Milliardäre wollen Desinformation bekämpfen und gründen die „Good Information Inc.“

Man sieht die USA in der Informationskrise und will ein „mediales Ökosystem“ aufbauen, um die „Epidemie der Desinformation“ zu bekämpfen. Unabhängige und nach allen Seiten kritische Berichterstattung bleibt auf der Strecke.

Das ist schön. Man will uns die Wahrheit offenbaren – oder zumindest „gute“ Informationen. So heißt denn auch eine neue Website goodinfo.us. Dort werden wir gleich bei einem Besuch  mit den bedrohlichen Verirrungen der Information konfrontiert: Desinformation, gefährliche Information, schlechte Information, falsche Information, widerlegte Information, Fake-Information und Misinformation. Die Botschaft: „Amerika ist in einer Informationskrise.“ Aber es gibt Rettung.

Nach den Bedrohungen kommt die Aussage oder vielmehr die Werbung: „Wir sind der Meinung, dass eine Regulierung der Social-Media-Plattformen dringend erforderlich ist, ebenso wie verstärkte Investitionen in neue Modelle, bei denen der Wahrheitsgehalt für die Gemeinschaft wichtiger ist als Clickbait und der Schutz der Demokratie wichtiger ist als Gewinne.“ Also scheint es darum zu gehen, neue Plattformen aufzubauen, die nicht auf die Quote oder den Gewinn schauen, die also selbstlos wahre Informationen liefern. Aber irgendwie geht es dennoch immer um Geld und Investitionen und Profite, letztlich um Projekte, die langfristig das Einkommen sichern sollen, um liberale Demokratie und Profit.

„Good Information“ ist ein public benefit Unternehmen, das Gewinne machen soll oder darf. Es soll damit ein „mediales Ökosystem“ aufgebaut werden, um die „Epidemie der Desinformation“ zu bekämpfen und den Strom der guten Information als Inkubator zu vermehren, um „soziales Vertrauen wiederherzustellen und die Demokratie zu stärken“. Devise ist nach einem Memo: „Traditional media is failing. Disinformation is flourishing. It’s time for a new kind of media.“

In das neue Wahrheitsunternehmen haben vor allem die Milliardäre Reid Hoffman, der LinkedIn-Gründer und jetzige Partner der Risikokapitalfirma Greylock Partners, und George Soros investiert, dazu die Investoren Kenneth und Jennifer Duda und der Investitionsfond Incite. Geleitet wird Good Information von Tara McGowan, die die demokratische Partei unterstützt und mit ACRONYM Wahlkampf für die Demokraten machte. ACRONYM gründete wiederum 2019 Shadow Inc., eine IT-Firma, die „politische Macht für die progressive Bewegung“ aufbauen wollte, aber scheiterte.

Public benefit meint keineswegs nicht kommerziell, es ist eine Unternehmensform, die gleichzeitig Profit und Gemeinwohl orientiert ist, es handelt sich also um gewinnorientierte Unternehmen für angeblich gesellschaftlich Gutes. Hoffman, Soros und Co. wollen also von der Wahrheit durchaus profitieren. Es sollen wohl vor allem Medien aufgekauft werden, die eine bestimmte politische Haltung verkörpern, also eher politisch demokratisch orientiert sind. Mit der ersten Investition wurde die Nachrichtenagentur Courier Newsroom übernommen, die wiederum mit MacGowan und ACRONYM verbunden ist. Zu MacGowan, die sich auch in „politischen und Informationskriegen“ sieht, und Courier schreibt Fast Company:

„Die Courier-Websites – eine für jeden der sechs wichtigen Swing States sowie The Americano, die sich an ein Latino-Publikum richtet – veröffentlichen keine falschen Inhalte, aber ihre Finanzierung hat berechtigte Bedenken aufgeworfen. Kritiker nannten es eine geheime politische Operation, die sich als lokales Nachrichtenmedium tarnt; Faktenprüfer sorgten sich um die Transparenz und die überwiegend positiven Inhalte über demokratische Kandidaten; eine Watchdog-Gruppe reichte eine Beschwerde bei der Bundeswahlkommission ein. McGowan verteidigte die Seiten als eine Waffe, um den Smog der rechten Fehlinformationen zu durchdringen.“

McGowan will zum Start von „Good Information“ 65 Millionen US-Dollar auftreiben, hat dies aber auf Nachfrage nicht bestätigt. Es muss den Geldgebern, die der Demokratischen Partei zugeneigt sind, also etwas wert sein, in ein Projekt zu investieren, das letztlich beabsichtigt, ein Medienkonglomerat aufzubauen und in sozialen Medien aktiv zu sein, um politische Inhalte gegen die rechten oder den Republikanern zugeneigten Medien und Organisationen durchzusetzen. McGowan nennt dies ein „Gegen-Medieninfrastruktur auf der linken Seite“, gerichtet gegen Foxnews, Breitbart und Co.

