke nach wie vor, dass die israelische Regierung auch den Krieg mit dem Iran möchte. Und sie möchte die USA (und möglichst viele weitere Staaten) mit hineinziehen. Was bisher nicht gelungen ist.”
      Vielleicht ist der Zusammenhang noch viel größer ?
      Israel die Südfront, Ukraine die Nordfront, beide gegen die wichtigsten Flügel Russland und Iran, dann wenn die besiegt der Stoß gegen China ?

      1. Was auch immer die vorhaben. Man sollte sich dem verweigern. Was Israel jetzt getan hat und noch tun, hat es selbst zu verantworten und die Konsequenzen zu tragen. Europa sollte sich da raushalten, Deutschland erst recht. Der Staat Israel ist zum Täter geworden. Unser ewig schlechtes Gewissen können wir getrost aufgeben und uns nicht mehr erpressen lassen.

  5. Zuckermann:
    „Es galt auch die Schmach aufzuwiegen, die man durch das Versagen der Armee, der Geheimdienste wie auch der Regierenden am Katastrophentag über sich hat ergehen lassen müssen. Wusste man, worauf man sich da (rein militärisch besehen) einließ? Wohl kaum.“

    Das halte ich für eine Lüge. Es gibt genug Evidenz, dass der 7. Oktober zugelassen wurde, um mit der ethnischen Säuberung beginnen zu können. Die Regierung wusste sehr genau, worauf sie sich einließ.

    1. Wie wird die Habeck-Partei (von Grünen kann man ja nicht mehr reden) darauf reagieren, wenn die Flüchtlingsströme aus Palästina auch nach Deutschland kommen? Werden sie genauso wieder nach Israel abgeschoben wie neuerdings die Kurden in die Türkei, wo Erdogans Folterknechte schon auf sie warten? Gerade haben sich die drei grün/schwarz regierten Länder NRW, SH und BW darauf geeinigt, die Merz’sche Flüchtlingspolitik (=AfD) 1:1 durchzusetzen. Ukrainer sind natürlich wieder ausgenommen

      1. Die Olivgrünen haben eigentlich fertig. Die, die da am Drücker sind, haben ihre historische Mission ja bereits erfüllt: durch links Blinken und Heucheln das Land nach rechts zu verschieben, und für einen Krieg gegen die russischen Untermenschen bereit zu machen – in Andenken an ihre braunen Großväter. Und mit Brantner schicken sie eine ähnlich kriegsgeile und transatlantisch abgerichtete Vertreterin vor wie die Bärböckin.

  6. Die Vereinbarung für einen 21-tägigen Waffenstillstand war anscheinend schon nach 24 Stunden hinfällig. Zumindest soll der israelische Außenminister da bekundet haben, dass es keinen geben wird. Und vor ein paar Tagen hat auch irgendeine schräge Gestalt aus Netanjahu’s Kabinett mal wieder erklärt, dass er die Regierungskoalition platzen lassen würde, wenn Waffenstillstand vereinbart würde. Netanjahu selber hat dann gestern, bevor er seinen USA-Besuch vorzeitig abgebrochen hat, auch bei seiner Rede vor der UN eine Waffenruhe abgelehnt und zwischendurch wohl noch vom Hotelzimmer aus die Genehmigung für eine größere Militäroperation erteilt. Vom internationalen Ansehen her müsste dem Mann eigentlich unten durch sein. Aber wenn man die Bigotterie des Westens kennt wundert man sich nicht, dass er weiter unterstützt wird.

    1. Es ist jetzt ein wohlbekanntes Muster, daß Netanjahu bei Verhandlungen Kompromissbereitschaft zeigt und dann 15 min. später vor der Presse das Gegenteil sagt. Er verarscht einfach alle und alle lassen sich das gefallen, warum, ain´t exactly clear…(siehe mein Kommentar oben)

  7. Zuckermann ist ein durch und durch verwestlichter Ideologe. Wenn er begriffe dass es um die Kolonisierung Palästinas geht, das Israel nichts anderes als eine Kolonialmacht ist, das “occupation” nur ein Euphemismus für “Kolonisierung” ist, wenn er ein aufgeklärtes Geschichtsbewusstsein besässe und z. B. an Frankreich in Algerien dächte, etc., etc. dann wüsste er dass die Kolonialmacht Israel Kolonialkriege gegen die Befreiung und Unabhängigkeit der Palästinenser führt und dass die Geschichte lehrt dass letztlich Wahrheit und Gerechtigkeit obsiegen, und nicht westliche Doppelmoral und doppelte Standards!

    1. Just for the record:
      Ein zu Staatsmacht und Nuklearmacht gelangter Siedlerkolonialismus macht noch keine “Kolonialmacht”!

      Es gibt nach wie vor Verrückte in der zionistischen Militäraristokratie, die von einer israelischen Kolonialmacht träumen, die den Süden des Libanon, Jordanien und Syrien bis zum Euphrat einschließen möchte, und den nuklear gestützten Terrorismus als einen kolonialistischen Krieg ansehen. Doch ein Schwachsinn macht keine “Kolonialmacht”, sondern günstigenfalls aus einer “Villa in the Jungle” ein mit einem “Todesstreifen” umfasstes, vornehmes Irrenhaus mit einer Kleinstadt voller Dienstvolk drumrum.

      Ich gehe auf diesen Schwachsinn nur deshalb ein, weil so viele Leute in der Region ihn teilen, nämlich in der Form, daß sie behaupten, das Ziel dieses “Libanonkrieges”, der keiner ist, sei es, die USA in einen Irankrieg zu ziehen bzw. zu nötigen.
      Und in der Tat mag das eine wilde Hoffnung vieler Verrückter in der zionistischen Militäraristokratie sein, nur hat sie mit den Realitäten der imperialen Welt nix zu tun.

      Tat-Sächlich setzt die Militäraristokratie Israel politökonomisch auf den Status Jordaniens herab, einen Transitstaat, dessen dynastische Herrschaft zum Zwecke regionaler Stabilisierung alimentiert wird.

  8. “Israel was downgraded for the second time this year by Moody’s Ratings as the economic costs mount from almost 12 months of fighting in Gaza and an worsening conflict with Hezbollah.

    Moody’s cut Israel by two notches to Baa1 from A2, the ratings company said
    late on Friday, leaving the country three steps above non-investment grade. The outlook remains negative.”
    https://www.bloomberg.com/news/articles/2024-09-27/israel-is-downgraded-by-moody-s-again-as-war-takes-economic-toll

    Abnutzungskrieg. Hisbollah schiesst mit billigen Katyushas, Israel fängt sie mit teuren Patriots ab: wenige Tsd. Eur / Rakete vs. 1 Mio Eur./Patriot. Im Gegenzug zerbombt Israel Wohnhäuser und gewinnt so die Herzen der Welt.

  9. Das ist kein Krieg!
    So wenig, wie die Vernichtung des Gaza ein Krieg ist.
    Es sei denn, man nimmt zur Kenntnis, daß es sich bei diesem nuklear abgesicherten Terrorismus um einen Krieg “über Bande” gegen das Mutterland USA handelt.

    Diese Verkennung allein spricht Bände über die um sich greifende Zerrüttung bürgerlich geprägter Verstandeskräfte.

  10. Um die Schmach des 7.10. auszugleichen, müßte man die wirklichen Drahtzieher um
    Netanjahu endlich einsperren. Artur C. glaubt sicher auch noch an den Osterhasen wenn
    er denkt, das der Angriff von der Hamas geplant war. Nein Artur, der Osterhase kommt
    auch nächstes Jahr nicht! Ich kann leider nicht direkt antworten, weil ich irgend etwas
    an meinem Tablet verstellt habe und ich es nicht finde.

  11. Gibt es einen Krieg der nicht von mindestens einer Seite gewollt und überflüssig ist?

    Meine Deutschlehrerin, die den WW2 erlebt hatte, und die bei lautem Krach immer zusammen zuckte, so traumatisiert war sie, sagte immer: “Kriege brechen nicht aus, das sind keine Tiere. Menschen sind Tiere.”

    Eine kluge Frau war das. Möge sie in Frieden ruhen.

  12. Aus Sicht der Zionisten ist der Krieg nicht überflüssig. Wie soll man sonst Raum im Osten (Westjordanland) und den Strand mit dem schnuckeligen Gasfeld erobern (Gaza)?

  13. Wie gerade gemeldet, ist der Chef der Hisbollah Scheich Nasrallah einen israelischen Terrorangriff zum Opfer gefallen. Die arabische Welt trauert!

    Israel hat außerdem eine Bodenoffensive in den Libanon angekündigt. Es ist zu erwarten daß die Hisbollah dabei den Zionisten mehr Widerstand entgegensetzen wird, als die Hamas in Gaza in der Lage war.

    Damit ist die Eskalation in Middle East in eine neue Phase eingetreten. Es stellen sich viele Fragen. Wie wird der Iran reagieren? Wie werden die zahlreichen Milizen in Syrien und den Irak reagieren? Wann wird die Welt endlich entschlossen Israel in seine Schranken weisen?

    Für Moshe Zuckermann ist es höchste Zeit die Koffer zu packen. Er dürfte in Deutschland als Flüchtling – wie die Ukrainer – Luxusstatus geniesen. Für einen Marxisten doch eine wunderbare Sache, denn alle Menschen sind Brüder, einige aber eben gleicher!

    Die Börsianer dürften jubilieren, denn die Ölpreise werden anziehen und damit die Aktien der Ölkonzerne. Das dürfte in Deutschland die Inflation weiter anheizen und die ohnehin marode deutsche Wirtschaft weiter schwächen. Die AfD wird weiter Zulauf erhalten und daher wäre der Moshe doch hier für die antideutsche Antifa ein perfekter Mitstreiter?

      1. Sag ich doch, aber die Ölpreise werden steigen, wenn die Huthis die Zufahrt zum Roten Meer für westliche Schiffe blockieren. Sie haben unlängst einen „komplexen Angriff“ auf 3 US-Kriegsschiffe durchgeführt.

          1. Eben. Saudi Arabien verlädt Öl weitet nördlich als der Jemen. Aber die Golfstaaten wie Iran und Irak müssen ihr Erdöl am Jemen vorbei schippern.

  14. Endlich kann der Ukrainische Hacker mal live und in Farbe sehen, wie ein fachgerechter 3-Tage-Krieg aussieht. Inklusive Enthauptungsschlag, von dem er noch nach fast drei Jahren Krieg in der Ukraine träumt, dass die russischen Faschisten ihn in der Lage wären, durchzuführen 😆😂😁.

    Ich bin mir sicher, die Hezbolla hatte auch Rote Linien.

    1. sind Hamas und Hisbollah vergleichbar mit der NATO ???
      Selbstverständlich hätte Russland
      so agieren können wie Israel,
      Ihre Kommentare wären dann sicherlich nicht so ausgefallen wie sie das jetzt in Ihrem Kommentar
      dargestellt haben.

      1. Nein, dass ist Aufgabe des Volkes. Ich bewundere derzeit nur die moderne Kriegsführung der IDF: erst dem mittleren Management die Eier aus der Hose sprengen und dann die Chefetage ohne Ausnahme aus dem Spiel zu nehmen.

        1. Dir gönne ich mal, eine “moderne Kriegsführung” im Stil der IDF am eigenen Leib zu erfahren.

          Das Problem ist nur, dass das die letzte Erfahrung in Deinem Leben sein wird.

          1. Wer Krieg bewundert, darf sich nicht wundern, wenn er selbst irgendwann dran ist. Und beschweren sollte er sich dann schon dreimal nicht.

            Aber das passiert ja nicht, gelle? Alles weit weg, alles nur Videospiel, es trifft immer nur die richtigen. 😀

  15. Tja, der Bibbi will wohl sicherstellen, das er die nächsten zehn Jahre nicht vor einem Richter Rede und Antwort stehen muss. Dafür ist es aus seiner Sicht vollkommen opportun ganze Stadtviertel in Schutt und Asche zu legen.
    Das wird mit Sicherheit keine Verbesserung der wirtschaftlichen und sicherheitstechnischen Situation Israels nach sich ziehen. Das Land mag fast niemand mehr.
    Bemerkenswert ist wie krass die ihren Opferbonus nach dem Oktober letzten Jahres verkackt haben.
    Habe ja nicht nur ich vorausgesagt, das die jedes Maß verlieren werden. Bei aller Sympathie für die Israelis die das auch nicht gut finden.
    Jetzt noch gegenüberstellen wie Russland kämpft und wie viele Zivilisten dort zu Tode kommen.
    Also wie viele Stadtteile, durch russischen Beschuss, von Kiew schon in sich zusammengestürzt sind und tausende Leute dort unter den Trümmern liegen. Wer jetzt mit Mariopul kommt, das war HKL.
    Auch dort wurde zurückhaltender als jetzt durch Israel vorgegangen. Nur scheint ein Ukrainer mindestens 300 Libanesen oder Palästinenser wert zu sein. Ansonsten ist das Geschwafel von der unmenschlichen Kriegsführung Russlands nicht erklärbar. Was nicht bedeutet das man das gut finden muss und das es dort keine zivilen Opfer gibt.

    Polemik ist vorhanden.

  16. @Naturzucker:
    Hm, warum haben die Russen die benachbarten Bandera-Verehrer nicht schon lange enthauptet? Wahrscheinlich liegt es daran, dass sie die kollektive Dummheit der westlichen Feinde so lange wirken lassen, bis sie sich alle die eigenen Füße weggeschossen haben. Russenhass macht dumm, was man an epischen Trotteln wie dir, Ottono und Zarenknecht sehen kann. Man muss feindliche Idioten nur lange genug sich selbst überlassen und ihnen Gelegenheit geben zur gegenseitigen Selbstbeschädigung. Das ist eine ziemlich clevere Strategie, und die Russen haben Geduld.
    Die Russen sind so viel schlauer als die degenerierten G7.

    1. Stimmt macht auch mehr Sinn, 100.000 tote Truppen zu kassieren, 400.000 Kriegsversehrte im Land herumgeistern zu haben, Millionen gut Ausgebildete ins Exil zu treiben, die Wirtschaft und den Außenhandel zu ruinieren, statt einfach kurzen Prozess mit dem Gegner zu machen. Aber ja, jeden Moment werden die Ukros kapitulieren. Ganz bestimmt 😂😁😆

      1. Das ist ein Krieg Russland vs. NATO, du Xylitkrümel. Ohne NATO wären die Russen mit der Selenski-Wehrmacht schon lange fertig. Russland kann die NATO nicht besiegen. Aber die NATO kann sich selber besiegen, solange sie von russophoben Idioten geführt wird. Die Idiotie der NATO-Trottel ist aus russischer Sicht effektiver als das russische Atomwaffenarsenal. Das scheint man im Kreml verstanden zu haben.
        Wenn Trump gewinnt, kann Selenski einpacken. Wenn Harris gewinnt, können die USA einpacken. Es läuft gerade echt scheiße für den Westen.

        1. lass es, der ist austherapiert.
          Dass Russland vor einer ganz anderen Problemlage steht und immer auch Gegenreaktionen bedenken muss und eine Eskalation zu vermeiden versucht, selbst um den Preis eigener Nachteile (was man nicht hoch genug anrechnen kann!! und was die üblichen westlichen Vollpfosten nicht mal begreifen), als Israel, das genau vor der entgegengesetzten Lage steht: es will um jeden Preis eskalieren und hat mit keinerlei ernsthafter Gegenwehr zu rechnen, das ist der entscheidende Unterschied.

  17. Empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang die Lektüre von Christopher Clarks Buch Die Schlafwandler. Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog

    Nein, ist sie nicht.

    Clarks Buch ist ein übles germanophiles Machwerk, ein Signum des Revisionismus, das wie die Schriften von Münkler, Baberowski, MacMeekin und Co. der teutschen Seelentröstung und Geschichtsklitterung dient. Gietinger und Wolf haben den Sabbel hier verrissen, woraufhin natürlich die offiziöse „moderne“ teutsche Geschichtsforschung geifernd gegen diese Dolchstößer zu Felde zog („Follow the science! – Ja und zwar direkt ins (Schlacht)feld)).

    Außerdem sind Zuckermanns Ableitungen mehr als widersprüchlich: Entweder die ominösen Schlafwandler “schlittern hinein” (die Phrase könnte glatt von den Machern von “plötzlich schwanger” stammen) oder “Man hat den Krieg gewollt und seinen Ausbruch interessengeleitet bewusst herbeigeführt”. Beides zusammen geht nicht. Wenn man Schlafwandler ist, ist man vieles – aber nicht bei vollem Bewusstsein. Man mag körperliche Aktivitäten ausführen, ist jedoch nicht wirklich wach und hat oft keine Erinnerung an die Ereignisse, die während des Schlafwandelns stattgefunden haben. Und damals wie heute waren es ohnehin keine Schlafwandler, sondern Typen, die aktiv und bei vollem Bewusstsein den Akt vom Zaun gebrochen, die die Gewalt gemacht haben. Deswegen habe ich mir den Rest des Artikel geschenkt, so gut (oder schlecht) er im Weiteren auch sein mag.

    Ich könnte jetzt noch mehr zu seinem Text schreiben (insbesondere solchem Sabbel wie „Der Krieg ist wieder da“ – war er denn je weg? Oder: „Gewalteskalation“ – ist das ein Naturphänomen, fällt so etwas vom Himmel? Es „eskaliert“ halt oder wat?) , aber da habe ich a.) nicht den Nerv für, b.) schon x-fach zu geschrieben und c.) @ Bekannt bereits das kondensierte Blutgrätschen übernommen, auch wenn er für meinen Geschmack deutlicher hätte machen können, worauf er den Terminus Terrorismus bezieht (no hard feelings there).

    Mir geht’s geschwind noch um einen anderen Aspekt. Aktuell feiert ja die gesamte Systempresse die angeblich „chirurgischen Schläge“ und tolle „targeted-killing-Kampagne“ der Zionisten ab, während die rechten Trolle wie der gesamte Islam-hassende deutsche Volkssturm angesichts tausender toter Araber geifernd, Vuvuzela-trötend und mitwichsend vor den Geräten sitzt („Geil, toter Kameltreiber Nasrallah! Geil, herausspritzende Gedärme! Deutschland, DEUTSCHLAND! Geil, tote Kanackenkinder! Geil, geil, supergeil!“). Wo immer die undermen geschlachtet werden, geht denen einer ab. Zugleich rätseln andere hier auch, warum die Russen nicht längst die ukrainische Führung gekinschalt haben.

