Die Wohnung wird zum Amazon-Panopticon

Der Haushaltsroboter Astro. Bild: Amazon

Amazon stellt Haushaltsroboter als Erweiterung von Alexa vor, der die Wohnung überwachen, Fremde(s) erkennen und das Verhalten der Menschen lernen soll. Dazu gibt es auch eine Überwachungsdrohne für die Wohnung.

Vor kurzem hat Elon Musk die Entwicklung von humanoiden Robotern angekündigt, die den Menschen im Alltagsleben die langweiligen und sich wiederholenden Arbeiten abnehmen sollen. Der kleine Tesla Bot, der schon bald kommen soll, Musk hat es immer eilig, zumindest beim Ankündigen, wird das für das autonome Fahren von Tesla entwickelte KI-System mit Kameras enthalten, um Strecken zu planen, im Verkehr zu navigieren und Hindernissen auszuweichen. Er soll zum Beispiel für seine Besitzer einkaufen gehen.

Erst einmal zuvorgekommen ist Musk Jeff Bezos von Amazon. Es geht um einen Wettlauf, wer mit welchen Techniken am schnellsten und am weitestgehenden in die Privaträume eindringt, möglichst viele Geräte der smart homes vernetzt und entsprechend Daten absaugen und verarbeiten kann. Amazons Astro ist auch ein Roboter, der zwar nicht humanoid ist, aber doch wie ein Lebewesen erscheint und so groß wie ein Hund ist, mit einem Kopf, der ein Bildschirm ist, auf dem zwei Augen zu sehen sind. Im Unterschied zum Tesla Bot handelt es sich bei Astro um einen Haushaltsroboter auf drei Rädern, der über keine Arme verfügt, keine Treppen steigen und auch nicht draußen navigieren kann.

Letztlich soll Astro, mit dem gewissermaßen Alexa einen beweglichen Körper erhält, mit einer Teleskopkamera, mit der sich in alle Ecken schauen lässt, die Wohnung oder das Haus überwachen, wenn man außer Haus ist, den Besitzern folgen, wenn sie telefonieren, mit ihnen sprechen, Befehle ausführen und andere Geräte steuern. Astro ist mit Gesichtserkennung ausgestattet, kann Videos auf seinem Touchscreen abspielen, der auch für Video Chats dient, und auch Kleinigkeiten transportieren. Steuerbar ist er natürlich auch mit einem Smartphone aus der Ferne. Das soll etwa dazu dienen, bei Abwesenheit die Wohnung zu überprüfen oder nach kranken oder alten Menschen oder aber Kindern zu schauen.

Astro. Screenshot von Amazon-YouTube-Video

Ein Entwicklungsteam, so geht es aus einem Amazon-Dokument hervor, das Vice erhalten hat, wollte Astro als sozialen und intelligenten Roboter, der „einige einfache, aber magische Interaktionen mit Menschen ermöglicht“. Er soll smart erscheinen, soziale Normen berücksichtigen, eine gewisse Autonomie besitzen. Wenn er gebraucht wird, soll er bereit, aber nicht unterwürfig sein. Und er soll das Verhalten des Nutzers lernen und bei wiederholten Tätigkeiten besser werden. Von dem Heim muss eine genaue Karte mit einer Heatmap angelegt werden, auf der markiert ist, wo die Gefahr eines Zusammenstoßens oder Feststeckens besteht oder wo viele Menschen zu erwarten sind. In der Regel soll der Roboter die soziale Distanz wahren, also 1-1,5 Meter von einem Menschen entfernt sein. Wenn der Nutzer aber etwa bei Amazon kaufen will, soll der Bildschirm bis auf 40 cm näherkommen.

