Biden will Victoria Nuland wichtigen Posten im Außenministerium verschaffen

Victoria Nuland 2015 in Kiew. Bild: US Embassy

Biden verurteilt die Erstürmung des Kapitols, er und Nuland haben beim Putsch in der Ukraine eine wichtige Rolle gespielt. Das lässt außenpolitisch, auch im Verhältnis zu Russland, nichts Gutes erwarten.

Joe Biden geht als Sieger hervor, während Donald Trump nach dem gescheiterten Sturm auf das Kapitol mehr und mehr an Einfluss verliert. Er hat auch seine radikalen Anhänger düpiert, als er zuletzt sicherheitshalber, um seine Haut zu retten, doch das Eindringen verurteilte, auch wenn er ankündigte: „Unsere unglaubliche Reise hat gerade erst begonnen.“ Da ließe sich fragen, ob der Sturm auf das Kapitol der Beginn der Reise ist oder die nun folgende außerparlamentarische Opposition. Offenbar will er auch, was er schon länger plante, nun ein eigenes Medium eröffnen, nachdem Twitter und Facebook ihn sperrten.

Bidens Verurteilung von Trump als Anstifter des Sturms auf das Kapitol und seines Mobs war scharf. Es habe sich um einen „noch nie dagewesenen Anschlag auf die amerikanische Demokratie“ gehandelt: „Das ist Chaos. Das grenzt an einen Aufstand, und das muss jetzt aufhören.“ Trump sei direkt „für einen der dunkelsten Augenblicke in der Geschichte unserer Nation“  verantwortlich: „Es war ein aufrührerischer Mob – Aufständische. Heimische Terroristen. So einfach ist das.“

Mit Nuland für eine aggressive Außenpolitik

Einen Tag zuvor wurde bekannt, dass Biden zahlreiche Personen in das Außenministerium und den Nationalen Sicherheitsrat berufen will, die schon unter Barack Obama eine führende Rolle spielten. Es scheint Biden um eine Fortsetzung der Obama-Politik zu geben. Das betrifft die Konfrontation mit Russland, die unter Trump allerdings nicht endete, und das Verhältnis zu Europa und der Ukraine nach dem Sturz der rechtmäßigen Regierung durch radikale Teile der Maidan-Bewegung. Biden will Victoria Nuland, die während seiner Vizepräsidentschaft Staatssekretärin für europäische und eurasische Angelegenheiten im Außenministerium und bis 2019 CEO beim Center for a New American Security (CNAS) tätig war, auf den Posten der Staatssekretärin für politische Angelegenheiten hieven, das ist nach dem Außenminister und dem Vizeaußenminister der höchste Posten im Ministerium. Nuland ist transatlantisch und gegen Russland orientiert, befürwortet die Aufrüstung des US-Militärs und sieht die USA als führende Nation der Welt.

Unter Obama hat sich Biden zusammen mit Nuland in der Unterstützung der Maidan-Bewegung eingesetzt, um die Ukraine zu einem Bollwerk gegen Russland zu machen und das Land in die Nato zu holen. Damals unterstützten Nuland und Biden die Maidan-Aufständischen. Um das zu unterstreichen, besuchte Nuland im Dezember 2013 die „friedlichen Demonstranten“, was als hoch symbolische Geste galt. Die USA würden „die Entscheidung der ukrainischen Behörden mit Abscheu betrachten, auf den friedlichen Protest mit Bereitschaftspolizei, Bulldozern und Schlagstöcken statt mit einem Respekt vor demokratischen Rechten und menschlicher Würde zu reagieren“. Die Protestierer hatten ein Zeltlager im Zentrum mit Barrikaden errichtet und einige Häuser besetzt. In Konfrontation mit der Polizei gingen sie schon damals teils brutal vor. Unterwandert war die Maidan-Bewegung fast von Anfang von rechtsnationalistischen Gruppen und Parteien.

Im Übrigen Szenen der Auseinandersetzung zwischen Ordnungskräften und Demonstranten, die sich in den USA, in Deutschland oder in Frankreich bei der Niederschlagung von Protesten wie den Gelbwesten, der G20 in Hamburg, der Occupy- oder der BLM-Bewegung wiederholten. Die Errichtung von Barrikaden und die Besetzung von Regierungsgebäuden würde auch im Westen nicht toleriert werden. Das sei gesagt, ohne damit leugnen zu wollen, dass das exzessive Vorgehen der ukrainischen Polizei gegen die ersten Proteste stark zur Eskalation beigetragen hat.

US-Außenminister John Kerry im März 2014 nach dem Putsch mit Übergangspräsident Oleksandr Turtschinow und Ministerpräsident Arseniy Jazenuk. Bild: US Embassy

„Fuck the EU“

Nuland, eine demokratische NeoCon, erklärte in einem Interview 2018, sie habe versucht, mit den Protestierern dahin zu wirken, eine „technische Regierung“ zu bilden, weil legal eine Veränderung nicht möglich wäe. Und sie machte auch in einem geleakten Telefongespräch Anfang Februar 2014 kurz vor dem Putsch mit dem damaligen US-Botschafter in der Ukraine, Geoffrey Pyatt, das sie mit einem Schlag weltweit bekannt machte, klar, wie stark das Interesse der US-Regierung an einem Sturz der ukrainischen Regierung, also an einem Regime Change, war, um dann ihre bevorzugten Maionetten-Politiker zu installieren (wie dies zuletzt Trump in Venezuela mit Guaido vergeblich versucht hatte). Nuland erklärte im Dezember 2013, die USA hätten bereits 5 Milliarden US-Dollar in den Regime Change in der Ukraine investiert. Das muss sich dann auch auszahlen.