    Abgesehen davon, dass die Führung der Ukraine (ungleich: die ukrainische Führung) nicht in Kiew sitzt… Nun, wenn man sich durch Untersuchungen zur Eliminierung von Führungspersönlichkeiten und deren Auswirkungen wühlt, wie ich es mal tun musste, stellt man fest, dass diese in der Mehrheit der Fälle gerade nicht zur Auflösung der anvisierten Gruppen, geschweige denn zur raschen Kriegsbeendigung, sondern bloß zur Intensivierung von Konflikten führen. Ich zitiere einfach mal munter aus der nächstbesten, Bezahlschranke-befreiten, die mir vor die Rübe kommt:

    This study finds targeted killing is a largely ineffective, and worse, often actively counterproductive tactic in COIN [= counterinsurgency]. This is because, as the then Air Marshal Charles Portal argued in relation to the punitive use of airpower in Aden in 1934–35:

    This method of ‘bomb and scuttle’ fails because its user has given too little thought to the vital question ‘what is the object of the operation?’ Surely the object of all coercive police action is to bring about a change in the temper or intention of the person or body of persons disturbing the peace. I would ask you to dismiss once and for all from your minds any idea that Air Force police work consists in immediate bombing as a mere punishment for misbehaviour.

    Herein lies the crux of the matter: targeted killing aims to cause insurgents or terrorists to refuse leadership positions, and ultimately to give up through fear of being killed, while also discouraging support for their cause, which will be shown to be hopeless by a ruthless and unrelenting strategy of killing leadership figures and effective facilitators. The object of the operation is to alter the ‘temper or intention of the person or body of persons disturbing the peace’. It fails because it is based on frozen abstract representations of the society and groups it targets, assuming that the removal of a ‘node’ will fragment a group significantly, a false assumption, as I have shown. It fails because it assumes that a terrorist or insurgent group can be simply terrorised into submission, when the evidence shows that humans respond to fear by innovating, seeking revenge and uniting. It fails because psychology is not wholly based on rational calculations of survival and personal advantage. Fundamentally, it fails, in Portal’s words, because ‘success, and the absence of subsequent ill-will, must depend on there being no sense of injustice.’

    Quelle: Dear, Keith Patrick (2013): „Beheading the Hydra? Does Killing Terrorist or Insurgent Leaders Work?“, in: Defence Studies, 13 (3), S. 293–337. Herunterladbar: hier

    [Disclaimer: Die Fettungen stammen von mir. Ja, das ist eine westliche Studie und wie gesagt von mir bloß ad hoc aus meinem Fundus gezogen. Ja, da geht es um Aufstandsbewegungen, hier womöglich nicht mal 75% passend.]

    Wenn man sich durch die weitere Forschungslage wühlt, stellt man fest, dass zwar einige Autoren äußern, dass gezielte Tötungen von Führungspersonen Gruppen (welcher Couleur auch immer) erschütterten und es der ausführenden Seite ermöglichten ihre jeweiligen Ziele (bspw. Aufstandsniederschlagung) zu erreichen, es sich aber sehr viele Stimmen skeptisch bis ostentativ verneinend positionieren. Solche Assassinationen sind zwar einfach durchzuführen und gerade Politikern dienlich, vermindern aber nicht die Potenziale einer Organisation, insbesondere nicht mindestens halbstaatlicher wie der Ḥizb Allāh (und schon gar nicht staatlicher und das Post-Maidan-Regime ist ein solches). Vielmehr radikalisieren sie die lokale Bevölkerung, führen der Bewegung neue Anhänger zu und schaffen Allianzen zwischen ehemals verfeindeten Gruppen. Sie unterhöhlen die Legitimation der ausführenden Seite und ihnen wohnt, wie das Zitat verdeutlichte, in der Regel auch keine langfristige Lösungsstrategie inne. Veränderungen in der Führungsriege tragen somit oftmals zur Konfliktprolongation bei und gehen mit einer Verhärtung der jeweiligen Standpunkte einher. Das ganze mündet dann in zyklischer Gewalt – die Tötung eines Ziels zieht Vergeltungsmaßnahmen nach sich, die wiederum neue gezielte Tötungen „rechtfertigen“, worauf es wieder Vergeltungsmaßnahmen gibt und so der Konflikt munter angeheizt und am Laufen gehalten wird. Zum Beleg könnte ich jetzt noch aus einem halben Dutzend anderer Studien von Lateinamerika über Afrika bis vor unsere Haustüre zitieren, aber dann beschweren sich wieder Leute wegen Länge. Darum verweise ich schlicht auf den aktuellen Kommentar Bernhards von Moon of Alabama von heute Vormittag:

    In 1982 Israel assassinated Hizbullah chief Musawi. His replacement, Hassan Nasrallah, proved to be the more formidable enemy who organized resistance movements that span the whole region. Anyone following Nasrallah will also be younger, less risk avers and a more formidable enemy.

    Ob Nasrallahs Nachfolger in the short run genau so schnieke sein wird, wie Bernhard hier postuliert, kann natürlich kein Menschen wissen, aber die Wahrscheinlichkeit ist alles andere als niedrig, dass die Ḥizb Allāh auch mittel- bis langfristig operationsfähig bleiben wird. Ihre Umgruppierung mag fünf Tage, fünf Monate oder fünf Jahre dauern, aber dann steht sie wieder vor der Tür. Das liegt (auch) an der Essenz von Konflikten mit Siedlerkolonialisten – die enden nämlich nur, wenn eine Seite entweder vollumfänglich ausgelöscht und ihre winzigen Überbleibsel in Reservate gepfercht werden („Modell Indianer“) oder eben die Siedler schmachvoll wieder das Weite suchen („Modell Algerien“). Der Nordirlandkonflikt soll seit 26 Jahren „befriedet“ sein, ist aber alles andere als gelöst, sondern schlicht mittels Geldern eingefroren bzw. mittels Mauern eingehegt – Kolonialisten und Kolonialisierte stehen sich weiter gegenüber (die Ähnlichkeiten von Nordirland und Palästina sind übrigens alles andere als historisch zufällig). Nordirland ist kurzum ein Kohlebrand, der ab und zu an die Oberfläche der medial-formierten Welt dringt – jüngere Fotos zu Illustrationszwecken hier. Die frühere nordirische Regierungschefin Foster von der Siedlerpartei DUP wusste deshalb auch genau, warum sie sagte: „I’d probably leave if a border poll resulted in a united Ireland“.

    BTT. Im Grunde kann man somit sagen: Entweder ist das Netanjahu-Lager so dumm, dass es und seine Claquere ernsthaft glauben den Konflikt jetzt ein für alle mal lösen zu können, indem sie Nasrallah und Co. um die Ecke bringen (angesichts des Umstands, dass die Hamas weiterhin kämpferisch intakt ist, gehörte da schon ein großes Maß an Verblendung hinzu, aber die ist gerade bei Rechten wirklich alles andere als unmöglich). Oder es geht um etwas anderes und sie wollen den Konflikt gar nicht bereinigen, sondern schlicht prolongieren. Dann geht es um die Ausweitung der Kampfzone, dann geht es um die zyklische Gewalt und dann sind wir bei Terrorismus, den der zitierte Autor Dean paraphrasierte; aber gerade auch jenem, den der Mitforist ansprach. Dann sind wir bei den inner-israelischen Formierungskämpfen, dessen aktuellster Ausdruck der 07.10.2023 war und ist, der freilich nichts mit dem Geschwätz von Juden vs. Araber oder Hamas vs. Israel (das am allerwenigsten), dafür aber sehr viel mit Netanjahu-Lager + dessen westliche Sponsoren vs. Anti-Netanjahu-Lager + dessen westliche Sponsoren (Darstellung verkürzt, ich weiß) zu tun hat und der auf dem Rücken erst der Palästinenser in Gaza, dann auch der im Westjordanland und nun auch jeder Menge Libanesen gemacht, gestaltet und natürlich ausgetragen wird. Zumal das Netanjahu-Lager noch nicht den Blutzoll bekommen hat, um die Schmach vom 07.10.2023 ausreichend abzuwaschen und in seinem handelsüblichen rechten Todestrieb – hier nicht nur aggressiv verstanden, sondern auch als Sehnsucht nach einer Rückkehr zum Status-Quo-Zustand der labilen (Friedhofs)ruhe – alle mitreißen muss, die gerade im Weg stehen oder mindestens peripher an jenem Akt beteiligt waren.

    PS: Und wie könnte – Gedankenexperiment – aus Sicht der Ḥizb Allāh, der der Gewaltzyklus oktroyiert wurde, eigentlich effektiv reagiert werden? Die firmitas des zionistischen Kolonialregimes liegt in seiner Statik sowie deren allgemeiner Illusion– es muss stehen und standhaft wirken. Nun, eine der maßgebenden Tragstützen des kolonialistischen Hauses im hiesigen Untersuchungsfalle ist die digitale und die lebt nun einmal vom Strom. Statt sinnloser Bombenanschläge oder Raketen ins Feld wäre das Steckerziehen ein gangbarerer Weg. Was weiß ich – die Sabotage der Kraftwerke Orot Rabin (2590 MW) und Rutenberg (2250 MW) und / oder eine Unterbrechung der BTC-Pipeline. Irgendwas, was den Saft (temporär) zieht und den Preis entschieden hochtreibt. Ob sie das vermögen, wollen oder vor allem dürfen – steht auf einem anderen Papier. Genauso wie Friedensmaßnahmen, aber die interessieren hier eh keinen, dementsprechend sprach ich die erst gar nicht an und machte zum Schluss stattdessen dieses Gedankenexperiment.

    1. Nur zu Nordirland:
      Manche Dinge dauern einige Generationen, allerdings haben der Brexit und ein paar andere Dinge dafür gesorgt, dass es dort ab und an halt wieder etwas mehr lodert. Allerdings so schlimm, wie es vor dem “Good Friday Agreement” war, ist es auch nicht mehr (und zwar auch dann nicht, wenn es gerade wieder etwas lodert).

      1. Manche Dinge dauern einige Generationen

        Das hat aber weniger mit Zeitaspekten zu tun, das liegt vornehmlich an den imperialen Pazifizierungsstrategien, dem „dirty war“ der kolonialen Sicherheitskräfte und daran, dass in den 1990ern die Anlehnungsmächte der nationalistischen Aufstandsbewegung (UdSSR, Irischamerikaner, Gaddafi…) nach und nach wegbrachen.

        Allerdings so schlimm, wie es vor dem “Good Friday Agreement” war, ist es auch nicht mehr

        Ich habe nicht umsonst von einem Kohlebrand gesprochen, der unterhalb der (medialen) Aufmerksamkeitsschwelle vor sich hin schmort. Natürlich ist es kein Flächen- oder Waldbrand mehr, der an der Oberfläche tobt. Aber das Potential für mehr – und gerade für mehr von der kolonialistischen („loyalistischen“) Seite – ist da.

        PS: Für interessierte Mitleser erlaube ich mir noch diesen Lektüretipp hier.

        1. Doch manche Dinge haben mit Zeitaspekten zu tun und damit, ob nun auch genauso viele Nachfolger für die jeweilige Seite herangezüchtet werden oder nicht. Je kleiner die Flamme über einen längeren Zeitraum lodert (und ja hier sind Generationen gemeint), desto weniger Nachfolger werden herangezüchtet, jedenfalls sofern man der Annahme zustimmt (bzw. als wahr betrachtet), dass Gewalt, Anschläge (und Terrorismus), genauso wie Assassinationen nun eben für neue Anhänger der jeweils anderen Seite sorgen. Und Ihrem Ausgangstext kann man entnehmen, dass Sie dieser Annahme durchaus zustimmen.

          1. Mit “das” bezog ich mich aber auf die Situation in Nordirland und da erachtete ich den gestern von mir erörterten Faktoren als maßgebender. Sie mögen es anders sehen – das ist absolut legitim. Ich bewerte eben insb. das Wegbrechen der Anlehnungsmächte und die spezifische Pazifizierungsstrategie als entscheidender.

    2. @ Altlandrebell
      28. September 2024 um 16:04 Uhr

      Nur zu Christopher Clark:
      Bei allem Respekt, aber Sie kommen mir mitunter vor wie jemand, der sich auch nur die Bücher und Autoren raussucht, die zur eigenen Weltanschauung passen.

      Sie können doch den Umstand, dass Clark von manchen Historikern kritisiert wurde, noch lange nicht als Tatsache einer objektiven Widerlegung ansehen oder gar behaupten.

      Geschichtswissenschaft ist als Geisteswissenschaft zudem etwas anderes als Physik, wo es leicht ist, eindeutige richtige oder falsche Aussagen zu tätigen.
      Wir befinden uns hier als Historiker zudem in vermintem Gelände und es gibt insgesamt überhaupt nur sehr wenige Historiker, die bei diesem Thema(!) den Willen oder den Mut zu wirklicher Unabhängigkeit sine ira et studio haben. Glauben Sie wirklich, Leute wie Münckler seien unparteiisch und objektiv neutral??? Für jede Sichtweise können Sie doch problemlos Autoren anführen, was aber noch lange nicht heißt, dass man sich damit der objektiven Wahrheit annährt. Da die Kriegsschuldfrage für den Ersten Weltkrieg indirekt die gesamte Konfliktlagen des 20. Jahrhunderts nach sich zog, besteht natürlich auch heute noch ein massives Interesse daran, bestimmte Narrative zu pflegen. Natürlich die Narrative der Sieger.

      Das zentrale Problem ist doch, dass fast alle Autoren hier mehr oder weniger befangen sind und sich in dem Wust an Quellen eben eher das raussuchen, was zu ihrer Sicht passt, während andere Quellen vernachlässigt oder gar ignoriert werden. So findet jeder das, was er finden will.

      Von einer reflexartiger Reaktivierung der Fischer-Thesen würde ich jedenfalls sehr deutlich abraten. Fischer war als ehemaliger Nazi auch sehr daran interessiert, sich durch eine ganz explizite Positionierung beliebt zu machen.

      Und wenn Sie die Kritiker von Clark zitieren, dann müssten Sie der Vollständigkeit halber auch seine Unterstützer, z.B. den Briten Niall Ferguson, zitieren.

      Gruß

      1. @ Wolfgang Wirth

        Grüße Sie!

        Das ist jetzt wieder so ein Thema, bei dem wir wohl ganz unterschiedlich ticken, weil wir anders sozialisiert sind und den Argumenten unterschiedlicher Autoren mehr abgewinnen können. Sie waren einmal sehr irritiert, als ich Ihnen schrieb, dass wir wohl einfach in manchen Dingen einen unterschiedlichen Geschmack hätten. Wir beide haben aber eben sehr unterschiedliche soziale Hintergründe (Familie, Biografie, wirtschaftliche Bedingungen, Kultur / Religion etc.), dementsprechend ist unsere Sichtweise auf politische, historische und andere Themen mitunter sehr divergent geprägt. Sie kommen aus einem liberalen Hause im protestantischen Norddeutschland, wenn ich es richtig entsinne – ich dagegen komme aus einem süd(ost)deutschen, rechtsautoritären Elternhaus, mit gottgläubigen und nationalradikalen Elementen und jeder Menge berufssoldatischer Vorfahren. Das beeinflusst insbesondere, welche Argumente und Perspektiven wir wann kennenlernten, wie oft hörten und dann jeweils als überzeugend oder relevant empfinden. Kurzum: Aus unserer individuellen Sozialisierung resultieren unsere unterschiedliche Perspektiven und Vorlieben (Geschmäcker). Ich werde Sie in Bezug auf Kinderkriegen, Kaiserreich, Israel oder Abschiebungen nicht überzeugen können und Sie wiederum mich nicht. Ist das schlimm? Ich denke nicht, zumal ich hier – wie oft geschrieben – nicht zum Missionieren, sondern zum Austauschen bin. Daher nun ein paar meiner Perspektiven als Antworten auf ihre Punkte.

        Sie können doch den Umstand, dass Clark von manchen Historikern kritisiert wurde, noch lange nicht als Tatsache einer objektiven Widerlegung ansehen oder gar behaupten.

        Weil ich hier im ersten Beitrag nicht die gesamte Clark-Neorevisionismus-Debatte aufziehen und am Thema vorbei über die Julikrise schreiben wollte, hatte ich für interessierte Leser das Werk von Gietinger & Wolf verlinkt, die minutiös Clark Buch auseinandergenommen haben; angefangen beim Umstand, dass er das „Schlafwandeln“ zwar groß in den Titel gehoben, aber nur peripher behandelt hat und ansonsten viel dafür tat die deutsche Kriegsverantwortung kleinzuschreiben und die Serben als eine Art Taleban des frühen 20. Jahrhunderts zu verkaufen.

        Nur ein paar andere Kritikpunkte ausführlicher:

        Für Clark war Deutschland „während der gesamten Krise eine Insel relativer Ruhe“ und Bethmann sei auf eine Beschränkung des Konflikts erpicht gewesen, als Gelegenheit für einen Präventivkrieg sei die Krise in Berlin nicht betrachtet worden. Das ist so völlig verquer, dass man Böswilligkeit unterstellen muss. Sicher haben alle imperialistischen Großmächte einen Anteil am „Ausbruch“ des Krieges gehabt. Wenn aber bspw. Bethmann rückblickend Grey vorwirft, er habe die Erhaltung der Triple-Entente über alles gestellt (einen Vorwurf, den Clark aufgreift), dann sollten wir uns zunächst erinnern, dass Bethmann den Erhalt des Zweibunds über alles stellte und ferner, dass er alle englischen Vermittlungsversuche ablehnte, die österreichisch-ungarische Bombardierung Belgrads am 29. Juli zuließ und geschickt die Totalmobilmachung Russlands abwartete, um Petersburg zum Kriegsschuldigen machen zu können (was immanent wichtig war, um die Unterstützung der deutschen (Anti)Sozialdemokratie zu gewinnen). Bethmanns Politik war auf vieles gerichtet, aber m.E. sicher nicht darauf einen Kontinentalkrieg zu verhindern. Ihm ging es darum eine möglichst günstige Ausgangsposition für Deutschland zu schaffen – Ursache des Konflikts außerhalb Deutschlands, Russland / Frankreich irgendwie schuld und Großbritannien draußen. Bethmann (und die restlichen deutschen Entscheider) billigten deshalb die österreichische Aktion nach der Ermordung des Thronfolgers in Sarajewo und das wiegt eben besonders schwer, denn wie beispielsweise schon Willibald Gutsche schrieb hatte „die deutsche Regierung im Juli 1914 mit ihrem Einfluss auf Österreich Ungarn den Schlüssel in der Hand, die Katastrophe des Weltkrieges zu diesem Zeitpunkt zu verhindern“. Sie mag es nun stören, dass ich Gutsche zitiere, da er ein DDR-Historiker war, aber Sie finden diese Position bei jeder Menge anderen Autoren auch und nicht nur bei bösen Realsozialisten. Und der letzte Punkt (Präventivkriegsgelegenheit) wiederum ist besonders witzig, da bspw. Jagow Ende Mai 1914 Moltke d. J. Äußerte antwortete, er wolle zwar einen Präventivkrieg nicht herbeiführen, aber wenn sich eine günstige Gelegenheit biete auch nicht kneifen. Die „günstige Gelegenheit“ stellte sich dann schon ein paar Wochen später ein…

        Clark behauptet zudem der Krieg sei „den Mittelmächten von einem aggressiven Russland und seinen aktiven Partnern in der Entente aufgezwungen“ worden. Die Verantwortung für die deutsche Mobilmachung trugen für ihn „eindeutig die Russen“, die ein ungünstiges Klima etc. geschaffen hätten. Er ist damit a) nicht weit entfernt von Wilhelm II. der ja auch schwadronierte, den Deutschen sei das Schwert in die Hand gedrückt worden, b) sicher gut passend zum seit anderthalb Jahrzehnten gepflegten „Der-Russe-ist-Schuld“-Mantra der Gegenwart und c) recht eigenwillig im Umgang mit den Geschehnissen unterwegs. Lieven dagegen schreibt:

        All judgments about the actions of statesmen and soldiers in these days have to take into account the fact that they were operating under extreme pressure, with very imperfect information and often with minimal sleep. But to blame the climate of fear and confusion on the Russians make no sense. On the contrary, it was the inevitable result of an Austro-German strategy that called for immediate and rapid war against Serbia, partly deluded itself into believing that this was achievable without Russian and French intervention, and fobbed off all attempts by entente diplomacy to gain sufficient time to negotiate and avoid catastrophe until it was too late. By the time that Berlin perhaps opened a small window of opportunity on July 30, Germany and Austria had done everything possible to persuade the Russian leadership that the Central Powers were bent on war and that conflict was inevitable.

