Biden: Russland plant noch immer einen „massiven militärischen Angriff“

Joe Biden verhängt weitere Sanktionen gegen Russland. Bild: Weißes Haus

Der Kreml lässt noch offen, ob Truppen in die „Volksrepubliken“ entsandt werden und welches Territorium anerkannt wird. Der US-Präsident spricht von einer „Invasion“, die Sanktionen auslöst, einschließlich Nord Stream 2 – „wie ich versprochen habe“.

Nach der als Fernsehereignis inszenierten Anerkennung der Unabhängigkeit der separatistischen „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk und der Unterzeichnung eines Freundschaftsabkommens, nach dem Russland militärisch die Sicherheit dieser sorgen kann, ist nun auch US-Präsident Joe Biden mit einer Fernsehansprache an die Öffentlichkeit getreten.

Biden erklärte, es handele sich um den „Beginn einer russischen Invasion der Ukraine“. Russland habe angekündigt, sich einen großen Teil der Ukraine einzuverleiben. Putin habe angeordnet, Truppen in die Region zu entsenden. Und er habe bekräftigt, dass große Gebiete, die jetzt unter der Jurisdiktion der Ukraine stehen, zu den „Volksrepubliken“ gehören. Dadurch liefere er eine Begründung, mit Gewalt ein größeres Territorium einzunehmen.

Ob bereits russischen Truppen in die separatistischen Gebiete geschickt wurden, ist nicht klar. Putin macht deutlich, dass Russland den „Volksrepubliken“ militärische Hilfe leiste, aber drückte sich hier undeutlich aus, wie er und der Kreml dies auch im Hinblick darauf machen, welches Territorium von Russland den „Volksrepubliken“ zugesprochen werden soll.

Auf der Pressekonferenz wiederholte Putin die Sorge, dass die Ukraine sich wieder mit Atomwaffen ausrüsten könnte, nachdem Selenskij angekündigt hatte, das Budapester Memorandum zu verhandeln, stellte aber auch heraus, was er von der Ukraine als Gegenleistung erwartet, um keine Truppen zu entsenden. Die Ukraine müsse das Krim-Referendum anerkennen, also den Anspruch auf die Krim aufgeben und damit auch eventuelle Pläne, die Krim militärisch wieder in die Ukraine zu integrieren. Das scheint der wichtigste Punkt zu sein. Dann müsste die Ukraine beschließen, nicht der Nato beizutreten. Und die Ukraine müsste eine „gewisse“ Entmilitarisierung durchführen.

Vorerst scheint der Kreml die „Volksrepubliken“ innerhalb der bestehenden Grenzen anzuerkennen, aber man will sich das offenlassen, um auf Entwicklungen reagieren zu können. Das Außenministerium erklärte, dass die Festlegung der Grenzen noch nicht entschieden sei. Putin gab dem nochmal eine Wendung: „Russland hat diese Republiken anerkannt und alle Dokumente einschließlich der Verfassung anerkannt, in denen ihre Grenzen angegeben sind.“ Das würde heißen, dass die auch von der Ukraine kontrollierten Regionen von Donezk und Lugansk den „Volksrepubliken“ zugesprochen würden. Aber er meinte auch: „Wir hoffen, dies durch Verhandlungen zu lösen.“ Die Ukraine und die „Volksrepubliken“ müssten miteinander sprechen. Das ist der Punkt, der vom Kreml immer eingefordert wurde und den Kiew immer verweigert hat.

Zurück zu Biden, der erklärte, dass man damit beginne, als Reaktion Sanktionen zu verhängen, die man verschärfen werde, wenn Russland die Invasion noch weiter fortsetzen sollte. Russland habe sich gegen die Ukraine bewegt, daher würde die erste Tranche der mit der Nato und Partnern verabredeten Sanktionen in Kraft treten. Es werden zwei große Banken sanktioniert, Russland werden abgeschnitten von der Finanzierung durch den Westen. Sanktionen werden auch gegen die russische Elite erlassen: „Und aufgrund der Aktionen Russlands haben wir mit Deutschland zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass Nord Stream 2 nicht – wie ich versprochen habe – weitergeführt wird.“ Die deutsche Regierung hat jedenfalls mitgespielt und zumindest die Zulassung vorläufig ausgesetzt, sich also auch eine Hintertür gelassen.

Wenn Russland weitere Schritte mache, habe man auch nächste Schritte vorbereitet. Die USA werden weiterhin Waffen an die Ukraine liefern und die Nato-Alliierten mit Truppen und Gerät unterstützen. Da sich die russischen Truppen nicht aus Belarus zurückziehen, würden amerikanische Truppen, die bereits in Europa sind, in die baltischen Länder verlegt werden. Das alles sei nur defensiv, aber man werde jeden Inch des Nato-Territoriums verteidigen.

Biden versucht, die Ankündigungen einer bevorstehenden Invasion zu verteidigen. Russland plane noch immer einen „massiven militärischen Angriff“ und bedrohe auch Kiew: „In den letzten Tagen ist vieles von dem, was Minister Blinken letzte Woche im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dargelegt hat, eingetreten: eine erhebliche Zunahme militärischer Provokationen und von Ereignissen unter falscher Flagge entlang der Kontaktlinie im Donbass; eine dramatisch inszenierte, bequemerweise vor laufender Kamera abgehaltene Sitzung von Putins Sicherheitsrat, um sich vor der russischen Öffentlichkeit in Szene zu setzen; und jetzt die politische Provokation, souveränes ukrainisches Territorium als so genannte unabhängige Republiken anzuerkennen, was wiederum eine klare Verletzung des Völkerrechts darstellt.“ Man muss allerdings sehen, dass bis auf den ersten Punkt nichts von Blinken und den US-Geheimdiensten vorhergesehen wurde, obgleich das Drehbuch in der Tat durch Georgien und die Krim vorgegeben war, also Moskau nicht besonders innovativ gehandelt hat.

 

Biden versprach überdies, dass die Sanktionen möglichst nicht auf die Energiepreise durchschlagen werden: „Wir beobachten die Energieversorgung genau auf mögliche Störungen.  Wir führen in Abstimmung mit den wichtigsten ölproduzierenden Verbrauchern und Produzenten einen Plan für eine gemeinsame Investition zur Sicherung der Stabilität und der globalen Energieversorgung durch. Das wird die Gaspreise dämpfen.  Ich möchte den Schmerz, den das amerikanische Volk an der Zapfsäule verspürt, begrenzen.  Das ist für mich von entscheidender Bedeutung.“ Dabei ist freilich nicht vom Schmerz die Rede, den die Europäer verspüren werden. Wichtig ist Biden: „Zweifellos ist Russland der Aggressor.“ Man könne aber noch immer verhandeln, allerdings nur, was er nicht sagt, nach den amerikanischen Bedingungen.

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