Im Hintergrund steht die Vermutung, dass viele Organisationen, die sich den Kampf gegen Desinformation auf die Fahne geschrieben haben, nur interessengeleitet gegen bestimmte Desinformation vorgehen. Das mag zum Teil aus Naivität geschehen, aber es ist auch bei den von der EU und der Nato geförderten Initiativen und bei Wissenschaftlern, die sich mit Desinformation beschäftigen, die Einseitigkeit zu beobachten. Desinformation machen immer nur die anderen. Milliardäre, die nicht wissen, wohin sie mit ihrem Reichtum sollen und Angst haben, ihn zu verlieren, haben zunehmend entdeckt, dass sie in Medien investieren können, um die Gesellschaft zu ihren Gunsten zu beeinflussen.

Politische Interessen beim Kampf gegen die Desinformation der anderen

Im Fall von „Good Information“ ist es noch krasser. Hauptgeldgeber Reid Hoffman hatte 2017 100.000 US-Dollar in eine Facebook- und Twitter-Kampagne investiert, die bei Senatswahlkampf in Alabama den republikanischen Kandidaten mit Mitteln der Desinformation oder einer False-Flag-Operation schaden sollte (Der Kampf gegen Desinformation gebiert weitere Desinformation). Beteiligt war auch der Chef der Firma „New Knowledge“ (jetzt yonder), der für die Demokraten die angebliche russische Desinformationskampagne für den Senat analysiert hat, um dann die gewonnenen Kenntnisse in ebensolche Kampagnen umzusetzen.

Die 100.000 US-Dollar kamen verwinkelt  über „American Engagement Technologies“ von dem Investitionsfonds „Investing in Us“, mitbegründet von Hoffman, der darüber Gelder für Projekte gegen Trump und die Republikaner investierte. Angeblich erhielt auch die Organisation Indivisible, die sich gegen Trump, zugunsten der Demokratischen Partei und angeblich für die Demokratie engagiert, Gelder, um das „Wahrheitsprojekt“ zu fördern. Das richtet sich auch – Überraschung – gegen Desinformation, natürlich nicht gegen die eigene. Man arbeitet aber mit den Mitteln von Beeinflussungskampagnen:

„Training: Die Freiwilligen absolvieren zunächst eine Schulung, in der sie lernen, wie sie mit Hilfe erprobter Techniken mitreißende, positive und überzeugende Botschaften zu einem bestimmten Thema mit ihrer eigenen Stimme verfassen können. Sie lernen auch die Grundsätze von Algorithmen und wie bösartige Akteure Desinformationen verbreiten. „Nicht klicken“ ist ein zentraler Grundsatz des Programms, den die Teilnehmer an Gleichgesinnte in ihrem Umfeld weitergeben.

Kampagnen: Alle zwei Wochen erhalten die Freiwilligen der Truth Brigade einen Kampagnen-Erklärer zu einem Thema, über das böse Akteure Desinformationen verbreiten, wie sie von Expertenbeobachtern ermittelt wurden. Die Freiwilligen verbreiten positive, wahrheitsgemäße Botschaften zu diesem Thema in den sozialen Medien und verstärken die Beiträge der anderen, so dass sie gemeinsam eine Welle von Gegenbotschaften verbreiten.“

Die neue Liebe der US-Milliardäre zu den Medien

2020 hatten Reid Hoffman, Milliardär und Facebook-Mitbegründer Dustin Moskovitz, Milliardärin Laurene Powell Jobs, Frau von Steve Jobs, die mit dem Emerson Collective Medien als „Kraft des Guten“ fördert, und der frühere Google-CEO Eric Schmidt, ebenfalls Milliardär, im Wahlkampf gegen Donald Trump Millionen in Projekte zur Unterstützung der Demokratischen Partei und Joe Biden investiert. Für Anhänger von Verschwörungserzählungen: Schmidt ist ebenso wie Hoffmann regelmäßiger Teilnehmer von Bilderberg-Treffen.

Craigslist-Gründer und Milliardär Craig Newmark hat Millionen in das Craig Newmark Center for Journalism Ethics and Security und Craig Newmark Professorship of Journalism an der Columbia Journalism School sowie in das Craig Newmark Center for Ethics and Leadership am Poynter Institute investiert, um ethischen Journalismus zu fördern. Das Poynter Institute hat 2015 das International Fact-Checking Network (IFCN) gestartet, an dem mittlerweile 100 Organisationen teilnehmen, die „faktenbasierte Informationen im globalen Kampf gegen Desinformation“ einbringen.