        (…)

        The Russian army could stand fully mobilized and concentrated on the empire’s borders for weeks. On the contrary, the Schlieffen Plan – Germany’s only war plan – had boxed Berlin into the necessity of declaring war and invading Belgium and Luxembourg almost the moment mobilization was proclaimed at the first stage in delivering a knockout blow to France.

        (…)

        From the very outset of the crisis, Serge Sazonov had believed that Vienna and Berlin probably intended war, and this was bound to colour his attitude to the demands of the Russian military leadership. By the afternoon of July 29, Sazonov and his key advisers in the Foreign Military had come to the conclusion that war could no longer be avoided. Austria was seen – correctly – as hell-bent on attacking Serbia. Berlin had done nothing to stop it and seemed from the Russian perspective even to egging it on.

        (…)

        In German propaganda and sometimes in the work of historians, the fact that Russia was first to authorize general mobilization is used as an argument for pinning responsibility to Petersbourg for the outbreak of war. At the time, this was an important means for the German government to disclaim responsibility before its own people and particularly before German socialists. In so doing, it could play on the revulsion of left-wing elements in the country for the tsarist regime and on an older and deeper current of fear in German culture about the threat of Russia’s barbarian horde. Subsequently, blaming Russia was a useful element in German rejection of the war guilt clauses of the Treaty of Versailles.

        In my opinion, there is a little truth in this accusation but not much. By July 30 and 31, the only way to avoid war would been for Chancellor Bethmann Hollweg to force the Austrians to accept the British proposal for mediation. Given the mood in Vienna, this could been achieved only by a direct, sustained, and credible threat by the chancellor to abandon Austria should it ignore German advice. In reality, German pressure on Austria [which pressure?!] during these two days never amounted to this. The impact of Bethmann Hollweg’s advice to the Austrians was also being undermined both by the German ambassador to Vienna, Tschirschky, and by Moltke’s plea to the Austrian leadership to ignore the chancellor and plunge ahead into war. Had Bethmann Hollweg committed himself to threatening the Austrian directly, it is by no means certain that the mercurial William II would have supported him throughout the resultant furor.

        Quelle: Lieven, Dominic (2015): Towards the Flame. Empire, War and the End of Tsarist Russia, London: Penguin

        Ich könnte anfügen, dass Lieven Bethmann Hollwegs Handlungen nicht ganz so gut studiert zu haben scheint und allgemein stundenlang weiter machen: Clark behauptete auch gern medial Großbritannien sei bereit gewesen „einen europäischen Krieg zu den von Russland festgelegten Bedingungen [sic!] zu akzeptieren“, was Zeitungen aller Art (Die Welt, die Junge Freiheit…) aufgriffen. Die Hoffnungen Wilhelm II. auf britische Neutralität hätten laut Clark zudem ihre Ursachen einzig in von Grey verursachten „Chaos“. Selbst für den deutschen Einmarsch in Belgien zeigt er Verständnis, denn „die Umsetzung des Aufmarsches im Westen erforderte eine rasche und sofortige Invasion Belgiens“. Dass es der einzige deutsche Plan war, dass die Deutschen keine Defensivstrategien in der Tasche hatten, dass die Deutschen in persona Wilhelm II. mehrfach in den Vorjahren schon den Belgiern gedroht, sie bedrängt und anderweitig übel aufgefallen waren – geschenkt. Und allgemein kennt man Clarks Vorgehen ja aus dem medialen Umgang mit US-Invasionen – Not kennt eben kein Gebot. Wenn die andere Seite dagegen… ja, die dürfen das eben nicht, die sind nun einmal die anderen.

        Am besten ist allerdings, dass Clark behauptet Fischer, Geiss und andere Historiker hätten eine These in die Welt gesetzt, wonach „Deutschland die Hauptschuld am Kriegsausbruch trug“ – Fischer und Co. sprechen jedoch von Verantwortung und das ist mitnichten semantisch oder gar juristisch dasselbe. Clark möchte dieser unterstellten These auf jeden Fall entgegentreten, weswegen er auf hunderten Seiten ausrollt, dass Großbritannien, Frankreich und vor allem natürlich Russland und Serbien die wahren Kriegstreiber gewesen seien, um dann zum Schluss in einer Volte auf seinen Titel zurückzukommen und alle Beteiligten als „Schlafwandler“ zu bezeichnen ohne diesen Begriff methodisch und anderweitig zu elaborieren.

        Geschichtswissenschaft ist als Geisteswissenschaft zudem etwas anderes als Physik, wo es leicht ist, eindeutige richtige oder falsche Aussagen zu tätigen.

        Ist es in der gesamten wissenschaftlichen Welt nicht, in der Physik im Speziellen. Astrophysiker wissen bis heute nicht einmal wie viele Planeten dieses Sonnensystem enthält (Wo ist Planet Nein? Gibt es ihn nicht? Ist es ein schwarzes Loch?) und streiten sich darüber wann ein Planet ein Planet ist. Objektivität ist immer nur partiell und näherungsweise erreichbar – niemand ist objektiv, jeder bringt seine Prägungen und Blicke mit.

        Glauben Sie wirklich, Leute wie Münckler seien unparteiisch und objektiv neutral???

        Wo habe ich das denn behauptet? Ich schrieb doch gestern explizit, dass Clarks Machwerk „wie die Schriften von Münkler, Baberowski, MacMeekin und Co. der teutschen Seelentröstung und Geschichtsklitterung dient“. Die sind natürlich nicht neutral, die sind systemaffin und reaktionär. Deren Schriften wurden vermarktet, andere für’s Fernsehen aufbereitet etc. im Rahmen der jüngsten geschichtswissenschaftlichen Volte ab den 2000er Jahren, die parallel zur „Neuen-Verantwortung“- / Aufrüstungskampagne lief und läuft (siehe auch meine Antwort auf @ Two Moon). Für den Zweiten Weltkrieg wärmt man bereits die Präventivkriegsthese auf und hat ebenfalls TV-Machwerke wie „Die Gustloff“, „Die Flucht“, „Unsere Väter, unsere Mütter“ etc. schon vor Jahren in der Glotze laufen lassen, um die Leute einzustimmen und ihr Mütchen zu wärmen.

        Dieser von den Eliten eingeleitete revisionistische Drehmoment fällt natürlich auf extrem fruchtbaren Boden, da die deutsche Mehrheitsbevölkerung schon von den Verbrechen, die ihre Vorfahren im Zweiten Weltkrieg begonnen haben, nichts (mehr) wissen will („So lange her!“, „Was hab ich damit zu tun?“) und – wo sie nicht ausweichen kann – die diesen vorangehenden bzw. nachfolgenden Untaten wahlweise unter den Teppich zu kehren (Tansania – war da was?), mit Verweis auf das Unrecht anderer wegzubügeln („Die CIA hat auch in Südamerika mitgemischt!“ „Die Belgier waren auch Kolonialherren!“) oder eben umzuschreiben versucht („In den Ersten Weltkrieg sind alle irgendwie rein gestolpert – oder es war der Russe!“). Ich finde das zutiefst unredlich, zumal man nicht mit Verweis auf anderer Leute Untaten eigene Verbrechen legitimieren kann, aber es passt sehr gut zur Mehrheitsbevölkerung dieses Landes – ob woke- oder nationalradikal-geprägt ist wumpe, da beides identitär. Und ich habe genug dieser Leute im Verwandten- und Freundeskreis, an der (Hoch)schule und an vielen weiteren Orten kennengelernt und ihr Verhalten studieren können. Meinen russischen Bekannten ist es auch aufgefallen, wie Deutschland seit 15 bis 20 Jahren (erneut) versucht sich gerade in puncto Erster Weltkrieg aus der Affäre zu ziehen oder Petersburg verantwortlich zu machen („Die haben zuerst mobilisiert!“).

        Hinzu kommt, dass für viele das nationalistische Moment ein extrem wichtiger Bestandteil der Identität ist, worauf auch @ Two Moon verwies, und es für jene einem Angriff auf ihr Selbst, auf ihr bloßes Dasein, gleichkommt, wenn man ihnen die Schandtaten ihrer Nation vor Augen hält. Deswegen muss ja 33-45 bereits ein Fliegenschiss sein – damit der Rest der eigenen Geschichte umso güldener strahlen kann. Schlimm diejenigen, die dann auf all die anderen Fliegenschisse verweisen und zeigen, dass das Güldene bestenfalls messingen und häufig äußerst grau und bleiern ist. Mein Selbst, wie schon mal geschrieben, entspringt dagegen keinen nationalen Wurzeln, ist nicht identitär, dementsprechend fällt es mir leicht dagegen vorzugehen.

        Da die Kriegsschuldfrage für den Ersten Weltkrieg indirekt die gesamte Konfliktlagen des 20. Jahrhunderts nach sich zog, besteht natürlich auch heute noch ein massives Interesse daran, bestimmte Narrative zu pflegen.

        Und in Deutschland besteht in gewissen Kreisen – und die Macher der geschichtsrevisionistischen Kampagne zählen dazu – auch heute noch ein massives Interesse daran, das Narrativ „Wir sind die Opfer“ zu pflegen und jeden Kritiker mit „Schuldkult!“ niederzuschreien. Die westdeutsche Obrigkeit eben hatte schon immer ein manifestes Interesse daran, den Ersten Weltkrieg zu „europäisieren“ und die eigene Verantwortung so gering wie möglich erscheinen zu lassen. Heute wird dies als ideologische Begleitmusik für die innere Aufrüstung und Formierung sowie den Aufmarsch gegen Russland benutzt, siehe hierzu auch meine Punkte bei @ Two Moon.

        So findet jeder das, was er finden will.

        Das haben Gietinger & Wolf am Beispiel von Clarks Machwerk umfänglich aufgezeigt, der sich nur das suchte, was er brauchte und nichts wesentlich Neues einbaute. Es gibt daneben noch jede Menge weitere Kritiker – Annika Mombauer, den zitierten Dominic Lieven… ich nenne ein paar dieser durch und durch bürgerlichen Kritiker in meiner Antwort auf @ Two Moon.

        Von einer reflexartiger Reaktivierung der Fischer-Thesen würde ich jedenfalls sehr deutlich abraten. Fischer war als ehemaliger Nazi auch sehr daran interessiert, sich durch eine ganz explizite Positionierung beliebt zu machen.

        Ich wiederum möchte von einer reflexartigen Reaktivierung des „Hineinstolperns“, das bereits britische Herren wie Lloyd George und Konsorten pflegten, abraten. Und anfügen, dass man mit Verweis auf die Biografie eines Autors dessen Schriften und Argumente auch nicht per se widerlegen kann. Sie begeben sich damit auf das Gleis derjenigen, die hingehen und behaupten: „Die AfD sagt es scheint die Sonne. Aber die AfDler sind Nazis. Also ist die Behauptung falsch. Sagen wir darum, dass es regnet.“ Das nennt man dann Kontaktschuld.

        Und wenn Sie die Kritiker von Clark zitieren, dann müssten Sie der Vollständigkeit halber auch seine Unterstützer, z.B. den Briten Niall Ferguson, zitieren.

        Wenn ich jedes Mal noch die andere Seite zitiere, wird der Kommentar aber noch länger. Ich vertraue darauf, dass sich die Leser meine Links anschauen, mit ihrem jeweiligen Erfahrungsstand und Wissen abgleichen und ggf. noch andere Darstellungen dazu holen.

        Was Niall Ferguson betrifft – dessen Schriften und Argumente triefen ja nun wirklich nicht selten von historischen Verkürzungen und Begeisterung für den zeitgenössischen Westimperialismus. Der zählt auch zu denjenigen, die sich gerne etwas herauspicken. Mit seinen Positionen habe ich seltenst etwas anfangen können, geschweige denn, dass sie mich überzeugten.

        Nun, bei dem Thema kommen wir sicher nicht zusammen. Sie werden viele Handlungen und Punkte anders bewerten als ich. Trotzdem Ihnen einen schönen Nachmittag und bis die Tage (habe diese Woche viel zu tun, bin deshalb wahrscheinlich seltener hier unterwegs)!

        Gruß
        Altlandrebell

        1. @ Altlandrebell
          29. September 2024 um 16:41 Uhr

          Guten Vormittg, Altlandrebell,

          man kann durchaus richtige Fakten und Teilzusammenhänge referieren und trotzdem zu einem schiefen, ja irreführenden Bild gelangen, wenn man andere Fakten und Teilzusammenhänge ausblendet.

          Unsere unterschiedlichen Herkünfte spielen hierfür allerdings keine Rolle. Es sei denn, dass Sie unausgesprochen meinen, dass dies den Blick trüben würde oder trüben müsse.

          Sie wissen doch auch, dass ALLE europäischen Großmächte vor 1914 seit Jahren davon überzeugt waren, dass ein größerer europäischer Krieg unvermeidbar sei. Da war doch Deutschland kene Ausnahme. Statt auf Konfliktausgleich, Mäßigung und Kompromiss zu setzen, betrieben ALLE Mächte eine hochriskante Politik der Kriegsvorbereitung in Form von komplexen Bündnissystemen, dem Versuch einer Einkreisung, der massiven eigenen Aufrüstung, der Entwicklung von Aufmarschplänen, dem Durchspielen von Präventivkriegsszenarien sowie teilweise dem bewussten Schüren von Konflikten beim Gegner. Keine Macht wirkte deeskalierend und alle Mächte waren nicht nur kriegsbereit, sondern auch regelrecht kriegswillig.

          Alle Großmächte warteten im Grunde nur auf eine möglichst günstige Gelegenheit, um einerseits militärisch aussichtsreich vorgehen zu können und andererseits nach Möglichkeit nicht als Angreifer dastehen zu müssen.

          Ich erspare mir jetzt aus Platzgründen eine ausführliche Darlegung insbesondere der aggressiven französischen, britischen und russischen Politik zwischen 1900 und dem 1. August 1914. Gewiss ist es zutreffend, dass die Mittelmächte zuerst aktiv wurden – genauer gesagt Österreich-Ungarn – und dass die bewusste deutsche „Blankovollmacht“ eine große Rolle spielte, trotzdem wäre es naiv und parteiisch, deswegen von einer Alleinverantwortung der Mittelmächte auszugehen wie es sowohl der unselige Versailler Vertrag als auch jener etwas dubiose Fritz Fischer unterstellten.

          Eine alleinige Konzentration auf die Tage und Wochen vor Kriegsausbruch greift beim Ersten Weltkrieg ebenso zu kurz wie beim heutigen Ukrainekrieg.

          Übrigens war sich auch Lenin dessen bewusst und betrachtete – hier durchaus hellsichtig – den Ersten Weltkrieg als sozusagen unvermeidliche Konsequenz der Konkurrenz der imperialistischen Mächte.
          Dass Sie, lieber Altlandrebell, ihm als Linker hier nicht folgen wollen, sondern stattdessen ebenso wie Fischer und einige andere Historiker die Narrative der alliierten Sieger von 1918 vertreten, finde ich in der Tat verwunderlich. Ich kann mir dies eigentlich nur durch Ihre besondere Abneigung gegen Deutschland und einen deutschen Staat erklären, die Sie ja hier kürzlich schockierend unmissverständlich artikuliert haben.

          Clarks Wort von den „Schlafwandlern“ ist in gewisser Weise missverständlich, denn alle Mächte waren sich spätestens seit der Triple Entente von 1907 durchaus bewusst, dass ihre Politik einen Krieg wahrscheinlicher machte, ja den Krieg vorbereitete. Worüber sich die noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden Politiker und Militärs aber eben nicht ausreichend bewusst waren, das ist der Umstand, wie groß, lang, zerstörerisch und blutig dieser Krieg werden würde. Hierauf(!) bezieht sich Clarks Formulierung, nicht aber auf die Kriegsbereitschaft als solche.

          Bemerkenswert ist übrigens auch der Umstand, dass im Deutschen Reich überhaupt erst im September 1914 nach den spektakulären Anfangserfolgen im Westen eigene Kriegsziele genannt wurden, während insbesondere Frankreich schon vor Kriegsbeginn über solche Zielsetzungen verfügte: Rückgewinnung Elsass-Lothringens oder sogar das Erreichen der Rheingrenze. Gewiss war das deutsche „Septemberprogramm“ ziemlich extrem und aggressiv, aber es entstand eben erst einige Wochen nach Kriegsbeginn.

          Man sollte Bismarcks Wort von etwa 1878, dass Deutschland „saturiert“ sei, nicht unterschätzen und sich auch bewusst machen, dass die Äußerung von Wilhelm II vom „Platz an der Sonne“ sich auf die Kolonialpolitik bezog und nicht auf die europäischen Grenzen. Es war deutschen Politikern vor 1914 doch klar, dass Deutschland wegen der gefährdeten Mittellage und der Einkreisung in jedem großen Krieg mehr zu verlieren als zu gewinnen hätte. Deswegen war die deutsche Politik bis etwa 1912 eher defensiv eingestellt, als der Große Generalstab angesichts der erkennbaren Gefahr, durch die Aufrüstung der Entente entscheidend überflügelt zu werden, erstmals dazu riet, im Sinne einer Flucht nach vorn den Krieg zu riskieren. Natürlich ergibt sich hieraus eine deutsche Mitverantwortung und auch Mitschuld, aber eben keine Alleinverantwortung oder Alleinschuld, wie es der Versailler Vertrag unterstellte. Nichts anderes will Clark deutlich machen.

          Übrigens habe ich Fritz Fischers NS-Vergangenheit nicht deshalb erwähnt, um ihn im Sinne einer „Kontaktschuld“ – wie Sie suggerieren wollen – zu demontieren, sondern deshalb, um seine besondere Willfährigkeit gegenüber alliierten Narrativen zu erklären! Sein Versuch, sich reinzuwaschen, seine persönliche Vergangenheit vergessen zu machen und sich der neuen Linie anzudienen.

          Kennen Sie eigentlich die Schriften von Carroll Quigley über die angelsächsischen Eliten und die Umtriebe von “Milners Kindergarten” … ? Etwa in “The Anglo-American Establishment” (1981) Könnte Sie interessieren.

