Der erste KI-Krieg?

Bild: IDF

Angeblich hat der letzte Schlagaustausch Hamas-Israel neue Techniken der israelischen Streitkräfte erfolgreich getestet.

Die Meinungen sind gespalten, wer im jüngsten Krieg zwischen Hamas/Islamischer Dschihad in Gaza und Israel erfolgreicher war. Das ist eigentlich auch eine absurde Frage, weil sowohl die israelische als auch die palästinensische Zivilbevölkerung die Leidtragenden war. Die Auseinandersetzung hat jedoch wieder einmal deutlich gemacht, dass jedes bewaffnete Scharmützel dazu dient, neue Waffen, Techniken und/oder Strategien anzuwenden und zu testen.

 

Hamas hat mit neuen Raketen mit größerer Reichweite, die massenhaft abgeschossen werden, zeigen können, auch Tel Aviv bedrohen und den Iron Dome austricksen zu können, obgleich die israelische Raketenabwehr die meisten, angeblich 90 Prozent, der unpräzisen Raketen, die nach Israel gelangten, abschießen konnte.

Zahlreiche Raketen, angebliche 680 der 4360 abgefeurten,  fielen aber noch im Gazastreifen herunter. Israel beschuldigte Hamas nicht nur, Stellungen, Abschussrampen und Waffenlager in zivilen Gebäuden und ziviler Infrastruktur eingerichtet zu haben, sondern auch, dass sie mit den Raketen, die im Gazastreifen abstürzten, die Bevölkerung gefährden. Das habe die Zahl der Toten und Verletzten erhöht, die gewissermaßen im friendly fire umkamen.

Unklar ist, ob bei der Herstellung der selbst gebastelten Raketen oder beim Abschuss geschlampt wurde. Aber wenn tatsächlich so viele Raketen nicht funktionierten, kann ein systemischer Fehler vermutet werden. Gemunkelt wird, dass der israelische Geheimdienst schon vor Monaten oder Jahren Hunderte von Raketen beschädigen ließ, so dass sie nach dem Abschuss abstürzten. Angeblich wurden Raketenteile wie Triebwerke, Sprengköpfe, Sprengstoff oder Lenksysteme manipuliert, bevor sie nach Gaza geschmuggelt wurden. Belegt ist dies nicht.

Israel hat sich vor allem gerühmt, die moralischste Armee der Welt zu haben. Zerstört worden seien nicht nur 100 km Tunnels, die unter dem Gazastreifen in den letzten Jahren gebaut wurden, um Waffen zu bauen und zu lagern, Abschussrampen einzurichten und Kämpfer unterzubringen, die bei einem Bodenkrieg überraschend auftauchen können. Tunnels sind die Antwort von Militanten, die über keine Luftabwehr verfügen, um sich den Blicken von Überwachungsflugzeugen und Luftangriffen zu entziehen. Nach israelischen Quellen waren die Tunnels bekannt, sie seien durch 3D-Karten identifiziert und präzise beschossen worden.

„Die präzisteste Militäroperation der modernen Geschichte“

Gefeiert wurde von israelischen Medien, dass Israel „die genaueste und  präziseste Militäroperation der modernen Geschichte“ ausgeführt habe: „Die Streitkräfte haben über 1000 Ziele in Gaza bombardiert, darunter viele Wohnhäuser, Gebäude, Tunnels und Hamas-Stellungen. Die Zahl der Toten, darunter leider auch Zivilisten, beträgt nach den offiziellen Angaben der Hamas um die 230.“ 160 Tote seien Hamas-Terroristen gewesen, sagen die israelischen Streitkräfte. Mit 1000 Bomben und Raketen auf 1000 Ziele seien also nur 60 Zivilisten getötet worden. Es ist eine zynische Rechnung, die auch nach hinten losgehen kann. Obgleich nur wenige Zivilisten getötet wurden, würden die israelischen Präzisionsraketen und -bomben auch nur 160 Kämpfer getötet haben. Offenbar haben sich die Kämpfer in Sicherheit bringen können. Inwieweit die Bombardierungen wirklich Tunnels und Hamas-Stellungen zerstört haben, ist unbekannt. Hamas wird es nicht verraten, Israel scheint es nicht wirklich außer einzelnen Beispielen belegen zu können.

Jetzt wird ein neues Narrativ ausgebreitet. Der Krieg mit Hamas sei der erste KI-Krieg gewesen, sagt ein Sprecher der israelischen Streitkräfte IDF: „Erstmals war Künstliche Intelligenz eine entscheidende Komponente und Machtverstärker beim Kampf gegen den Feind.“ Man habe neue Operationsmethoden und technische Entwicklungen eingesetzt.

Die Einheit 820 sei dafür maßgebend gewesen. Sie habe eine Plattform eingerichtet, in die alle Daten (Sigint, Visint, Geoint, Humint) einfließen. Es seien Algorithmen für neue Programme wie „Alchemist“, “Gospel“ oder “Depth of Wisdom“ geschaffen worden.

Gospel habe Künstliche Intelligenz verwendet, um Ziele zu empfehlen, die bombardiert werden sollten. Die Zielidentifizierung sei teilweise in Echtzeit erfolgt, beispielsweise bei Raketenabschussorten. Künstliche Intelligenz habe dazu beigetragen, die  Kämpfe zu verkürzen, wird behauptet, weil schneller Angriffsziele erkannt worden seien. Mit Satelliten seien automatisch in Echtzeitung Veränderungen des Terrains erkannt worden, so dass Abschussorte nach dem Feuern identifiziert und zerstört werden konnten. Dazu wäre eigentlich keine KI erforderlich, sollte man meinen. Das Programm Alchemist haben Truppen mit KI und maschinellem Lernen auf mögliche Angriffe aufmerksam gemacht. Jeder Kommandeur habe das System auf einem Tablet zur Verfügung gehabt.

Gleichzeitig versuchen die israelischen Streitkräfte mit Informationen und Videos die Israelis und die Weltöffentlichkeit zu beeinflussen. Es sind, wie nicht anders zu erwarten, Propagandavideos, die immer öfter produziert und immer besser gemacht werden, um das Zielpublikum einzustimmen. Berichte über einen KI geleiteten Krieg sind vermutlich auch Propaganda, die von Medien übernommen werden. Demonstriert werden soll überlegene Technik.

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Das Problem ist, dass Medien in der Regel nicht mehr eigenständig untersuchen (können), was an den ausgegebenen Narrativen stimmt, widerlegt werden kann oder unbekannt bleibt. Die unabhängige Stimme fehlt in aller Regel, wenn es um große Konflikte geht. So erfahren wir nicht, was die KI-Programme geleistet und wie oft sie falsch gelegen haben. Was man aber annehmen kann, dass technisch hochgerüstete Streitkräfte immer stärker auf KI setzen werden, wodurch auch Befehlshaber entlastet werden, aus eigener Urteilskraft Entscheidungen zu treffen. Und alles wird darauf zulaufen, dass autonome Systeme die Führung übernehmen, weil die Menschen einfach zu langsam werden.

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