Andere US-Milliardäre setzen noch auf traditionelle Medien und haben sich in den letzten Jahren eingekauft. So hat Biopharma-Milliardär Patrick Soon-Shiong die Los Angeles Times gekauft, Powell Jobs hat „The Atlantic“ übernommen, Amazon-Milliardär Jeff Bezos die Washington Post, die gegen Trump mit dem Slogan „Democracy Dies in Darkness“ angetreten ist und auch mit dem Kampf gegen Desinformation wirbt. Salesforce-Gründer Marc Benioff erwarb das Time-Magazin, das nach seinem Willen auch Vertrauen schaffen soll. Ebay-Gründer und Milliardär Pierre Omidyar gründete First Look Media und finanziert The Intercept. Milliardär John Henry besitzt den Boston Globe,  Morningstar-CEO Joe Mansueto die Zeitschrift Fast Company, Investor Peter Barbey die Village Voice, Milliardär Carlos Slim Helu hält mit 17 Prozent den größten Anteil an der New York Times. Und es gibt noch die alten Milliardäre wie Warren Buffet, dem Dutzende von Tageszeitungen gehören, Rupert Murdoch oder Michael Bloomberg.

„Good Information Inc.“ geht es nicht um Wahrheit oder Objektivität, sondern um eine politische Beeinflussung der Gesellschaft. Und die Gründer sehen darin wohl auch ein Geschäftsmodell, in das sich zu investieren lohnt: „Good Information Inc. wird in Medienunternehmen und Plattformen investieren und mit ihnen zusammenarbeiten, die die Gemeinschaften, denen sie dienen, ihre Interessen und ihre Medienkonsumgewohnheiten in den Mittelpunkt ihrer Berichterstattung und ihrer Strategien zur Verbreitung von Inhalten stellen.“

Um die Konkurrenz der anderen Milliardäre von Google, Facebook und Co.  zu schwächen, sollen Social-Media-Plattformen reguliert werden, wird gefordert. Investiert werden soll in Modelle, „die den Wahrheitsgehalt für Gemeinschaften höher bewerten als Clickbait und die den Schutz der Demokratie über den Profit stellen“. Letzteres darf bezweifelt werden, und was den „Wahrheitsgehalt für Gemeinschaften“ angeht, so springt das Tendenziöse ins Auge. Die Berichterstattung soll sich jeweils an die Interessen oder Bedürfnisse der Gemeinschaften anpassen. Das ist der Kern der Strategie, die dann auch Profit abwerfen will. Um unabhängigen und kritischen Journalismus geht es bei der angeblich Desinformation bekämpfenden „Good Information Inc.“ nicht.

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2 Kommentare

  1. Mich erinnert das an die Sprache der Faschisten. Gute Informationen, gute Hygiene, gute Kindergärten Gesetz, guter Krieg, Schutz von Volk und Vaterland. Die Verschmelzung von Staat und Kapital nähert sich seiner Vervollkommnung.

  2. Wenn Medienunternehmen aufgekauft werden, geht es um Durchsetzung von Meinungshoheit und Zensur. Die Entwicklung ist schon ohne große Übernahmen erschreckend: Im Forum von Telepolis beispielsweise hat die Gesinnungszensur eine neue Dimension angenommen: Wurde vorher noch erkenntlich gemacht, dass ein Kommentar gesperrt wurde, verschwinden inzwischen ganze Seiten mit dutzenden sachlich geschriebenen, informativen Kommentaren ohne Hinweis auf Sperrung, so als sie nie existiert hätten. Die Zensur geht nur in eine Richtung: Wer die Regierung und Coronamaßnahmen kritisiert, wird gelöscht. Und schlimmer noch: nicht nur gelöscht sondern zusätzlich für 3 Tage gesperrt.
    Die gelöschten Kommentare verstoßen gegen keinerlei Forenregeln, sie entsprechen nur nicht der Gesinnung des Mod. Konkret begründet wird nicht.
    Diese Art von Zensur ist illegal, wie gerade erst im Fall von Youtube und Facebook gerichtlich festgestellt wurde.
    Diesbezügliche Briefe an die Redaktion bleiben unbeantwortet.

    In anderen Publikationen (siehe taz, SPON, Süddeutsche, Tagesspiegel u.a.) werden regierungskritische Kommentare oder Artikel gar nicht erst veröffentlicht.
    Meinungsfreiheit ist in Deutschland inzwischen nur noch ein schlechter Witz.

    Wenn Publikationen dann auch noch mit dem erklärten Ziel übernommen werden, um bestimmte Gesinnungen durchzusetzen, verabschieden sich die Massenmedien voraussichtlich vollständig vom Journalismus und werden nur noch propagandistische Sprachrohre der Superreichen sein.
    Dann werden Verdummung und Unmündigkeit wohl noch bewusster vorangetrieben.

    Man kann hoffen, dass unabhängige Foren ermöglicht werden, hoffentlich auch hier.

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