          Doch ich ahne oder weiß, dass wir uns gegenseitig mit unseren Gedanken nicht werden beeindrucken können. Ohnehin ist es wohl so, dass sich unsere wechselseitige Wertschätzung nicht aus der Qualität unserer Argumente ergibt, sondern aus dem, was jenseits dessen von der Persönlichkeit des jeweils anderen erkennbar wird.

          Gruß
          Wolfgang Wirth

        2. @ Wolfgang Wirth

          Guten Abend Herr Wirth,

          grüße Sie!

          Zu vorgerückter Stunde noch ein paar Anmerkungen und Zitate und am Schluss etwas (hoffentlich) Angenehmeres als diese Blut-und-Kanonen-Themen hier.

          Es sei denn, dass Sie unausgesprochen meinen, dass dies den Blick trüben würde oder trüben müsse.

          Na, ich meinte das doch bloß als eine soziologische Erklärung unserer jeweiligen Ausrichtung. Das trübt nix, das prägt einfach nur. Wenn Sie das anders sehen – habe ich keine Probleme mit.

          Sie wissen doch auch, dass ALLE europäischen Großmächte vor 1914 seit Jahren davon überzeugt waren, dass ein größerer europäischer Krieg unvermeidbar sei. Da war doch Deutschland kene Ausnahme. Statt auf Konfliktausgleich, Mäßigung und Kompromiss zu setzen, betrieben ALLE Mächte eine hochriskante Politik der Kriegsvorbereitung

          Dieser Aspekt ist mir sehr wohl bekannt, ich wies gestern doch soweit ich mich erinnere auch auf ihn hin, er war aber doch gar nicht mal der springende Punkt. Es ging hier vornehmlich um das Verhalten der jeweiligen Akteure in der Julikrise und die sind nicht deckungsgleich mit denen der Vorjahre.

          Wichtig zu bedenken ist auch, dass die deutsche Doktrin im Speziellen es nun einmal als die Pflicht eines guten Staatsmannes (und seiner Regierung) erachtete, die Formierung einer überlegenen feindlichen Koalition durch präventives Losschlagen zu verhindern – das finden Sie bei verschiedenen Autoren gespiegelt.

          insbesondere der aggressiven französischen, britischen und russischen Politik zwischen 1900 und dem 1. August 1914.

          In Bezug auf Frankreich sollte man bei bestimmten Werken, gerade dem von Schmidt, auch Intention und Inhalt hinterfragen – reicht mir nicht die Zeit hier für.

          Bei den Briten kenne ich natürlich auch Werke wie Newtons „The Darkest Days: The Truth Behind Britain’s Rush to War, 1914“, der sicher einige zutreffende Punkte macht. Bin ich der letzte, der das abstreiten würde.

          Was Russland betrifft, kann ich wirklich nur Lievens gestern bereits zitiertes Werk empfehlen, das den Punkt der „Aggressivität“ hinterfragt und Petersburgs Verhalten nachvollziehbar einordnet. Man darf auch nicht vergessen, dass es sich bei der These einer spezifisch russischen „Aggressivität“ um eine Propagada-Trope handelt, die schon uralt ist, mindestens ins 18. Jahrhundert zurückreicht und (immer wieder) gezielt aufbereitet und angepasst wurde, zuletzt eben ab 2013 (Verstärkung: 2022 ff.).

          In puncto Aggression sollte man sich stets immer das deutsch(-österreichisch)e Auftreten vergegenwärtigen und fragen, ob das nicht gerade geringfügig zur Verhärtung auf der Gegenseite beigetragen hat. Etwa – um nur einen Moment willkürlich herauszuziehen – die Bosnienkrise 1909. Der habsburgischer Botschafter in Petersburg (1911-1913) Douglas von Thurn und Valsássina beispielsweise wies im Gefolge der Balkankriege wiederholt darauf hin, dass

          although the Russian leadership sought and badly needed peace, it would accept even a nearly hopeless war rather than face further humiliation. „The defeat of 1909 has left far too deep a legacy here fore any Russian government, however peacefully disposed, to be able to survive any repetition of this event.“

          Nothing had changed by July 1914, when Russia face the choice between war and surrender to an even more peremptory and humiliating Austro-German challenge. The ambassadors of the Central Powers in Petersburg did their job, but their masters in Berlin and Vienna chose to ignore them.

          (Zitiert nach dem Lieven-Band)

          Man mag sich viel über Gesichtsverlust etc. auslassen, aber so waren die damaligen Zeiten und man sollte eben nicht vergessen, wie einschneidend bspw. jene Krise für die Entente-Seite war.

          Davon abgesehen haben wir heutzutage nicht einmal mehr Diplomaten und Botschafter in Moskau, sondern nur Verkünder der westlichen Wahrheit.

          Alleinverantwortung der Mittelmächte auszugehen wie es sowohl der unselige Versailler Vertrag als auch jener etwas dubiose Fritz Fischer unterstellten.

          Nochmals: es ging mir hier nicht um die Attribuierung einer juristischen Alleinschuld oder moralische Alleinverantwortung, sondern eine politische Hauptverantwortung. Eine Hauptverantwortung ist etwas anderes als eine Alleinverantwortung, ist etwas anderes als eine Alleinschuld.

          Ich habe jetzt mal Fischer aus dem Schrank geholt und zitiere ihn einfach mal persönlich, denn er schreibt von „Verantwortung“ und „schuldhaftem Verhalten“, während Clark und andere ihm Alleinschuld gerne medial in den Mund legen. Lesen wir:

          Es ist nicht legitim, die Frage der Ursprünge des Ersten Weltkriegs und der Julikrise 1914 mit den Begriffen der „Kriegsschuld“-These von 1919 und der damit verbundenen Frage der Reparationen anzugehen. Wie der verstorbenen Schweizer Historiker Adolf Gasser beobachtet und formuliert hat, war der Krieg, gesehen vom Standpunkt des Völkerrechts, 1914 noch ein anerkanntes Mittel der Politik und so wurde er noch von allen großen Mächten der Zeit betrachtet. (…) Betrachtet vom Standpunkt der Moral ist unbestreitbar, daß allen großen Mächten expansionistische und Machtpolitik betrieben haben, selbst wenn einige es mehr mit der Absicht taten, ihre Besitzungen, also den Status quo, zu erhalten als ihn zu verändern. Betrachtet vom Standpunkt der Politik indessen die Frage ob es im Falle von Preußen-Deutschland klug, weise und praktikabel war, in einer so kurzen Zeit, mit solcher Ungeduld und Vehemenz und mit dem Mittel hochgesteigerten See- und Landrüstungspolitik eine Änderung im internationalen System bewirken zu wollen, kurz, eine Politik zu verfolgen, die mehr oder weniger unvermeidlich zum Krieg führen mußte, weil sie eine gegnerische Koalition hervorrief und bestehende Spannungen nicht milderte, sondern erhöhte. In der Durchführung einer solchen Politik kann man sehr wohl ein schuldhaftes Verhalten sehen.

          Nach 1914 und nach 1919 haben die Deutschen dann – selbst in ihren gebildeten Schichten – nicht erkannt und nicht anerkannt, daß die deutsche Regierung 1914 den entscheidenden Anteil an der Verantwortung für die Auslösung des Ersten Weltkriegs trug.

          Fischer, Fritz (1992): Hitler war kein Betriebsunfall, S. 64.

          Er schreibt zwar in der Tat hier auch von „schuldhaften Verhalten“ – da muss ich mich korrigieren, dass er nie von Schuld sprach wie Gietinger & Wolf behaupteten. Er tat es aber wohl im Rekurs auf die Gegenseite und im Konnex mit der juristischen Debatte. Ich nehme ansonsten aus der Passage mit: Keine juristische deutsche Alleinschuld / Alleinverantwortung, geschweige denn eine deutsche Kollektivschuld, sondern eine entscheidenden politischen Anteil an der Verantwortung (vulgo: Hauptverantwortung) von Seiten der deutschen Regierung an der Auslösung des Krieges. Da kann ich ihm in der Tat gut folgen, ebenso – vor dem Hintergrund von Bosnienkrise etc. – in Bezug auf das Konfliktverschärfen („Spannungserhöhen“). Und in Bezug auf das moralische klingt er ja fast wie Sie („Statt auf Konfliktausgleich, Mäßigung und Kompromiss zu setzen, betrieben ALLE Mächte eine hochriskante Politik der Kriegsvorbereitung“).

          Inwiefern Fischer im Persönlichen dubios war oder nicht, erscheint mir wie gesagt nebensächlich. Wenn man ihn diskutieren will, müsste man jetzt seine einzelnen inhaltlichen Argumente (die auch von anderen Forschern in unterschiedlichem Ausmaß geteilt oder sogar viel stärker akzentuiert hervorgebracht werden) heranziehen und abklopfen. Dazu reicht mir nicht die Zeit. Allenfalls interessant wäre, ob Fischer – wie Clark – ein staatlicher Interessenmultiplikator war. Daran habe ich Zweifel, zumal es in den 1950er und 60ern (und danach) jede Menge Gegenstimmen zu ihm gab. Wie viele Gegenstimmen sehen wir denn zu Clark, Münkler und Co.? Das sind doch pointiert gesagt die Drostens der Historiker- und Politologenzunft! Unhinterfragbar und regierungsamtlich geeicht.

          Eine alleinige Konzentration auf die Tage und Wochen vor Kriegsausbruch greift beim Ersten Weltkrieg ebenso zu kurz wie beim heutigen Ukrainekrieg.

          Richtig ist, dass man Kontext und Vorgeschichte bei jedem Konflikt beachten muss. Habe ich irgendwo das Gegenteil behauptet? Davon abgesehen, dass Erster Weltkrieg und Ukrainekrieg recht unterschiedlich gelagerte Fälle sind, ist es mir für unsere Mitleser wichtig zu betonen, dass der Ukrainekrieg nicht am 24.02.2022 begann, sondern am 13.04.2014. Dementsprechend ist es da schwer von „Vorgeschichte“ zu sprechen – der Krieg läuft einfach schon zehn Jahre, hat bloß kaum eine Sterbensseele interessiert. Und Sie sehen auch an meiner kursiven Fettung, dass mich dieses Thema noch mehr umtreibt als die Julikrise, zumal die Ukraine im Gegensatz zum Ersten Weltkrieg zwei Mal Fallbeispiel in Abschlussarbeiten von mir war.

          Im Falle der Ukraine wie des Ersten Weltkriegs – und anderer solcher Ereignisse – ist gleichwohl eine Konzentration auf die unmittelbaren Auslöser ebenso zwingend. Und die sind nun mal – wie das Wort es ausdrückt – nicht in den Vorjahren zu finden, sondern im konkreten Entscheidungsträgerverhalten in den Tagen und Wochen vor dem 13.04.2014 bzw. 28.07. / 04.08.1914. Eben zum einen der Maidan-Putsch bzw. die Verhängung der ATO im Falle der Ukraine bzw. die Julikrise im Falle des Ersten Weltkriegs. Und im Falle der erneuten (vierten!) russländischen Ukraineintervention (nach den kleinräumigen von Illowaisk etc. 2014 ff.) müssen natürlich vornehmlich die ersten Wochen des Jahres 2022 betrachtet werden, um festzustellen wieso die jeweiligen Entscheidungsträger so oder so handelten.

          Aber wo ich gerade den Fischer zur Hand habe – hier noch als Gedankenanstoß von S. 45 f. des erwähnten Buches:

          Am 12. Juli schrieb Szögyény, Wiens langjähriger Botschafter in Berlin, daß das „absolute“ Drängen des Kaisers und des Reichskanzlers auf den Krieg gegen Serbien sich auf zwei Überzeugungen gründe: erstens, daß Rußland und Frankreich „noch nicht fertig“ seien, und zweitens, daß Großbritannien „zu diesem Zeitpunkt nicht in einem Krieg intervenieren werde, der über eine Balkan-Staat ausbricht, selbst wenn dies zu einem Konflikt mit Rußland, möglicherweise auch mit Frankreich führen würde […]“. Und er faßte zusammen: „Im allgemeinen also erscheint es von all diesem, daß die politische Konstellation so vorteilhaft für uns ist, wie sie nur sein könnte“ und deshalb würde dieser Moment von Deutschland jetzt benutzt werden.

          Was ist mit diesem Satz den Moment jetzt zu „nutzen“ gemeint, einem Satz, der doch beweist, daß die Mittelmächte in keiner Weise in den Krieg „hineingeschlittert“ sind? Josef Baernreither, früherer Handelsminister in Österreich, machte im Dezember 1914 die folgende Eintragung über die Julikrise in sein Tagebuch: „In Deutschland bestand die Befürchtung, daß wir nicht mitgehen würden, wenn uns der Anlaß des Krieges ferner liegen würde. In Algeciras aren wir noch Sekundanten, später nicht mehr, sondern in der Marokkokrise [1911] nicht standhaft zu Deutschland. Krieg musste aber, wie die Dinge sich durch die Schuld der deutschen und österreichisch-ungarischen Diplomatie entwickelte hatten, kommen. (…)“

          Interessante Anregungen, ich werde mir doch nochmals die Fischerwerke und allgemein mehr Quellen zur Julikrise zusammentragen müssen. Hier ging es mir vor allem um das „hineingeschlittert“, weil es mir beim Durchblättern wieder ins Auge stach.

          Übrigens war sich auch Lenin dessen bewusst und betrachtete – hier durchaus hellsichtig – den Ersten Weltkrieg als sozusagen unvermeidliche Konsequenz der Konkurrenz der imperialistischen Mächte.

          Lenins Ausführungen in diesem Zusammenhang hat ja bereits Mitforist @ Besdomny paraphrasiert. Lenin hat in manchen Punkten sicher recht, fehlerhaft ist allerdings sein Überdenkammscheren und Gleichmachen, gerade in diesem Zusammenhang. Es gab eben Imperialisten, die – wie ich gestern @ Two Moon unter Verweis auf Gietinger & Wolf schrieb – imperialistischer, aggressiver etc. waren als andere. Im Falle der Julikrise waren es die deutschen Imperialisten.

          Ansonsten bin ich kein sonderlicher Anhänger von Lenin; ich konnte stets mehr mit Engels, Souchy, Liebknecht und Co. anfangen.

          Ihre besondere Abneigung gegen Deutschland und einen deutschen Staat erklären

          Werter Herr Wirth, ich habe eine besondere Abneigung gegen jeden Staat, weswegen mich der Mitforist @ RH unlängst ja als „Anarchist“ einstufte. Und ich fange nun einmal mit dem vor meiner Haustür gelegenen Staat an. Dementsprechend kann der auch ruhig mal Gegenstand besonders stichelnder Polemik werden.

          Meine Abneigung gegen den ukrainischen Staat ist übrigens sogar noch ausgeprägter. Ebenso meine Abneigung gegen Kolonialegimes (Südafrika, Israel) bzw. Kolonialstaaten wie etwa die Lumumba-Mörder aus Belgien, die sich in puncto Unter-den-Tisch-kehren ihrer imperialen Mordbrennergeschichte wenig mit den deutschen Regierungen schenken. Das ändert nichts daran, dass auf europäischem Boden Belgien zwei Mal Opfer deutscher Aggression im letzten Jahrhundert geworden ist und die deutschen Kräfte entsetzliche Massaker an Belgiern verbrochen haben, welche – gleichermaßen im Rahmen des neorevisionistischen Zuges der 2010er Jahre – nun auch heruntergespielt und unter Rückgriff auf mehr als zweifelhafte Schriften verleugnet werden. Wenn die Wehrmacht schon sauber war, dann muss die kaiserliche Armee eben Meister Proper gewesen sein und daraus folgt dann, dass auch die heutige Wehrkraft ein Strahlemann-Image tragen darf. Man muss nur die Mechanismen erkennen, dann legt sich das offen.

          Worüber sich die noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden Politiker und Militärs aber eben nicht ausreichend bewusst waren, das ist der Umstand, wie groß, lang, zerstörerisch und blutig dieser Krieg werden würde.

          Das mag für einzelne Politiker gelten; die Militärs hatten durch das Studium des Sezessionskriegs – oder jüngeren Datums: des Russisch-Japanischen Krieges – genug Anschauungsmaterial zur Verfügung. Gerade die deutschen Militärs wussten sehr wohl, was in puncto Blutigkeit und Zerstörungspotential auf die von ihnen eingesetzten Soldaten zukommen würde. Man ging das Risiko schlicht ein, zumal man glaubte, dass man aufgrund der eigenen brillanten Planung und „(kriegs-)wissenschaftlichen“ Vorausberechnung den Krieg in der Tat schnell würde entscheiden können – das nennt man freilich Hochmut und Fehlkalkulation (man hatte z.B. weder den Berufsheerescharakter der britischen Armee noch die Truppenstellungen von Seiten seiner Kolonien und Dominions in der Gleichung). Als das alles Moltke d. J. bewusst wurde, bekam er einen Nervenzusammenbruch etc. Im Grunde ist das sogar ein Beispiel für Technikglauben und Wissenschaftshörigkeit, immerhin war ja der Schlieffenplan wissenschaftlich minutiös vorberechnet worden – nur bloß so tauglich wie die meisten heutigen „Modelle“ aus den Wirtschafts“wissenschaften“.

          Andere wiederum hatten jede Menge Bewusstsein und genug Vorstellungskraft. Engels insbesondere gebührt das Verdienst bereits Jahrzehnte vor der Auslösung des Ersten Weltkriegs dessen wichtigste militärische, ökonomische, soziale und politische Entwicklungen und Folgen antizipiert und auf sie aufmerksam gemacht zu haben. Dies umfasst insbesondere sein geradezu hellseherisches Skizzieren des Scheiterns des deutschen Schlieffen-Plans (u.a. in der Schrift „Rhein und Po“), der Ausmaße der zu erwartenden mehrjährigen Materialschlachten, sowie des mit Kriegsende einhergehenden Revolutionspotenzials. Nun war Engels polyglott und hochintelligent, aber das waren andere damals auch. Es war nicht ein Mangel an Vorstellungskraft oder Bewusstsein – es war Rücksichtslosigkeit und ein Glaube an die eigene Vortrefflichkeit und Überlegenheit.

          Bemerkenswert ist übrigens auch der Umstand, dass im Deutschen Reich überhaupt erst im September 1914 nach den spektakulären Anfangserfolgen im Westen eigene Kriegsziele genannt wurden

          Zutreffend ist, dass Bethmann mit Beginn der Marneschlacht Riezler beauftragte sog. Vorläufige Richtlinien für die deutsche Politik beim Friedensschluß auszuarbeiten, worin auch das „allgemeine Ziel des Krieges“ umrissen wurde. Man kann hier aber im Grunde nur von einer offiziösen Kodifizierung und Eichung der deutschen Kriegsziele sprechen, weil sich die herrschenden Macht- und Kapitalfraktionen in den Vorjahren schlicht nicht einig waren, was man sich alles im erwarteten (und vor allem mit Siegfrieden erwarteten) Großkrieg unter den Nagel reißen wollte.

