Der geheimnisvolle ‚Oumuamua: Komet oder extraterrestrische Sonde?

Künstlerische, also imaginierte Darstellung von ‚Oumuamua. Bild: European Southern Observatory / M. Kornmesser

Der Astronom Avi Loeb ist weiter überzeugt, dass 2017 entdeckte interstellare Objekt ein Artefakt einer extraterrestrischen Zivilisation sein könnte, die vielleicht die Erde erkunden wollte.

Im Oktober 2017 entdeckten Astronomen mit dem Pan-STARRS1-Teleskop der Universität Hawaii einen seltsamen Himmelskörper. Es handelt sich um ein zigarrenförmiges und rotierendes Objekt, das mit einer großen Geschwindigkeit von 87,3 km/s in unser Sonnensystem eingedrungen, gerade einmal in einer Entfernung von 24 Millionen Kilometern an der Erde vorbeigeflogen und dann wieder ins All Richtung Pegasus verschwunden ist. Geschwindigkeit, Flugbahn und der Körper mit einer Länge von 400 Metern und einer Breite von 50 Metern sind außergewöhnlich und unterscheiden sich von allen bekannten Himmelskörpern. Schnell kamen Vermutungen auf, es könne sich womöglich um einen Teil eines Raumschiffs oder gar um eine Sonde einer außerirdischen Zivilisation handeln.

Der mysteriöse Himmelskörper erhielt von der  Internationale Astronomische Union (IAU) schließlich den Namen object1I/2017 U1 oder ‚Oumuamua. Das bedeutet „Botschafter, der erstmals von weit her gekommen ist“. Zuvor war er als Komet und dann Asteroid bezeichnet worden, bis er dann als interstellarer Exot klassifiziert wurde. Wissenschaftler nehmen an, dass solche Exoten zumindest jedes Jahr einmal das Sonnensystem durchqueren, sie seien normalerweise aber zu klein, um entdeckt zu werden. ‚Oumuamua ist kompakt, bestehend aus Gestein und Metall, er hinterlässt keinen Staub und enthält auch kein Wasser oder Eis. Die Oberfläche soll als Folge der kosmischen Strahlung rötlich sein. Beim Drehen verändert schwankt seine Helligkeit um das Zehnfache, auch das war noch nie beobachtet worden.

Sonde einer extraterrestrischen Intelligenz?

Der Astronom Avi Loeb vom Harvard Smithsonian Center for Astrophysics und Shmuel Bialy haben angesichts der ungewöhnlichen Erscheinung des Himmelskörpers die These aufgestellt, dass er eine Art Sonde einer extraterrestrischen Intelligenz sein könnte, da er für einen Kometen eine zu seltsame Flugbahn und keinen Schweif aus Gas, Staub oder Steinen besitzt. Dass Loeb auf eine solche Vermutung kam, ist wenig verwunderlich, denn er ist seit vielen Jahren interessiert an der SETI-Forschung, also an der Suche nach Signalen einer extraterrestrischer Intelligenz.

Beobachtet wurde, dass ‚Oumuamua schneller als bei einem Asteroiden erwartet sich von der Sonne wieder entfernt hat. Deshalb wurde er von Astronomen als Komet klassifiziert. Normalerweise werden Kometen beim Vorbeiflug durch die Gravitation der Sonne beschleunigt, durch die Hitzeeinwirkung entsteht ein Schweif, der den Körper noch einmal beschleunigt. Mit zunehmender Entfernung von der Sonne verlangsamt sich die Geschwindigkeit wieder, nicht aber so bei ‚Oumuamua.

Da er keinen Schweif hatte, was die Zunahme der Geschwindigkeit erklären würde, verfassten Loeb und Bialy 2018 eine Studie, in der sie nachzuweisen versuchten, dass die Gravitation der Sonne die Beschleunigung nicht erklären könne. Sie stellten die These auf, dass es sich um ein natürliches oder künstliches Objekt handeln müsse, das  zur Beschleunigung die Strahlung der Sonne nutzen könne und mit 0,3-0,9 mm eine sehr kleine Dicke haben müsse. Bei einem künstlichen Objekt könne man an ein Sonnensegel denken, mit denen Lasten zwischen Planeten oder Sternen transportiert werden könnten. Es könne ein Rest eines Geräts sein, das kaputt gegangen ist, so dass das Sonnensegel als Weltraumschrott nun durch das Weltall irrt. Es könne aber auch eine funktionstüchtige Sonde sein, die absichtlich zur Erde geschickt wurde.

Das war natürlich die These, die am  meisten Aufsehen erregte. Anlass für Loeb in einem neuen Buch auszuführen, welche Folgen die Erkenntnis, dass die Menschen nicht allein sind, für die Menschheit haben wird. Denn er geht nun davon aus, dass ‚Oumuamua eine Sonde war, die eine extraterrestrische Zivilisation zur Erde schickte, auch wenn er damit aus dem Konsens der meisten Astronomen ausschert.

2I/Borisov im Oktober 2019. Bild: NASA, ESA, and D. Jewitt (UCLA)

2019 wurde ein weiterer interstellarer Besucher entdeckt, der aber nicht ungewöhnlich war

Ein internationales Wissenschaftlerteam kam in einem Bericht für die Zeitschrift Nature zu dem Schluss, dass alle Beobachtungen für einen natürlichen Ursprung sprechen. Dazu wurde 30. August 2019 noch ein weiterer interstellarer Komet entdeckt, dessen Schweif 14 Mal größer als die Erde war. Ab Februar 2020 wurde beobachtet, dass 2I/Borisov allmählich auseinanderfällt. Im Unterschied zum flüchtigen ‚Oumuamua hatten die Astronomen lange Zeit, den interstellaren Kometen zu verfolgen. Ähnlichkeiten hatten beide Himmelskörper nicht, im Unterschied zu ‚Oumuamua, der keinen Schweif hatte und nichts im Vorbeiflug  verlor, gleicht 2I/Borisov bekannten Kometen. Er ist ebenfalls rötlich gefärbt und gibt Staubpartikel ab. Sein Kern wird auf einen Kilometer Durchmesser geschätzt. Bislang wurde kein weiterer Besucher aufgespürt.

Im Dezember schrieb Loeb in einem Artikel für Scientific American, dass man nach ‚Oumuamua nicht nur nach Signalen, sondern auch nach Objekten von extraterrestrischen Zivilisationen suchen solle. Er verweist darauf das sim September ein seltsamer Asteroid entdeckt worden sei, der auch durch das Sonnenlicht ohne einen Schweif beschleunigt wurde. 2020 SO, der ordentlich um die Sonne kreiste,  erwies sich allerdings als ein Raketenantriebsteil, das nach einem Sturz von Surveyor 2 auf dem Mond 1966 übriggeblieben war. Das zeigt für ihn, dass dünne künstliche Objekte mit einem großen Verhältnis von Oberfläche zu Masse von natürlichen Objekten aufgrund ihres beschleunigten Flugs ohne Schweif unterschieden werden können.

Man wisse  noch zu wenig über ‚Oumuamua, daher müsste weiter der Himmel nach ähnlichen Objekten abgesucht werden: „Gibt es Extraterrestrische in der Milchstraße, die schlauer sind als wir? Die einzige Möglichkeit, dies herauszufinden, ist den Himmel nach der Vielzahl an Botschaftern abzusuchen, die sie benutzen könnten.“

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