 

Nuland machte mit ihrem Spruch „Fuck the EU“ klar, dass die US-Politik wenig auf die europäische Politik Rücksicht nimmt, was auch jetzt wieder geschieht, wenn die USA auf die Verschärfung der Sanktionen und die Beendigung der G8-Treffen pocht – und die Europäer in trauter transatlantischer Hörigkeit folgen. Brisant war das Telefongespräch nicht nur wegen der Haltung zur EU, sondern weil hier auch deutlich wurde, dass die USA ebenso wie die EU ein großes Interesse hatten, die Maidanbewegung zu ihren Gunsten zu steuern, diese also keineswegs eine autonome und spontane Bewegung von unten war. . In dem Gespräch geht es etwa um das „Personality Management“ und wie man die gewünschten Ergebnisse erhält. Klitschko, der deutsche Liebling, wollte man nicht, Jazenzuk, war der Auserwählte, der schließlich auch Regierungschef wurde. Pyatt äußerte Bedenken gegenüber Oleh Tyahnybok und der rechten Swoboda-Partei, was Nuland aber beiseite wischte.

Die Umsetzung der amerikanischen Interessen hat Vorrang vor Überlegungen, mit wem man zusammenarbeitet. Das betrifft auch die EU, die etwas diplomatischer vorgehen wollte, während die US-Regierung die Hauruckmethode bevorzugte, allerdings auch weiterhin mit Janukowitsch im Gespräch bleiben wollte. Brüsk setzte sich die US-Regierung auch über die europäische Übergangslösung hinweg und stand auf der Seite der Putschisten, also auf der Seite des Chaos, das man jetzt verdammt. Das löste die russische Übernahme der Krim und die Unterstützung der Separatisten in der Ostukraine aus – ein Erfolg der amerikanischen Außenpolitik und von Nuland und Biden.

Biden – und wahrscheinlich auch Nuland – drängte auf Waffenlieferungen, Obama wollte aber den Konflikt erst einmal nicht so militärisch eskalieren lassen, sondern setzte stärker auf Sanktionen, den letzten Kick gaben der Abschuss von MH17 und die schnelle Schuldigsprechung von Russland. Geschäftlich war  Bidens Sohn Hunter in der Ukraine schnell lukrativ über die Firma Burisma im Öl- und Gasgeschäft. Unklar ist, ob der Vizepräsident die Entlassung des ukrainischen Generalstaatsanwalts forcieret, um Ermittlungen über Burisma zu verhindern. Aber er ließ seinen Sohn gewähren, der sicher nur den lukrativen Job erhalten hatte, weil er Sohn des US-Vizepräsidenten ist.

Der Putsch in Honduras

Biden war auch schon im Amt, als 2009 das Militär im Interesse der markliberalen Oberschicht in Honduras den linksliberalen, demokratisch gewählten Präsidenten Manuel Zelaya stürzte und gegen breiten Widerstand in der Bevölkerung ein repressives Regime errichtete. Honduras wurde zu einem der gefährlichsten Länder mit einer hohen Mordrate.  Oppositionelle, Kleinbauern, Journlaisten wurden getötet, willkürlich festgenommen, gefoltert oder verschwanden. Dadurch wurden geplante Reformen verhindert. Die darauf folgenden Wahlen waren von „Unregelmäßigkeiten“ begleitet, die Regierungen korrupt. Die USA stand hinter dem Regime Change, Begründung war der Krieg gegen die Drogen, obgleich

Die Zahl der Armen ist auf Zweidrittel der Bevölkerung gestiegen, Repression, Armut und Kriminalität treiben die Menschen zur Flucht. Die „Karawanen“, vor denen Trump die Mauer errichten wollte, nahmen ihren Ausgang in Honduras. Die Obama-Regierung, allen voran Hillary Clinton, unterstützte zumindest die Regierung nach dem Putsch und schritt auch nicht ein, als viele demokratische Abgeordneten 2012 wegen der zahllosen Menschenrechtsverletzungen ein Ende der zuvor erhöhten Militärhilfe forderten . Biden besuchte Honduras nach dem Putsch, Nuland wies die Beendigung der Militär- und Polizeihilfe zurück.

Regime Change wird ein Mittel der Wahl bleiben

Die Berufung von Nuland auf einen wichtigen Posten im Außenministerium erinnert daran, dass Biden auf eine aggressive Außen- und Militärpolitik setzt und dass der Anti-Russland-Kurs wieder aufgenommen werden wird. Die Demokraten hatten 2016 im Wahlkampf mit Unterstützung der Geheimdienste die Konfrontation mit Russland verstärkt, weil sie auf die angebliche russische Desinformationspolitik fixiert waren, während sich mit Trump eine inneramerikanische Bewegung entwickelte, die die demokratischen Institutionen untergrub und für Instabilität im Land sorgte.

Weder Biden noch Nuland haben ihre Position gegenüber den Putschen in Honduras und der Ukraine hinterfragt. Es kommt also darauf an, ob Putschisten gegenüber demokratisch legitimen Demokratien dem Interesse der USA oder bestimmten Machtstrukturen innerhalb einer demokratischen Präsidentschaft dienen. Das lässt auch für die nächsten vier Jahre Misstrauen wachsen. Angeblich war er aber gegen eine Intervention in Libyen, wie er 2016 sagte. Gewalt dürfe man nur anwenden, wenn die Interessen der USA oder der Verbündeten „direkt“ bedroht seien.

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