          Planungen existierten dessen ungeachtet genug. Und Bethmann hat übrigens schon davor Ziele für die einzelnen Fronten formuliert, auch direkt zu Kriegsbeginn. Für heutige Zeitgenossen interessant sind etwa seine Ausführungen zu den Zielen für den Ostkrieg vom 06.08.1914: „Befreiung und Sicherung der von Rußland unterworfenen Völker“, „Zurückwerfung der russischen Grenze auf Moskau“, Errichtung einer Kette von Pufferstaaten (expressis verbis: Georgien, Ukraine, Finnland, Polen – kommen die einem heute nicht bekannt vor?). Das könnte auch direkt aus dem heutigen Programm von Böll-Stiftung, ukrainischen „Friedensplanern“ oder irgendeinem US-Thinktank stammen („Farbrevolutionen“, „Russland dekolonisieren“). Diese und weitere Ausführungen wurden damals in das von Ihnen erwähnte Septemberprogramm überführt bzw. in höchstoffizieller Form ausgestaltet. Diese Forderungen und Überlegungen fielen aber beileibe nicht erst im September 1914 wie Manna vom Himmel.

          Darüber hinaus weiß ich nicht was Sie unter „spektakulären Anfangserfolgen“ der Deutschen verstehen. Der Einmarsch in Belgien verlief schleppend und hinter dem eigenen Zeitplan; hier möchte ich nur auf die Schlacht um Lüttich verweisen, die zu so unerwarteten wie hohen Verlusten führte, weil man das Gebiet wohl mangelhaft aufgeklärt und Quantität wie Qualität der Verteidiger und deren Forts sträflich unterschätzt hatte. Keagan schildert, dass die Habsburger bei Kriegsbeginn den Deutschen eiligst vier 30,5cm-Mörser von Škoda inklusive Bedienmannschaften überlassen mussten (!); erst nach der Heranführung dieser und weiterer Kruppgeschütze („Dicke Bertha“) kapitulierten die belgischen Verteidiger des Festungsrings, hatten bis dato aber den deutschen Vormarsch sehr wohl ausgebremst. Der deutsche Frust entlud sich dann in Massakern an der Zivilbevölkerung und dem Reinsteigern in eine Franc-Tireur-Angst. Massenpsychosen sind eben keine Signatur der Gegenwart.

          Auch den Schlieffen-Plan selbst haben die Verantwortlich miserabel umgesetzt, dazu kam Gerangel um Einfluss und Kompetenzen. Rupprecht von Bayern, Befehlshaber der 6. Armee, beispielsweise startete auf eigene Faust und völlig konträr zum Schlieffen-Plan in Lothringen Ende August 1914 eine Gegenoffensive, die ihm zwar Popularität und ein paar Anfangserfolge einbrachte, aber dann – wie zu erwarten war – im Festungsgürtel zwischen Nancy und Épinal hängen blieb (und hängen bleiben musste). Schlieffen hatte bewusst die Franzosen tief ins Reichsland Elsaß-Lothringen hineinlocken wollen (a) um die Franzosen zu binden und b) anstelle die eigenen Kräfte an den Festungen des Gegners aufzureiben) – das war mit dem deutschen Selbstverständnis wohl genauso wenig zu vereinbaren wie mit der Eitelkeit eines Bayern, der sich seine eigenen Lorbeeren verdienen wollte. Die Fehler und Rangeleien zwischen den Befehlshabern (Kluck und Co) der durch Belgien mordbrennenden Soldateska im Vorfeld der Marneschlacht thematisiere ich wann anders.

          Man sollte Bismarcks Wort von etwa 1878, dass Deutschland „saturiert“ sei, nicht unterschätzen und sich auch bewusst machen, dass die Äußerung von Wilhelm II vom „Platz an der Sonne“ sich auf die Kolonialpolitik bezog und nicht auf die europäischen Grenzen.

          Da unterschätzen Sie aber, dass es neben dem Flügel der Bismarckianer noch andere und alles andere als impotente Kräfte gab. Schon Wilhelm I. wollte 1866 Österreich demütigen, 1871 wollte andere Stimmen noch weit mehr als Elsaß-Lothringen erwerben (ein Territorium, das Bismarck bereits nur mit großer Mühe und nach eigenem Zögern – er wusste warum – international annektiert bekam). Es gab die Alldeutschen, es gab das Interesse der Ostelbier am Polnischen Grenzstreifen, an Kurland und Livland… das Interesse der deutschen Industrie an Longwy und Wallonien. Denken Sie etwa, dass denen erst im September 1914 die Gedanken kamen, welche Grenzen sie verändern wollten? Das waren Forderungen für innereuropäische Erwerbungen, die seit Jahrzehnten kursierten – innerhalb von Interessenverbänden wie den Alldeutschen und innerhalb der Bürokratie und Regierung. Riezler selbst summierte den Krieg 1916 dann als „Verteidigungskrieg gegen das gegenwärtige Frankreich“, „Präventivkrieg gegen das zukünftige Rußland“ und „Kampf mit England um die Weltherrschaft“. Um den Platz an der Sonne wurde national, europaweit und global gefochten. Wer in Deutschland „saturiert“ war, ist extrem gruppen- und personenabhängig.

          Deswegen war die deutsche Politik bis etwa 1912 eher defensiv eingestellt

          Das empfinde ich als steile These. Ich will nicht den ganzen Krisenverlauf von 1890 bis 1914 nachzeichnen, nur darauf hinweisen, dass das Reich bspw. bereits 1905 und 1911 bis an den Rand des Krieges ging und seine Regierung aus reinen prestige- und machtpolitischen Gründen zockte (mit Frankreich über Marokko) – mit dem Resultat die Entente zu konsolidieren. Das Auslaufenlassen des Rückversicherungsvertrags habe ich vor ein paar Wochen hier schon erwähnt, die Bosnienkrise – die die Triple Entente konsolidierte – oben. Ich könnte auf Wilhelm II. Anti-Britannismus und seine mehr als schädlichen Interviews wie auch den außenpolitisch alles andere als defensiv und vorteilhaft aufgenommenen Björkö-Vertrag hinweisen. Dass die anderen Imperialmächte Imperialmächte und keine Waisenknaben waren, ändert nichts daran, dass die Deutschen ebenfalls Imperialmacht waren und sich in vielen Fällen wie ein Elefant im Porzellanladen gebärdeten. Da waren die anderen einfach klüger und geschickter im Auftreten.

          Das hat Bismarck übrigens alles befürchtet und in den 1890ern schon direkt kommen sehen und das dröhnende Brummen, dass man von 1898 bis 1914 hörte, war er, der im Grab rotierte angesichts der „defensiven“ deutschen Politik seiner Nachfolger…

          Nichts anderes will Clark deutlich machen.

          Das sehe ich wie geschrieben dezidiert anders.

          Für weitere Informationen zu meiner Position verweise ich auf die Anmerkungen in meiner Antwort an @ Two Moon. In meinen Augen ist Clark ein von deutschen Eliten, ihrer Regierung und den angeschlossenen Rundfunkhäusern unterhaltener und geförderter Revisionist. Sein Werk ist germanophil-verzerrt und dient der historischen Reinwaschung, Einimpfung bestimmter Narrative und Legitimierung heutiger Aufrüstung und Militarisierung im Rahmen erneuerter Großmachtkonkurrenz und Weltmacht(erhaltungs)strebens. Gerade gegen Russland.

          Carroll Quigley

          Der kam mir bisher nur im politikwissenschaftlichen Seminar unter, weil er wohl einige Demokraten beeinflusst hat. Mit seinen Demokratie(theorie)-bezogenen Schriften konnte ich nicht so viel anfangen. Aber ich will gerne mal schauen, was das von Ihnen empfohlene Buch bereit hält. Danke für den Tipp!

          Ja, Sie sehen, ich denke da ganz anders als Sie. Am besten setzten wir uns mal im wirklichen Leben zusammen, das ist ja über Internet und schriftlich nie ein richtiger Austausch (wie ich mal dem früheren Foristen Majestyk auch schrieb). Und dann suchten wir uns am besten noch ein paar erquicklichere Themen als die Geschichte des Krieges und die aktuelle Politik zum Ausgleich. Sicher könnten wir auch zum Gärtnerischen oder der aktuellen Jahreszeit uns lange austauschen. Ich lasse Ihnen darum ein paar solch angenehmere Zeilen von den Theodors zum Abschluss da.

          Zum einen:

          Spätherbst
          von Theodor Fontane

          Schon mischt sich Rot in der Blätter Grün,
          Reseden und Astern im Verblühn,
          Die Trauben geschnitten, der Hafer gemäht,
          Der Herbst ist da, das Jahr wird spät.

          Und doch (ob Herbst auch) die Sonne glüht –
          Weg drum mit der Schwermut aus deinem Gemüt!
          Banne die Sorge, genieße, was frommt,
          Eh Stille, Schnee und Winter kommt.

          Sowie:

          Oktoberlied
          Von Theodor Storm

          Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
          Schenk ein den Wein, den holden!
          Wir wollen uns den grauen Tag
          Vergolden, ja vergolden!

          Und geht es draußen noch so toll,
          Unchristlich oder christlich,
          Ist doch die Welt, die schöne Welt,
          So gänzlich unverwüstlich!

          Und wimmert auch einmal das Herz –
          Stoß an und lass es klingen!
          Wir wissen’s doch, ein rechtes Herz
          Ist gar nicht umzubringen.

          Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
          Schenk ein den Wein, den holden!
          Wir wollen uns den grauen Tag
          Vergolden, ja vergolden!

          Wohl ist es Herbst; doch warte nur,
          Doch warte nur ein Weilchen!
          Der Frühling kommt, der Himmel lacht,
          Es steht die Welt in Veilchen.

          Die blauen Tage brechen an,
          Und ehe sie verfließen,
          Wir wollen sie, mein wackrer Freund,
          Genießen, ja genießen!

          Haben Sie eine gute Woche,

          Gruß
          Altlandrebell

    3. Werter Altlandrebell,
      Ihren Analysen zum aktuellen Fall Israel/Hisbollah/sonstigen “Feinden”, kann ich sicher zustimmen, doch was Folgendes angeht bin ich mir nicht so sicher wie Sie:

      Clarks Buch ist ein übles germanophiles Machwerk, ein Signum des Revisionismus, das wie die Schriften von Münkler, Baberowski, MacMeekin und Co. der teutschen Seelentröstung und Geschichtsklitterung dient. Gietinger und Wolf haben den Sabbel hier verrissen, woraufhin natürlich die offiziöse „moderne“ teutsche Geschichtsforschung geifernd gegen diese Dolchstößer zu Felde zog („Follow the science! – Ja und zwar direkt ins (Schlacht)feld)).

      Ich habe das Buch damals geschenkt bekommen und den dicken Wälzer auch in Ruhe gelesen. Ich fand ihn erst einmal durchaus plausibel. Mehr konnte ich dazu nicht denken, denn um an der detailreich beschriebenen, komplexen Darstellung der Entwicklung des Krieges etwas zu kritisieren, fehlte mir damals auch schlicht das Detailwissen. Es passte aber durchaus zu einem “Gefühl” was ich bei vielen menschlichen Konflikten, den Kleinen wie den ganz Großen hatte, nämlich dass es oft eben nicht den großen und einzigen Bösewicht gibt, der das Unheil mit voller Absicht und ganz kalkuliert vom Zaun gebrochen hat (wie jetzt wohl Netanyahu), sondern dass es mehrfach so läuft, dass die Konfliktpateien in der Tat mehr oder weniger bewusst in solche Auseinandersetzungen hinein schlittern. Was sie aber natürlich nicht von jeglicher Verantwortung frei spricht, denn wer konsequent die Richtung verfolgt einen Krieg nach Möglichkeit vermeiden zu wollen, der schlittert auch nicht so einfach hinein.

      Natürlich konnte Clarkes Buch dann trefflich als Seelentröster verwendet werden. Was auf mich aber nicht zutrifft, da ich mit Nationalgefühl so wenig am Hut habe wie Sie. Außerdem habe ich kürzlich in einer Diskussion mit @ Wolfgang Wirth hier Deutschland (also 1871) als ‘Fehlkonstruktion’ bezeichnet, das eigentlich nicht Deutschland, sondern das “Preußische Reich” oder Imperium war und ist, dessen Geist im Grunde noch heute tief in Deutschland steckt. Also das Einverleiben der deutschen Länder unter den preußischen Militarismus worin schon der Keim für die Möglichkeit eines so großen und zerstörerischen Krieges wie des ersten Weltkrieges und dann auch des zweiten steckte.

      Letztlich kann ich nicht entscheiden wieviel Verantwortung für den ersten Weltkrieg jede Regierung getragen hat, dafür finde ich das Zustandekommen des Ganzen auch heute noch zu komplex. Als sicher kann jedoch gelten, dass da alle nicht ganz unschuldig waren und das Deutsche Reich sicher schon mal gar nicht. Meinetwegen kann man diesem auch eine Hauptlast andichten, wenn man möchte. Doch was bringt das Ganze?
      Denn genauso wie das Werk von Clarke von vielen als Seelentröster “missbraucht” wurde, so war es für andere geradezu eine Blasphemie gegen ihren lang gehegten und quasi mit ihrer ‘Identität’ verknüpften Glauben, dass Deutschland und die Deutschen nicht schon seit Hitler, sondern schon immer…
      Und soll ich denen nun mehr glauben? Nö. Beide Seiten, so scheint es mir möchten hier etwas glauben, und sind sich daher etwas sicherer als sie es sein könnten, wenn sie unabhängig von ihrem Identitätsgefühl nachdenken würden. Denn auch die Gegner von Clarkes Buch oder der Schlussfolgerungen aus diesem Buch sind vielfach durch ihr Identitätsgefühl als Deutscher beeinflust, aber eben einem negativen Identitätsgefühl. Wenn nicht alle, dann doch sicher einige. Ich zumindest meine das an deren Schreibweise zu spüren. Dass Deutsche auch im 1. WK die Bösen waren ist für diese Leute wichtig, auch über die reine Tatsache hinaus.

      Sie bezeichnen das Buch auch als “übles germanophiles Machwerk”. Das klingt erst mal ‘wütend’ und unterstellt, dass Clarke hier eventuell mit Absicht Schönfärberei betreiben hat. Naja, profitiert hat der Knabe in jeden Fall davon einen Seelentröster geschrieben zu haben, aber meinen Sie das war wirklich Absicht, oder schlimmer noch, Clarke ist wömöglich noch in dieser Richtung ‘promotet’ und ‘gefördert’ worden?

      1. @ Two Moon

        Doch was bringt das Ganze?

        Die Frage kann man freilich immer bei der Beschäftigung mit der Geschichte stellen, finden Sie nicht? 😉 Was bringt es, dass wir jetzt (nicht) wissen wo Varus mit seinen Legionen unterging? Was bringt es, wenn wir jetzt genau (nicht) wissen wer die Türme in New York sprengte?

        Meine triviale Motivation ist die Folgende: Die Analyse von Kriegen und den zugrunde liegenden Ursachen hilft, Muster zu erkennen und zu verstehen, wie Konflikte entstehen. Und da ist es evident auf die einzelnen Akteure zu blicken. In den seltensten Fällen sind alle gleich beteiligt oder gleich verantwortlich (was übrigens auch Clark nicht behauptet, oder zumindest nicht kohärent, denn er ist eigentlich beständig darauf bedacht die Verantwortung von Berlin wegzuschieben). Wie auch immer – dieses Ergründen kann (sollte zumindest) dazu beitragen zukünftige Kriege zu verhindern und friedliche Lösungen für bestehende Konflikte zu finden und auch dazu beitragen die Lehren der Geschichte an zukünftige Generationen weiterzugeben. Es hilft auch tieferes Verständnis für die Komplexität menschlicher Konflikte zu entwickeln, die Grundlagen für eine friedlichere Zukunft zu legen und die Zusammenarbeit mit anderen Ländern zu fördern (ich paraphrasiere hier mal ein paar Sätze aus meiner MA).

        Wenn Sie dann schreiben:

        Es passte aber durchaus zu einem “Gefühl” was ich bei vielen menschlichen Konflikten, den Kleinen wie den ganz Großen hatte, nämlich dass es oft eben nicht den großen und einzigen Bösewicht gibt, der das Unheil mit voller Absicht und ganz kalkuliert vom Zaun gebrochen hat

        Nun – dieses Gefühl sollte in Bezug auf die Julikrise eben erzeugt werden und Clark ist darin ziemlich gut. Die Hauptverantwortung soll von Deutschland genommen werden, gerade auch um heutige Verantwortung von Berlin wegzuschieben (siehe unten auf ihre Promotion-Frage ausführlicher).

        Die von mir gestern verlinkten Gietinger & Wolf schreiben zunächst u.a.:

        Vernebelt wird dies alles mit dem Begriff von den Schlafwandlern, den er nirgends in seinem Buch wirklich anwendet, da er für die Analyse völlig unbrauchbar ist, aber bewusst an alte Unschuldslegenden anknüpft und damit große Wirkung entfaltet. Mit der Hypothese, es zähle nur das Wie, versucht er eine angeblich objektive Vorgehensweise zu suggerieren, dies sich um die Frage der Schuld gar nicht kümmere.

        Doch ist dies nur ein Trojanisches Pferd für seine Hauptthesen, wonach Serbien, Frankreich und Russland die Hauptverantwortung am Ersten Weltkrieg trifft und England einen großen Beitrag dazu geleistet hat.

        Die Unterscheidung von Verantwortung – von der Fischer und Geiss immer sprechen – und Schuld ist in diesem Zusammenhang völlig unerheblich.

        Clark schafft es, die durch die NS-Zeit und die nicht wegzuleugnende Schuld Deutschlands am Zweiten Weltkrieg gekränkte deutsche Seele wenigstens damit zu trösten, dass das Reich am Ersten Weltkrieg praktisch gar nicht schuld sei. Endlich mal die Anderen. (…)

        Clark übernimmt nicht nur die Positionen der Unschuldhistoriker der 20er und 50er Jahre in Deutschland. Er identifiziert sich darüber hinaus mit der Position Deutschlands und Östrerreichs-Ungarns (…). Dabei kommt ihm zupass, dass er als Australier als potenziell Neutraler, ja vielleicht sogar als ehemaliger Entente-Sympathisant erscheint.

        Dagegen lässt es sich sehr wohl gut herausarbeiten, dass Deutschland eine Hauptverantwortung für die Auslösung jenes Krieges trägt. Ich will das jetzt aus Platzgründen nicht alles nachkauen. Sie und Mitleser finden Hinweise dazu in zahlreichen Werken, hilfreiche bürgerliche Autoren sind unter anderem:

        Janz, Oliver: 14 – Der große Krieg

        Moneyquote:

        Wien und Berlin schlugen in ihr [der Julikrise] von Anfang an einen harten Kurs ein, der auf eine militärische Lösung zusteuerte oder sie zumindest in Kauf nahm. (…) Berlin unterstützte diese Politik, um seinen einzigen verlässlichen Bündnispartner zu stärken. (…) Sie nahmen ihn [den Krieg] in Kauf. Aus ihrer Sicht standen, anders als in bisherigen Krisen, existentiellen Interessen auf dem Spiel.