Astro ist letztlich ein Überwachungsroboter, der ähnlich wie die anderen Amazon-Gadgets Echo, Ring oder Alexa das Leben ihrer Besitzer ausspäht und Daten auf der Cloud speichert. Amazon sagt, KI warden eingesetzt, um „proaktiv Ihr Heim zu erkunden, Aktivitäten zu untersuchen und Ihnen Hinweise zu schicken, wenn etwas Ungewöhnliches entdeckt wird“. Wie Alexa oder Echo zeichnet Astro  neben Bildern auch dauernd Audiodaten auf, weil er auf Zuruf aktiviert wird. Angeblich bleiben die Navigationsdaten auf dem Gerät und werden nicht an die Cloud übermittelt. Man kann den Roboter auch von bestimmten Räumen aussperren, in die er nicht fahren darf, oder ihn zu bestimmten Zeiten zur Ruhe schicken. Aber wenn er angeschaltet ist und wie Alexa auf einen Zuruf wartet, muss er die Umgebung weiterhin abhören. Mit einem Knopf soll man Kamera, Mikrofon und Bewegung ausschalten können, ein LED-Licht soll anzeigen, wenn Daten zur Cloud übertragen werden.

Geleakte Dokumente zeigen, wie Vice schreibt, dass Astro – hier Vesta genannt – durchaus das Verhalten seiner Nutzer und deren Besucher verfolgen soll, wenn er ihnen hörend und sehend durch die Wohnung folgt. So werden Käufer schon einmal aufgefordert, ihr Gesicht und ihre Stimme sowie die Gesichter und Stimmen der Besucher erfassen zu lassen, damit der Roboter alle identifizieren kann, die Zutritt zur Wohnung haben sollen. Astro steht überdies in Verbindung mit Amazons Sicherheitsprogramm Sentry, mit dem, sofern vorhanden, die Ring-Kameras verbunden ist, um Fremde zu erkennen und zu verfolgen bzw. näher nachzuschauen, wenn Unerwartetes gesehen oder gehört wird. Und so wird Astro bzw. Vesta beschrieben:

„Vesta erkundet langsam und intelligent das Heim, wenn eine unbekannte Person anwesend ist, bewegt sich von Scan Point zu Scan Point (der beste Ort und die beste Position in jedem Raum, um umherzuschauen) und sucht visuell und auditiv nach ungewöhnlicher Aktivität.“

Man kann Sentry ausschalten, dann werden  Fremde ignoriert, ansonsten soll nach den Dokumenten Astro zu dem Fremden fahren, diesen verfolgen und „Untersuchungsaktivitäten“ starten, Ton und Bild speichern und automatisch eine Aufzeichnung anbieten, die der Besitzer später anschauen kann. Es heißt aber auch, dass die Umgebungserkennung schlecht sei, Astro mitunter eine Treppe nicht erkennen und sich beim Sturz beschädigen kann, auch die Gesichtserkennung sei mangelhaft. Ein anderer Mitarbeiter an dem Projekt erklärte, Astro sei ein „Datenschutz-Alptraum“. Nach Amazon wurde Astro ausgiebig getestet, um zu gewährleisten, dass Hindernisse umfahren, Treppen erkannt und gestoppt werde, wenn es notwendig ist.

Drohne zur Wohnungsüberwachung. Screenshot von Amazon-YouTube-Video

Und wem die Ring-Überwachungskameras und Astro noch nicht reichen, kann sich ja auch Amazons Minidrohne mit der Always Home Cam kaufen, um seine Wohnung nicht nur vom Boden, sondern auch von der Luft aus zu überwachen und Amazon Einblicke zu gewähren. Astro und die Drohne sollen Ende des Jahres zum Weihnachtsgeschäft auf den Markt kommen. In den USA kann man schon seinen Kaufwillen bekunden, den Amazon dann gnädig bewilligt oder auch zurückweist. Es ist ja schon etwas Besonderes und muss einem etwas wert sein, sein Zuhause zu einem Amazon-Panopticon für sich und andere zu machen.

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Ein Kommentar

  1. Tscha,
    doa samma oiso!
    Es werden sich sicher eine Menge Interessenten finden, die ja nix zu verbergen haben, die das spannend finden, ja auch diejenigen, die durchaus (auch) vorhandenen Nutzen sehen.
    Schätze, das große Jammern und Wehklagen kommt danach – wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Au weia.
    Und was dann?

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