        Lieven, Dominic: Towards the Flame

        Moneyquote:

        If one concentrates just on the July crisis itself, then responsibility for the outbreak of the war rests overwhelmingly on the shoulders of Berlin and Vienna. German policy accepted enormous risks and made fundamental miscalculations, and nevertheless as these risks and miscalculations became clear between July 29 and July 31, it chose to plunge forward into war. It is true that even by July 29 diplomacy was becoming increasingly entangled military preparations for war. Even in this respect, Germany was most at fault. Only there did mobilization require immediate declaration of war and the crossing of international borders. Given dominant thinking at the time, one can understand the logic behind the famous Schlieffen Plan, which committed Germany to an immediate invasion of France through Belgium. Nevertheless, the plan was a disaster in every respect. Germany could have stood on the defensive in the west and allowed the French army to destroy in futile attacks. In that case, there would have been no need to invade Belgium and far less chance of Britain’s entering the war.

        Oder auch:

        Geiss, Immanuel (1990): Der lange Weg in die Katastrophe

        Ham, Paul: 1914. The Year The World Ended

        Mombauer, Annika: Die Julikrise

        Gietinger & Wolf bilanzieren das Ganze wiederum wie folgt:

        Schließlich verführte – relativ unerwartet – ein von bosnischen Serben mit Unterstützung von Teilen des serbischen Geheimdienstes ausgeführtes Attentat Deutschland und Österreich dazu, das Risiko eines europäischen Krieges einzugehen, woraus sich schließlich der Weltkrieg entwickelte. Auch wenn die Führungen in Paris und St. Petersburg keine Pazifisten waren (…) , so waren doch die Deutschen und die Österreicher die eigentlichen Verursacher der Krise, sind sind hauptverantwortlich für den Weltkrieg.

        Weder waren die beteiligten Männer in den europäischen Führungseliten Schlafwandler, noch trugen alle imperialistischen Mächte in gleicher Weise Verantwortung. Kurzum: Deutschland war immer ein Stück weit chauvinistischer, militaristischer, undemokratischer, expansiver, imperialistischer, kriegstreiberischer und kriegsverbrecherischer als die Staaten der Entente.

        Ich selbst breche es immer runter: Niemand zwang Berlin zum Blankocheck. Niemand zwang 1913 Berlin den Aufmarschplan Ost ad acto zu legen, nur noch den „Schlieffen Plan“ im Schrank zu haben und dann eben im August des Folgejahres in Belgien und Luxemburg einzumarschieren (Clark dagegen „europäisiert“ sogar den Schlieffenplan – jeder wollte nach Belgien [fragt sich immer nur wozu, die Briten waren dort z.B. Garantiemacht]). Niemand zwang Berlin Frankreich den Krieg zu erklären mit der irrwitzigen Behauptung französische Flieger hätten Nürnberg und Karlsruhe bombardiert. Niemand zwang Berlin die sieben (!) Vermittlungsversuche Edward Greys während der Julikrise auszuschlagen (Clark stellt Grey übrigens wahlweise als Wirrkopf, Intrigant oder Kriegstreiber dar). Niemand zwang Berlin Russland… etc. pp

        dass Deutschland und die Deutschen nicht schon seit Hitler, sondern schon immer…

        „Die“ Deutschen gibt es nicht, aber die Kontinuitätslinien vom Kaiserreich zu Hitler sind jetzt ja wohl von zahlreichen Autoren ausgearbeitet worden. (Dass Kontinuität ungleich Identität bzw. Kongruenz ist, setze ich als bekannt voraus.) Sie selbst schrieben von der kleindeutschen Lösung des Preußisch-Deutschland. Hitlers Vernichtungspolitik gegen Russland bspw. fiel nicht alleinig auf seinen Mist, sondern wurzelt im Kaiserreich und den dort zirkulierenden Vorurteilen und Kampagnen gegen das Russische, die insbesondere nach Bethmanns Amtsantritt ins Rollen kamen. Das schreibt beileibe nicht nur der viel verfemte Fritz Fischer, das findet man auch bei Wolfram Wette (Die Wehrmacht / Militarismus in Deutschland / Ernstfall Frieden), Sebastian Haffner (Von Bismarck zu Hitler) und anderen… Und wo hat Hitler eigentlich seine Vorstellungen von der Ukraine als „deutsches Indien“ her? Na aus dem alt- wie alldeutschen Dunstkreis im München der 20er Jahre, zu dem auch ein von den Kaiserlichen als „Hetman“ in Kiew eingesetzter Herr Skoropadskyj zählte…

        Dass Deutsche auch im 1. WK die Bösen waren ist für diese Leute wichtig, auch über die reine Tatsache hinaus.

        Nun mein Selbst ist weder positiv noch negativ zur deutschen Nation konstruiert, sondern speist sich vornehmlich aus Quellen. Als Antietatist bin ich zunächst einmal gegen jede Nation – und ich fange eben mit der vor meiner Haustüre an. Als Arbeiterkind wiederum könnte es mir wurscht sein, wer damals die Arbeiter für was verheizte, es könnte mir auch nur darauf ankommen, dass sie verheizt wurden und ich könnte mich ergo schlicht dafür einzusetzen eine Wiederholung zu verhindern. Ich könnte das ganze also bloß strukturell betrachten, wie es Imperialismustheoretiker à la Domenico Losurdo taten.

        Hier bin ich vor allem von meinem historischen Interesse berührt, zumal ich die Argumente beider Lager in der Julikrise halbwegs zu kennen glaube. Allgemein debattiere ich gerne historische Ereignisse und so wie ich mich aufrege, wenn Leute fix den Ort der Varusschlacht zuordnen (hier eher selten diskutiertes Thema), so geht es mir gegen Strich, wenn Leute die Unschuldsthesen der 20er ff. Jahre des letzten Jahrhunderts aufwärmen. Wenn die Leute so stolz auf ihre „Nation“ sein wollen, dann sollten sie einfach zu ihren (vielen) Schattenseiten stehen und nicht versuchen die beständig unter den Tisch zu kehren. In den Ersten Weltkrieg sei man reingestolpert, Kolonialkriege haben auch andere gemacht, gerüstet haben andere, eigentlich war Hitlers Krieg gegen die UdSSR ein Präventivkrieg, den Holocaust gab es nicht oder nicht so richtig oder auch bei anderen (Bombenholocaust)… immer waren es die anderen. Ich kann es einfach nicht mehr hören. So ein Umgang mit Geschichte zeigt m.E. einen Mangel an Reife. Das ist doch kindlicher Trotz – was jetzt auch nicht so sehr verwundert, weil viele eben Nationalismus als – wie Sie selbst schreiben – wichtiges identitätsstiftendes Merkmal tragen / annahmen, was wiederum sicher nicht selten von den Brechungen in Kindheit und Jugend herrührt. Die Flucht in Nation / Gender / Religion und andere Identitäten um wieder ganz zu werden.

        aber meinen Sie das war wirklich Absicht, oder schlimmer noch, Clarke ist wömöglich noch in dieser Richtung ‘promotet’ und ‘gefördert’ worden?

        Ja, genau das meine ich.

        Dazu müssen wir uns bloß anschauen wie die geschichtsrevisionistische Kampagne, in deren Zusammenhang dieses Werk erschien, lief und läuft. Wem Platz in Gazetten und Fernsehsendungen eingeräumt wurde. Was für Filme und Dokus heute zu dem Thema gedreht werden. Welche Studienprojekte zu Themen jener Zeit gefördert, welche Autoren in den Seminarkanon aufgenommen werden. Was die Bildungspläne heute beinhalten. Und dann wie Leute wie Clark, Münkler, Baberowski und Co. promotet werden und von wem. Winfried Wolf hat zu Clark ein paar hübsche Daten und Fragen zusammengetragen:

        Eine deutsche besondere Verantwortung für den Ersten Weltkrieg darf es nicht geben, auch weil damit eine kritische Sicht auf die aktuelle Rolle der deutschen Regierung und der sie stützenden Konzerne und Banken in der EU- und Euro-Krise und in dem neuen gegen Russland gerichteten Aufrüsten grell beleuchtet werden würde.

        Es ist die offizielle deutsche Politik, die sich in dieser Debatte einschaltet und dem großen Seelentröster [Clark] nicht nur moralischen Beistand gewährt. Warum wurde am 17. März 2014 in Paris die französische Übersetzung des Buches (…) in der Deutschen Botschaft vorgestellt? Warum fand das Event nicht in der Botschaft Australiens (WK-I-Kriegsteilnehmer) oder Großbritanniens statt?

        Warum gab es am 29. Februar 2016 in Kopenhagen eine Veranstaltung mit Christopher Clark, die „vom Institut für Auslandsbeziehungen und von der Deutschen Botschaft in Kopenhagen unterstützt“ wurde? (…)

        Warum lud der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck am 27. Juli 2014 Christopher Clark, Herfried Münkler und Jörn Leonhard (…) zu sich sich ins Schloss Bellevue ein?

        Eine Antwort (…) gab [Gauck] selbst, als er zum gleichen Zeitpunkt feststellte, Deutschland sei inzwischen „solide und verlässlich“. Eine „Zurückhaltung“ wie in früheren Zeiten sei überholt. Deutschland müsse „im Kampf um die Menschenrechte“ gegebenenfalls „zu den Waffen greifen“.

        (…)

        Man fragt sich warum er [Clark] all dies macht. (…) Clark ist ein Historiker seiner Zeit. Und diese Zeit ist die eines neuen Imperialismus, in dem unter dem Vorwand der Terrorismus-Bekämpfung Weltpolitik betrieben wird, wobei die deutschen Regierungen und die seit der Wiedervereinigung erstarkten deutschen Eliten in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen. (…) In einer solchen Situation erscheint es mehr als opportun, die Deutschen von der Last der Geschichte wenigstens teilweise zu befreien. Damit sie mit den Westmächten zusammen, wie Atlas, die Welt und den formellen wie informellen neuen Imperialismus besser tragen und den noch westlich beherrschten Globus gegen alte und neue östliche oder südöstliche Mächte wirtschaftlich – und militärisch – „verteidigen“ können.

        Ich kann nicht das ganze Buch abschreiben, will nur darauf verweisen, dass es – wie die Werke von Münkler, McMeekin und Leonhard – aber im Konnex der „neue Verantwortung“-Debatte über Jahre aktiv beworben wurde. Auch von Dozenten an der Uni, wo es prominent selbst in Politik- und sonstigen Sozialwissenschaften behandelt wurde (ich saß in den entsprechenden Seminaren, weiß also worüber ich schreibe). Gerade die Pulse-of-Europe-Fraktion und die endlich national (weil gegen Russland gehend) mit klatschen dürfenden Grünenkinder und -dozenten waren ganz eifrig beim Lesen und Diskutieren dabei. Und das alles vor dem Hintergrund des von Wolf zitierten Ablegens der „Zurückhaltung“, dem „Verlässlichwerden“, dem Nicht-mehr-Zurückstehen.

        Das ganze begann auch nicht mit Clark, der ist nur pars pro toto, das fing in den 1990ern mit der Out-of-area-Debatte an, intensivierte sich in den 00er Jahren und wurde medial für’s Volk geschichtlich mit TV-Dokus wie geschichtsklitternden Schinken à la „Die Flucht“ und „Unsere Väter, unsere Mütter“ begleitet. Letzteres wurde hierzulande gelobt, im Ausland mitunter scharf kritisiert.

        Ich habe damals (2012/13) übrigens die englischsprachige Ausgabe (erschienen bei Penguin) von „Sleepwalkers“ gelesen. Zwei Jahre später erschien im selben Verlag „Towards the flame“ von Dominic Lieven – haben Sie je davon gehört? War Herr Lieven je in einer deutschen Talkshow oder Zeitung zu Gast? Lieven ist ein sehr renommierter bürgerlicher Professor und gilt als Doyen der britischen Russland-Geschichtsforschung. Sein Werk beschäftigt sich mit demselben Gegenstand wie Clark und kann durchaus als Antwort auf dessen Schriften wie die von McMeekin und Co. verstanden werden. Nun – es hat seine Gründe warum Sie womöglich noch nie von Lieven im Kontext mit der Julikrise gehört haben, denn Lievens Werk passt nicht gut zur Verantwortungsentsorgung und dem Aufrüsten gegen Russland.

        Gut, ist ziemlich lang geworden, das Thema triggert mich einfach immer wieder. Hoffe, Sie können trotzdem was mit meinem Zeug anfangen und sei es, dass Sie sich dran reiben. 😉

        Gruß
        Altlandrebell

        1. Vielen Dank von mir jedenfalls, ich habe mir den ganzen Subfaden hier mit seinen zahlreichen Hin- und Verweisen mal in meine Zitate-Datenbank abgespeichert.

          1. Letztendlich. geht es immer um die Besitzstandswahrung der herrschenden Klasse.
            Und hier jedenfalls um die Selbstlegetimierung, damit die immer so weiter machen können.
            Die wollen uns jetzt töten.
            Die haben UNS ganz offen den Krieg erklärt!

            1. “UNS” ist aber 1914 bereits – gut, mitunter murrend oder um die Ernte besorgt – brav zur Front mitmarschiert. Weil es alternativlos war, einfach das neue Normal. Statt Maske auf zur Solidarität, Helm ab zum Gebet und danach das Gewehr brav geschultert. Und Querdenker aus der Hölle wie Liebknecht und Luxemburg waren eben “raus” aus der Gesellschaft…

              Ein Unterschied gleichwohl zu damals: Ein Ludwig Frank zog im Unterschied zu Kiesewetter, Baerbock und StraZi noch an die Front… und fiel in Lothringen.

              1. …und fiel in Lothringen.

                Echt jetzt? Einfach so umgefallen…? Die Haut ist doch immer wieder dicker als man denkt.

                Die Software für eine Zitate-Datenbank könnte ich Ihnen übrigens schicken. Schreiben Sie mich einfach an, die Kontakte haben Sie ja und meine Einwilligung hiermit auch.

                1. Naja, das ist schlicht deren Sprech von damals bis heute. “Gefallen auf dem Feld der Ehre”. Ich kenne nur die Ähre vom Feld, aber sei’s drum…

                  Das mit dem Anschreiben hat sich mir nicht ganz erschlossen – wie kann man hier User per Mail anschreiben? Oder stehe ich wieder mal technisch auf dem Schlauch?^^

          2. @ renard

            Danke, freut mich, dass Sie etwas mit anfangen können. 🙂

            Eine Zitate-Datenbank sollte ich auch mal anlegen, das ist etwas Gutes. 🙂

            Andererseits komme ich jetzt schon mit dem Lesen von Artikeln und Büchern nicht hinterher, obwohl wir Hartzer ja angeblich so faul sind und massig Zeit haben… *lach*

        2. @ Altlandrebell:
          Zunächst einmal Vielen Dank für diese ausführliche und hochwertige Antwort!
          Sie liefern da eine Menge gute Argumente, die ich im Großen und Ganzen auch nicht widerlegen kann. Dazu bin ich nicht tief genug im Thema drin.
          Also erkenne ich Ihre Version auch erst mal als eine möglicherweise gültige an.

          Unbestritten ist, dass Clarke versucht hat einen Teil der Verantwortung von Deutschland wegzuschieben, denn vorher war die allgemeine Auffassung mehr dafür Deutschland eine größere Verantwortung für den Krieg zu geben, als den anderen Beteiligten (jedenfalls war das es, was ich kannte).
          Wenn Clarke aber versucht hat die Verantwortung soweit von Deutschland wegzuschieben, dass die Hauptverantwortung sogar Deutschlands Gegnern zugerechnet werden konnte, so hat er das nicht besonders gut gemacht, denn mir zumindest ist das beim Lesen gar nicht aufgefallen. Will heißen: Ich sah danach Deutschland zwar in gewisser Weise entlastet, aber die Anderen nicht mit einer größeren Verantwortung als Deutschland belastet. Das wäre mir auch komisch gekommen.

          Gegen Ende ihres Post erklären Sie gut mit vielen Belegen wie Clarke promotet worden ist.
          Was nicht wundert, da nicht nur Viele diesen Seelentröster begrüßten und zu brauchen schienen, sondern ihn auch gewisse Gruppen für eine neue Machtstellung Deutschlands in der heutigen Welt nutzen wollten. Das erklären Sie sehr gut und das hätte ich auch vorher nicht in Zweifel gezogen.
          Was mir jedoch trotz ihrer umfangreichen Erläuterungen nicht ganz klar geworden ist:
          Hat Clarke wirklich geglaubt, was er da geschrieben hat? Oder war er beim Schreiben von gewissen Kräften beeinflusst, war es also mindestens teilweise eine Art Auftragsarbeit?
          Wenn Ersteres zutrifft, sollte man mit den Vorwürfen gegen ihn doch etwas vorsichtiger sein.
          Höchstens kann man ihm ankreiden, dass er sich nach Erscheinen des Buches zu sehr hat von den Deutschen vereinnahmen lassen. Ich fand es auch schon ziemlich merkwürdig als er dann auf einmal als Moderator in ziemlich oberflächlichen TERRA-X Geschichtsdokus im ZDF auftauchte.

          1. @ Two Moon

            Grüße Sie!

            Also erkenne ich Ihre Version auch erst mal als eine möglicherweise gültige an.

            Ja, mit „möglicherweise gültige“ schlagen Sie immer eine gute Vorgehensweise ein – das meine ich ernst. Das sollte man nämlich bei jedem Thema pflegen. Von meiner Feyerabendschen Prägung her erwarte ich immer, dass auch alle anderen hier Informationen, Quellen und Thesen prüften. Das ist natürlich ein persönliches Vorurteil und ich setze einfach (zu) häufig voraus, dass in einem so kritischen Forum nicht einfach blind etwas hingenommen wird. Und ich gehe jetzt (zu) einfach davon aus, dass man sich nach Erscheinen von Buch x auch ein Buch y holt, um das zu kontrastieren. Das ist ist aus vielerlei Gründen natürlich gar nicht möglich und bleibt ein Ideal (ich selbst hätte z.B. heute weder Geld mir Clarks Buch zu kaufen noch bspw. für Lievens oder einen anderen Autor um Clark zu kontrastieren – andere haben schlicht nicht die Zeit zum Lesen und Exegieren oder es liegen andere Gründe vor).

            Lesen und Einarbeiten, das muss ich immer wieder betonen, weil viele das hier glaube ich anders sehen, ist ein Privileg, das sich nicht jeder leisten kann. Ich bin auch an vielen Tagen hier nicht „on“ oder komme nicht mal zum Lesen von Artikeln (in den kommenden Tag z.B.).

            Deswegen: stellen Sie (und unsre Mitleser) mal meine Überlegungen und die Ausführungen @ Wolfgang Wirths einfach neben die von Clark und wenn Sie Zeit, Geld, Interesse etc. haben, können Sie bei Gelegenheit eines oder mehrere der genannten Bücher sich dazu holen. 😉 Aber nehmen Sie weder meine noch Clarks noch Zuckermanns oder wessen Thesen auch immer als in Stein gemeißelt hin (gut, Sie wissen und tun das ja – ich schreibe das jetzt auch eher allgemein @ Two Moon).

            dass die Hauptverantwortung sogar Deutschlands Gegnern zugerechnet werden konnte, so hat er das nicht besonders gut gemacht, denn mir zumindest ist das beim Lesen gar nicht aufgefallen.

            Naja, mir fielen durchaus ein paar solcher Passagen auf. Gietinger & Wolf zitierten ja unter anderem Stellen wie „den Mittelmächten von einem aggressiven Russland und seinen aktiven Partnern in der Entente aufgezwungen“ oder Verantwortung für die dt. Mobilmachung trügen „eindeutig die Russen“ – ich habe das ja in meiner gestrigen Antwort an Herrn Wirth zitiert. Und so was fiel mir auch selbst immer wieder auf oder eben diese Serben = Taleban-Gleichung. Vielleicht kommt das im Original einfach nochmals direkter raus als in der Übersetzung (die ich wie geschrieben nicht besitze)?

            Interessant ist auch, dass gerade diese Gleichung – zumindest in den Universitätsseminaren, die ich erlebte – begeistert aufgegriffen wurde, auch vor dem Hintergrund der Jugoslawienkriege. Da kam bei jungen Quexen wie alten Haudegen so ein „Ha! Wir haben’s gewusst, der Serbe war schon immer so!“-Moment ins Rollen. Fand ich gruselig. Ein sozialdemorkatischer Kommilitone (inzwischen promoviert und alles) fand das Buch auch ganz toll, weil es so eine „europäische Perspektive“ zeige – er war dann später bei „Pulse of Europe“, Klimaprotesten und Lockdownmaßnahmen ganz vorn mit dabei und hat natürlich immer klar Stellung gegen Russland bezogen…

            Hat Clarke wirklich geglaubt, was er da geschrieben hat?

            Ich gehe mal davon aus, dass Clark glaubt, was er da schrieb, zumindest vertrat er seine Thesen immer mit seiner ihm eigentümlichen Verve. Aber in seinen Kopf kann ich natürlich nicht blicken. 😉

            Oder war er beim Schreiben von gewissen Kräften beeinflusst, war es also mindestens teilweise eine Art Auftragsarbeit?

            Von einer Auftragsarbeit würde ich nicht sprechen (zumindest habe ich mich nicht so tief in die Entstehungsgeschichte seines Buches eingearbeitet, um das äußern zu können – müsste man bei Gietinger & Wolf nachschlagen, ob die was ermittelten), aber seine Monographie ist auf jeden Fall sehr schnell vereinnahmt und dann auch von regierungsamtlichen Stellen wie gezeigt vermarktet und in den Lehrkanon aufgenommen worden. Deswegen würde ich sagen, dass er ein revisionistischer Propagandist ist. Interessant ist auch, dass „Sleepwalkers“ auf amazon.de auf 4000 Rezensionen kommt, während Lieven und andere in den hunderten liegen (bestenfalls) und vielen nicht bekannt sind.

            Was seine Beeinflussung betrifft – zumindest forschungsmäßig würde ich sagen, ist er stark von den Entschuldigungshistorikern der 1950er geprägt. Ob in heutiger Zeit Leute aus Regierung / Bürokratie ihm zuflüsterten weiß ich nicht. Man müsste auch nochmals schauen, wer das Buch finanziell gefördert hat, ob das „normale“ Stipendien, Drittmittel o.Ä. waren…

            Wenn Ersteres zutrifft, sollte man mit den Vorwürfen gegen ihn doch etwas vorsichtiger sein.

            Verstehe ich nicht ganz. Wenn er davon überzeugt ist – soll man ihn dann etwa weniger kritisieren? Ich habe ja nix persönlich gegen den Mann – kenne ihn privat ja gar nicht – mir ging es um die Ideologie, die er mit seinem Tun und Schreiben verbreitet. Dagegen richtet sich mein Vorwurf und gegen eben jenes Werk von ihm, das ich als germanophil und revisionistisch erachte, richtet sich meine Kritik.

            Sein Preußen-Buch fand ich auch nicht sonderlich knorke, habe das 2009 mal angelesen und nach 300 Seiten weggelegt, weil ich nicht die Zeit hatte (Abiturvorbereitung) jede Quelle gegenzulesen und mir bei einigen Bewertungen schlicht arge Zweifel kamen.

            Gruß

            1. Grüße Sie Altlandrebell!

              Kurz noch zu meinem Satz, den Sie nicht ganz verstanden haben:

              Wenn Ersteres zutrifft, sollte man mit den Vorwürfen gegen ihn doch etwas vorsichtiger sein.

              Also ihr Urteil über das Buch im ersten Post hier klingt ziemlich wütend:

              Clarks Buch ist ein übles germanophiles Machwerk, ein Signum des Revisionismus, das wie die Schriften von Münkler, Baberowski, MacMeekin und Co. der teutschen Seelentröstung und Geschichtsklitterung dient. Gietinger und Wolf haben den Sabbel hier verrissen, woraufhin natürlich die offiziöse „moderne“ teutsche Geschichtsforschung geifernd gegen diese Dolchstößer zu Felde zog („Follow the science! – Ja und zwar direkt ins (Schlacht)feld)).

              “Übles Machwerk”, “Sabbel” usw. das klang für mich so, als würden Sie ihm üble Absichten unterstellen.
              Ich sehe es aber so, dass wenn jemand ein solch umfangreiches Buch schreibt, nach besten Wissen und Gewissen, und das seine ehrliche Meinung ist, dann kann ich natürlich das Buch, bzw. die darin vorkommende Argumentation kritisieren, lasse aber den Autor unbehelligt. Er hat sich veilleicht geirrt, hat sich zu irgendwas verleiten lassen, aber das sind doch sehr menschliche und verzeihliche Fehler. Und die würde ich dann nicht “Übles Machwerk” oder “Sabbel” und auch nicht “germanophil” nennen.
              Was anderes ist es natürlich, wenn ein Autor versucht eine Ideologie zu transportieren und seine Leser hinterlistig oder untergründig zu manipulieren.

              Gute Nacht

              1. Guten Vormittag, Two Moon
                1. Oktober 2024 um 1:44 Uhr
                und Altlandrebell

                Das ist ja wieder eine wirklich anspruchsvolle und sehr sehr anregende Debatte gewesen. Ich denke, sie ist abgeschlossen, da jeder die wichtigsten Argumente vorgetragen hat. Ich möchte sie auch nicht fortführen.

                Mir kam indessen gerade wieder einmal zu Bewusstsein, wie sehr sich doch die Möglichkeit der Wahrheitsfindung in den Natur- und Geisteswissenschaften unterscheidet.

                Grundlegend dafür ist der Umstand, dass die Naturwissenschaften mit (wiederholbaren) Experimenten arbeiten können – was ja in der Geschichtswissenschaft unmöglich ist – und dass es in der Naturwissenschaft möglich ist, den zu untersuchenden Zusammenhang vom “Rest” zu isolieren.

                Untersucht werden eben meist nur zwei oder drei Einflussgrößen im Hinblick auf ihre wechselseitige Beeinflussung.
                Alle andere Dinge spielen dann keine Rolle.

                Ein Beispiel:
                Wenn ich etwa in der Wärmelehre die Wärmeleitfähigkeit von Stoffen untersuche, dann habe ich nur die Energiemenge und den Stoff – sowie eine bestimmte und natürlich gleichbleibende Versuchsanordnung (-> exakte Abmessungen der zu untersuchenden Stoffe, Energiemenge, Zeit, Art der Umgebungsluft und Luftdruck usw.)
                Die Untersuchung isoliert also “Energiemenge” und “Stoff” vom gesamten Rest der Welt und kommt dann zu einem tatsächlich wahren Ergebnis.

                Eine derartige Untersuchung ist in der Geschichtswissenschaft aber bekanntlich vom Prinzip her absolut unmöglich. Der Forschungsgegenstand ist hier eben nicht mal annähernd vom “Rest” zu isolieren, da die Masse an Einflussfaktoren riesengroß ist und auch schier unübersehbar ist.

                Im Grunde geht dann die Debatte der Historiker nur darum, welche Einflussfaktoren auch noch zu berücksichtigen sind und welche Aspekte ein Kollege vergessen hat. Und der Disput geht zusätzlich auch darum, wie stark man einzelne Faktoren denn nun gewichten soll!
                Die Gewichtung der Faktoren kommt ja noch hinzu und macht die Sache nun vollends kompliziert, ja letztlich fast unlösbar.

                Dazu kommt das ärgerliche Problem der politischen Instrumentalisierung der Geschichtswissenschaft, denn es geht eben oft sehr viel weniger um eine objektive historische Wahrheit als viemehr darum, mit Geschichte heutige Politik zu betreiben.

                Aber auch dann, wenn wir es tatschlich mit Historikern zu tun haben, die um Objektivität bemüht sind, gestaltet sich die Forschung zu einem langsamen und mühevollen Herantasten an eine relativ wahre Wahrheit. Immer neue Blickwinkel und Perspektiven, immer neue Einflussgrößen gilt es in hoffentlich halbwegs zutreffender Gewichtung zu erfassen. Damit das gelingt, ist unablässige Revision nötig.

                Mit anderen Worten:
                Eine Geschichtswissenschaft, die Revision bei bestimmten (politisierten) Themen prinzipiell tabuisiert und bestimmte Historker als “Revisionisten” verdammt, hat das Recht verloren, als “Wissenschaft” bezeichnet zu werden und verwandelt sich in Mythenlehre oder Ideologie.
                Daran musste ich denken, wenn ich lese wie Altlandrebell den Christopher Clark als “Revisionisten” abtut.

                Letztlich unterscheiden sich doch auch bei der Forschung zum Ersten Weltkrieg die Historiker nur danach, wie umfangreich sie das Feld wählen, aus dessen Quellen sie schöpfen … !

                Der bewusste Fritz Fischer konzentrierte sich auf die “Julikrise” und die deutschen Akten; er wählte also ein recht begrenztes Feld. Clark, Münkler oder Ferguson wählen ein größeres Feld.

                Jeder hat auf seine eigene Weise richtig und logisch argumentiert und geschlussfolgert. Die unterschiedlichen Einsichten und präsentierten Wahrheiten resultieren aus den unterschiedlich großen Feldern.

                “Was ist Wahrheit?”, so soll schon Pilatus gefragt haben. Übrigens eine so kluge Frage, dass sie einmal mehr vor dem auch schon in der Antike erreichten geistigen Entwicklungsstand der Menschen Respekt einflößt.

                Schöne Gedichte, Altlandrebell! Danke

                Gruß

    4. Wenn man sich durch die weitere Forschungslage wühlt, stellt man fest, dass zwar einige Autoren äußern, dass gezielte Tötungen von Führungspersonen Gruppen (welcher Couleur auch immer) erschütterten …

      Es gibt eine “Forschungslage” zur Wirksamkeit sogenannter “gezielter Tötungen”? Wie pervers ist das denn? Und wird da vielleicht auch Stammheim 1977 analysiert?
      Jedenfalls deutet eine solche “Forschungslage” auf eine sehr große Anzahl von “Fällen” hin, denn ansonsten gäbe es ja nichts zu “analysieren”.
      In diesem Zusammenhang sollte man vielleicht darauf hinweisen, dass die Hizbollah keine “Aufstandsbewegung” oder “Terrororganisation” ist, sondern eine politische Partei, die zwei Minister zur gegenwärtigen libanesischen Regierung beisteuert. Nasrallahs Ermordung wird die Hizbollah sicher schwer treffen.

      Was Zuckermanns Verweis auf Christopher Clarks Schlafwandlerei anbetrifft, so macht Zuckermann damit zunächst einmal ausdrücklich, dass er entgegen seiner Selbstauffassung sicher kein Marxist ist.
      Nun muss man kein Marxist sein, um zu bemerken, dass jedem Krieg unüberbrückbare, grundlegende Interessengegensätze vorausgehen, der Krieg vor seinem Ausbruch immer schon “in der Luft liegt” und man also nicht “hineinschlittert”. Im Falle des Ersten Weltkriegs kommt aber hinzu, dass die Zweite Internationale schon 1912 einen Beschluss zum bevorstehenden Krieg fasste und die zu diesem Krieg führenden Widersprüche (vor allem zwischen der aufstrebenden, expandierenden Wirtschafts- und Militärmacht Deutschland und den imperialistischen Platzhirschen Großbritannien und Frankreich) von den Altvorderen des Marxismus ausführlich auseinander genommen wurden. Und das will Zuckermann ernsthaft mit Clark kontern?
      Den immer wieder zu beobachtenden Vorgang der “Aufladung der Gegensätze” und ihrer “Entladung im Krieg” fasste Jean Jaures jedenfalls in einem treffenderen Bild: “Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen”.

      Kurz: Zu Zuckermann fällt mir nichts mehr ein. Seine vorhergehende, in Endlosschleife wiederholte Interpretation des andauernden, “volksgemeinschaftlichen” (sic!) Massenmords als “Netanjahus persönlichen Krieg gegen die eigene Verhaftung” war bereits beschämend dürftig. Die wird nun, “hineinschlitternd”, noch unterboten. Und Yahia Sinwar – auch wieder persönlich – für die restlose Zerstörung des Gazastreifens verantwortlich zu machen – “Sinwar ist dabei nicht der einzige, der bereit ist, die große Opferzahl sowie die Not und das Elend der von ihm beherrschten Bevölkerung von vornherein in Kauf zu nehmen.” – ist das I-Tüpfelchen.

      1. @ Besdomny

        Es gibt eine “Forschungslage” zur Wirksamkeit sogenannter “gezielter Tötungen”? Wie pervers ist das denn? Und wird da vielleicht auch Stammheim 1977 analysiert?

        Selbstverständlich gibt es die. Es gibt ganze COIN-Bibliotheken und Forschungsinstitute (gerade bei der US-Armee), wo unter anderem auch solche Fragen analysiert werden.

        Pervers mag es aus unser beider moralischer Sicht vielleicht sein, aus Perspektive der herrschenden Klasse und ihres imperialistischen Staates ist es dagegen schlichtweg zwingend. So wie an technischen und sonstigen Universitäten die Zivilklauseln fallen oder gleich nie existierten und man am Militärgerät bzw. seinen Einsatz munter evaluiert, so müssen natürlich auch die sozialwissenschaftlichen Aspekte eines Einsatzes bzw. einer Kampagne aufgearbeitet werden. Und das läuft schon seit Jahrzehnten.

        Hier munter weitere Autoren / Studien jüngeren Datums:

        Carvin, Stephanie (2012): „The Trouble with Targeted Killing“, in: Security Studies, 21 (3), S. 529–555

        Johnston, Patrick B. (2012): „Does Decapitation Work? Assessing the Effectiveness of Leadership Targeting in Counterinsurgency Campaigns“, in: International Security, 36 (4), S. 47–79

        Ibrahim Shire, Mohammed (2020): „How do leadership decapitation and targeting error affect suicide bombings? The case of Al-Shabaab“, in: Studies in Conflict and Terrorism, Ausgabe nicht angegeben, S. 1–40

        Morehouse, Matthew (2014): „It’s Easier to Decapitate a Snake than It Is a Hydra: An Analysis of Colombia’s Targeted Killing Program“, in: Studies in Conflict & Terrorism, 37 (7), S. 541–566

        Tominaga, Yasutaka (2018): „Killing Two Birds with One Stone? Examining the Diffusion Effect of Militant Leadership Decapitation“, in: International Studies Quarterly, 62 (1), S. 54–68

        Da finden Sie wirklich viel zu im Netz; wie viel Bezahlschranken-frei ist, ist eine andere Frage.

        Stammheim lief mir in dem Zusammenhang nicht über den Weg, wäre zwar sicher passend, wird aber wohl allenfalls intern analysiert und nicht für die breite Öffentlichkeit, für die das ja bis heute eine Selbsttötung sein soll.

        Jedenfalls deutet eine solche “Forschungslage” auf eine sehr große Anzahl von “Fällen” hin, denn ansonsten gäbe es ja nichts zu “analysieren”.

        Die ist in der Tat nicht klein, siehe obige Beispiele. Und sie umspannt alle Kontinente – man beachte nur die Analysen zu dem kolumbianischen Programm oder Somalia. Das Imperium und seine Wasserträger haben eben viele Kämpfe in der Peripherie zu führen, jede Menge Aufstände zu bekämpfen, jede Menge Völker zu unterjochen…

        Es gab ja auch diese „Killing Kony“-Kampagne, vielleicht erinnern Sie sich? Die wurde auch von der Forschung aufgearbeitet (und das nicht unbedingt kritisch). Hier blind ein Beitrag aus dem Fundus:

        Tiernay, Michael (2015): „Killing Kony: Leadership Change and Civil War Termination“, in: The Journal of Conflict Resolution, 59 (2), S. 175–206

        Und dann habe ich noch dieses Schmankerl mit direktem Bezug zum hiesigen Artikel für Sie:

        We find that the market does not react to assassinations of low-ranked members of Palestinian terrorist organizations. The market does react strongly, however, to the assassinations of senior leaders of terrorist organizations: it declines following assassinations targeting senior political leaders but rises following assassinations of senior military leaders.

        Quelle: Zussman, Asaf; Zussman, Noam (2006): „Assassinations: Evaluating the Effectiveness of an Israeli Counterterrorism Policy Using Stock Market Data“, in: The Journal of Economic Perspectives, 20 (2), S. 193–206

        Link: hier

        Es gibt in diesem System wirklich nichts, was nicht untersucht werden kann und eben so wenig etwas, das keinen Marktbezug aufweist bzw. fetischisiert werden kann (und sei es über zwölf Ecken, hier sind es freilich weniger). (Was sagen die Märkte eigentlich zu Nasrallah?)

        In diesem Zusammenhang sollte man vielleicht darauf hinweisen, dass die Hizbollah keine “Aufstandsbewegung” oder “Terrororganisation” ist, sondern eine politische Partei

        Korrekt.

        Ich hoffe, Sie haben das nicht so verstanden, dass ich die Ḥizb Allāh als Terrororganisation verkaufen wollte. Das ist eine westliche Bewertung, die man sich nicht zu eigen machen muss und global auch von vielen nicht zu eigen gemacht wird. Und man weiß ja auch aus der Geschichte, dass die Freibeuter des einen nun mal die Piraten des anderen sind. Engels hat bekanntlich viel über Aufstandsbewegungen geforscht und wiederholt gezeigt wie Kolonialisierte etwa von der britischen Imperialmacht als Räuber, Piraten, Verbrecher und anderweitig bösartige Gesellen dargestellt wurden, um sie einerseits zu illegalisieren und andererseits in Konsequenz davon mit aller Härte und ohne Rücksicht auf Zivilisten vorgehen zu können.

        Warum Sie Bewegung und Partei wiederum so kategorisch trennen, erschließt sich mir gleichwohl nicht so ganz. Diese Organisation war und ist Teil des Klassenkampfes gegen die Besatzung des Landes durch die Zionisten etc. Und jener Kampf war ein Aufstand – also „eine Erhebung gegen ein verhasstes Regime (…), bei der auf der einen Seite das herrschende Regime steht, mit all seinen Institutionen (…) und seiner Macht (die in der Regel die internationale Anerkennung mit einschließt) und auf der anderen Seite eine Gruppe, die die Autorität des Regimes in Frage stellt (…)“ (Heuser 2013). [Regime kann national gemeint sein, aber auch international und damit Kolonialisten und sonstige Invasoren inkludieren. Und „Gruppe“ können staatliche, parastaatliche, wie nichtstaatliche Kräfte / Allianzen sein.]

        Vielleicht legen Sie wie weitere Mitforisten andere Definitionen zugrunde, das mag sein und wäre natürlich legitim.

        Nasrallahs Ermordung wird die Hizbollah sicher schwer treffen.

        Die genaue Gravität müssen wir abwarten. Die Tagesschau verwies auf Hāshim Ṣafī ad-Dīn als potentiellen Nachfolger, dieser ist vier Jahre jünger als Nasrallah und

        soll schon seit den 1990er-Jahren auf eine Führungsrolle innerhalb der Hisbollah vorbereitet worden sein. Laut arabischen Medienberichten war er zuletzt unter anderem für finanzielle Fragen und tägliche Abläufe innerhalb der Miliz zuständig.

        Er gilt als Falke und wesentlich härter als Nasrallah. Wer immer es wird – ob er oder andere Herren, sie alle hatten mehrere Jahrzehnte Bewährungszeit. Manche werden schneller ins kalte Wasser geworfen. Sterkl wiederum schrieb gestern im Standard:

        Die Befehlskette der Hisbollah ist zwar deutlich geschwächt. In Israel weiß man aber, dass Köpfe austauschbar sind. Die Armee wird daher auch in den nächsten Tagen nicht nur auf das Personal, sondern vor allem auch auf den Rüstungsbestand der Hisbollah abzielen. (…) Nach einem Jahr Krieg ist Israels Armee jedoch geschwächt: Einerseits durch schwindenden Rückhalt in der Welt, andererseits durch die starke Beanspruchung seiner Reservisten.

        Den Verweis auf den Rüstungsbestand fand ich da interessant. Dann möchte ich noch auf den aktuellen Bericht des Bloggers simplicius76 hinweisen, welcher en passant einerseits Dugin auseinandernimmt und zu Israel andererseits u.a. schrieb:

        This is meant to be an unprecedented show of precision and planning the likes of which the world has never seen before. Israel admitted the pager attack itself took 15 years to plan, setting up shell companies within shell companies, and even having those companies actually produce and ship real products for several years in order to first build up a reputation of authenticity for them, so they would be entrusted when the time came to distribute the lethal devices.

        And what did they get for 15 years’ worth of work and planning? There isn’t a single shred of evidence I’m aware of that the attack took any real Hezbollah members out. All I saw were hospitals soaked in the blood of civilian casualties and collateral, and oceans of Hasbarah dreck claiming legions of Hezbollah were washed away by the Zionist’s supremacy.

        (…)

        No, the resistance’s main weapon is the slow erosion of time. I do not see any victory in Israel’s actions thus far, but what I do see is major jumping to conclusions by people who take every Israeli claim at face value, including claims that they’ve “destroyed all Hezbollah’s rockets”, etc., without any proof other than a few grainy distant videos of civilian apartment buildings exploding.

        Meine gestrige Bewertung wiederum stützte sich natürlich nur meine persönlichen konfliktforschungsbezogenen Erfahrungen und die können als bestenfalls Durchschnittswert weit daneben liegen; im Regionalraum kann es in der Tat also ganz anders aussehen. Gleichwohl hat die Ḥizb Allāh hat auch gestern weitere Operationen durchgeführt und Zahal selbst geht davon aus, dass ihre libanesischen Kontrahenten sehr bald wieder auf die Füße kämen (Quelle: hier). Dementsprechend kam ich zu meinem Verdikt.

        Ansonsten möchte ich noch anmerken, dass die Ḥizb Allāh genauso wie andere Teile der „Achse des Widerstands“ nicht Marionetten Tehrans, sondern sehr wohl eigenständige Akteure sind, die mit der iranischen Führung gerne mal über Kreuz liegen. Ich fand auch, dass die iranischen Verlautbarungen zu der Tötung Nasrallahs einen eigentümlich distanzierten Beigeschmack hatten, simplicius76 wiederum zitiert den früheren Außenminister Sarif, der offen zu gab, dass man die Ḥizb Allāh für sich selbst kämpfen lasse. Tehran scheint schlicht kein Interesse zu haben, Tel Aviv den Gefallen eines noch größeren Krieges zu tun.

        Bezüglich Zuckermann / Clark gehe ich mit Ihnen d’accord. Ergänze möchte ich noch, dass man freilich auch bei den Imperialisten differenzieren sollte. Es gab dort nun mal welche, die stärker involviert und führend beim Krieg auslösen waren. Clark hat formal die Schuldfrage europäisiert, real aber vor allem die Verantwortung den Alliierten zuzuschreiben versucht und Berlin als reagierende Macht gezeichnet und das geht sich für mich einfach nicht aus.

        Dominic Lieven hat zudem viel Kärrnerarbeit gegen die vom Westen betriebene Geschichtsklitterung betrieben, die Russen seien hauptverantwortlich für den Ersten Weltkrieg. Und Lieven ist ein sehr konservativer, bürgerlicher Schriftsteller (und älterer Bruder von Anatol Lieven, übrigens, dem auch hier im Rund bekannten Autor vom Quincy Institute / Responsible Statecraft). Mich jedenfalls wundert es nicht, dass sein Buch „Towards the flame“ im Gegensatz zur im selben Verlag (Penguin => Bertelsmann) veröffentlichten Monographie Clarks einstweilen nicht ins Deutsche übersetzt worden ist.

  18. Hassan Nasrallah war ein gemäßigter, besonnener Führer. Er wußte, ein offener Krieg Israel/Libanon wird von der kriegsgequälten libanesischen Bevölkerung nicht unterstützt. Israel tut gerade alles um dies zu ändern. Jedes tote libanesische Kind schreit nach Rache. Nasrallahs Tod wird den libanesischen Widerstandswillen erst so richtig anstacheln.

    Der Iran ist derzeit noch nicht kriegsbereit. Interessant ist jedoch, das Russland den Iran eine moderne Luftabwehr liefern will. Bis diese arbeitet dauert es.

    Die Achse des Widerstandes spielt also auf Zeit. Diese hat Israel nicht, denn die Stimmung gegen Netanjahu wird dort immer schlechter. Auch der weltweite Druck auf Israel wird weiter wachsen. Israel droht kriegsbedingt eine Wirtschaftskrise. Das wird sich auch negativ auf die noch zu proisraelische Stimmung in Deutschland auswirken. Selbst die AfD kann nicht umhin populistisch Israel verbal zu verurteilen, wie es beispielsweise der Krah schon tut.

    Russland ist auch noch mit im Spiel und vernichtet täglich mit großer Effizienz westliche Waffen.

    Den olivgrünen deutschen Lumenpazifisten empfehle ich nur so weiter zu hetzen, das wird auch in diesen Land die Opposition stärken.

    Macht nur weiter so, dann ist bald Schicht im deutschen Wohlstandsschacht!

    1. „Der Iran ist derzeit noch nicht kriegsbereit. Interessant ist jedoch, das Russland den Iran eine moderne Luftabwehr liefern will. Bis diese arbeitet dauert es.“

      ich gehe davon aus, dass die Zionisten, falls es zu einem Krieg mit dem Iran kommen sollte,
      sich gleich auf den Abwurf von Atombomben ueber Isfahan und Teheran verstaendigen, der Krieg darf fuer Israel nicht lange dauern!
      Das traue ich Netanjaho und seinem rechtsradikalen Siedlerpack durchaus zu, egal was die UNO sagt, egal was die USA sagen, egal was der globale Sueden sagt, die Zionisten in Israel sind auf einem selbstmoerderischen Pfad und ein Sieg gegen den Iran ist nicht sicher!

  19. Zuckermann ist einfach zu nah dran, er hat den nötigen Abstand nicht und stellt die Dinge komplizierter dar, als sie sind. Da gibt es also den israelischen Ministerpräsidenten, der weiss, dass am Ende des Krieges sein Abgang steht und ihn deshalb so lange hinauszögern will, bis er als der grosse militärische Triumphator dasteht. Dies allein würde aber nicht reichen, seine Untergebenen, auch abgesehen von den ausgesprochenen Faschisten, sind zwar nicht begeistert, machen aber mit, gewissermassen verführt vom Charme des Brute force-Ansatzes, und der Premier könnte sich ja tatsächlich wieder durchsetzen und dann will man auf der richtigen Seite stehen – Karriere etc. Aber auch das würde noch nicht reichen. Da ist noch das Imperium und seine Meute, das nach wie vor den Plan verfolgt, den Iran zu zerstören. Also lassen sie alles laufen, liefern alle nötigen Mittel.

    Und so nehmen ‘die Dinge’ ihren Lauf. Bisher durchaus in Netanyahus Sinn. Offenbar ist es jetzt auch gelungen, den vorsichtig taktierenden Hizbollah-Chef zu töten. Sein Nachfolger wird brutaler sein, wie auch im Fall der Hamas. Diese Leute lernen ihre Lektion – Zurückhaltung zahlt sich nicht aus. Und irgendwann – heute, in zwei Monaten – wird auch der Iran die seine aufgeben müssen. Ab dann wird es unübersichtlich, weil sich aller Wahrscheinlichkeit weitere Staaten einschalten werden. So wie der israelische Premier es sich wünscht, wird es nicht herauskommen, auch nicht so, wie es sich irgendjemand anders wünscht.

  20. Eine vollkommen entmoralisierte Armee verhält sich sich bar jeder Menschlichkeit.
    Der ganze Artikel zeigt deren vollkommene psychische Verwahrlosung.
    https://www.infosperber.ch/politik/gaza-schiessen-aus-langeweile/
    “Alle sechs vom «+972 Magazin» befragten Soldaten sagten aus, dass sie autorisiert gewesen seien, praktisch nach Belieben das Feuer auf Palästinenser zu eröffnen, auch auf Zivilisten, Frauen und Kinder.

    Fünf dieser sechs Quellen berichteten anonym, wie israelische Soldaten routinemässig palästinensische Zivilisten hingerichtet hätten, nur weil diese in ein Gebiet eingedrungen seien, welches das Militär als «No-Go-Zone» definierte. Die Zeugen berichteten von Gegenden, die übersät seien mit zivilen Leichen, die verwesten oder von streunenden Tieren gefressen würden. Die Armee verberge sie nur bei der Ankunft internationaler Hilfskonvois vor den Blicken, damit keine Bilder von zerfallenden Leichen in die Welt gelangen könnten.”

  21. es ist alles ganz einfach das sehen auch meine jüdische Freunde so…
    die Zionisten möchten das Reich ihres Daseins mit niemanden teilen so wie es auch die Neocons in den USA mit den Indigenen auch nie teilen wollten… deshalb werden die Tatsachen nach Art der debilen Tiere im Ring bzw. im Krieg ausgetragen … hat die USA jemals was zum Frieden beigetragen? bitte melden

  22. … und so etabliert sich Krieg und Völkermord als ewig währende Zustand, gewollt, initiert, geführt und unterstützt vom westlichen politischen Terrorismus – beaufsichtigt von den UN – mal wieder zur normalsten Sache der Welt.
    An den zuvor ermöglichten Kräften, die in Israel und der Ukraine die Fortführung der Kriege und gerade zu erpresserischerweise Weise einfordern, lässt sich die wahre politische Marschrichtung kapitalistisch zweckrationalen Vorgehens ablesen: Rechtsextremistisch. Faschistisch.

  23. „Wer Wind säät wird Sturm ernten“ sagte einst Mao Zedong

    Im Libanon sehen wird einen zionistischen Orkan. Dieser Orkan wird einen Tsunami der islamischen Welt auslösen. Schiiten und Sunniten werden ihre religiösen Gegensätze beiseite schieben, um gemeinsam gegen den zionistischen Feind – der ihre Frauen und Kinder tötet – vorgehen.

    Der konservative amerikanische Revolutionär Larry Johnson wies darauf hin das die Hisbollah eine religiöse Bewegung sei. Im nichtreligiösen Westen übersieht man dies leicht. Religiöse Menschen, gläubige Muslime, fürchten den Tod nicht. Ihr religiöser Widerstandswille wurde jetzt enorm angestachelt.

    Der Konflikt um Israel ist ein typischer siedlerkolonialistischer Konflikt. Mitforist @Altrebell wies darauf hin, daß es zwei historische Beispiele für die Lösung eines Siedlerkolonialismus gibt. Im Falle der USA wurde die indigene Bevölkerung ausgelöscht und die wenigen Überlebenden in Reservate eingesperrt. Dies will auch Israel. Im Falle von Algerien mußten die Franzosen abziehen. Warum? Weil die FNL wirksame Waffen hatte, wirksamere Waffen als einst die indigenen Völker Amerikas.

    Auch die Achse des Widerstandes verfügt über wirksamere Waffen als Pfeil und Bogen. Es wird ein langer, grausamer und blutiger Krieg, den der Zionismus nicht gewinnen kann. Die Menschlichheit würde einen Kompromissfrieden erfordern. Aber auch Israel wird von religiösen Fanatikern regiert, die vom barbarischer Grausamkeit sind.

    Moshe Zuckermann – er ist doch marxistischer Atheist – sollte endlich die Koffer packen, ehe es zu spät ist. In Deutschland ist er als Luxusflüchtling – ähnlich den Ukrainern – willkommen, aber auch das kann sich ändern

  24. Was hörte ich heute auf Tagesschau24: “Die Hisbollah ist ein iranischer Proxy”
    Achso na dann ist ja alles ok… Das die Hisbollah eine eigene Meinung haben könnten zu der seit Jahrzehnten andauernden Apartheid und Landwegnahme in Israel, das kann also nicht sein.

    Schauen wir mal in die Wikipedia.
    “Die Hisbollah entstand ab 1982 als eine aus dem Untergrund operierende paramilitärische Organisation[5] durch den Zusammenschluss verschiedener schiitischer Gruppen beim Widerstand gegen die damalige israelische Invasion. Die offizielle Gründung fand 1985[6] statt. “

    1. Ein Wort zu den Proxys, ein historischer Vergleich, der vietnamesische Unabhängigkeitskrieg. Seine letzte Phase wird auch „der amerikanische Krieg“ genannt.
      Vietnam suchte in seinen Unabhängigkeitskampf Verbündete. Diese fand „Onkel Ho“ zunächst in der Sowjetunion und Lenins antiimperialistischer Ideologie. Die Organisationsform einer kommunistischen Partei erwies sich als nützlich. Gleichzeitig hat Onkel Ho den religiösen Widerstand immer geschätzt und mit ihn sehr eng zusammengearbeitet. Ich erinnere an den buddhistischen Widerstand und die Cao Daiismus
      Sowjetische Luftabwehrwaffen holten 2700 amerikanische Flugzeuge vom Himmel. Die Chinesen, alter Erbfeind Vietnams, hatten nur sehr altmodische Waffen zu bieten.
      Obwohl Vietnam die sowjetischen Waffen dankbar annahm, blieb es immer unabhängig und bandeltet nach den Sieg sogar (Bambusdiplomatie) mit den US an, was diese allerdings – wie immer – nicht zu danken wußten.
      Auch die Hisbollah und die Hamas kennt diese Geschichte. Den Tunnelbau haben sie schließlich von Vietnam gelernt, aber natürlich sehr modernisiert!

      1. Der Vorwurf kommt immer dann wenn man einen illegalen Angriff schön reden möchte. Auf deutsch Propaganda.
        Selbst bei so einfachen Sachen gibts bei der Tageschau schon keine neutrale Berichterstattung mehr. Mal einfach berichten was passiert ist, nein, nicht ohne unterschwellige Bevormundung.

  25. Ich empfehle das Gespräch, das Larry Johnson ganz aktuell mit Alastair Crooke geführt hat (zu finden auf seiner Website “sonar21”). Alastair Crooke ist jemand, der sich im Konflikt Israels mit seinen Nachbarn extrem gut auskennt, weil er persönlich mit vielen Leuten auf beiden Seiten, Arabern und Israelis, zu tun hatte und auch immer die große Linie im Blick behält.
    Israel wird im Libanon so weitermachen, wie es in Gaza begonnen hat, es befindet sich auf einer religiösen Mission, das ganze Gebiet, das es als “unser Land” definiert, endlich ein für alle Mal ganz für sich zu erobern, und diese religiöse Dimension wird nach Crookes Meinung im Westen völlig verkannt. Ebenso verkannt wie die Sichtweise der islamischen Welt auf diesen Konflikt.
    Solange Israel die bedingungslose militärische Unterstützung der USA hat, ist kein Ende des Mordens abzusehen. Unsere westlichen Politiker schauen aus der Loge zu, jammern und ringen die Hände, aber den Mördern in den Arm fallen möchte man nicht unbedingt. Die große Frage ist, wann die arabische Welt nicht mehr nur abwartet und was dann passieren wird. Nichts Erfreuliches vermutlich.
    P. S. Ich finde die abschätzigen persönlichen Bemerkungen über Moshe Zuckermann ziemlich unhöflich. Er gehört zu der inzwischen kleinen Minderheit von Israelis, die den Mut haben, sich gegen die Stimmung im Land zu äußern, egal ob man seine Meinung nun zu allem teilt oder nicht, und bald wird der Krieg das Leben auch in Israel sehr gefährlich machen. Alle, die hier kommentieren, befinden sich dagegen in der Sicherheit ihrer warmen Stube – hoffe ich wenigstens…).

    1. Ich sorge mich sehr um Moshe Zuckermann und deshalb rate ich ihn dringend sein terroristisches Land zu verlassen. Er ist dort nicht mehr sicher und niemand weiß, wielange Deutschland Luxusflüchlinge – aus der Ukraine oder auch aus Israel – noch so freundlich empfängt.
      Das sollten Sie als Ausdruck sehr besorgter Höflichkeit gegenüber den Autor zur Kenntnis nehmen.
      Außerdem wissen wir auch in Deutschland nicht, wielange wir noch sicher leben können.im Moment ist es hier sehr viel sicherer als in Israel!

      1. Dann nehme ich das als Besorgnis zur Kenntnis. Ihren Kommentar habe ich auch eher nicht gemeint, im Gegenteil, ich fand ihn zutreffend (und ich sehe gerade, dass Sie sich auch auf Larry Johnson bezogen haben). Aber ich kann mich an einige Kommentare (nicht von Ihnen!) unter früheren Artikeln erinnern, bei denen ich mich schon über den harschen Ton gegenüber Zuckermann gewundert hatte. Kritik kann man ja auch nüchtern anbringen.

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